| Titel: | Die Gasbeleuchtung auf der Pariser Weltausstellung. | 
| Autor: | Fr. Liebetanz | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 109 | 
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                        Die Gasbeleuchtung auf der Pariser
                           								Weltausstellung.
                        Von Fr.
                                 
                                 									Liebetanz-Düsseldorf.
                        Die Gasbeleuchtung auf der Pariser Weltausstellung.
                        
                     
                        
                           Von allen bisherigen Weltausstellungen stand keine annähernd so stark unter dem
                              									Banne der modernen Beleuchtungstechnik, als die letzte Pariser. Das künstliche Licht
                              									zeigte sich in allen seinen Gestalten und Variationen, von der Oellampe, der Benzin-
                              									und Petroleumsparlampe bis zum flutenden Bogenlicht, vom Luftgas–, Spiritus- und
                              									Petroleumglühlicht, vom Washington- und Gasolinlicht bis zum ehrwürdigen
                              									Kohlengaslicht unter niederem und hohen Druck und der blendenden Acetylenflamme.
                              
                              									Dass selbst das jüngste Kindlein der Beleuchtungstechnik, das Nernst-Licht, nicht
                              									fehlte, ist bekannt; mit magischer Gewalt zog es die Fachleute und sonstigen
                              									Interessenten an und liess sich in seinem Tempel bewundern. Indes soll die
                              									elektrische Beleuchtung in diesem Bericht nur vergleichsweise angeführt werden, der
                              									Zweck desselben ist eine Beschreibung der auf der Ausstellung vorhanden gewesenen
                              										nichtelektrischen Lichtarten.
                           Angesichts der Lichtfülle der nun geschlossenen Ausstellung, muss man sich in der
                              
                              									That wundern, wie die früheren grossen Veranstaltungen gleicher Art mit der
                              									damaligen primitiven Beleuchtung auskommen konnten, denn abgesehen von der Pariser
                              									Ausstellung 1878, welche die erste grössere Beleuchtung mit Jablochkoff-Kerzen
                              									vornahm und der Ausstellung 1889 in Paris, welche das elektrische Licht in grösserem
                              
                              									Umfange heranzog, stand den vorhergehenden nur die offene Steinkohlengasflamme als
                              
                              									höchster Luxus zur Verfügung. Und deshalb kam es einem dieses Jahr in Paris so recht
                              									zum Bewusstsein, was die Beleuchtungstechnik in den letzten 15 bis 20 Jahren für
                              									eine geradezu gigantische Arbeit geleistet hat: die Ausgestaltung des elektrischen
                              									Lichtes, das Auer-Licht, die praktische Einführung des Wassergases, das Pressgas,
                              
                              									Acetylen und Nernst-Licht, um nur die wichtigsten Etappen zu bezeichnen! In Paris
                              									entrollte sich die Geschichte des Beleuchtungswesens der letzten Jahrzehnte in
                              									überraschender Weise vor dem staunenden Beschauer, wenn auch manche Lücke zu
                              									beobachten und manches zu wünschen war, wie z.B. eine viel bessere bezw. stärkere
                              									Beteiligung der Steinkohlengasindustrie. Bedauerlich war es ferner, dass die Klasse
                              									75 für alle Staaten, mit Ausnahme Frankreichs, nicht einmal auf dem Papier stand,
                              									sie war in den meisten Katalogen ganz übergangen und doch umschloss sie nach der
                              									offiziellen Festsetzung „die nichtelektrischen Beleuchtungsarten“. Aus diesem
                              									Grunde mussten sich die Aussteller der fremden Staaten in andere Abteilungen
                              									flüchten. Die einzigen beiden deutschen Aussteller, die noch dazu gemeinschaftlich
                              									ausstellten, die Stettiner
                                 										Chamottefabrik-Aktiengesellschaft vorm. Didier
                              									in Stettin und die Berlin-AnhaltischeMaschinenbau-Aktiengesellschaft in Berlin fügten sich
                              
                              									der Ingenieurausstellung ein, obgleich gerade diese
                              									zwei hervorragenden Firmen vortrefflich geeignet gewesen wären, den Mittelpunkt
                              									einer deutschen Klasse 75 zu bilden, aber leider war die so hoch entwickelte
                              									deutsche Gasindustrie im übrigen zu Hause geblieben. Wir möchten bei dieser
                              									Gelegenheit nicht verfehlen, auf die grosse Wichtigkeit hinzuweisen, die eine
                              									vollständige, umfangreiche Ausstellung für das gesamte Beleuchtungswesen hätte, ein
                              									Wettbewerb, der aus dem engbegrenzten Rahmen der Fachliteratur in die Praxis
                              									übertragen würde und nebeneinander die Leistungen der Beleuchtungsbranche aller
                              									Richtungen einen friedlichen, aber jedenfalls sehr nützlichen Wettkampf austragen
                              									lassen würde. Es wurde verschiedentlich auf die grosse Düsseldorfer Ausstellung 1902
                              									hingewiesen, aber das Merkwürdige ist auch hier, dass eine Gruppe für Lichtindustrie
                              									überhaupt nicht vorhanden ist; man wird sich auf verschiedene Effektbeleuchtungen
                              									beschränken – das ist alles. Auch die nächstjährige Wiener Lichtindustrieausstellung
                              									erscheint für obigen Zweck, als verfehlt.
                           Anscheinend hatte man anfangs der Beleuchtungsindustrie einen Sammelpunkt zugedacht,
                              									was aus der Errichtung des beistehend abgebildeten Gaspavillons zu entnehmen ist.
                              
                              									Derselbe soll nach der ersten Idee etwa doppelt so gross gedacht worden sein, wie er
                              									in Wirklichkeit ausgeführt wurde, aber schliesslich warf die Riesenarbeit des
                              									Arrangements der ganzen Ausstellung auch dieses schöne Projekt über den Haufen und
                              
                              									der dann erbaute Pavillon verunglückte hinsichtlich seines Zweckes vollkommen.
                              									Hierzu mag auch seine durchaus ungünstige Lage, abseits der grossen
                              									Ausstellungsverkehrsadern, an einem ungepflegten, schmalen Wege im Rücken des
                              									Gebäudes für Bergbau und Hüttenwesen, direkt an den Ausstellungszaun der Avenue de la Bourdonnais angrenzend, beigetragen haben.
                              									Höchst stiefmütterlich plaziert, hatte man wohl auch das Bewusstsein, dass der
                              									Besuch des Gebäudes gering sein wird und brachte in demselben, ausser einigen
                              									Beleuchtungskörpern, Gaskochern, Motoren, Gasmessern u.s.w. von nur französischen
                              									Firmen, nichts weiter unter.
                           Im ersten Stockwerk befand sich der Kongresssaal, der indes für Kongresse nicht
                              									benutzt wurde. Die daselbst befindliche Ausstellung von Modellen, Apparaten,
                              									Zeichnungen, Statistiken, Beschreibungen bot wohl das Interessanteste des Pavillons
                              									und lohnte reichlich wiederholte Besuche. Diese Sammlung war ebenso sorgfältig
                              									arrangiert, als lehrreich. Die drei Ausstellungsräume des Pavillons waren denn auch
                              									in der Regel leer und öde, und die im Keller befindliche Gasküche, welche zum
                              									sofortigen Verzehr verschiedenes Backwerk und Kaffee, sowie einige andere Esswaren
                              									herstellte, machte wohl die schlechtesten Geschäfte aller ähnlichen Speisestellen
                              									der Ausstellung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 109
                              Fig. 1.Offizieller Gaspavillon.
                              
                           Wenn man mit diesem Gebäude den Elektrizitätspalast verglich, das halbe Dutzend
                              									Besucher hier, mit der zahllosen Menge dort, so konnte man das Gefühl der
                              									Enttäuschung, der gänzlichen Unzulänglichkeit des ganzen Arrangements und des
                              									Gebotenen nicht unterdrücken. Alles strömte der elektrischen Beleuchtung entgegen,
                              									am Haupteingang wurde man von derselben in flutender Fülle empfangen und am Ende, am
                              									Wasserschloss, bezauberte sie die allabendlichen Tausende, die fast andächtig auf
                              									endlosen Stuhlreihen mit immer gleicher Geduld ausharrten, mit der fabelhaften
                              									Pracht und Verschwendung ihrer Gaben. Dazu die vielen Stellen, die durch gesonderte
                              									Prunkbeleuchtung mittels der Elektrizität starke Effekte zu erzielen suchten, wie
                              									z.B. am Eingange zu der Klasse für Geographie und Astronomie und das am anderen Ende
                              									des Marsfeldes, dem Wasserschloss entgegengesetzt liegende, viel besuchte Palais
                              									lumineux Ponsin, kurz, ein wahres Loblieb der elektrischen Beleuchtung in
                              									natürlicher Gestalt.
                           Glücklicherweise brauchte man aber auf dem Marsfelde den Blick nur zu wenden, um sich
                              									von dem feenhaften Bilde des Chateau d'eau in den stillen, ruhigeren Bannkreis der
                              									Gasbeleuchtung zu retten, und, geblendet von dem Meer von Licht, das von den 5600
                              									elektrischen Glühlampen, den 120 Scheinwerfern und den 6 die Firstfigur
                              									beleuchtenden Bogenlampen dieses unvergesslichen Bauwerkes ausging, eine Zuflucht zu
                              									finden unter dem traulichen Scheine des Gasglühlichtes, welches die grosse
                              									Mittelallee zwischen dem Eiffeltürme und dem Wasserschlosse erfolgreich und angenehm
                              									beherrschte. Und ein Umstand war es namentlich, der dem Gaslicht von vorneherein ein
                              									günstiges Prognostikon stellte: es war am Eröffnungstage in vollzähliger Kerzenzahl
                              									vorhanden, während man bekanntlich mit dem elektrischen Lichte die liebe Not hatte,
                              									um wenigstens einen kleinen Teil der riesigen Flächen und Gebäude am ersten Abend
                              									erhellen zu können. Nicht bloss am ersten, nein, fast alle Tage bis zum Schluss der
                              									Ausstellung wurde über die Unregelmässigkeit der Lieferung elektrischen Lichtes
                              									geklagt, und zwar sogar von den Elektrizitätsfirmen selbst. So konnte z.B. die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft die Nernst-Lampen
                              									nicht in voller Anzahl jeden Abend mit der zur Verfügung stehenden Strommenge
                              									speisen.
                           Das Gaslicht war in der Hauptsache in der oben erwähnten Mittelallee des Marsfeldes
                              									und ferner auf dem Trocadero in Verwendung. Nach uns an Ort und Stelle gemachten
                              
                              									Angaben waren im ganzen 1076 Kandelaber aufgestellt, die 1618 Laternen trugen,
                              									welche wiederum 4619 Brenner enthielten. Hiervon waren 549 Kandelabermit 923
                              									Laternen und 2739 Brennern und Glühstrümpfen auf dem Marsfelde und 527 Kandelaber
                              									mit 695 Laternen und 1880 Brennern und Strümpfen auf dem Trocadero plaziert. Die
                              									Kandelaber trugen 1 bis 3 Laternen und die letzteren 1 bis 15 Brenner. Ueber 10
                              									Brenner besassen nur 66 Laternen und zwar vorwiegend auf dem Marsfelde, alle übrigen
                              									waren mit 1 bis 5 Brennern versehen. Das Gas wurde teils unter gewöhnlichem Druck
                              									von 80 mm, teils unter 200 mm (Pressgas) verbrannt. Die Kompressionsanlage für den
                              									höheren Druck war von der Compagnie Parisienne du gaz
                              									am Quai d'Orsay bei dem Pavillon für Forstwesen errichtet, woselbst die Kompressoren
                              									durch einen Lenoir'schen Gasmotor betrieben wurden. Die
                              									von hier aus bewerkstelligte Pressgasbeleuchtung, die namentlich auf dem Marsfelde
                              									ausgedehnt angewendet wurde, machte einen hervorragenden Eindruck, nicht allein was
                              									Helligkeit anbelangt, sondern auch hinsichtlich der Farbe. An einigen Abenden fiel
                              									dieser Vorzug der Pressgasbeleuchtung sehr ins Auge, da eine ganze Reihe
                              									Glühstrümpfe, die auf Brennern mit niederem Druck sassen, aus irgend welchen Gründen
                              									nur eine geringe Leuchtkraft entwickelten, während das Pressgaslicht tadellos
                              									funktionierte. Es kamen zwei Arten von Glühlichtbrennern in Benutzung:
                              									Bandsept-Brenner D von der Französischen Auer – Gesellschaft und Denayrouze-Brenner von der
                              									gleichnamigen Gesellschaft in Paris. Beides sind Rivalen des eigentlichen
                              									Auer-Brenners, dessen Prinzip ihnen zu Grunde liegt. Der Bandsept-Brenner, nach seinem Erfinder so genannt, ist in Fig. 2 abgebildet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 109
                              Fig. 2.Bandsept-Brenner.
                              
                           Das Wesentlichste an demselben ist die Anordnung dreier
                              									Injektoren CC1C2, von denen jeder für
                              									sich ein gewisses Luftquantum zur Mischung des aus der Oeffnung B einströmenden Gases in die Gaskammer einführt. Da das
                              									nötige Luftquantum nicht auf einmal, sondern nach und nach durch die verschiedenen
                              									in dem unteren Mantel befindlichen Löcher eingesogen wird, soll die Mischung mit dem
                              									Gase viel inniger sein, als bei den übrigen ähnlichen Brennern. Die Oekonomie des
                              									Brenners soll mindestens 25% grösser sein, als die des üblichen Auer-Brenners; in
                              									einzelnen Fällen soll selbst eine um 50 bis 60% höhere nachgewiesen worden sein. Der Brenner von Louis
                                 										Denayrouze (Fig. 3) besitzt am Fusse seines
                              									in der Figur nicht gezeichneten Gewindeschaftes vier nebeneinander bezw. um das Rohr
                              									herum angeordnete Luftsauglöcher, die wie beim Bunsen-Brenner die
                              									Gaseinströmungsöffnung umgeben. Die Mischung findet zunächst in dem unteren Teile
                              									des Schaftes statt, und wird in der oberen Erweiterung intensiver vorgenommen, was
                              									ein wesentlicher Teil der Erfindung ist. Der Gasluftstrom wird sodann nicht nur in
                              									das Innere des Strumpfes, sondern auch gleichzeitig äusserlich an demselben
                              									emporgeführt, so dass derselbe von zwei getrennten Flammen umgeben wird. Erst
                              									hierdurch ist es nämlich möglich, auch den oberen Teil des Strumpfes vollkommen
                              									weissglühend zu machen. Die den Gasluftstrom trennende hohle Scheidewand G ist durch Kanäle D mit der
                              									äusseren Luft in Verbindung gesetzt, um auf diese Weise gekühlt zu werden und die
                              									Luft zur Erhöhung der Leuchtkraft des Strumpfes zwischen die beiden, denselben
                              									umspülenden Flammen geleitet zu werden. Der Gasverbrauch des neuen
                              									Denayrouze-Brenners soll für 17 bis 20 Carcel nur 266 l betragen, also pro
                              									Stundenkerze 1,33 bis 1,57 l Gas.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 110
                              Fig. 3.Verbesserter Denayrouze-Brenner.
                              
                           Insgesamt funktionierten in 940 Kandelabern 3200 Auer-Brenner System Brandsept D und in 160 Kandelabern 1500
                              									Denayrouze-Brenner. Die ersteren, für 10, 45 und 60 Carcel berechnet, waren einzeln
                              									oder zu mehreren in einer Laterne angeordnet, so dass die Lichtfülle der einzelnen
                              									Laternen zwischen 20 und 180 Carcel schwankte. Die Strümpfe des Pressgaslichtes
                              									hielten durchschnittlich 42 Tage. Die Denayrouze-Brenner ergaben durchschnittlich
                              									eine Leuchtkraft von 28 Carcel, somit zusammen 42000 Carcel oder 420000 Kerzen, und
                              									die Brenner der ersteren Type zusammen 90000 Carcel gleich 900000 Kerzen. Die
                              									Mindestlichtmenge betrug rund 100000 Carcel oder 1 Million Kerzen. Auf dem Marsfelde
                              
                              									allein waren hiervon 60000 Carcel gleich 600000 Kerzen vorhanden, und es dürfte
                              									nicht uninteressant sein, hiermit die Lichtmenge des Wasserschlosses zu vergleichen.
                              									Dieselbe erforderte zusammen 400 Kilo-Watt, die nach den gemachten Mitteilungen etwa
                              									230000 Kerzen erzeugten. Ausser dieser Gasbeleuchtung waren noch verschiedene
                              									andere, minder bedeutende Stellen mit derselben versehen. So erhielten die beiden
                              
                              									Kunstpaläste an ihren Gesimsen eine langgestreckte Kette von Gasflammen, während die
                              									Gebäude der Invalidenesplanade dieselbe Beleuchtung reichhaltig gegliedert und der
                              									Ornamentik der Gebäude angepasst aufwiesen. Der stündliche Gasverbrauch betrug 1383
                              									cbm; die damit beleuchtete Fläche 195000 qm.
                           Die verschiedenen in Paris zur öffentlichen Gasbeleuchtung benutzten Brenner waren in
                              									dem imposanten Hause der Stadt Paris in Verbindung mit
                              									einem reichen Zahlenmaterial über die Fortschritte des öffentlichen
                              									Beleuchtungswesens der Stadt überhaupt, ausgestellt. Der Brenner Saint-PaulD. p. J. 1899 313 * 31. (Fig. 4) war daselbst in verschiedenen Exemplaren vorhanden, einzeln zu
                              									250 l, zu dreien in einer Laterne vereinigt von zusammen 900 l und zu fünfen
                              									vereinigtvon zusammen 1200 l stündlichem Gasverbrauch. Ferner
                              									Triple-Auer-Brenner von 900 1 und einzelne zu 100 Kerzen, alle sauber in poliertem
                              									Messing oder vernickelt. Die Denayrouze-Brenner waren in der dreiteiligen Anordnung,
                              									zusammen 450 l Gasverbrauch mit Cylindern mit Luftzugsöffnungen und einzeln mit 270
                              									l Konsum ausgestellt. Die Cylinder sassen durchweg auf federnder Unterlage,
                              									teilweise auch die Strumpfhalter.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 110
                              Fig. 4.Saint-Paul-Brenner.
                              
                           Der Saint-Paul-Brenner beruht auf
                              									dem Prinzip des Bunsen-Brenners, jedoch mit nach unten sich stark verengender
                              									Mischkammer und Vorwärmung des Glases. Letzteres geschieht in der Kammer ff, durch Anzünden des durch die Oeffnungen
                              									entströmenden Gases, dessen Verbrennungsprodukte durch die Glocken gh abgeführt werden, während durch Zuführung von Luft
                              
                              									durch die Löcher i und von unten durch die Löcher c die Verbrennung wunschgemäss beeinflusst wird. Die
                              									Anzündung der Heizflämmchen geschieht durch die Oeffnung o auf der rechten Seite der Heizkammer. Die Mischluft wird durch die am
                              									Boden der Kammer a angebrachten Oeffnungen eingesogen,
                              									worauf die Mischung mit dem Gase in der Kammer a vor
                              									sich geht. Das oben ausströmende Gemisch wird sofort durch die Kletterflamme (rechts
                              									an dem Brenner) entzündet. Nach der uns gemachten Erklärung, die wir bei einigen
                              									Strassenlaternen bestätigt sahen, wird der Ventilschlüssel zuerst nach rechts
                              									gedreht und mittels der Anzündestange die Flammen 1, 2,
                                 										3 rechts unten entzündet; zu gleicher Zeit ist das Gas auch in die Krone
                              										dd getreten, woselbst das den in derselben
                              
                              									angebrachten feinen Oeffnungen entströmende Gas durch die Flammen 4, 5, 6, 7 angezündet wird. Dasselbe geschah
                              									gleichzeitig mittels der Flamme v oben an dem aus der
                              									Mischkammer heraustretenden Gase. Der Ventilschlüssel wird hierauf in vertikale
                              									Richtung gedreht, infolgedessen die Zündflammen verlöschen.
                           In Funktion befindliche Gasmesser während der Jahre 1890 bis
                              									1899.
                           
                              
                                 Kapäzitat der Messerin Flammen
                                 1890
                                 1891
                                 1892
                                 1893
                                 1894
                                 1895
                                 1896
                                 1897
                                 1898
                                 1899
                                 
                              
                                       3
                                 77
                                 49
                                 54
                                       25
                                       34
                                       34
                                       47
                                       34
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                       5
                                 31202
                                 31212
                                 32981
                                 35122
                                 46190
                                 46572
                                 42140
                                 48825
                                 54098
                                 60923
                                 
                              
                                     10
                                 4855
                                 5132
                                 4840
                                   5402
                                   5128
                                   6505
                                   5940
                                   6512
                                   5855
                                   7245
                                 
                              
                                     20
                                 1383
                                 1757
                                 1545
                                   1812
                                   1479
                                   1855
                                   1553
                                   1520
                                   1529
                                   1589
                                 
                              
                                     30
                                 443
                                 503
                                 422
                                     463
                                     351
                                     558
                                     416
                                     454
                                     491
                                     457
                                 
                              
                                     40
                                 323
                                 330
                                 302
                                     332
                                     260
                                     437
                                     341
                                     323
                                     363
                                     328
                                 
                              
                                     50
                                 4
                                 4
                                 3
                                         2
                                         6
                                         2
                                         3
                                         2
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                     60
                                 193
                                 225
                                 191
                                     208
                                     174
                                     253
                                     212
                                     206
                                     199
                                     232
                                 
                              
                                     70
                                 96
                                 97
                                 66
                                     112
                                       74
                                       77
                                       80
                                       69
                                       76
                                       79
                                 
                              
                                     80
                                 130
                                 150
                                 87
                                     164
                                     104
                                     124
                                     113
                                     117
                                       87
                                     114
                                 
                              
                                   100
                                 40
                                 51
                                 45
                                       32
                                       34
                                       65
                                       41
                                       40
                                       55
                                       71
                                 
                              
                                   150
                                 31
                                 36
                                 38
                                       30
                                       25
                                       26
                                       26
                                       26
                                       22
                                       18
                                 
                              
                                   300
                                 23
                                 21
                                 23
                                       17
                                       12
                                       17
                                         7
                                       12
                                       18
                                       16
                                 
                              
                                   400
                                 2
                                 –
                                 5
                                         1
                                         3
                                         5
                                         2
                                         1
                                         3
                                         6
                                 
                              
                                   500
                                 3
                                 8
                                 9
                                 –
                                         2
                                         4
                                         2
                                         2
                                         3
                                         5
                                 
                              
                                   600
                                 –
                                 2
                                 1
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                         2
                                         4
                                 –
                                 
                              
                                   800
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 1
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 1000
                                 –
                                 –
                                 1
                                 1
                                 –
                                 2
                                 –
                                 –
                                 1
                                 –
                                 
                              
                                 1500
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 1
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                           
                           Ueber die Entwickelung der Pariser Gasbeleuchtung in den letzten Jahren gaben
                              									die ausliegenden Betriebsjournale eingehende, umfangreiche tabellarische Auskunft.
                              									Danach nahmen beispielsweise die Gasmesser in der Stadt zu, wie vorstehende Tabelle
                              									erkennen lässt.
                           Hieraus geht hervor, dass die Zahl der Gasmesserflammen von 306 211 im Jahre 1890 auf
                              									483 645 im Jahre 1899 gestiegen ist und die Zahl der Gasmesser von 38805 in 1890 auf
                              									71083 in 1899; während sich also die Anzahl der Gasmesser fast verdoppelte (Zunahme
                              									32278), stieg die Flammenzahl nur um 177,434 Stück, also um nicht ganz ⅗. Als
                              									Vergleich sei vermerkt, dass die Zahl der Gasmesser in Berlin bereits Ende 1894
                              
                              									89600 betrug, worunter 62400 städtische und 27200 der Imperial Continental Gasassociation gehörige, die sich allerdings zu einem
                              
                              
                              									kleinen Teil auch in den Vororten befanden. Die Zahl der gesamten
                              									Beleuchtungsflammen betrug im gleichen Jahre 1113000. Wenn deshalb die lebhaften
                              									Klagen über die mangelhafte Beleuchtung der Strassen von Paris immer lauter wurden,
                              									so findet man in vorstehenden Zahlen wenigstens eine teilweise Bestätigung.
                              									Uebrigens erhoffen die Pariser, dass der Glanz der Ausstellungsbeleuchtung den
                              
                              
                              									Gemeinderat veranlassen wird, endlich für eine Besserung in dieser Beziehung zu
                              
                              									sorgen. Andere Tabellen gaben die Zunahme der Gasglühlichtbrenner und Abnahme der
                              									Argand–, Intensiv- und Schnittbrenner mit graphischen Erläuterungen, wobei im
                              									ersteren Falle wiederum die Zahlen für die Auer-Brenner die Konkurrenzfabrikate (Bruleurs à incandescence intensifs) getrennt
                              									aufgeführt wurden. General- und Detailpläne, Photographien und Modelle aus den
                              									Pariser Gasanstalten vervollkommneten die durchaus sehenswerte und übersichtliche
                              									Zusammenstellung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 111
                              Fig. 5.Modellanlage der Stettiner Chamottefabrik Aktiengesellschaft vorm.
                                 										Didier in Stettin und der Berlin-Anhaltischen Maschinenbau-Aktiengesellschaft in
                                 										Berlin. Ladefussboden.
                              
                           Wie schon erwähnt wurde, war die deutsche Gasindustrie in einer eigenen Gruppe nicht
                              									vertreten, wie sie überhaupt nur durch die beiden gemeinschaftlich in der deutschen
                              									Abteilung für Ingenieurwesen erschienenen Firmen Stettiner
                                 										Chamottefabrik Aktiengesellschaft vorm.
                              									Didier in Stettin und die Berlin-Anhaltische Maschinenbau-Aktiengesellschaft in Berlin repräsentiert
                              									wurde. Dieselben führten ein Modell einer Retortenofenanlage mit schrägliegenden
                              									Betörten (nach Coze) zur Steinkohlengasbereitung mit
                              
                              
                              									automatischer Kohlenmagazinierung und automatischen Kohlen-
                              
                              									undKokstransportvorrichtungen vor. Das Modell (Fig.
                                 										5 und 6) war fast regelmässig in Thätigkeit
                              
                              									und zeigte ein Retortenhaus für einen Ofenblock zu fünf Ofenhülsen, jede Hülse
                              									belegt mit neun schrägliegenden Retorten, mit dazu gehörigem Schornstein, sowie
                              
                              									Kohlenmagazin, Einrichtung für die Kohlenzuführung, Kohlenaufbereitungsanlage,
                              									Retortenbeschickung und Einrichtung für den Kokstransport. Mittels eines Elevators
                              									und mit Hilfe mehrerer Transportbänder wird die vergasende Kohle nach dem
                              									Retortenhaus direkt, oder nach dem Kohlenschuppen, oder aber aus dem Kohlenschuppen
                              									nach dem Retortenhause befördert. Durch einen zweiten Elevator wird die ausgegaste
                              									Kohle, der Koks von den Oefen nach der Kokssortieranlage in den Koksbehälter und den
                              									Koksschuppen, oder von diesen nach der Verladestelle transportiert. Die Kohle wird
                              									aus dem Eisenbahnwagen in einen Trichter abgeschüttet, unter dem sich ein
                              									Aufgabetisch bewegt, durch den die Kohle in gleichmässiger Menge in den Brecher und
                              
                              									durch diesen in den Elevatortrog fällt. Der Elevator hebt die Kohle und schüttet sie
                              									entweder auf das Transportband, das zum Retortenhause, oder aber auf dasjenige, das
                              
                              									zum Kohlenmagazin führt. Durch eine verschiebbare Vorrichtung, bestehend aus einem
                              
                              									Rollenwagen, kann die Kohle im Magazin an jeder Stelle von dem Transportband
                              									abgeworfen und im Kohlenmagazin gleichmässig verteilt werden. Unter den
                              									Kohlenspeichern befindet sich ein begehbarer Gang, von welchem aus die für das
                              
                              									Ofenhaus benötigte Kohle aus den einzelnen Fächern des Kohlenspeichers entnommen
                              									werden kann. Im Ofenhause befindet sich ein Kohlenhochbehälter, in welchen die Kohle
                              									mittels des Transportbandes geschüttet wird.
                           Von dem Kohlenhochbehälter zu den Retortenöfen führt eine Hängebahn, auf der drei
                              									Retortenbeschickungswagen laufen, die durch die am Kohlenbehälter befindlichen
                              									Ausläufe gefüllt werden und vor die zu ladende Retorte geschoben werden, wozu ein
                              									Arbeiter genügt. Ein Arbeiter kann 45 Retorten eines Ofenblockes bedienen.
                           Das Modell zeigte Vollgeneratorofen mit vorliegendem Generator und automatischer
                              									Wasserverdampfung nach dem System Hasse-Didier. Die
                              									Lage der Retorten in genau berechneter Neigung gestattet das automatische Laden mit
                              									Kohle und das automatische Entleeren der Retorten von der ausgegasten Kohle, des
                              									Koks. Die automatische Wasserverdampfung ermöglicht die vollständigste Ausnutzung
                              									des Heizmaterials und verhindert die Bildung harter Schlacke. Für den Transport des
                              									Koks befindet sich vor den Oefen eine de Brouwer'sche
                              									Transportrinne. Soll eine Retorte entleert werden, so öffnet man deren unteres und
                              									oberes Mundstück und lässt den Koks gegen eine vor den Oefen stehende fahrbare
                              									Schirmwand in die mit Wasser gefüllte Kokstransportrinne fallen. Die Kette der
                              									Transportrinne befördert den innerhalb der Rinne vorgelöschten Koks zu einer zweiten
                              									Rinne, welche ihn zu dem Koksbrecher bringt. Der gebrochene Koks fällt durch den
                              									Brecher in den Elevator, der ihn auf die Schüttelrinne der Sortieranlage befördert,
                              									welche den Koks sodann an die Verkaufsbehälter abgibt. Anderenfalls wird der Koks
                              									durch den Elevator auf das Transportband geschüttet, durch das er in den Schuppen
                              
                              									befördert wird. Auch in diesem Schuppen ist eine Einrichtung vorgesehen, welche den
                              									Koks an jeder Stelle dieses Gebäudes gleichmässig abwerfen und verteilen lässt. Die
                              									Entnahme des Koks aus den einzelnen Fächern des Schuppens geschieht genau so wie im
                              									Kohlenmagazin bei der Kohle. Der Koks fällt von dem verschiebbaren Materialsprender
                              									auf das Transportband, das ihn zum Elevator führt und der weiter das zu verladende
                              									Material zur Sortieranlage schafft.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 112
                              Fig. 6.Modellanlage der Stettiner Chamottefabrik Aktiengesellschaft vorm.
                                 										Didier in Stettin und der Berlin-Anhaltischen Maschinenbau-Aktiengesellschaft in
                                 										Berlin. Entladefussboden.
                              
                           Zum Antrieb der Transportanlage des Modelles diente ein Elektromotor.
                           Während des internationalen Kongresses war im Gaspavillon auch eine Vorführung des
                              										Salzenberg'schen Kugellichtes vorgesehen. Da
                              									dasselbe bekanntlich gleichfalls zur Kategorie der Pressgasbeleuchtung gehört und
                              									gerade diese der Gasbeleuchtung auf der Ausstellung einen entschiedenen und
                              									glänzenden Erfolg einbrachte, so war es besonders interessant, neben der durch die
                              									Pariser Gesellschaft installierten Pressgasbeleuchtung auch diese ausgezeichnete
                              									deutsche Erfindung zu demonstrieren.
                           Unmittelbar bei dem Modell der beiden deutschen Gesellschaften, jedoch auf der
                              									Galerie der französischen Abteilung befand sich ein zweites Ofenhausmodell von André Coze in Reims welches gleichfalls verschiedene
                              									Neuerungen bot. Die hauptsächlichste war die Anordnung zur raschen und einfachen
                              
                              									Abführung und Ablöschung des Koks, welche Arbeiten infolge der dabei in das Ofenhaus
                              									dringenden Dämpfe die Arbeiter belästigen. Das Ablöschen des glühenden Koks wird
                              									deshalb nicht innerhalb, sondern ausserhalb des Ofenhauses vorgenommen. Unter dem
                              									Boden des Ofenhauses sind stark geneigte Behälter angeordnet, welche in die
                              									ausserhalb des Ofenhauses befindliche de Brouwer'sche
                              									Rinne führen. Werden nun die Retorten geöffnet, so fällt der Koks in die Behälter
                              									und rutscht infolge deren Neigung rasch und selbstthätig in die Rinne, woselbst die
                              									Ablöschung erfolgt. Eine Belästigung der Arbeiter soll hierdurch vollkommen
                              									vermieden sein. Ferner waren Vorrichtungen vorhanden, die eine genaue Abmessung des
                              									für jede Retorte bestimmten Kohlenquantums ermöglichen. Durch die erstere
                              									Einrichtung hofft man die nötigen Arbeitskräfte dauernder erhalten zu können, da die
                              									Beschaffung derselben immer schwieriger wird.
                           Die vorgeführte Ladevorrichtung besteht aus einem an der vorderen Ofenwand entlang
                              									beweglichen Gerüst, in dem Förderkörbe so angebracht sind, dass sie sowohl bis zur
                              									obersten Retorte gehoben, als auch bis in einen Kanal gesenkt werden können, der
                              									zwischen dem Ofen und einem längst desselben sich erstreckenden Kohlenlager zu dem
                              									Zwecke angeordnet ist, die Förderkörbe durch das Eigengewicht der Kohle zu füllen.
                              									Hierbei können zwei Förderkörbe an den beiden Enden eines über angetriebene Rollen
                              									geführten Seiles aufgehängt sein, dessen wirksame Länge durch eine Spannvorrichtung
                              									derart geändert werden kann, dass beim tiefsten Stande des einen Förderkorbes der
                              									zweite vor einer beliebigen Retorte steht.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)