| Titel: | Ueber Flecht- und Klöppelmaschinen ohne Gangplatte. | 
| Autor: | H. Glafey | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 13 | 
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                        Ueber Flecht- und Klöppelmaschinen ohne
                           								Gangplatte.
                        Von H. Glafey, Regierungsrat,
                           									Berlin.
                        Ueber Flecht- und Klöppelmaschinen ohne Gangplatte.
                        
                     
                        
                           Von den im Gebrauch befindlichen Flecht- und Klöppelmaschinen, seien sie nun
                              									deutschen (Barmer), englischen oder französischen Systems, ist der grösste Teil mit
                              									einer sogen. Gangplatte ausgestattet, deren Gangkurven den von Treibern bewegten
                              									Klöppeln unter Mitwirkung von Weichen, Drehtellern u.s.w. die für die Fadenbindung
                              									erforderliche Bewegung vorschreiben. Die Herstellung dieser Gangplatten, welche
                              									besonders bei den Klöppelmaschinen hinsichtlich ihrer Gangkurven äusserst
                              									kompliziert sind, geschieht noch heute fast ausschliesslich durch Handarbeit,
                              									verursacht also grosse Kosten. Weiter verursachen die Gangkurven eine starke Reibung
                              									der Klöppelfüsse an den Wandungen, die wieder einen grossen Kraftverbrauch und
                              									starke Abnutzung der zusammenarbeitenden Teile in sich schliesst. Aus der letzteren
                              
                              									ergibt sich wieder das bei dem Betrieb der Flecht- und Klöppelmaschinen bekannte
                              									Geräusch, welches durch die zusammenarbeitenden Treiber und Tellerräder noch erhöht
                              									wird.
                           Zwecks Beseitigung aller der genannten Uebelstände ist man seit etwa 20 Jahren
                              									bemüht, die Gangplatten entbehrlich zu machen, und hat zur Lösung der gestellten
                              									Aufgabe die verschiedensten Vorschläge gemacht, welche mehr oder weniger Eingang in
                              									die Praxis gefunden haben. Mit Rücksicht auf das hohe Interesse, welches
                              									besondersdie Erfindungen der letzten Jahre in der bezeichneten Richtung infolge
                              									der sinnreichen Konstruktionen der verwendeten Hilfsmittel mit sich bringen, sollen
                              									in den nachstehenden Zeilen die einzelnen Vorschläge einer Besprechung unterzogen,
                              									besonders aber die neueren Maschinen in ausführlicher Weise gewürdigt werden.
                           Der erste Weg, welcher eingeschlagen worden ist, die Gangplatten entbehrlich zu
                              									machen, besteht darin, die Klöppel mit den sie treibenden Tellerrädern zeitweise zu
                              									kuppeln und ihnen so den zur Fadenbindung erforderlichen Weg vorzuschreiben.
                              									Vorrichtungen, welche die Lösung dieser Aufgabe erstreben, finden sich dargestellt
                              
                              									in den Patentbeschreibungen Nr. 9612, 10820, 12319, 67635, 67902, 75172 und 75301
                              									der Klasse 25 b, sowie der britischen Patentschrift Nr. 16658/1880 und
                              									amerikanischen Patentbeschreibung Nr. 572357. Sämtliche Vorrichtungen beruhen
                              									darauf, dass der Klöppel mit seinem Tellerrad durch einen Sperrhebel, Sperrstift o.
                              									dgl. verbunden wird, welcher zum Zwecke des Hinüberwechselns des Klöppels von einem
                              									Tellerrad zum anderen im geeigneten Augenblick gelöst bezw. zur Wirkung gebracht
                              									wird. Die Sperrhebel u.s.w. sitzen dabei entweder an dem Klöppel selbst oder sind am
                              									Tellerrad angeordnet und hiernach zerfallen die gekennzeichneten Vorrichtungen in
                              									zwei Klassen. In jedem Falle sind noch die Klöppel bekannter Konstruktionen mit ihren
                              									Tellerrädern und Treibern vorhanden.
                           Frei von den beiden letztgenannten Eigentümlichkeiten sind diejenigen
                              									Flechtmaschinen, welche in den deutschen Patentschriften Nr. 22064 und 40261
                              									niedergelegt sind. Anstatt die Fäden der zwei in entgegengesetzter Richtung
                              									laufenden Klöppelsysteme abwechselnd über- und untereinander hinwegzuführen, bleiben
                              									hier die nach dem Flechtpunkt geführten Fäden in ihrer Lage, d.h. sie schreiten
                              									nicht fort und das ganze daselbst vereinigte Fadensystem wird abwechselnd über und
                              
                              									unter je einem Faden hindurchgeleitet. Das zu verflechtende Material wird zu diesem
                              									Zweck durch gekrümmte Rohre (Flechtarme), welche um horizontale, radial angeordnete
                              									Achsen schwingen, bis zur Mitte der Maschine gebracht, woselbst die Verflechtung der
                              									einzelnen Elemente dadurch erfolgt, dass das mittels der Führungswalzen in den
                              									Warenaufnehmer geleitete Geflecht mit dem letzteren um eine vertikale Achse bewegt
                              									wird, und bei dieser Bewegung abwechselnd über und unter die auf- und abwärts
                              									schwingenden Flechtarme gelangt.
                           Der dritte Weg, welcher eingeschlagen worden ist, um die Gangplatte für die Klöppel
                              									entbehrlich zu machen, besteht darin, dass die Flechtmaschine mit zwei Satz von
                              
                              									Spulen versehen worden ist, die sich in konzentrischen Kreisen entgegengesetzt zu
                              									einander bewegen, aber in verschiedenen Ebenen umlaufen, während die Fäden des einen
                              									(unteren) Satzes abwechselnd über und unter den Fäden des anderen Satzes hinweg-
                              									bezw. hindurchgeführt werden. Maschinen dieser Art können, wie sich aus dem
                              									bezeichneten Arbeitsgang ergibt, nur Rundgeflechte erzeugen. Unter Beachtung der
                              									Hilfsmittel, welche den Fäden des einen Spulensystems ermöglichen sollen, diejenigen
                              									des anderen in der für das Zustandekommen der Flechtung erforderlichen Weise zu
                              									kreuzen, zerfallen die Flechtmaschinen der vorbezeichneten Art in fünf Gruppen.
                           Bei der einen sind die Spulenträger des einen Spulensystems mit Leitschienen
                              									ausgestattet, welche beim entgegengesetzten Kreisen der beiden Spulensysteme die
                              									Fäden des zweiten Systems abwechselnd heben und senken und ihnen so ermöglichen,
                              									über bezw. unter den Spulen, also auch Fäden des erstgenannten Systems
                              									hinwegzugehen. Maschinen dieser Art sind in den Patentschriften Nr. 24691, 46702,
                              									66073 und der britischen Patentbeschreibung Nr. 945 von 1866 behandelt.
                           In der amerikanischen Patentschrift Nr. 591105 ist eine Rundflechtmaschine in
                              									Vorschlag gebracht, bei der die Leitschienen an den Spulenträgern dadurch
                              									entbehrlich gemacht worden sind, dass die Spulen in ihren Trägern durch Wirkung von
                              
                              									Elektromagneten abwechselnd gehoben und gesenkt werden, und so den Fäden des zweiten
                              									Systems gestatten, einmal unter und über den Spulen des ersten Systems
                              									hinwegzugehen.
                           Bei der dritten Gruppe von Maschinen (vgl. die Patentschrift Nr. 61207, die britische
                              									Patentbeschreibung Nr. 23195 von 1896 und die amerikanische Patentschrift Nr.
                              									649618) erfolgt das Heben und Senken der Fäden des einen Spulensystems durch
                              									schwingende bezw. auf- und absteigende Fadenführer unter entsprechender Ausbildung
                              									der Spulenträger des zweiten Systems von Faden spulen.
                           Die in der Patentschrift Nr. 98160, der amerikanischen Patentbeschreibung Nr. 588421,
                              									und der britischen Patentschrift Nr. 17432/1899 wiedergegebenen Flechtmaschinen
                              									benutzen zur Leitung der Spulenfäden eine in einem trommelartigen Mantel vorgesehene
                              									geschlossene, nach Art einer Sinuskurve ausgebildete Schlitzführung, in welcher die
                              									Fäden laufen, und so abwechselnd aus einer Ebene in die andere überführt werden.
                           Bei den Maschinen der fünften und letzten Gruppe endlich kommen gleichzeitig
                              									geschlossene, kurvenförmige Schlitzführungen und sich bewegende Fadenführer zur
                              									Anwendung (Amerik. P. Nr. 641880). Es wird hierdurch eine besondere Ausbildung der
                              									Spulenträger des einen Spulensystems vermieden und gleichzeitig auch eine starke
                              									Reibung der geführten Flechtfäden in der Schlitzführung verhindert.
                           Während alle die vorbesprochenen Maschinen im allgemeinen nur zur Herstellung von
                              									einfachen Geflechten dienen, sind diejenigen Maschinen, welche in den nachstehenden
                              									Zeilen einer Besprechung unterzogen werdensollen, Maschinen für spitzenartige
                              									Geflechte oder Klöppelmaschinen, also Maschinen, die nicht nur eine Fadenkreuzung,
                              									sondern auch Fadenzwirnung zulassen, somit die Erzeugung von der Handspitze
                              									ähnlichen Spitzen ermöglichen.
                           Als Ausgangspunkt der Entwickelungsreihe der ohne Gangplatte arbeitenden
                              									Spitzenmaschinen kann die Spitzenklöppelmaschine von Louis
                                 										Hohl in Annaberg (Sachs. Patent Nr. 1193/1860) angesehen werden. D. p. J. 1881 240 281
                              
                              									entnehmen wir hierüber das folgende: Die Maschine liefert ein Produkt, welches die
                              									Grundbindung der Torchonspitze zeigt. Eine Anzahl kreisrunde, um senkrechte Achsen
                              									drehbare Teller sind in zwei Reihen so angeordnet, dass sie sich paarweise einander
                              									gegenüber stehen, während neben den Endtellern auf jeder Seite der Maschine je ein
                              									grösserer Teller vorgesehen ist. Zu jedem Teller gehört ein Klöppelpaar, dessen
                              									Fäden bei Drehung der Teller gezwirnt werden. Diametrale Aussparungen in den
                              									Tellern, schlitzförmige Aussparungen in der mit den Tellern in gleicher Ebene
                              									liegenden Grundplatte zwischen den Nachbartellern einer Reihe und den einander
                              									gegenüberliegenden Tellern beider Reihen gestatten unter Mitwirkung von Treibern
                              									eine Wanderung der Klöppel über die ganze Scheibenreihe zum Zwecke der Flechtung der
                              									Fäden. Drehung der Teller und Treiber wechseln miteinander ab. Den Lauf der Klöppel
                              									bestimmen Weichen, welche durch einen Musterapparat beeinflusst werden, während das
                              									Abführen der Ware durch einen Klöppelbrief bewirkt wird.
                           Die erste Spitzenklöppelmaschine ohne Gangplatte, die zur Bedeutung gelangt ist, ist
                              									diejenige von Eugen Malhère in Paris. Auf dieselben
                              
                              									wurden neben den belgischen und britischen Patenten die französischen Patente Nr.
                              									93970 und 96873/1872 erteilt, während die Compagnie La
                                 										Dentellière in Paris die Ausführung der Erfindung übernahm und sich durch
                              									das D. R. P. Nr. 25325 eine weitere Ausbildung der Malhère'schen Erfindung schützen liess. Die Grundidee der letzteren
                              									gipfelt in der Heranziehung der Jacquardmaschine zur direkten Bewegung, sowohl
                              									Drehung als Verschiebung der Klöppel. Hierdurch ist erreicht, dass einzelne
                              									Fadenspulen der Maschine ebenso wie die des Handklöpplers beliebige
                              									Relativbewegungen gegenüber den übrigen Fadenspulen ausführen können, diese mögen
                              									ruhend oder bewegt sein. Die Spitzenklöppelmaschine von Malhère, welche in D. p. J. 1881 240 274 ausführlich behandelt ist, ahmt also die
                              									Thätigkeit des Handklöpplers genau nach. Für eine Spitze aus n Fäden sind n drehbare Scheiben oder Teller
                              									erforderlich, welche in einer Geraden so angeordnet sind, dass sich die
                              									Nachbarteller berühren. Jeder der Teller enthält eine diametral verlaufende
                              									schlitzförmige Aussparung, so dass bei bestimmter Stellung der Teller die einzelnen
                              									Aussparungen aneinander stossen und einen einzigen Kanal bilden, welcher über die
                              									ganze Scheibenreihe entlang läuft. Die n Fäden werden
                              									einer gleichen Zahl Spulen (Klöppel) entnommen, welche in den Tellern verschiebbar
                              									sitzen. Sind die Spulen so verteilt, dass je zwei derselben auf einer Scheibe
                              									stehen, so erfolgt durch gleichzeitige Drehung derselben die Bildung von ½ n zweifädigen Gezwirnen. Die Zahl und Reihenfolge der
                              									umlaufenden Teller kann beliebig geändert werden, demnach auch Zahl und Art der
                              									Gezwirne. Die Zwirnung zweier Fäden oder auch die Bildung von Geflechten erfordert
                              									die Umstellung der Klöppel und demgemäss ihre Gruppierung zu neuen Paaren. Die
                              									Umstellung erfolgt mit Hilfe von Treibern, welche die Klöppel eines Tellers auf den
                              									Nachbarteller überführen, wenn die Aussparungen beider Teller in eine Gerade fallen.
                              									Durch passenden Wechsel in der Bildung ein- oder mehrfach gedrehter Gezwirne und
                              									Geflechte lässt sich jedes voraus festgesetzte Muster erzeugen.
                           Um mehrere gleichartige Spitzen gleichzeitig auf der Maschine fertigen zu können,
                              									sind mehrere Tellerreihen übereinander angeordnet, von denen jede einen
                              									Spitzenstreifen liefert. Die in Vertikalebenen übereinander liegenden Elemente
                              									derselben werden von der Jacquardmaschine gleichzeitig beeinflusst.
                           Für die Erzeugung von Spitzen, deren Musterfiguren von starken Fäden umrahmt sind,
                              									werden die Teller in anderer Art angeordnet. Zu jedem Hauptteller tritt ein unter ihm liegender
                              									Nebenteller von gleicher Konstruktion, diese Nebenteller stehen untereinander und
                              									mit den Haupttellern in Berührung. Jeder Nebenteller führt einen Klöppel. Die
                              									Schaltung der Spindeln erlaubt stets nur eine Vierteldrehung der Teller beider
                              									Systeme. Das Einführen des Einlegefadens erfordert stets eine solche Einstellung der
                              
                              
                              									übereinander liegenden Teller, dass die Aussparungen beider in eine Gerade fallen
                              									und der Treiber des Nebentellers den Einlegeklöppel auf den Hauptteller zu heben
                              									vermag.
                           Für gewöhnliche Fälle genügt es, die Spulen einer einzigen Tellerreihe arbeiten zu
                              									lassen. Um aber schöne Spitzenmuster zu erhalten, muss man nach dem D. R. P. Nr.
                              									25325 zuweilen drei Spulenreihen verwenden, um zwei Spitzenstreifen zu erhalten. In
                              									diesem Falle lässt man zwischen je zwei Reihen Spulen eine dritte Reihe arbeiten,
                              									welche Fäden an die beiden anderen abgibt. Soll diese Zwischenreihe arbeiten, so ist
                              									nötig, dass ihre Spulen in die untere Reihe sowohl, als in die obere gelangen
                              
                              									können.
                           Das Wesen der in der oben genannten Patentschrift behandelten verbesserten Malhère'schen Spitzenklöppelmaschine besteht nun darin,
                              									dass die verschieden grosse Drehung der Klöppel- oder Spulenträger mittels einer
                              
                              									Jacquardmaschine, des sogen. Drehjacquards, erzielt wird, deren Platinen mehrere
                              									Nasen von verschiedener Höhenlage besitzen und gleichzeitig die vom Treibjacquard
                              									hervorgerufene Vertikalverschiebung mittels eines mehrfachen Schubgetriebes in eine
                              									Horizontal Verschiebung der Treibschiene umgewandelt wird.
                           Die Festlegung der Kreuzungspunkte der Fäden erfolgt sowohl bei der ersten als auch
                              
                              									bei der verbesserten Maschine durch Nadeln, welche ebenfalls von einer
                              									Jacquardmaschine eingestellt werden. Die Grosse des Weges aber, den jede Nadel
                              									zurücklegt, ist immer die gleiche. Es war somit durch die Malhère'sche Spitzenklöppelmaschine wohl die Aufgabe gelöst, ohne
                              									Anwendung einer Gangplatte, wie sie die alte Spitzenklöppelmaschine von Henkels und Hedtmann in Langerfeld-Barmen noch fordert,
                              									Fäden zur Kreuzung und Zwirnung zu bringen oder auch beliebig lange der
                              									Fadenverschlingung zu entziehen, nicht aber ist die Aufgabe gelöst worden, das
                              									zuletzt erzeugte Spitzenstück ohne Aufwickeln beliebig lange Zeit so festzuhalten,
                              									dass die hergestellte Fadenverschlingung in der ihnen zukommenden Lage erhalten
                              									bleiben, bis die um sie herum liegenden Verbindungen erzeugt sind, wie es das
                              									Klöppelkissen bei der Herstellung der Handspitze ermöglicht. Eines der wichtigsten
                              									Merkmale der Handspitze, die Erzielung eines schwungvollen, ungezwungenen Fadenlaufs
                              									im Gegensatz zu der reihenweisen Lage der Fadenverschlingungen – senkrecht zur
                              
                              									Längsachse der Spitze – bei den sogen. Maschinenspitzen, lassen somit auch die
                              									Produkte der Maschine von Malhère vermissen.
                           Neben den beiden Grundbedingungen, welche eine zur Herstellung einer der Handspitze
                              									gleichwertigen Maschinenspitze bestimmte Maschine erfüllen muss, kommt auch noch das
                              									Haupterfordernis, dass die Maschine in jeder Weise ökonomisch arbeitet. Es muss also
                              									die Maschine so eingerichtet sein, dass sie mit einfachen Mitteln eine grosse
                              									Leistungsfähigkeit besitzt. Weder die Maschine von Henkels
                                 										und Hedtmann, noch diejenige von Malhère
                              									entsprechen dieser Forderung. Wohl ist durch die letztere die komplizierte
                              									Gangplatte der alten Flechtmaschine beseitigt worden, die einen grossen Raum
                              									einnehmenden Klöppel und ihre Träger aber finden sich noch vor und gestatten im
                              									allgemeinen nur die Herstellung eines Klöppelstreifens, denn die hierzu
                              
                              									erforderlichen Spulen nehmen einen weit breiteren Raum ein als der Spitzen streifen
                              
                              									selbst.
                           Die zweite Richtung, welche eingeschlagen worden ist, die Maschine mit Gangplatte
                              									durch eine solche ohne Gangplatte zu ersetzen, findet sich verkörpert in denjenigen
                              									Maschinen von Adolf Bottenberg in Barmen, welche den
                              									Gegenstand der D. R. P. Nr. 73934, 78345 und 114756 bilden. An Stelle des
                              									schlangenförmigen, vom Normalkreis bald nach innen, bald nach aussen abweichenden
                              									Laufs der Klöppel oder Spulenträger ist eine Bewegung genau im Normalkreis benutzt
                              									und radiale Abweichungen sind trotz Beibehaltung des der alten Klöppelmaschine mit
                              									Gangplatte eigentümlichen Aufbaues gänzlich vermieden. Die Ausweichung der Klöppel
                              									und die Kreuzung der Fädenwerden durch Heben und Senken derselben bewirkt. Die
                              									durch die radialen Abweichungen bedingten Schwankungen in den Fadenspannungen, sowie
                              
                              									die deshalb erforderlichen Belastungen der Klöppelfäden sind vermieden. Der Abzug
                              									des Fadens von der Spule nach dem Flechtpunkt ist nahezu geradlinig oder doch ohne
                              									nachteilige, spürbare winklige Ablenkung und die Kürzung und Längung des Fadens
                              									zwischen Klöppel und Flechtpunkt findet nicht statt bezw. wird durch die
                              									Klöppelbewegung selbst ausgeglichen. Der Raumbedarf einer Maschine des neuen Systems
                              									ist im Vergleich der Flächenausdehnung einer an Klöppelzahl gleichen des alten
                              									Systems wesentlich geringer, es wird somit der letzten der bei Besprechung der Malhère'schen Maschine genannten Grundbedingungen für
                              									eine Spitzenklöppelmaschine durch die Maschine von Bottenberg zum Teil Rechnung getragen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 14
                              Bottenberg's Maschine mit einem Spulensystem und
                                 
                                 											einem schwingenden Spulenring.
                              
                           Die in dem D. R. P. Nr. 73954 zur Darstellung gebrachte erste Bottenberg'sche Erfindung besitzt die folgende Einrichtung: Sie besteht
                              									aus zwei Klöppel- oder Spulenträgerringen a und b (Fig. 1 und 2), von denen der eine
                              									als oberer a feststeht, während der unter diesem
                              									liegende zweite Ring b eine Schwingbewegung nach vor-
                              									und rückwärts ausführt. Hervorgebracht wird diese Schwingbewegung durch die unrunden
                              									Scheiben c und d, welche
                              									mittels der Schlitten ef und Schubstangen gh ihre Bewegung auf den Klöppelträger b übertragen. Dieser sowohl wie der feststehende
                              									Klöppelträger a sind mit Führungsstiften ik ausgestattet, welche einander achsial gegenüber
                              									stehen, sobald die Scheibe b die Mittelstellung
                              									einnimmt, und deren Teilung bezw. Zahl derjenigen der Teller der alten Maschine mit
                              									Gangplatte entspricht. Die Spulenträger oder Klöppel l
                              									sind mit Führungshülsen m ausgestattet, mit welchen die
                              									Klöppel auf den Stiften k sitzen, und durch deren
                              									Hebung sie auf die Stifte i überführt werden können. Um
                              
                              									das letztere zu ermöglichen, trägt jede Führungshülse m
                              									eine Nase n und auf jedem Stift i sitzt ein Schlitten o, der durch eine Zugschnur p mit der Platine einer Jacquardmaschine verbunden ist
                              									und eine Nase r aufweist. Ueber die letzteren treten,
                              									sobald sich die Schlitten o in gesenkter Lage befinden,
                              									bei Drehung des Trägers b die Nasen n der Spulenträger m und
                              									es erfolgt durch die Schlitten o entweder ein Anheben
                              									bezw. Ueberführen der letzteren auf die Stifte i der
                              
                              									feststehenden Scheibe beim Stillstand der beweglichen Scheibe bezw. ein Senken von
                              									der feststehenden auf die bewegliche Scheibe, und hiermit ist die Möglichkeit
                              									geboten, bei der Verdrehung der letzteren gewisse Spulen bezw. deren Fäden mit den
                              
                              									Fäden der übrigen Spulen zur Kreuzung (Flechtung) oder Zwirnung zu bringen.
                           Es ist nun einleuchtend, dass eine grössere Mannigfaltigkeit in den Klöppelführungen
                              									hergestellt werden kann, wenn auch der zweite Klöppelträgerring hin und her
                              									schwingend angeordnet wird. Auch kann bei einer derartigen Einrichtung der Maschine
                              									der Weg des einen bewegten Ringes um die Hälfte verkürzt werden, um doch in
                              									Beziehung auf die relative Lage gegenüber dem anderen Ring gleiches Endziel zu
                              
                              									erreichen, indem der letztere dem erstgenannten auf halbem Wege entgegen kommt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 15
                              Bottenberg's Maschine mit einem Spulensystem und
                                 											zwei schwingenden Spulenringen.
                              
                           Auf diesem Gedanken beruht die verbesserte Bottenberg'sche Maschine des D. R. P. Nr. 78345 (Fig. 3 bis 6). Der untere
                              									Klöppelträgerring a wird wie bei der älteren Maschine
                              									durch die unrunden Scheiben b und c, welche auswechselbar sind, mittels der Stangen d und e in Schwingung um
                              									seinen Achszapfen gesetzt. Der zweite Klöppelträgerring f wird von Stutzen g einer Scheibe h getragen, die ihrerseits mittels der ebenfalls
                              									auswechselbaren unrunden Scheiben ik (Fig. 3 und 4) durch die Stangen l ihre Schwingbewegung empfängt. Der Ausschlag und die
                              									Gestaltung der unrunden Scheiben bcik sind nun so
                              									gewählt, dass der untere und obere Klöppelträgerring sich so zu einander bewegen und
                              									in korrespondierenden Stellungen zu einander stillstehen, dass die Klöppel von unten
                              									nach oben oder von oben nach unten auf ihren jeweiligen Klöppelträger überführt
                              									werden oder auch über- bezw. untereinander hinweggehen können, wie es das Muster,
                              									die Flechtung und Zwirnung vorschreibt.
                           Jeder Klöppel m ist mit einem gezahnten Schieber nausgestattet (Fig. 3, 5 und 6), der mittels einer
                              									Jacquardmaschine o o. dgl., der von dieser
                              									beeinflussten Daumen p und Gegenfedern in dem unteren
                              									Klöppelträgerring a und einem diesen umschliessenden
                              									feststehenden Ring q so radial verschoben werden kann,
                              									dass das Schieberstück n entweder mit seinem Klöppel
                              									durch den unteren Klöppelträgerring a im Kreise
                              									herumgeführt wird oder diesen frei passieren lässt. In der letzten Stellung gelangt
                              									der Schieber n mit einer besonderen Nase r in den Bereich derjenigen Huborgane, welche seine
                              									Ueberführung von dem einen Klöppelträger in den anderen bewirken. Die Huborgane
                              									bestehen aus den Fangstangen st (Fig. 3 und 5), welche von den beiden
                              									Ringen uv getragen werden, die ihrerseits mittels der
                              									auf der Hauptwelle w angeordneten unrunden Scheiben x zur geeigneten Zeit eine auf- und absteigende
                              									Bewegung erfahren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 15
                              Bottenberg's Maschine mit einem Spulensystem und
                                 											zwei schwingenden Spulenringen.
                              
                           Während bei den vorstehend erläuterten beiden Ausführungsformen der Bottenberg'schen Maschine nur ein System von
                              									Fadenspulen oder Klöppel vorgesehen ist, welches zwecks Kreuzung und Zwirnung der
                              
                              									Fäden im geeigneten Augenblick eine Zweiteilung durch eine Mustervorrichtung derart
                              									erfährt, dass die beiden Gruppen von Spulen oder Fäden über- bezw. untereinander
                              									hinweggeführt werden können, besitzt die neueste Maschine von Bottenberg (vgl. D. R. P. Nr. 114756) zwei Spulen-
                              									bezw. Fadensysteme, und zwar ein Kettenfaden- und ein Spul- oder Flechtfadensystem.
                              									Das letztgenannte Fadensystem wird gehoben und gesenkt, ebenso wie bei den Maschinen
                              									des älteren Systems, während das zweite Fadensystem, das Kettenfadensystem, von
                              									feststehenden Spulen (vgl. Fig. 7 unten) abläuft, und
                              									dessen Fäden aus ihrer gestreckten Lage so abgelenkt, d.h. über bezw. unter mehr
                              									oder weniger Fäden des ersteren Systems so hinwegbewegt werden können, dass sie mit
                              									dem letzteren eine Bindung eingehen. Die Arbeitsweise der Maschine lehnt sich also
                              									an diejenige der alten englischen Bobbinetmaschine an, sie unterscheidet sich aber
                              									hinsichtlich ihres konstruktiven Aufbaues von dieser insofern, als die gestreckt
                              									liegenden Kettenfäden nicht in einer Ebene liegen, sondern den Mantel eines
                              									Cylinders bezw. Kegels bilden und die Spulenschlitten nicht in senkrechten, einander
                              									parallelen Ebenen um eine wagerechte Achse schwingen, sondern in den Radialebenen
                              									eines Kegels senkrecht auf- und absteigen. Bottenberg
                              									hat also auch bei seiner neuesten, ausserordentlich sinnreichen Maschine, wie aus
                              									der Abbildung (Fig. 7) klar hervorgeht, den Grundplan
                              									der alten Klöppelmaschine von Henkels beibehalten,
                              									gruppiert also die Fadensysteme und Nadeln zum Festhalten der Fadenkreuzungen um
                              									eine gemeinsame lotrechte Achse und ordnet die Abzugsvorrichtung in dieser Achse an.
                              									Die Maschine erfordert aber, obgleich sie die viel Raum beanspruchenden
                              
                              									cylindrischen Spulen ebenso wie Malhère im Gegensatz zu
                              									den Scheibenspulen der Bobbinetmaschine noch beibehält, weit weniger Raum als eine
                              
                              									alte Klöppelmaschine. Während z.B. eine Maschine alten Systems mit 98 Klöppeln nach
                              									Angaben des Erfinders etwa 2000 mm Durchmesser hat, hat eine solche neuen Systems
                              									mit 152 Fäden nur einen Durchmesser von 1250 mm.
                           Die die auf- und abbewegbaren Fäden des ersten Systems tragenden Spulen 1 (Fig. 7 und 8, 8a) sitzen mit Hilfe von
                              										Hülsen 6 auf den Stiften 2 und
                              									werden durch Anheben der genannten Hülsen auf die Stifte 3 überführt (Fig.
                                 										8 punktiert), indem die Platinen 18 durch
                              									Vermittelung der Hebelverbindung 11 10 12 die Hebel 78 zum Ausschlag bringen (Fig. 8 und 8a). Damit nun nach dem
                              									Anheben der Spulen den Kettenfäden der Durchgang zwischen den Stiften 2 3 nicht versperrt wird, senken sich die Hülsen 6 wieder, bis die Platinenhaken 17 auf das Messer 18a auftreffen, während gleichzeitig Stecher
                              										13 14 15 die gehobenen Spulen allein in ihrer Lage
                              									halten und erst dann freigeben, sobald die Platinen mit ihren Haken 17 durch die Musterkarte vom festen Messer 18a abgestossen
                              									werden (vgl. Fig. 8
                              
                              									punktierte Stellung).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 16
                              Fig. 7.Bottenberg's Maschine mit zwei
                                 										Spulensystemen und einem schwingenden
                                 
                                 										Spulenring.
                              
                           Zwischen den inneren und äusseren Stifthaltern 4 und 5 (Fig. 7 und 8) ist in geeigneter Höhe
                              									eine ringförmige Platte 19 horizontal angeordnet, die
                              									mit Schlitzen 20 zur Führung lotrecht stehender
                              									Fadenführer 21für die Kettenfäden versehen ist
                              										(Fig. 7, 8 und 9).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 16
                              Bottenberg's Maschine mit zwei Spulensystemen und
                                 											einem schwingenden Spulenring.
                              
                           Die Zahl der letzteren ist eine unbeschränkte und ebenso kann
                              										die Länge der
                              									bezeichneten Führungsschlitze eine verschiedene sein. Bei der in Fig. 9 dargestellten Maschine sind die von den Spulen
                              									ablaufenden Kettenfäden in zwei Systeme geteilt, und zwar können die Fäden des einen
                              									Systems in den Führungsschlitzen 20a immer nur zwei, die in Führungsschlitzen
                              										20b
                              									laufenden Fäden dagegen eine ganze Reihe der Spulenfäden 1 kreuzen. Dabei sind die Schlitze 20a so gestellt, dass z.B. Faden I über oder unter die auf Spulen 1 angeordneten Fäden α und
                              										β, der Faden II über
                              									die Spulenfäden β und γ
                              									geführt werden kann. Die Bewegung der Fadenführer erfolgt von Jacquardmaschinen B und C (Fig. 7 und 9) aus in
                              									folgender Weise:
                           Mit den Platinen der genannten Jacquardmaschinen stehen durch die Hebel 25 25a die
                              									Schnurzüge 23 in Verbindung, welche, über die Rollen
                              										22 geleitet und am freien Ende durch Gewichte 24 belastet, die verschiebbaren Fadenführer 21 in sich aufnehmen (Fig. 10). Durch das
                              									Heben und Senken der Platinen werden unter Mitwirkung der Gewichte 24 die Fadenführer 21 in
                              									ihren Schlitzen nach der einen oder anderen Richtung verschoben, mit ihnen also auch
                              									die Kettenfäden zum Zwecke der Kreuzung der Spulenfäden. Damit nun aber die
                              									Fadenführer der Schlitze 20a nach Bedarf um eine oder
                              									zwei Stellungen in beiden Richtungen bewegt werden können, sind mit jedem
                              									Winkelhebel 25 25a zwei Platinen 26 27 verschiedener Länge
                              
                              									verbunden (Fig.
                                 									11).
                           Die Bewegung der in den Schlitzen 20b liegenden
                              									Fadenführer erfolgt, um die Anzahl der Platinen nicht allzusehr zu vergrössern,
                              									durch eine Art Hubreduktoren 28 (Fig. 12), welche mittels
                              									eines Schaltwerks den Hub der Platinen in eine mehr oder weniger grosse Bewegung der
                              									Fadenführerschnüre 23 umsetzen. Das Schaltwerk besteht
                              									aus einem Schaltrad 29 mit zwei Schaltklinken 30 31, deren eine 31 mit
                              									der Klinke 32 als Gegenklinke wirkt, während die
                              									zweiteKlinke 30 die Schaltung herbeiführt. Beide
                              									Klinken stehen mit den Platinen der Jacquardmaschine in Verbindung und werden, je
                              									nachdem der Fadenführer 21 eine mehr oder weniger
                              									grosse Bewegung machen soll, früher oder später eingelegt bezw. ausgelöst. Eine
                              									Zahnteilung des Schaltrades entspricht der Verschiebung eines Kettenfadens um eine
                              									Spulenteilung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 17
                              Fig. 9.Bottenberg's Maschine mit zwei
                                 										Spulensystemen und einem schwingenden
                                 										Spulenring.
                              
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)