| Titel: | Windmotoren auf der Pariser Weltausstellung. | 
| Autor: | E. Lufft | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 247 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Windmotoren auf der Pariser
                           
                           								Weltausstellung.
                        Von E. Lufft.
                        Windmotoren auf der Pariser Weltausstellung.
                        
                     
                        
                           Von den verschiedenen von der Natur dem Menschen zur Verfügung gestellten
                              									Arbeitsquellen sind es heutzutage fast ausschliesslich nur zwei, welche zu
                              									technischer Verwendung gelangen: die chemische Energie der Brennstoffe und die in
                              									den Wasserkräften der Erde frei werdenden Energiemengen. Aber sowohl die eine wie
                              									die andere dieser Energiequellen besitzt den Nachteil einer quantitativen
                              									Beschränkung, welche gegenüber den sich durch den Fortschritt der Kultur und die
                              									Zunahme der Bevölkerung steigernden Ansprüchen nicht stand zu halten droht. Wenn es
                              									z.B. schon ziemlich feststeht, dass in etwa 50 Jahren in England eine Erschöpfung
                              									der dort geförderten Kohle eingetreten sein wird, und wenn in manchem
                              									industriereichen Lande schon jetzt eine nahezu völlige Ausnutzung der vorhandenen
                              									Wasserkräfte stattfindet, so ist es mehr als bloss eine Frage der
                              
                              									Wirtschaftlichkeit, die den Menschen zwingt, sich nach anderen Kraftquellen
                              									umzusehen.
                           So fangen namentlich die in den Luftströmungen unserer Erde sich äussernden
                              									ungeheuren Energiemengen an, mehr und mehr Beachtung zu finden, und wenn auch das
                              									Bestreben, Teile dieser Energiemengen auszulösen und in motorische Kraft umzusetzen,
                              
                              
                              									bereits vor 500 Jahren eine praktische Lösung im Baue der Bockwindmühlen gefunden
                              									hat, so blieb es doch erst der neuesten Zeit vorbehalten, einen Windmotor zu
                              									erzeugen, der weitergehenden Ansprüchen Rechnung trägt. – Seit auf der
                              									Weltausstellung in Philadelphia der amerikanische Windmotor auf dem Weltmarkt
                              									erschien, haben die Bemühungen der Konstrukteure um Vervollkommnung dieser
                              									Motorgattung nicht mehr geruht, und es dürfte von Interesse sein, an Hand der auf
                              									der letztjährigen Weltausstellung vorgeführten Windmotoren zu konstatieren, welche
                              									Früchte bis jetzt ein solches Bestreben gezeitigt hat.
                           Zunächst muss bemerkt werden, dass Paris zur Vorführung von Windmotoren im Betrieb
                              									ein recht ungünstiger Ort ist, welcher mit einem Jahresdurchschnitt von 2,1 m
                              									Windgeschwindigkeit ganz erheblich hinter der sonst für eine vorteilhafte Ausnutzung
                              									der Windkraft in Betrachtkommenden Geschwindigkeit zurückbleibt. Als eine
                              
                              									solche darf für den europäischen Kontinent eine Geschwindigkeit von 4 m im Mittel
                              									angenommen werden. Daher rührt es auch, dass die meisten der ausgestellten Windräder
                              									entweder leer umliefen oder doch nur ganz geringe Arbeitsleistungen auszuführen
                              									hatten, welche ihnen erlaubten, sich selbst beim leisesten Winde umzudrehen. So
                              									liess ein amerikanischer Aussteller durch einen grossen, in ein Fass eintauchenden
                              									Holzkolben Wasser aus diesem Fass in ein grösseres, das erstere umgebende Fass
                              									ausgiessen. Da das gepumpte Wasser von unten her selbstthätig wieder zulaufen
                              									konnte, und dadurch das Windrad in der Hebearbeit des Kolbens unterstützte, so war
                              									dem grossen Publikum bei einem minimalen Aufwand an mechanischer Arbeit das
                              									Schauspiel einer Förderung ganz beträchtlicher Wassermengen selbst bei leichtestem
                              									Wind vorgespiegelt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 246
                              Fig. 1.Befestigung der Diagonalversteifung.
                              
                           Der eigentliche Ausstellungsplatz für Windmühlen war selbstverständlich in Vincennes.
                              									Die hinter dem sehr hohen Gebäude der Agrikulturabteilung auf dem Marsfelde
                              
                              									aufgerichteten französischen Windräder boten nichts Bemerkenswertes und wurden an
                              									dem sehr ungünstigen Platze wohl von den wenigsten beachtet, wogegen sich im Annex
                              									von Vincennes die
                              									dortigen leichten und eleganten, zum Teil recht hoch aufgebauten Windräder weithin
                              									bemerklich machten, und in wirksamem Kontrast zu der viel besungenen alten Windmühle
                              									von La Galette, deren nahezu 10 m lange, fragmentarische Flügelarme vom höchsten
                              									Punkte des Montmartre herübergrüssten, von den Fortschritten der Technik auch auf
                              
                              									diesem Gebiete mit beredter Sprache zeugten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 247
                              Fig. 2.Windturbine von Lebert.
                              
                           Die heutzutage noch im Vordergrunde stehende Verwendung zum Betriebe von Pumpen
                              									zeigten die zahlreichen am Lac Daumesnil aufgestellten Windmotoren. Hier fiel durch
                              									seinen grünen Anstrich der eiserne Turm des Windmotors von Duke and Akenden, London, System Dando, auf,
                              									mit Profillinien, wie sie vom Eiffel-Turm her bekannt sind, welche aber mit der
                              									Bekrönung durch ein Windrad nichts weniger als ästhetisch wirken. Die Schaufelung
                              									des Rades zeigte nicht sehr zahlreiche, flach gekrümmte Blechschaufeln.
                           Von ähnlicher Konstruktion war der amerikanische Windmotor „Toronto“, der auf
                              									einem verzinkten Eisengerüst montiert war, welches aus einiger Entfernung den
                              									Eindruck vollkommener Filigranarbeit machte. Es drängte sich sofort die Frage auf,
                              									ob ein so schwacher Turm dem sich bei einigermassen heftigem Winde äussern-den
                              									Drucke widerstehen könne. Die Winkeleisen der Eckpfosten besassen noch nicht 4 mm
                              
                              									Eisenstärke. Recht zweckmässig war die Art der Befestigung der Diagonalversteifung
                              									an den Eckpfosten (Fig. 1). Die Diagonalen bestanden
                              									aus 5 mm starken Drähten, deren verdickte Köpfe von den Klemmen k festgehalten wurden. Während das die Klemmen tragende
                              									Eckstück o eines oberen Fachwerkes auf dem Eckpfosten
                              									aufgenietet war, war das Eckstück u des nächst unten
                              									gelegenen Faches frei auf dem Winkeleisen verschiebbar, so dass mittels der Schraube
                              										s die Diagonalen dieses Faches beliebig
                              									nachgespannt werden konnten.
                           Eine beachtenswerte Neuerung bot die Windturbine Eolienne (Fig. 2) von E. Lebert in Le Mans, ein nach
                              									dem Prinzip der achsial beaufschlagten Wasserturbinen gebauter Motor. Der Luftstrom
                              									wird in einer kurzen Trichterform (auf beistehender Abbildung nicht enthalten) etwas
                              									gefasst und nach verhältnismässig geringer Ablenkung durch die Schaufeln des
                              									Leitrades dem Laufrade zugeführt. Der Motor wird von einem ungemein starken, fast
                              									plumpen Eisengerüst aufgenommen und überträgt seine Bewegungdurch eine von
                              									Kegelrädern angetriebene vertikale Welle. Zur Einstellung in den Wind besitzt der
                              									Motor eine Windrose w, wie sie von den Holländermühlen
                              									her bekannt ist. Gegenüber der Orientierung durch eine Windfahne bietet diese
                              									Methode den Vorteil, dass das ewige unstäte Hin-und Herschwanken des Windrades
                              									vermieden ist. Ausserdem erfolgt die Uebertragung der Windrosenbewegung auf den mit
                              									Stirnverzahnung versehenen Drehtisch d unter einem so
                              									grossen Uebersetzungsverhältnis, dass die von dem konischen Getriebe herrührende
                              									rückwirkende Kraft ohne Einfluss auf die Einstellung des Drehtisches bleibt. Die
                              									sonst bei Windrädern beobachtete Regel, mindestens ⅓ der Radfläche für den freien
                              									Durchzug des Windes offen zu lassen, ist bei dieser Konstruktion nicht eingehalten.
                              
                              									Der Umstand, dass Lauf- und Leitrad, selbst wenn sie völlig aus dem Winde
                              									herausgedreht sind, diesem doch noch eine ganz erhebliche Angriffsfläche bieten,
                              									macht die Eolienne für sturmreiche Gegenden nicht recht geeignet. Dagegen spricht
                              									die ökonomische Art der Ausnutzung der Windkraft für die Anwendung dieser Turbine in
                              									Gegenden geringer mittlerer Windgeschwindigkeit. Der Preis eines solchen Motors
                              									(ohne Turm) stellt sich auf 2500 Frs. bei 5 m Raddurchmesser und seine Leistung in
                              									gehobenem Wasser zu 4200 l in der Stunde bei 20 m Hubhöhe, was einer Leistung von
                              
                              									etwa 0,3 PS entspricht. Dabei sind 6 m Windgeschwindigkeit vorausgesetzt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 247
                              Fig. 3.Windrad von Beaume.
                              
                           Wohl das grösste der ausgestellten Windräder war das aus Holzleisten gebildete Rad
                              									von Vidal Beaume in Boulogne s. S. (Fig. 3). Die automatische Regulierung ist diejenige
                              									des Eklipsesystems mit seitlich gestelltem kleinem Regulierflügel r. Bei wachsender Windstärke bewirkt der Druck auf
                              									diesen Regulierflügel ein Herausdrehen des Windrades aus der Windrichtung, während
                              									die grosse Windfahne f in derselben verbleibt. Durch
                              									das Gewicht g wird das Windrad bei abflauendem Wind in
                              									seine alte Stellung zurückgedreht. Diese Einrichtung, wie auch die Einzelheiten der
                              									Konstruktion weichen jedoch in nichts von der herkömmlichen, längst bekannten Form
                              									ab (vgl. Karmarsch und Heerens,
                              									Technisches Wörterbuchf Bd. 10).
                           
                           Weithin auffallend war die Ausstellung der Stover
                                 										Manufacturing Company aus Freeport, Illinois, durch den hohen und schlanken
                              									vierpfostigen Stahlturm, welcher ein sogen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 248
                              Fig. 4.Idealwindrad der Stover Manufacturing Company.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 248
                              Fig. 5.Getriebe zum Idealwindrad der Stover Manufacturing Company.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 248
                              Fig. 6.Getriebe zum Idealwindrad der Stover Manufacturing Company.
                              
                           Idealwindrad trug. Zwischen die vier Ständer des Turmes war
                              									ein Kiosk eingebaut, in welchem die verschiedensten Ausführungen und
                              									Verwendungsarten dieses Motors zum Teil im Modell zu sehen waren. Wie aus
                              									beistehender Abbildung (Fig. 4) sich ergibt, besitzt
                              									das Rad dieser Idealwindmühle bei 9 Fuss (2,74 m) Durchmesser 15 flachgekrümmte,
                              									verhältnismässig weit auseinander gestellte Flügel aus Stahlblech, welche mittels
                              									Klammern mit den beiden hochkantig auf der Hadebene stehenden Radreifen vernietet
                              									sind. Die Verbindung nach der Nabe n („Spider“)
                              									geschieht durch Doppelarme aus Flachstahl, welche eine geringe, mit der
                              									Schrägstellung der Flügel übereinstimmende Verschränkung aufweisen. Das Windrad wird
                              									nach der Vernietung als Ganzes galvanisiert. Die Radachse a überträgt ihre Bewegung (Fig. 5 und 6) bei einer Uebersetzung von 2 : 1 auf die mit
                              									innerer Verzahnung ausgestattete Kurbelscheibek,
                              									welche durch drei Bohrungen b für den Kurbelzapfen die
                              									Möglichkeit bietet, den Hub des Pumpengestänges von 4 auf 6 oder 8 Zoll engl. zu
                              									verändern. Durch die Innenverzahnung wird erreicht, dass das Getriebe dem Einflüsse
                              									der Atmosphärilien thunlichst entzogen wird. Als mustergültig darf die Lagerung der
                              									beiden Getriebewellen bezeichnet werden, welche unter sorgfältiger Beobachtung einer
                              									möglichst gleichmässigen Druckverteilung erfolgt ist. Die Lager selbst sind mit
                              									Babbitt – Metall ausgebüchst. Um eine an der Rückseite des „Spider“
                              									angebrachte Flansche f legt sich das Stahlband einer
                              									Bremse, welche automatisch bethätigt wird, sobald sich das Windrad bei zunehmender
                              									Windstärke aus dem Winde herauszieht. Die Regulierung der Windmühle auf konstante
                              									Leistung geschieht im Gegensatz zu der früheren unvorteilhaften Art mit einem
                              
                              									Gewicht an langem Hebel hier durch eine kräftge Spiralfeder s, welche über die Drehachse der Windfahne geschoben ist. Letztere selbst
                              									ist durch vier Stahlschienen mit dem Motorengestell solid verbunden. Die Drehung des
                              									Motors um seine Vertikalachse geschieht um eine eiserne Röhre r, welche sich in einer Kugelpfanne bei p nach unten abstützt. – Ebenso wie sämtliche
                              									Mühlenteile sind auch die Gerüste für die Motoren galvanisiert. Die Türme werden
                              									vier- oder dreipfostig ausgeführt. Dreipfostige Türme bieten bekanntlich gegenüber
                              									vierpfostigen neben geringerem Kostenaufwand den Vorteil, dass eine besondere
                              									Horizontalversteifung nicht angebracht zu werden braucht, sowie dass die vertikalen
                              									Auflagerwiderstände statisch bestimmt sind. Diese Vorteile wiegen den etwaigen
                              									Einwand minder schönen Aussehens hinreichend auf. Die Diagonalverstrebung der
                              									Idealstahltürme (Fig. 7) wird durch Litzendraht
                              									bewirkt, welcher um kurze Bolzen geschlungen ist, welche in den Knotenpunkten der
                              									Eckpfosten befestigt sind (Fig. 8). Da diese Bolzen
                              										b an der Umschlingungsstelle kleine
                              									Exzenterscheibchen e tragen, so kann durch deren
                              									Verdrehung ein Nachspannen der Diagonalen um den Betrag der Exzentrizität
                              									herbeigeführt werden. Durch Anziehen der Mutter m wird
                              
                              									die Stellung der Exzenterscheibe fixiert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 248
                              Fig. 7.Idealstahlturm.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 248
                              Fig. 8.Knotenpunkt zur Diagonalverstrebung.
                              
                           Was die Kraftleistung der Idealwindmühlen anlangt, so gibt der Prospekt die Anzahl
                              									der Pferdestärken unter der Voraussetzung einer Windgeschwindigkeit von 15 engl.
                              									Meilen stündlich (= 6,7 m in der Sekunde) an, beispielsweise für ein Windrad von 9
                              									Fuss Durchmesser (= 2,74 m) zu ⅔ PS. Der alte Fehler in diesen Angaben, eine über
                              									die normale weit hinausgehende Windgeschwindigkeit vorauszusetzen, welcher die
                              									Windmotoren schon oft genug in Misskredit gebracht hat, ist hierbei also wieder
                              									gemacht. Die mittlere Jahresgeschwindigkeit in den Vereinigten Staaten beträgt etwa
                              									8 Meilen stündlich (3,5 m/Sek.), in Deutschland etwa 4 m/Sek. Da die
                              									Leistung der Windmühlen proportional der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit ist,
                              									so müssen die
                              									Angaben obigen Prospektes auf ⅕ reduziert werden, wenn sie mit den thatsächlich zu
                              									erwartenden Verhältnissen im Einklang stehen sollen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 249
                              Fig. 9.Freeport-Windmülile von der Stover Manufacturing Company.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 249
                              Fig. 10.Junior-Kraftwindmühle von der Stover Manufacturing
                                 										Company.
                              
                           Die Freeport-Windmühle (Fig. 9), welche von derselben
                              
                              									Firma gebaut wird, zeigt eine Konstruktion, welche in Anbetracht des für die Wartung
                              									von Windmühlen im allgemeinen zur Verfügung stehenden ungeschulten Personals etwas
                              									zu kompliziert erscheinen will. Die Triebwellen aus kalt gewalztem Stahl sind in
                              									zweiteiligen Babbitt-Metallbüchsen, von denen die längste 180 mm lang ist, gelagert,
                              									und können leicht ausgehoben werden. Das Getriebe besitzt äussere Stirnverzahnung
                              									mit 45 mm Zahnbreite (immer ein Rad von 9 Fuss Durchmesser vorausgesetzt). Der auf
                              									der Radwelle befindliche Triebling t zeigt die
                              									Eigentümlichkeit, dass er nicht wie sonst an dem dem Windrade entgegengesetzten
                              									Wellenende sitzt, sondern, mit der Radnabe u ein Stück
                              									bildend, auf der Windseite hydraulisch aufgezogen wird. An Stelle der Geradführung
                              									des Pumpengestänges mittels Querhaupt q (Fig. 5), wie dies bei der Idealwindmühle der Fall ist,
                              									findet bei vorliegender Konstruktion die Uebertragung der Kurbelstangenbewegung auf
                              									das Gestänge durch eine etwa 200 mm ausladende Schwinge y statt. Die am Spider befindliche Bandbremse bleibt bei der automatischen
                              									Regulierung offen und wird nur bei Ausserbetriebsetzung der Maschine durch
                              									denWärter bethätigt. Aus der Abbildung unmittelbar ersichtlich ist die
                              									Anordnung der Regulatorfeder f und deren Verbindung mit
                              									der Windfahne, ebenso die Anbringung eines Stossbuffers s unter dem Ausleger der Windfahne zur Abschwächung der Stösse zwischen
                              									dieser und dem Mühlenhaupt.
                           Von den von der Stover Company ausserdem für grössere
                              									Kraftleistun gen gebauten stärkeren Motoren verdient noch die Jünior-Kraftwindmühle
                              										(Fig. 10) besondere Beachtung. Die Einstellung in
                              									den Wind wird hierbei weder durch eine Windfahne, noch durch eine Windrose, sondern
                              									dadurch bewirkt, dass das Windrad hinter dem
                              									unterstützenden Gerüste rotiert, und so sich dem Winde selbstthätig darbietet. Die
                              									Ausbalanzierung des Radgewichtes erfolgt durch ein dem Winde entgegengehaltenes
                              									kugelförmiges Gegengewicht. Das bei den vorigen Konstruktionen beobachtete
                              									Regulierverfahren nach dem Eklipsesystem mit exzentrischer Anordnung, welche eine
                              									Konstanthaltüng der vom Motor zu leistenden Arbeit bezweckt, ist hier durch eine
                              									Regulierung mit Zentrifugalkraft zur Erhaltung konstanter Geschwindigkeit ersetzt.
                              									Dieses Regulierverfahren, bei welchem geringere Massen bewegt werden, arbeitet
                              									pünktlicher und weniger stossweise.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 249
                              Fig. 11.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 249
                              Fig. 12.Verbindung der Blechschaufeln mit dem äusseren Radreifen zum
                                 										Windmotor von der Aermotor Company.
                              
                           Ein näheres Eingehen verdient ferner der von der Aermotor
                                 
                                 										Company, Chicago (in Deutschland vertreten durch Gebr. Koch in Halle a. S.), ausgeführte Windmotor. Die Flügel des
                              									Windrades bestehen wieder aus flachgekrümmten Stahlblechen, die je zu zweien samt
                              									ihren Nietlöchern aus der vollen Blechtafel ausgestanzt werden. Ueberhaupt lässt
                              									sich erkennen, dass die Verwendung ganz metallener Windräder mehr und mehr in
                              									Aufnahme kommt. Bei solider Verzinkung sind solche Räder mindestens ebenso
                              									witterungsbeständig wie hölzerne, wobei ihre dünnen Flügellamellen nicht in dem
                              									Masse wie die hölzernen Brettchen bei deren verhältnismässigen Dicke gewisse
                              									Oberflächenteile besitzen, auf welche der Winddruck eine der Raddrehung
                              									entgegengesetzte Kraftkomponente absetzt (Fig. 11).
                              									In solider Weise findet die Verbindung der Blechschaufeln mit dem äusseren Radreifen
                              									durch die Blechklemmen k (Fig.
                                 										12) stattWelche vermöge ihrer
                                    
                                    											Form einem Verbiegen der Schaufeln entgegenwirken.. Das Prinzip
                              									der automatischen Regulierung ist wieder das des Eklipsesystems, wobei ein
                              									zunehmender Wind druck das exzentrisch zur Turmachse gelagerte Rad mehr oder weniger
                              									aus dem Winde herausdreht und dabei die Spannkraft der Spiralfeder f (Fig. 13) überwindet.
                              									Das Hauptlager des Windrades befindet sich in einer Oelkammer o
                              									(Fig. 14), in der sich
                              									auch die den horizontalen Winddruck aufnehmenden bronzenen und stählernen
                              									Spurscheibchen s befinden. Neu ist die Ausbildung des
                              									Lagers zum Rollenlager. Eine die Welle umschliessende käfigartige Hülse h dient zur Aufnahme der Rollen, welche in ihr absolut
                              									parallel zur Welle geführt sein müssen. Am Ende dieser Welle sitzt ein kleines
                              									Stirnrad s (Fig. 13 und
                              										15), das bei dem recht bedeutenden
                              									Uebersetzungsverhältnis von 3½ : 1 mit einem zur Kurbelscheibe ausgebildeten Zahnrad
                              										z im Eingriff steht.
                           
                           Die für dreierlei Hubgrössen angebrachten Bohrungen dieser Scheibe sind mit
                              									Babbitt-Metall ausgebüchst. Die Uebertragung der Kurbelbewegung auf das
                              									Pumpengestänge p erfolgt auch hier mittels einer
                              									Schwinge y, jedoch so, dass die Entfernung des
                              									Lagermittels in der Kurbelscheibe vom Gestängemittel nur 50 mm beträgt. Die
                              									Regulatorfeder f ist in ersichtlicher Weise an der
                              									Windfahne einerseits, an dem Hebel b andererseits
                              									befestigt, wobei letzterer mit einem Drahtzug in Verbindung steht, welcher dem
                              									Mühlenwärter erlaubt, das Windrad jederzeit aus dem Winde zu ziehen. Durch Anziehen
                              									einer Schraube kann die Feder mehr oder weniger gespannt werden, wodurch sich die
                              									als normal angenommene Tourenzahl von 40 minutlichen Umdrehungen beliebig ändern
                              									lässt. Die Windfahne aus Stahlblech besitzt eine gefällige Form und ist in wirksamer
                              									Weise gegen den Motor abgestützt. Der Preis eines solchen Aermotors von 16 Fuss
                              									engl. Baddurchmesser (4,88 m) stellt sich auf 1100 Mk. bei ca. 900 kg Gewicht,
                              									derjenige eines zugehörigen Turmes von 15 m Höhe auf 1150 Mk.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 250
                              Fig. 13.Getriebe zum Windmotor von der Aermotor Company.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 250
                              Fig. 14.Getriebe zum Windmotor von der Aermotor Company.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 250
                              Fig. 15.Getriebe zum Windmotor von der Aermotor Company.
                              
                           Für den Betrieb von Maschinen mit rotierender Welle liefert die Aermotor Company eine Kraftwindmühle nebenstehend
                              									abgebildeter Bauart. Die Umdrehungszahl des Windrades wird durch ein
                              									Zahnradvorgelege, das für den Fall einer Reparatur sich leicht abheben lässt, auf
                              									das Sechsfache übersetzt. Die damit erreichte ganz bedeutende Umdrehungszahl (bis
                              
                              									600 Touren in der Minute) der durch die Höhe des ganzen Turmes laufenden
                              									Vertikalwelle bezweckt einmal, dass dieser Wellenstrang sehr leicht – und damit
                              									billig – gehalten werden kann, so dass wenig Reibungsarbeit verzehrt wird, und zum
                              									anderen, dass der Tendenz dieser rotierenden Welle, das Windrad aus dem Wind zu
                              									drehen, mit Leichtigkeit durch die Windfahne entgegengewirkt werden kann. Wieder
                              									sind bei allen Wellen, so auch der vertikalen Welle, Rollenlager verwendet. Ob
                              
                              
                              									diese, in der Herstellung gewiss recht kostspieligen Lager in der Praxis des
                              									Windmotorenbetriebs den in sie gesetzten Erwartungen entsprochen haben, ist dem
                              									Verfasser nicht bekannt. Fig. 16 zeigt bei f die Friktionsbremse, welche den Zweck hat, das
                              									Windrad im ausgerückten Zustand festzustellen. Das Anpressen der Friktionsscheibe
                              									gegen die Rückseite der Radnabe tritt selbstthätig ein, sobald bei der Regulierung
                              									dieRadfläche einen Winkel von beiläufig einem halben Rechten zur Windrichtung
                              									erreicht hat. Bemerkenswert ist die Anbringung der Leiter zur Besteigung des
                              									Aermotorturmes an einem der vier Eckpfosten. Die Stufen (Fig. 17) besitzen abgerundete, in der Handhabung sich als sehr bequem
                              									erweisende Formen. Dagegen kann nicht gerade behauptet werden, dass bei dieser Art
                              									der Anbringung der Leiter das Sicherheitsgefühl des sie Besteigenden sich erhöhe,
                              
                              
                              									zumal die Eckpfosten, wenigstens bei den leichteren Türmen, die Neigung zeigen, sich
                              									unter der Last des sie Besteigenden zu verdrehen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 250
                              Fig. 16.Getriebe zum Windmotor von der Aermotor Company.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 250
                              Fig. 17.Leiter zur Besteigung des Aeromotorturmes.
                              
                           In dem Prospekte der Aermotor Company, wie auch in
                              									denjenigen mancher anderen Firmen ist viel die Rede von der Zukunft, die den
                              									Windmotoren erwachsen werde, sofern sie zum Betriebe elektrischer Anlagen benützt
                              
                              									werden. Die bei der Verwendung der Windkraft sofort sich erhebende Frage, wie die
                              									etwa die Hälfte des Jahres ausmachende Zeit der windstillen Tage zu überwinden wäre,
                              									hat bis jetzt eine befriedigende Lösung noch nicht gefunden. Dass hierbei vor allem
                              									an die sich als Arbeitsakkumulator und zugleich für Zwecke der Aermotor-Kraftüb
                              									ertragung sehr passend erweisende turmes. elektrische Batterie gedacht wurde, liegt
                              									nahe. Jedoch scheinen die auf eine Umwandlung der Windkraft in elektrische Energie
                              									abzielenden Versuche, wenigstens zur Zeit der Ausstellung noch zu keinem
                              									befriedigenden Erfolge geführt zu haben. Die von Fränkel in der Zeitschrift des Vereins deutscher
                                 										Ingenieure 1899, Nr. 31 vorgeschlagene Methode der Kraftspeicherung durch
                              									Anlage eines hochgelegenen Teiches, welcher das Wasser für eine mit einer
                              									Dynamomaschine gekuppelten Turbine oder Peltonrad liefert, dürfte sich, weil
                              									kostspielig und kompliziert und mit vielem Effektverlust verbunden, nicht überall
                              									empfehlen. Beispielsweise wäre zur Ueberwindung einer Windstille von 14 Tagen, wenn
                              									eine Betriebskraft von 30 PS resultieren soll, ein Wasserbecken von 10500 qm
                              
                              									Grundfläche und 6 bis 12 m Nutzhöhe erforderlich. Zur Anlage eines solchen Teiches
                              									werden sich die Lokalitäten wohl nur in seltenen Fällen als geeignet erweisen, ganz
                              									abgesehen davon, dass der Nutzeffekt der ganzen Anlage, welche einen Windmotor, eine
                              									Pumpe, eine oder zwei Rohrleitungen, einen Wassermotor, eine Dynamomaschine, eine
                              									oder mehrere Elektromotoren und verschiedene Leitungen in sich schliesst, bedeutend
                              									herabgestimmt wird.
                           In der neuesten Zeit jedoch scheint es dem Ingenieur Gustav
                                 										Conz in Hamburg gelungen zu sein, Elektrizität direkt aus Windkraft zu
                              									erzeugen. Wie der Elektrotechnischen Zeitschrift 1900,
                              									Heft 41 zu entnehmen ist, war die Voraussetzung für das Gelingen der Versuche die
                              									Beschaffung einer Windturbine von bedeutenden Abmessungen sowohl betreffs der
                              									wirksamen Winddruckfläche als auch der unentbehrlichen grossen Schwungmassen. Von
                              									der Windturbinenfabrik in Wittkiel bei Kappein wurde hierzu ein Windrad von 12 m
                              									Durchmesser und 100 qm wirksamer Fläche hergestellt, welches mit 11 minutlichen
                              									Umdrehungen bei etwa 9 m Windgeschwindigkeit 30 PS zu leisten im stande ist. Diese
                              									Arbeit wird durch eine Transmission auf eine 25pferdige Conz'sche Nebenschluss-Stahldynamo von 160 Volt, 120 Ampère bei 700
                              									Umdrehungen pro Minute übertragen, welche ihren Strom an eine Batterie oder an
                              									mehrere angeschlossene Elektromotoren abgibt. Bei zeitweilig nachlassendem Winde
                              									wurde der Strom, um die Windturbine in vollem Gange zu erhalten, dem Akkumulator
                              									entnommen, so dass ein automatisches Ein- undAusschalten des Dynamoankers nicht
                              									nötig wurde. Die Anlage in Wittkiel dient zu dem Betrieb und der Beleuchtung der Neumann'schen Windmotorenfabrik und soll seit September
                              									letzten Jahres ohne jede Störung im Betrieb sein. Falls sich die hierbei gemachten
                              
                              
                              									Erfahrungen in vollem Umfange bewähren, so werden sich, das ist keine Frage, den
                              									Windmotoren eine Reihe von maschinellen Betrieben eröffnen, deren Gebiet bislang für
                              									eine Verwendung der Windkraft wegen der damit verknüpften prinzipiellen Mängel
                              									verschlossen war.