| Titel: | Der Erdinduktor von Wilhelm Weber, seine Theorie und Anwendung | 
| Autor: | Rudolf Mewes | 
| Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 576 | 
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                        Der Erdinduktor von Wilhelm Weber, seine Theorie und Anwendung
                        Von Rudolf Mewes, Ingenieur und Patentanwalt.
                        Der Erdinduktor von Wilhelm Weber, seine Theorie und Anwendung.
                        
                     
                        
                           Als im Jahre 1831 von Faraday die Induktionsströme entdeckt wurden, war damit ein ganz neues Gebiet der Elektrizitätslehre eröffnet; allein die Ursache
                              der Induktion blieb, wie Prof. Dr. Kundt bei der Schilderung dieser hochwichtigen Entwickelungsphase der Elektrizitätslehre in der bekannten diesbezüglichen Rede
                              vom 1. August 1891 mit Recht hervorhob, zunächst aus den bisher bekannten Thatsachen unerklärt, bis der grosse deutsche Physiker
                              Wilhelm Weber die verbindende Brücke zwischen den elektrostatischen, elektrodynamischen und Induktionserscheinungen zu schlagen unternahm
                              und die gesamten elektrischen Erscheinungen unter ein einziges Gesetz brachte. Die Lösung dieser Aufgabe gelang
                              										Weber einerseits durch das nach ihm benannte Grundgesetz, das im Gegensatz zu dem Coulomb'schen Gesetz bei der Bewegung der Elektrizitäten die Geschwindigkeiten und Beschleunigungen der wirkenden Mengen berücksichtigte,
                              andererseits aber durch Einführung des absoluten Masssystems, das man ihm und Gauss verdankt. Während jedoch gerade an dem Grundgesetze der Elektrodynamik, trotzdem dasselbe von manchen als eine der grössten
                              Gedankenthaten des Jahrhunderts hingestellt und als die höchste Verallgemeinerung der mechanischen Naturerklärung seit Newton betrachtet ist, zuerst und am energischsten von den verschiedensten Seiten gerüttelt worden ist, stehen dagegen seine mustergültigen
                              Massbestimmungen und Beobachtungsmethoden noch heute unerreicht da und haben in den letzten Jahren von neuem erhöhte Aufmerksamkeit
                              und Beachtung gefunden. Dies gilt nicht zum geringsten Teile von den Beobachtungen mit dem Erdinduktor Weber's; denn nachdem durch H. Wild in einer ausführlichen Abhandlung auf die Vorteile der Beobachtung mit Hilfe dieses von Weber bereits im Jahre 1837 erfundenen und 16 Jahre später erheblich verbesserten Apparates hingewiesen war, begannen auch andere
                              Physiker, wie Chwolson, C. Schering, E. Hutt, die Theorie zu erweitern und so eine ausgedehntere Anwendung des Erdinduktors zu genauen Messungen zu ermöglichen. Andererseits
                              steht aber zu erwarten, dass die Weber'schs Beobachtungsmethode auf dem Gebiete der Gravitationstheorie nicht minder glänzende Früchte zeitigen wird, als dies in
                              der Elektrizitätslehre bereits geschehen ist; denn, wie ich in dem Buche „Die Schwerkraftstrahlen“ (Verlag von M. Krayn, Berlin) gezeigt habe, gilt auch für die Schwerkraft das elektrodynamische Kraftbethätigungsgesetz von
                              Weber. Hierdurch wird dem Physiker die Möglichkeit geboten, mittels des Horizontalpendels und eines in dessen Nähe rotierenden Körpers
                              aus den Schwingungen des Horizontalpendels in derselben Weise, wie es Weber bei den Schwingungen der Magnetnadel infolge der Induktionsstösse gethan hat, die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Schwerkraft
                              zu ermitteln. Es dürfte sich daher gerade mit Rücksicht auf diese Frage der Mühe lohnen, eine kurze Entwickelung der Theorie
                              des Induktoriums zu geben, und im Anschluss daran auf die Anwendung und Handhabung desselben einzugehen, da die diesbezüglichen
                              Resultate sich fast direkt auf die Versuche mit dem Horizontalpendel übertragen lassen.
                           Was nun die Theorie des Weber'schen Erdinduktors angeht, so würde eine eingehende Besprechung der einzelnen, von verschiedenen Physikern unternommenen
                              Weiterentwickelungen und Verbesserungen derselben über den Rahmen der gestellten Aufgabe hinaus- und auch kaum zu weiteren
                              Resultaten führen, da gerade die theoretischen Untersuchungen in dem vorliegenden Falle, wie dies ja bei physikalischen Problemen
                              die Regel ist, lediglich durch die Anregungen bedingt worden sind, welche von genauen und planvoll angestellten Experimenten
                              ausgegangen sind. Ich beschränke mich daher nicht bloss darauf, die Theorie der von Weber bereits angewandten Beobachtungsmethoden in möglichst einfacher und kurzer Form zu reproduzieren, sondern werde auch im Anschlusse
                              daran auf die schrittweiseEntwickelung der Theorie, besonders auf die Voraussetzungen, welche den mathematischen Entwickelungen zu Grunde gelegt wurden,
                              das Augenmerk lenken, um so gleichzeitig den Grad der Annäherung, welche die einzelnen Theorien beanspruchen können, zu kennzeichnen.
                              – Weber setzte bei seinen Beobachtungsmethoden durchweg voraus, dass erstlich die Schwingungen, welche die Magnetnadel infolge der
                              Wirkung des durch Drehung des Ringinduktors erzeugten Stromes ausführt, so klein sind, dass die Dämpfung, welche die Nadel
                              durch den Kupferring erfährt, von der Lage und Stellung der Nadel, d.h. also von dem Ablenkungswinkel derselben aus der Ruhelage,
                              unabhängig ist. Dadurch vereinfacht sich die theoretische Behandlung des Weber'schen Induktionsinklinatoriums freilich ausserordentlich, kann aber aus diesem Grunde auch nur unter günstigen Bedingungen
                              zu annehmbaren Näherungswerten führen, wie H. Wild in der oben erwähnten Abhandlung nachgewiesen hat. In dem Falle dagegen, dass der Ringinduktor nur einmal um 180° gedreht
                              und dann die durch den Induktionsstoss bedingte Elongation der Multiplikatornadel beobachtet wird, tritt der Einfluss der
                              Dämpfung zurück. Die mathematische Formulierung ist einfach und gestaltet sich wie folgt. Bei der Drehung des Leiters von
                              horizontaler Anfangslage aus um eine der Ebene des magnetischen Meridians parallele, horizontale Achse wird durch die vertikale
                              Komponente des Erdmagnetismus ein Strom induziert, dessen Stärke der vertikalen Komponente des Erdmagnetismus proportional
                              ist, während bei der zur Ebene des magnetischen Meridians senkrechten Stellung des Induktors und der Drehung um eine vertikale
                              Achse in dem Leiter ein Strom induziert wird, dessen Stärke der horizontalen Komponente des Erdmagnetismus proportional ist.
                              Bezeichnet man mit ε die totale Intensität des Erdmagnetismus und mit φ den Inklinationswinkel und mit a eine von den Dimensionen des Leiters abhängige Konstante, so muss im ersteren Falle die vertikale Komponente des Erdmagnetismus
                           V = a . ε
                              										sin φ,
                           im zweiten Falle die horizontale Komponente desselben
                           H = a . ε cos
                                 										φ
                           sein, so dass sich durch Division dieser beiden Gleichungen
                           
                              \frac{V}{H}=th\,.\,\varphi
                              
                           ergibt, d.h. die Tangente des Inklinationswinkels ist dem Quotienten der durch die vertikale und die horizontale Komponente
                              des Erdmagnetismus induzierten Ströme gleich. – Nach dieser Methode wurden in Göttingen vom 2. bis zum
                              									12. August 1852 jeden Tag vier Bestimmungen gemacht und zwar des Morgens und Nachmittags um 1 Uhr und um 7 Uhr. Die
                              Vorzüge dieser Methode gegenüber der Bestimmung der Inklination durch Bussolen bestehen in der Genauigkeit und vornehmlich
                              darin, dass jede einzelne Bestimmung eine viel kürzere Zeit in Anspruch nimmt und man daher die Inklination für einen bestimmten
                              Zeitpunkt zu bestimmen vermag. Die einzige Schwierigkeit dieses Verfahrens liegt in der geringen Intensität der Induktionsströme,
                              weil darum bereits ein kleiner Beobachtungsfehler auf das Resultat schon einen bedeutenden Einfluss ausüben kann. Diesem Uebelstande
                              suchte
                              										Weber durch Anwendung eines Induktors von möglichst vielen Windungen zu begegnen. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweise ich
                              betreffs der detaillierten Beschreibung und der vor dem Gebrauch erforderlichen Justierung des Erdinduktors auf die weiter
                              unten folgenden Angaben.
                           Da indessen die Ablenkungen der Nadel trotz aller Vorkehrungen nach der eben angegebenen Methode immer sehr gering blieben,
                              so suchte Weber die Elongation der Nadel dadurch zu vergrössern, dass er die Nadel in den Ringinduktor selbst brachte, und letzteren mittels
                              einer Kurbel und eines Räderwerkes mit konstanter Geschwindigkeit in der vorher erwähnten Weise einmal um eine horizontale und sodann
                              um eine vertikale Achse drehte und die Gleichgewichtslage, welche die Nadel schliesslich annahm, beobachtete. Die beigefügte
                              Figur, welche aus Wiedemann's Elektrizitätslehre, Bd. 4, entnommen ist, gibt ein Bild von der Einrichtung des Apparates. Wie aus der Einrichtung dieses Apparates leicht zu
                              ersehen ist, wird die im Zentrum des Induktorringes befindliche und der Rotationsachse parallele Nadel durch die in dem Ringe
                              abwechselnd gerichteten Ströme stetig aus ihrer Ruhelage abgelenkt werden müssen, da in Bezug auf die Nadel die Induktionsströme
                              immer gleich gerichtet sind und daher der Induktorring infolge seiner drehenden Bewegung die Rolle eines Kommutators übernimmt.
                              Bei der horizontalen Lage der Drehungsachse kann nur die vertikale Komponente des Erdmagnetismus, wie bereits oben bemerkt
                              wurde, einen Induktionsstrom in dem Leiter erregen, so dass die Ablenkung der Nadel der ablenkenden Kraft derselben einfach
                              proportional und senkrecht gegen den Meridian gerichtet ist. Die Grösse dieser Kraft ist bei nicht zu kleiner, konstanter
                              Drehungsgeschwindigkeit konstant und ist der Zahl der Umdrehungen proportional. Ausserdem wirkt auf die Nadel noch die horizontale
                              Komponente des Erdmagnetismus und sucht sie in den magnetischen Meridian zurückzuziehen. Die Tangente des Ablenkungswinkels
                              muss daher, wenn man die Dämpfung als unabhängig von dem Ablenkungswinkel der Nadel ansieht, dem Verhältnisse der Intensitäten
                              der vertikalen und der horizontalen Komponente des Erdmagnetismus, d.h. der Tangente der Inklination proportional sein.
                           Behält man nun die oben eingeführte Bezeichnung bei, sei ferner das magnetische Gesamtmoment der Nadel M und ψ der Winkel, um den dieselbe aus dem magnetischen Meridian abgelenkt wird, so wirkt auf die Nadel senkrecht zum magnetischen
                              Meridian eine Kraft
                           a M . ε sin φ . cos ψ,
                           worin a eine noch zu bestimmende, von den Dimensionen und der Beschaffenheit des Leiters und von der Drehungsgeschwindigkeit abhängige
                              Konstante ist, während die zum Meridian parallele Kraftkomponente M . ε cos φ . sin ψ, ist. Die Gleichung des Gleichgewichts ist demnach
                           a M . ε sin φ
                                 										. cos ψ – M . ε cos φ . sin ψ = 0,
                           woraus
                           
                              tg . ψ = a . tg . φ
                              
                           folgt. – Den Wert für a findet man auf folgende Weise: Es sei r der Radius des Induktorringes, χ der Winkel zwischen der Ebene desselben und der durch die Drehungsachse gehenden Vertikalebene des magnetischen Meridians,
                              und w der Leitungswiderstand des Ringes, so ist der durch die vertikale Komponente des Erdmagnetismus induzierte Differentialstrom
                              gleich
                           \pi\,r^2\,\frac{V}{w}\,.\,cos\,\xi\,d\,\xi;
                           das Drehungsmoment desselben in Bezug auf die Nadel ist also bei obiger Bezeichnung und Ablenkung nach Kayser
                           \pi\,r^2\,\frac{V}{w}\,cos\,\xi\,d\,\xi\,\frac{2\,\pi\,r\,M\,cos\,\xi\,cos\,\psi}{r^2}=2\,\pi^2\,r\,M\,\frac{V}{w}\,cos^2\,\xi\,cos\,\psi\,d\,\xi.
                           Integriert man nun nach χ zwischen den Grenzen -\frac{\pi}{2} bis +\frac{\pi}{2} oder, was hier dasselbe ist, von
                              									0 bis π, so erhält man die ablenkende Kraft aller während einer halben Umdrehung des Ringes induzierten Ströme gleich:
                           
                              2\,\pi^2\,r\,M\,\frac{V}{w}\,cos\,\psi\,.\,\frac{\pi}{2}=\frac{\pi^3\,r}{w}\,M\,V\,cos\,\psi.
                              
                           Der Integralstrom, welcher durch n volle Umdrehungen induziert wird, besitzt demnach die ablenkende Kraft
                           
                              \frac{2\,n\,\pi^3\,r}{w}\,V\,M\,cos\,\psi.
                              
                           Setzen wir diesen Wert in die oben aufgestellte Gleichung des Gleichgewichts
                           a M . ε sin φ
                                 										. cos ψ – M . ε cos φ . sin ψ = 0
                           für das mit ihm identische erste Glied der linken Seite ein, indem wir gleichzeitig für V seinen Wert ε sin φ einführen, so ergibt sich als Gleichgewichtsbedingung
                           
                              \frac{2\,n\,\pi^3\,r}{w}\,M\,.\,\epsilon\,sin\,\varphi\,cos\,\psi-M\,.\,\epsilon\,cos\,\varphi\,.\,sin\,\psi=0,
                              
                           woraus
                           tg\,\psi=\frac{2\,n\,pi^3\,r}{w}\,.\,tg\,.\,\varphi,
                           also
                           
                              a=\frac{2\,n\,\pi^3\,r}{w}
                              
                           folgt.
                           Da nun w, r und n für alle Beobachtungsorte denselben Wert behalten, so kann man mit dem Erdinduktor nach dieser Methode schon jetzt die relativen
                              Inklinationen bestimmen, da man sofort hat
                           \frac{tg\,\psi}{tg\,\psi_1}=\frac{tg\,\varphi}{tg\,\varphi_1},
                           während man behufs absoluter Bestimmung von φ die Konstante w kennen muss. Zu dieser Kenntnis gelangt man, wenn man den Apparat so stellt, dass die bisher horizontal liegende Drehungsachse
                              vertikal zu stehen kommt, und wenn man dann den Ringinduktor, nachdem die vorher herausgenommene Nadel wieder in horizontaler
                              Ebene drehbar eingesetzt ist, von der Ebene des magnetischen Meridians aus als Anfangslage mit konstanter Geschwindigkeit
                              rotieren lässt. In diesem Falle induziert die horizontale Komponente des Erdmagnetismus genau so wie vorher die vertikale
                              in dem Stromkreise einen elektrischen Strom. Da nun in beiden Fällen die induzierten Stromintensitäten den induzierenden Kräften
                              und die Tangenten der Ablenkungswinkel der Nadel jenen Intensitäten proportional sind, so müssen diese Tangenten auch den
                              induzierenden Kräften selbst proportional, ihr Quotient also, wenn in beiden Fällen die Winkelgeschwindigkeit dieselbe geblieben
                              ist, gleich dem Verhältnis der Komponenten des Erdmagnetismus, d.h. gleich der Tangente der Inklination sein.
                           Auf die mathematische Behandlung des zweiten Falles, in welchem die Induktionsströme durch die horizontale erdmagnetische
                              Komponente erzeugt werden, brauche ich hier nicht noch besonders einzugehen, da der Rechnungsgang dem obigen für die vertikale
                              Komponente ganz analog ist.
                           Die soeben reproduzierte Theorie des Weber'schen Erdinduktors ist übrigens, wie bereits erwähnt worden ist, nicht streng richtig, da das zu behandelnde Problem kein
                              rein statisches, sondern vielmehr ein dynamisches ist; denn die Magnetnadel nimmt durchaus nicht eine feste Ruhelage ein,
                              wie oben angenommen wurde, sondern oscilliert um ihre Gleichgewichtslage in Schwingungen, welche allerdings sehr klein sind,
                              und daher die Auffassung jener Mittelstellung als Gleichgewichtslage nach Weber nicht ungerechtfertigt erscheinen lassen. Wenn nun auch die nach dieser Richtung hin erweiterte Theorie des Erdinduktors
                              für die Praxis kaum eine weittragende Bedeutung gewonnen hat, so will ich gleichwohl die von E. Hutt hierüber gegebenen Auseinandersetzungen kurz wiederholen, um einen gewissen Anhaltspunkt zur Beurteilung der Annäherung der
                              Theorie in ihrer obigen einfachsten Gestalt zu gewinnen.
                           Nach F. Neumann (Abhandlungen der Berliner Akademie, 1845 und 1847) ist der durch einen Magnetpol μ in einem Leiter von dem Widerstände w induzierte Integralstrom
                           J=-\frac{\epsilon\,\mu}{w\,\sqrt{2}}\,(P_e-P_a),
                           falls ε die Induktionskonstante und Pe und Pa die Potentiale von μ in Bezug auf den Leiter in dessen Ende, bezüglich Anfangsstellung bedeuten. Bezeichnet man nun die Fläche des rotierenden
                              Kreises mit F, den Winkel zwischen der Normalen der Ringebene und der magnetischen Erdachse in den betreffenden Positionen bezüglich mit
                              Na1
                              									i und Ne1
                              									i, so induziert der magnetische Erdpol einen Integralstrom
                           
                              J=-\epsilon\,\frac{E\,.\,F}{w\,\sqrt{2}}\,(cos\,[{N_{e_1}\,i]-cos\,[N_{a_1}\,i]).
                              
                           
                           Sei ferner der Winkel zwischen der Drehungsachse und der magnetischen Erdachse
                              										ϑ, der Neigungswinkel zwischen der durch diese Linien gelegten Ebene und zwischen der durch die Drehungsachse und die Normale
                              des kreisförmigen Leiters gehenden Ebene ψ, so ist
                           cos (N1
                              									i) = sin ϑ sin ψ.
                           Für die Anfangsposition ψ = 0 wird
                           J=-\frac{\epsilon\,E\,F}{w\,\sqrt{2}}\,sin\,\vartheta\,(cos\,\psi-1),
                           worin ψ sich auf die jeweilige Endposition bezieht. Wenn die Drehungsachse horizontal ist, so ist ϑ = i, also
                           J=-\frac{\epsilon\,E\,F}{w\,\sqrt{2}}\,sin\,i\,(cos\,\psi-1).
                              								
                           Hieraus geht hervor, dass J nur von der Komponente sin i (i ist der Inklinationswinkel) abhängt und stets einen positiven Wert besitzt. Durch Differentiation erhält man hieraus für
                              den Differentialstrom D:
                           D=\frac{\epsilon\,E\,F\,sin\,i}{w\,\sqrt{2}}\,sin\,\psi\,\frac{\delta\,\psi}{\delta\,t},
                           worin E wie oben die totale Intensität des Erdmagnetismus bedeutet. So lange der Ring in Bewegung ist, wirkt dieser Strom auf die
                              Nadel mit einer senkrecht gegen die Kreisebene gerichteten Kraft, wenn wir die Nadel gegen den Durchmesser des Ringes sehr
                              klein annehmen und wenn dieselbe sich in dem Mittelpunkte desselben befindet. Da die Nadel nur in horizontaler Ebene drehbar
                              ist, so ist bei dem Ablenkungswinkel φ das auf die Nadel ausgeübte Drehungsmoment
                           
                              \frac{\epsilon\,E\,F\,sin\,i}{w\,\sqrt{2}}\,sin^2\,\psi\,\frac{\delta\,\psi}{\delta\,t}\,M\,cos\,\varphi
                              
                           und daher, wenn \frakfamily{M} das Trägheitsmoment der Nadel bedeutet, die Bedingung für das Gleichgewicht:
                           
                              \frakfamily{M}\,\frac{\delta^2\,\varphi}{\delta\,t^2}=-H\,M\,sin\,\varphi+\frac{\epsilon\,E\,sin\,i}{w\,\sqrt{2}}\,F\,sin\,^2\,\psi\,\frac{\delta\,\psi}{\delta\,t}\,M\,cos\,\varphi.
                              
                           Hierin ist ψ eine Funktion von t, nämlich gleich 2\,\pi\,\frac{t}{\tau}, wenn τ die Dauer einer Umdrehung des Induktorringes bedeutet. Durch Integration nach t von t bis t + τ und durch nachherige Entwickelung nach Potenzen von τ erhält man hieraus, wenn man die Glieder mit höheren Potenzen von τ vernachlässigt:
                           \frakfamily{M}\,\frac{\delta^2\,\varphi}{\delta\,t^2}=-H\,M\,sin\,\varphi+\frac{\pi\,\epsilon\,E\,sin\,i\,F\,M\,cos\,\varphi}{\tau\,w\,\sqrt{2}}.
                              								
                           Diese Gleichung gilt für jeden Wert von t, ist aber wegen der gemachten vereinfachenden Annahme nur annäherungsweise richtig. Bezeichnet man nun den Oscillationswinkel,
                              um den die Nadel in der Gleichgewichtslage schwingt, mit α und setzt φ = α + ψ, so wird die Bewegungsgleichung:
                           \mbox{M}\,\frac{\delta^2\,\psi}{\delta\,t^2}=-H\,M\,sin\,(\alpha+\psi)+\frac{\pi\,\epsilon\,E\,sin\,i\,F\,M\,cos\,(\alpha+\psi)}{w\,\tau\,\sqrt{2}},
                           woraus durch Integration
                           
                              \mbox{M}\,\left(\frac{\delta\,\psi}{\delta\,t}\right)^2+C=H\,M\,cos\,(\alpha+\psi)+\frac{\pi\,\epsilon\,E\,sin\,i\,F\,M\,sin\,(\alpha+psi)}{w\,\tau\,\sqrt{2}}
                              
                           folgt. Für \frac{\delta\,\psi}{\delta\,t}=0 und für die Grenzen ψ1 bezüglich – ψ1 von ψ folgt einerseits
                           C=H\,M\,cos\,(\alpha+\psi_1)+\frac{\pi\,\epsilon\,E\,sin\,i\,F\,M\,sin\,(\alpha+\psi_1)}{w\,\tau\sqrt{2}},
                           C=H\,M\,cos\,(\alpha-\psi_1)+\frac{\pi\,\epsilon\,E\,sin\,i\,F\,M\,sin\,(\alpha-\psi_1)}{w\,\tau\sqrt{2}},
                           andererseits.
                           Durch Subtraktion, sowie durch Entwickelung der trigonometrischen Funktionen von α + ψ1 und α – ψ1 und Auflösung nach tg α erhält man:
                           tg\,\alpha=\frac{\pi\,\epsilon\,E\,sin\,i\,F}{H\,w\,\tau\,\sqrt{2}}=\frac{n\,\pi\,\epsilon\,E\,sin\,i\,F}{H\,w\,\sqrt{2}},
                           wenn n=\frac{1}{\tau} ist.
                           Wenn man aus dieser Gleichung i bestimmen wollte, müsste man α beobachten und nwε anderweitig ermitteln. Man kann jedoch diesen Uebelstand ebenso wie oben dadurch vermeiden, dass man die Achse wieder vertikal
                              stellt und die ganze Rechnung in diesem Falle für \vartheta=\frac{\pi}{2}-i analog durchführt und findet:
                           tg\,\alpha_1=\frac{n_1\,\pi\,\epsilon\,E\,.\,cos\,i\,F}{H\,w\,\sqrt{2}},
                           mithin durch Division erhält:
                           
                              tg\,i=\frac{n_1}{n}\,.\,\frac{tg\,\alpha}{tg\,\alpha_1}.
                              
                           Was nun die Anwendung der soeben entwickelten Methode betrifft, so ist in erster Linie darauf hinzuweisen, dass die Beobachtung
                              der beiden Winkel α und α1 mit einiger Schwierigkeit verknüpft ist, da die Nadel keine absolut feste Stellung einnimmt; zweitens ist aber auch auf die
                              Schwierigkeit hinzuweisen, welche die Bestimmung des Verhältnisses der beiden Umdrehungsgeschwindigkeiten \frac{n_1}{n} verursacht. F. Neumann umging diese Schwierigkeit dadurch, dass er gleichzeitig zwei Ringe, deren einer um eine horizontale, während der andere
                              um eine vertikale Achse rotierte, benutzte und dieselben durch gezähnte Räder miteinander verband; es gelang ihm so, n1 = n zu machen. Die erste Schwierigkeit lässt sich jedoch dadurch herabmindern, dass man den Kreisstrom nicht in sich selbst schliesst,
                              sondern zu einem Multiplikator fortleitet, in welchem dann die Bussole abgelenkt wird. Theoretisch steht dieser Anordnung
                              nichts entgegen, da der Widerstand des Induktors in der Endformel nicht mehr enthalten ist.
                           Hierdurch werden wir nun in natürlichem Fortgange zu den beiden Beobachtungsmethoden mittels des Erdinduktors geführt, die
                              Weber erst in späteren Jahren veröffentlicht hat, und die nach den im Anfang dieser Arbeit gemachten Angaben von grosser Tragweite
                              geworden sind; ich meine die Multiplikations- und Reflexionsmethode. Da jedoch die Theorie dieser Methoden mit der Theorie
                              des Erdinduktors unmittelbar nichts zu thun hat, sondern lediglich von der Vervollkommnung der Theorie des Multiplikators
                              abhängt, so muss ich auf eine Wiedergabe derselben verzichten. Statt dessen werde ich gerade im Anschluss an die Besprechung
                              dieser Beobachtungsmethoden den Erdinduktor genauer als oben beschreiben, sowie auch die wichtigsten Angaben über seine Handhabung
                              und Justierung anfügen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 315, S. 578
                              
                           Der Hauptsache nach besteht Weber's Erdinduktor, wie die beigefügte Skizze eines solchen zeigt, aus einer stark gebauten Rolle, auf welche dicker Kupferdraht
                              in vielen Windungen aufgewickelt ist. Die Drahtrolle kann um eine in einem starken Messingfuss eingelagerte Achse gedreht
                              werden, welche auf drei Stellschrauben vertikal steht, jedoch durch Ueberlegen des Instruments auf drei seitlich angebrachte
                              Stellschrauben in eine horizontale Lage gebracht werden kann. Die Enden des Drahtes vom Erdinduktor stehen mit zwei Klemmen
                              in leitender Verbindung, und von diesen aus wird der erzeugte Induktionsstrom nach einem Galvanometer mit massiger Dämpfung
                              geleitet. Dreht man von einer der beiden erforderlichen Stellungen der Drehachsen und der Ebenen der Windungen aus die Induktionsrolle
                              um 180° herum, was durch die Anschläge geregelt wird, so treibt der dadurch erzeugte Induktionsstoss die Galvanometernadel
                              aus ihrer Gleichgewichtslage. Dieser Ausschlag, dessen Verlauf man mittels Spiegel und Skalenfernrohr beobachtet, erreicht
                              eine gewisse Grösse; dann kehrt die Nadel um und erhält, indem man in dem Moment, in welchem sie die Ruhelage passiert, den
                              Erdinduktor wieder um 180° zurückdreht, einen neuen Induktionsstoss, der, da er entgegengesetzt gerichtet ist, die Schwingungsweite
                              der Nadel vergrössert. Wird dieses Umwenden des Erdinduktors um je 180° bei jeder Passage der Nadel durch die Gleichgewichtslage ausgeführt, so erreichen
                              die Ausschläge der Nadel unter dem Einflüsse der Dämpfung einen bestimmten Maximalbetrag, der zur Messung der Intensität der
                              Induktionsströme dient. Diese Beobachtungsmethode wird die Multiplikationsmethode genannt. Davon ist die Reflexionsmethode
                              nicht sehr verschieden.
                           Bei dieser Methode, welche zugleich das Dämpfungsverhältnis der Nadel liefert, erteilt man zunächst der Nadel durch Umwenden
                              des Erdinduktors einen Stoss, lässt dieselbe sodann hinaus-, zurück-, nach der entgegengesetzten Seite hinaus- und wieder
                              zurückschwingen. In dem Augenblicke, in welchem alsdann die Gleichgewichtslage passiert wird, erteilt man der Nadel erst den
                              zweiten Stoss in entgegengesetzter Richtung wie den ersten. Da jedoch die Nadel infolge der Dämpfung an Geschwindigkeit eingebüsst
                              hat, so wird sie dadurch zurückgeworfen und, nachdem sie abermals zweimal umgekehrt ist, wird sie bei der nächsten Erreichung
                              der Gleichgewichtslage wieder zurückgeworfen u.s.w. Schliesslich nehmen die Ausschläge der Nadel konstante Werte an, aus denen
                              man nach der von Chwolson und besonders nach der noch genauer von Schering entwickelten Theorie des Multiplikators die Inklination ermitteln kann.
                           Zum Schlusse der vorliegenden Arbeit habe ich noch kurz auf die wichtigsten Justierungen hinzuweisen, welche vor der Benutzung
                              des Erdinduktors notwendig sind.
                              										H. Wild hat in seiner Arbeit in den Memoiren der Petersburger Akademie auf die hohe Bedeutsamkeit einer guten Justierung bei den diesbezüglichen genauen und wichtigenMessungen aufmerksam gemacht und die Einstellung und Korrektion der einzelnen Apparatteile höchst eingehend beschrieben. –
                              Vor allem ist es notwendig, die Lage der Windungsebenen zu bestimmen; es geschieht dies dadurch, dass man vor der Induktionsrolle
                              die mit Spiegel versehene Magnetnadel an einem durch Belastungsgewicht austordierten Kokonfaden aufhängt und so das ganze
                              Instrument als Galvanometer montiert. Vor allen Dingen hat man die lotrechte Achse mit Hilfe einer Schiene und einer Libelle
                              und einer entsprechenden Korrektur an den Stellschrauben in eine vertikale Lage zu bringen. Die nächst wichtige Justierung,
                              welche die genau senkrechte Einstellung der Windungsebenen der Rolle zum magnetischen Meridiane bezweckt, wird dadurch bewirkt,
                              dass man aus einem galvanischen Element bei den beiden Leitungsklemmen durch die Induktionsrolle unter Einschaltung irgend
                              eines Schlittenwiderstandes einen Strom leitet und bei zunehmender Stromintensität die etwaige Ablenkung der Magnetnadel durch
                              entsprechendes Drehen des Erdinduktors aufhebt. Sodann hat man nach dem Umlegen des Erdinduktors auf die drei seitlichen Stellschrauben
                              entsprechende Korrektionen für die horizontale Lage der Drehungsachse und deren Einstellung in den magnetischen Meridian auszuführen.
                              Auch ist zu untersuchen, ob der Induktor sich von dem einen bis zum zweiten Anschlag wirklich um
                              									180° dreht. Sind diese vorbereitenden Versuche, die zeitweise zur Kontrolle des Apparates zu wiederholen sind, genau
                              gemacht, so kann man das Instrument in der oben beschriebenen Weise zum Messen der magnetischen Inklination nach den verschiedenen
                              von Wilhelm Weber angegebenen Beobachtungsmethoden verwenden.