| Titel: | Regulierung von Wasserkraftanlagen jeder Art. | 
| Autor: | Hans Kühn | 
| Fundstelle: | Band 315, Jahrgang 1900, S. 589 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Regulierung von Wasserkraftanlagen jeder Art.
                        Von Hans Kühn,
                           								Wurzen.
                        Regulierung von Wasserkraftanlagen jeder Art.
                        
                     
                        
                           Es wird wohl von den meisten durch Wasserkraft betriebenen Fabriken und sonstigen Etablissements gleichviel welcher Art sehr
                              empfunden, dass sie einer genauen Regulierung ihrer Anlage entbehren müssen. Um diesem abzuhelfen, hat man jedoch schon früh
                              die sinnreichsten, zum Teil schwierigsten Konstruktionen erdacht und ist doch zu keinem rechten Ziele gelangt, indem es den
                              meisten dieser Regulierungsapparate an einer exakten Funktion fehlte und sich solche auch infolge ihres hohen Preises nicht
                              rentierten. Anderen Regulatoren, wenn auch verhältnismässig billig zu nennen, fehlte es aber an Leistungsfähigkeit.
                           So war man gewohnt und thut dies wohl auch jetzt noch, einen Regulator zu verwenden, der den Zufluss des Wassers durch Heben
                              oder Senken der Stellfalle (Schütze) regelte. Dieser sogen. Schützenregulator war aber insofern sehr unzweckmässig, als es
                              einerseits geraumer Zeit bedurfte, ehe er voll zur Wirkung kam, andererseits ist er aber auch ungenau, so dass durch denselben
                              kein gleichmassiger Gang der Maschinen erzielt werden kann. Bei Pelton-Rädern oder Hochdruckturbinen wendet man einen anderen
                              Regulierungsapparat an, welcher noch eine leidliche Regulierung erzielen lässt. Derselbe ist aber der einzige noch taugliche
                              Motor, hat jedoch den Nachteil, dass er nur für Turbinen mit Hochdruck verwendet werden kann. Auch ist er sehr kompliziert
                              konstruiert und enorm teuer. Für Turbinen mit geringem Gefälle und für vorschwere Wasserräder ist dagegen Schrieder's hydraulischer Bremsregulator wegen seiner grossen Leistungsfähigkeit besonders geeignet.
                           Dieser Regulator, ausgeführt von der Maschinenbau-Anstalt J. Schrieder in Säckingen a. Rh., arbeitet derart, dass er die durch Abstellen einer oder mehrerer Arbeitsmaschinen frei gewordene Kraft
                              solange aufnimmt, bis diese Maschinen wieder eingerückt werden. Die Folge hiervon ist, dass die Transmissionen u.s.w. stets
                              gleichmassige Tourenzahlen zu machen gezwungen sind. Für seinen eigenen Betrieb – d.h. wenn eine Bremsung nicht stattfindet
                              – nimmt der Apparat kaum merkliche Kraft in Anspruch (ein 25 PS Bremsregulator für Wassermotoren bis zu 50 PS geeignet, etwa
                              0,3 PS).
                           Die Konstruktion ist eine einfache. Auf dem Sockelkasten a (Fig. 1), der eine bestimmte Menge Seifenwasser oder Oel enthält, befindet sich ein sogen. Bremswerk b (Kapselpumpwerk), das durch die grosse Riemenscheibe
                              										c angetrieben wird. Letztere steht mit der Transmission in Verbindung; der Regulator kann aber auch ohne jeden Einfluss mit
                              der Transmission gekuppelt oder durch Zahnräder angetrieben werden, wenn es die örtlichen Verhältnisseerheischen, schliesslich auch durch Seilscheiben angetrieben werden. Das Seifenwasser wird durch einen Kanal angesaugt, durchströmt
                              ein offenes Laternenventil x, fliesst dann durch einen zweiten Kanal in den Sockelkasten zurück, macht also ständig einen Kreislauf. Auf dem Stutzen d des Bremswerkes ist ein Schwungkugelregulator e befestigt, der gleichfalls von der Transmission aus angetrieben wird mittels der Riemenscheibe f.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 315, S. 588
                              Fig. 1
                              
                           Erfährt nun z.B. der Betrieb infolge Ausrückens von Maschinen oder aus sonstwelchem Grunde eine Steigerung der Tourenzahl,
                              so wird sich das Tachometer heben und dadurch der Querschnitt des Laternenventils verengt, so dass durch das rotierende Seifenwasser bezw. Oel eine Bremsung erzeugt
                              wird, indem diese Flüssigkeit in ihrer Geschwindigkeit weiterzufliessen bestrebt ist, jedoch infolge des geringeren Ventilquerschnittes
                              einen Widerstand erfährt, der gleich ist dem Ueberschuss der Turbinen- oder Wasserradleistung über die durch den Betrieb momentan
                              geforderte Leistung. Diese Bremsung wirkt nun auf die Transmission ein und erhält die
                              Tourenzahl auf dem Normalen. Umfangreiche Versuche haben ergeben, dass die Schnelligkeitsschwankungen nie mehr als 1 % betragen, welcher Prozentsatz nirgends, auch nicht bei den empfindlichsten Betrieben ins Gewicht fallen kann. Es resultiert
                              hieraus, dass diese Bremsregulatoren für alle Wasserkraftanlagen, gleichviel ob bei Webereien, Spinnereien, Mühlen, elektrische
                              Licht- oder Kraftübertragungsanlagen u.s.w. von unschätzbarem Werte sind und kaum eine bedeutendere Verbesserung erfahren
                              können.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 315, S. 589
                              Fig. 2.Schema der Aufstellung des Schrieder'schen Schnelligkeitsanzeigers.
                              a Konsole; b, b Trockenelemente; c, c Elektrische Klingeln; d Ausschalter.
                              
                           Zur Kontrollierung der hydraulischen Bremsregulatoren hat die gleiche Maschinenfabrik ein sogen. Hydrometer konstruiert, der
                              ähnlich den Manometern an Dampfkesseln ist. Derselbe besteht aus einem Anschlussrohr h, einem Steigrohr i und dem eigentlichen Hydrometer g und wird an dem hinteren Manschdeckel des Bremswerkes befestigt. Hat der Regulator zu bremsen, so wird das Seifenwasser gegen
                              eine im Hydrometer befindliche Feder drücken und der Zeiger auf der Skala eine gewisse Bremsstärke angeben.Rückt man darauf eine Arbeitsmaschine wieder ein, so wird das Hydrometer eine geringere Bremsung anzeigen. Hieraus ersieht
                              man nun auch, welche Kraft zum Betriebe der einzelnen Arbeitsmaschinen erforderlich ist, nämlich die sich auf der Skala ergebende
                              Differenz in Pferdekräften. Es erfüllt also das Hydrometer doppelten Zweck: einmal überzeugt es von der richtigen Funktion
                              des Bremsregulators, zum andern gibt er aber auch die für die einzelne Maschine erforderliche Betriebskraft an.
                           Zum Schluss soll noch eines besonders für Mühlen von kleinerem Betriebe bewährten Apparates Erwähnung gethan werden, des sogen.
                              „Schnelligkeitsanzeigers“ (Fig. 2 und 3).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 315, S. 589
                              Fig. 3
                              
                           Dieser Apparat besteht aus einem Schwungkugelregulator, dessen Getriebe in einem Gehäuse befindlich ist und von der Transmission
                              aus angetrieben wird. Mit der Welle des Regulators steht ein Gestänge in Verbindung, in das ein Kölbchen eingreift. An letzterem
                              sitzt der Zeiger, welcher auf einer Skala die jeweilige Tourenzahl der Transmission angibt, so dass man sich jederzeit vom
                              Gange des Betriebes überzeugen kann. Um sich aber dieses Nachsehen ersparen zu können, ist man auf den sinnreichen Gedanken
                              gekommen, diesen Apparat mit einer elektrischen Signal Vorrichtung in Verbindung zu bringen und zwar derart, dass an der einen
                              Seite zwei Winkel, mit isolierten Schrauben versehen, angebracht sind, die dann weiter mit der Signalvorrichtung in Verbindung
                              stehen. Macht nun beispielsweise die Transmission eine hohe Tourenzahl, so wird sich der untere Hebel, der mit zwei federnden
                              Kontakten versehen ist, nach unten bewegen und der untere Kontakt mit der bezw. Schraube in Berührung kommen. Es macht aber
                              nun eine z.B. dumpf tönende Glocke den Wärter darauf aufmerksam, dass der Wasserzufluss zu gross ist, während im entgegengesetzten
                              Falle, also bei zu niedriger Tourenzahl, eine hell tönende Glocke signalisiert. Alsdann hat der Wärter nur den Zufluss des
                              Wassers zu regulieren, um einen annähernd normalen Lauf des Betriebes herzustellen.