| Titel: | Betrieb der Orleansbahnstrecke vom Quai d'Austerlitz bis zum Quai d'Orsay in Paris. | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 268 | 
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                        Betrieb der Orleansbahnstrecke vom Quai
                           								d'Austerlitz bis zum Quai d'Orsay in Paris.
                        Betrieb der Orleansbahnstrecke vom Quai d'Austerlitz bis zum Quai
                           								d'Orsay in Paris.
                        
                     
                        
                           Ueber die aussergewöhnlich interessante Anlage und den Bau der in der
                              									Ueberschrift bezeichneten, 3,70 km langen, als Untergrundbahn ausgeführten
                              									Pariserstrecke der Orleans bahn ist an dieser Stelle bereits verflossenen Jahres Bd.
                              									315 * S. 23 ff des näheren berichtet worden. Mit den bezüglichen Bauarbeiten hatte
                              									man, was die erste Hälfte der Strecke anbelangt, am 1. Januar 1898 begonnen,
                              									hingegen konnte die Inangriffnahme der eigentlichen Eisenbahnbauarbeiten in der
                              									zweiten Streckenhälfte erst am 1. Mai 1899 erfolgen, weil vorher die äusserst
                              									schwierige und zeitraubende Verlegung eines Hauptsammelkanals über den Boulevard St. Germain durchzuführen war; trotzdem
                              									erfolgte die Betriebseröffnung bereits am 28. Mai 1900 und es dürfte sonach an der
                              									Zeit sein, auch noch einiges in Betreff der Einrichtung und des Betriebes
                              									nachzutragen.
                           Auf die eigenartige, von der gewöhnlichen Anordnung der französischen Endbahnhöfe
                              									wesentlich abweichende Durchführung des Stationsgebäudes Quai d'Orsay wurde bereits seinerzeit ausführlich hingewiesen. Sowohl das
                              
                              									mit sieben riesigen Eintrittsthoren ausgestattete, der Seine zugekehrte, als Abfahrtshalle dienende Hauptgebäude als die dazu im
                              									rechten Winkel stehende, in der Rue de Bellechasse
                              									befindliche Ankunftshalle erweisen sich als äusserst praktisch durchgeführt.
                              									Zwischen diesen beiden Gebäuden ist, die Ecke des Quai
                                 										d'Orsay und der Rue de Bellechasse bildend,
                              									das der Orleansbahn gehörende Hotel
                                 									Terminuseingebaut, welches nebst geräumigen Erfrischungsräumen und
                              									Speisesälen 315 Fremdenzimmer umfasst und sozusagen einen zum Ganzen gehörigen Teil
                              									des Bahnhofes darstellt. Um so weniger brauchte man weder in dem Abgangs- noch im
                              									Ankunftsgebäude den Warteräumen eine besondere Sorge zuzuwenden, weshalb es möglich
                              									war, dieselben, und zwar überhaupt nur in der Abfahrtshalle, gleich den Kassen in
                              									eigenen Pavillons von bescheidener Ausdehnung unterzubringen, so dass mit der
                              									Bemessung des Raumes für die Kommunikationen um so freigebiger vorgegangen werden
                              									konnte. So findet der Abreisende durch jedes der auf den Quai d'Orsay mündenden Thore der Abfahrtshalle an den
                              									Gepäcksaufgabestellen vorüber und den beiden Seiten der Kassen und Wartepavillons
                              									entlang unbeschränkten Zutritt zu den 5 m unter dem Strassenniveau liegenden
                              									Bahnsteigen. Das gleich nächst den Strasseneingängen zur Wage gebrachte Gepäck
                              									gelangt mit Hilfe besonderer Vorrichtungen auf ganz abgetrennten Wegen zu den
                              									Verladestellen, ohne dass die Reisenden hierdurch irgendwie gestört oder belästigt
                              									werden könnten. Von der Abfahrtshalle gelangt man in die eigentliche Bahnhofshalle,
                              									welche die Geleise überspannt; durch die um das Innere dieser riesigen
                              
                              
                              									Rundbogenhalle angebrachten Galerien, einen den Raum überquerenden Steg und die hier
                              									vorhandenen Treppen ist nach allen Richtungen hin die Verbindung hergestellt,
                              									nämlich sowohl der schienenfreie Zugang zu allen Abfahrtbahnsteigen als auch zum Gasthof und
                              									zur Ankunftshalle. Bei der Ankunft haben die Reisenden an den Enden der betreffenden
                              									drei Bahnsteige je einen Aufzug und eine Treppe zur Verfügung, mit deren Hilfe sie
                              									gleich in das den Vorderteil der Ankunftshalle bildende Vestibüle und von da sofort
                              									ins Freie, d. i. in die Rue de Bellechasse gelangen
                              									können. Die Ausfolgung des Gepäcks geschieht in dem rückwärtigen Teil der
                              									Ankunftshalle, wohin von den Packwagen der Züge aus mittels zweier, nach Art der
                              									elektrischen Treppen (vgl. B. p. J. 1900 S. 251 u. S.
                              									608) eingerichteter Förderrampen die Gepäckstücke direkt zugeführt werden, wo sie
                              									die dienstthuenden Träger in Empfang nehmen und auf zehn Bänke verteilen, welche den
                              									zehn möglichen Endziffern der Gepäckscheinnummern entsprechen. Für ganz besonders
                              									schwere Gepäckstücke steht ausserdem ein elektrischer Aufzug zur Verwendung. Samt
                              									und sonders sind es 14 Treppen, 15 elektrische Personen- und Gepäcksaufzüge, 9
                              									Rutschen und die zwei vorerwähnten elektrischen Förderrampen, welche in der
                              									Abfahrts- und in der Ankunftsballe den Personen- und Sachenverkehr zwischen den
                              									Räumen in der Fussbodenhöhe und den zehn Bahnsteigen – nämlich fünf Doppelbahnsteige
                              									– des 15geleisigen Bahnhofes vermitteln, wo derzeit täglich regelmässig 70 bis 75
                              									Züge eintreffen und ebensoviele abgehen. Von den 15 Geleisen des Bahnhofes Quai d'Orsay sind die neun auf der Landseite gelegenen
                              									Geleise als Kopfgeleise ausgebildet und an den toten Enden durch eine elektrische,
                              									zum Umsetzen der Lokomotiven benutzte Schiebebühne unterquert. Die sechs anderen der
                              									Flussseite näherliegenden Geleise sind durchlaufend ausgeführt und schliessen an die
                              									Doppelstrecke an, welche, vom Invalidenbahnhof kommend, seinerzeit die Verbindung
                              									zwischen der Orleansbahn und der französischen Westbahn, sozusagen im Herzen von
                              									Paris, herzustellen bestimmt sein wird. Die Signal- und Weichenstellung ist
                              
                              									zentralisiert und nach der bekannten hydraulisch-elektrischen Anordnung von Servettaz und Bianchi ausgeführt.
                           An der eingangs angeführten Stelle wurde gleichfalls schon dargelegt, dass für die
                              									Verlängerung der Orleansbahn vom Bahnhofe Quai
                                 										d'Austerlitz bis zum Endbahnhof Quai d'Orsay
                              									mit Rücksicht auf die grosse Verkehrsdichte und da sie als Untergrundbahn ausgeführt
                              									ist, füglich nur ein Betrieb mit rauchloser Zugförderung in Aussicht genommen werden
                              									könne, und dass man sich deshalb auf Grund der auf ähnlichen Strecken in Amerika
                              									gemachten günstigen Erfahrungen für die Einführung des elektrischen Betriebes
                              									entschieden hatte. Die elektrische Zugförderung empfahl sich auch schon deshalb,
                              									weil die Eisenbahngesellschaft ohnehin für alle Fälle genötigt war, ein grosses
                              									Elektrizitätswerk (750 Kilowatt) zu bauen, um ihre Beleuchtungsanlagen in den
                              									Stationen Jvry, Quai d'Austerlitz und Quai d'Orsay, sowie in der Untergrundstrecke mit Strom
                              									zu versorgen, und es sonach nahe lag, durch verhältnismässig nicht allzu grossartige
                              									Weiterungen der betreffenden Anlagen gleich auch die rauchfreie Beförderung der Züge
                              									auf der in Betracht stehenden Strecke zu sichern. Die gesamten elektrischen
                              									Einrichtungen dieser Zentralstation, für welche man auf der Eisenbahnstation Jvry zunächst der Tolbiac-Brücke einen sehr geräumigen Platz erworben hatte, wurde der
                              									Gesellschaft Thomson-Houston übertragen, welche diesen
                              									Auftrag mit bestem Erfolge durchführte. Da die Entfernung des Elektrizitätswerkes
                              									vom Bahnhofe Quai d'Orsay 5,3 km beträgt, so hatte man
                              									von vorhinein nur die Verwendung oder vielmehr die Erzeugung von hochgespannten
                              									Strömen in Aussicht genommen. Man erzeugt also in Jvry
                              									hochgespannten Dreiphasenstrom mittels zweier Generatorengruppen, von denen jede aus
                              									einer 1500pferdigen Dampfmaschine und einer direkt damit gekuppelten
                              									Wechselstromdynamo von 1000 Kilowatt Leistungsfähigkeit besteht; eine dritte ganz
                              									gleiche Generatorgruppe dient als Reserve.
                           Den hierfür erforderlichen Dampf liefern acht in zwei Batterien angeordnete Babcock und Wilcox'sche Vielröhrenkessel von 186 qm
                              									Heizfläche, in Verbindung mit einem gemeinsamen Green'schen Sparer (Vorwärmer) von 400 qm Heizfläche und kontinuierlichen
                              									Wasserlauf in den Siederöhren. Die Kessel sind für einen Druck von 13 at geprüft und
                              									im stande, bei gewöhnlicher Heizung stündlich2200 kg trockenen Dampf zu
                              									erzeugen, welche Menge sich durch verschärftes Heizen leicht auf 2800 kg steigern
                              									lässt. Für die Wasserversorgung der Kessel sind zwei gekuppelte Dampfpumpen in
                              									Verwendung, welche 15000 l Wasser in der Stunde je nach Bedarf entweder unmittelbar
                              									in den Zuflusssammler der Kessel oder in den Sparer (Vorwärmer) fördern können.
                              									Dieses Kesselwasser, sowie jenes für die Dampflokomotiven bezw. für die Wasserkrane
                              									des Bahnhofes Jvry und der daselbst befindlichen
                              									ausgedehnten Heizhäuser wird einem eigenen grossen Vorratsbecken entnommen; ein
                              									anderes Wasserreservoir versorgt die Kondensatoren des Elektrizitätswerkes. Beide
                              									Behälter beziehen ihren Inhalt aus der Seine, und zwar
                              									das erstere durch Beihilfe zweier Zentrifugalpumpen, welche 500 cbm in der Stunde
                              									heben, und letzteres durch zwei ähnliche Pumpen, die in der Stunde 350 cbm Wasser
                              									fördern. Alle diese vier Pumpen werden durch asynchrone Elektromotore mittels
                              
                              									Dreiphasenstromes betrieben.
                           Was die Antriebmaschinen der weiter oben erwähnten drei Generatorengruppen anbelangt,
                              									so sind dieselben Corliss-Maschinen der Firma Dujardin und
                                 										Co. mit dreifacher Expansion und vier Cylindern, von denen zwei unter
                              									geringem Druck stehen. Bei 75 Umdrehungen in der Minute, d. i. die niedrigste und
                              									zugleich wirtschaftlich günstigste Tourenzahl, entwickeln die Maschinen mit 11 at
                              									Dampf eine Leistung von 1200 bis 1500 PS, die sich etwa bis auf 1700 PS steigern
                              									lässt. Zur Regulierung des Laufes dient ein 50 t schweres Schwungrad und die
                              									Maschinen können beliebig sowohl mit Kondensation als mit freiem Auspuff betrieben
                              									werden. Von den vier Cylindern hat der erste 0,610 m, der zweite 0,920 m, der dritte
                              									und vierte je 1,050 m Durchmesser und alle einen Hub von 1,650 m. Die mit diesen
                              									Dampfmaschinen direkt gekuppelten Thomson-Houston'schen
                              									Wechselstrommaschinen sind 40polig und leisten 1000 Kilowatt; ihre Feldmagnete sind
                              									fest, die Anker also bewegt. Bei 75 Umdrehungen in der Minute beträgt die Spannung
                              									annähernd 5500 Volt und die Periodenzahl 25. Alle Abmessungen sind so berechnet und
                              									alle Anordnungen derart gewählt, dass bei einer zehnstündigen unter voller
                              									Normalbelastung stattfindenden Inanspruchnahme die Erwärmung niemals über 40° C.
                              									hinausgeht; die Maschinen können eine halbe Stunde hindurch eine 25%ige und während
                              									fünf Minuten eine 50%ige Steigerung der Normalbelastung ohne Unzuträglichkeit
                              									aushalten. Ihr Nutzeffekt erreicht bei voller Normalbelastung 95%, bei dreiviertel
                              									Belastung 94% und bei halber Belastung 92,5 %. Die Feldmagnetwindungen wurden auf
                              									eine Spannung von 2000 Volt und die Ankerspulen auf 12000 Volt geprüft. Den
                              									Erregungsstrom für die Wechselstrommaschinen liefern zwei Gleichstromdynamos, von
                              									denen die eine 20 und die andere 40 Kilowatt leistet bei einer Klemmenspannung von
                              									125 Volt, und die letztere in der Regel die beiden dienstthuenden Generatorgruppen
                              									besorgt. Angetrieben sind diese beiden Gleichstrommaschinen unmittelbar von je einer
                              									schnelllaufenden 25 PS bezw. 70 PS besitzenden Dampfmaschine mit freiem Auspuff.
                           Dreiphasenstrom, wie ihn die Generatorgruppen erzeugen, wird entweder mit oder ohne
                              									Herabminderung der Spannung lediglich für den Betrieb einiger fixer gleichmässig
                              									beanspruchter Motoren, wie beispielsweise die Pumpen, verwendet. Die elektrischen
                              									Lokomotiven, die Motoren mit wechselnder Belastung und die Beleuchtungsanlagen,
                              									welche vorwiegend in Glasglocken verschlossene Bogenlampen umfassen, werden mit
                              									Gleichstrom betrieben, der aus dem Dreiphasenstrom durch Umformer gewonnen wird,
                              									welche teils im Elektrizitätswerke zu Jvry selbst,
                              									teils in je einer eigenen Unterstation auf den Bahnhöfen Quai d'Austerlitz und Quai d'Orsay
                              									aufgestellt sind. Die Zuleitung des Beleuchtungsstromes hat man sowohl in Jvry als längs der ganzen Untergrundstrecke oberirdisch
                              									angelegt, d.h. letzteren falls an den Tunnel wänden oder Deckenträgern aufgehängt,
                              									während die Starkstromleitung von Jvry bis zu den
                              									beiden Unterstationen durchwegs unterirdisch verlegt ist. Um der Gefahr bedenklicher
                              									Betriebsstörungen infolge von Gebrechen an den letztangeführten Zuleitungen von
                              									vorhinein zu begegnen, sind sie doppelt vorhanden; dieselben bestehen vom
                              									Elektrizitätswerk aus bis zur Unterstation am Quai
                                 										d'Austerlitz aus zwei gepanzerten Kabeln, mit je drei durch Papierisolierung geschützten
                              									Kupferdrähten von 75 qmm Querschnitt. Ganz in gleicher Weise ist die Stromführung
                              									zwischen den beiden Unterstationen angeordnet, doch haben die Kupferseelen der hier
                              									benutzten zwei Kabel nur 50 qmm Querschnitt. Transformatoren, welche den Gleichstrom
                              									zu 550 Volt Spannung für die Zugsförderung und die kleinen Motoren liefern, sind nur
                              
                              									in den beiden Unterstationen vorhanden, während zur Erzeugung von Beleuchtungsstrom
                              									von 500 Volt Spannung sowohl in den beiden Unterstationen als im Elektrizitätswerke
                              									selbst Umwandler in Betrieb stehen, die sich jedoch von den vorher erwähnten
                              									wesentlich unterscheiden. Jede der beiden Unterstationen besitzt überdem eine
                              									Speicherbatterie aus 260 Zellen mit 1100 Ampèrestunden Kapazität, welche tagsüber
                              									regulär mit dem Stromkreis für die Zugförderung verbunden ist, aber ebensowohl auf
                              									die Beleuchtungsstromkreise geschaltet werden kann. Jede der Speicherzellen enthält
                              
                              									18 positive und 19 negative Platten, die zusammen 350 kg wiegen.
                           Für die Zwecke der Zugförderung stehen also auf jeder der beiden Unterstationen zwei
                              									rotierende Umwandler von je 250 Kilowatt nebst sechs statischen, mit zwei
                              									elektrischen Kühlgebläsen versehenen Umwandlern von je 90 Kilowatt und eine der
                              									angeführten Speicherbatterien in Diensten. Die letztere ist leistungsfähig genug, im
                              									Notfalle während des Tages, falls der Betrieb des Elektrizitätswerkes eine
                              									vorübergehende Störung erleiden würde, den Verkehr der Züge zu sichern, während sie
                              									in der Nacht ganz regelmässig nach Abstellen der Generatorgruppen in Jvry die Speisung der gesamten Beleuchtungsanlagen
                              									ihres Dienstbezirkes zu übernehmen hat und überdem ganz gut den Strom für die
                              									Beförderung der vereinzelten Züge zu liefern vermag, welche etwa in diesen Stunden
                              									in Quai d'Orsay ein- oder auslaufen.
                           Zur Zeit stehen acht Thomson-Houston'sche elektrische
                              									Lokomotiven (vgl. D.p.J. 1896, Bd. 299 * S. 121; Bd.
                              									302, S. 37; 1897, Bd. 305, S. 16; 1899, Bd. 312, S. 29) in Verwendung. Den Körper
                              									der Lokomotive umschliesst ein auf einem Untergestelle aus Stahlblechträgern
                              									aufgebauter, vorne wie rückwärts keilförmig abgeschrägter Kasten, der ebenfalls aus
                              									Stahlblech hergestellt ist und mit dem Untergestelle auf zwei vierrädrigen
                              									Drehgestellen ruht. Jedes der vier Räderpaare wird mittels eines einfachen
                              									Zahnradvorgeleges durch einen Elektromotor angetrieben, der bei 550 Volt-Spannung
                              									125 Kilowatt leistet. Diese Motoren sind derart angeordnet und berechnet, dass die
                              									Lokomotive mit Leichtigkeit Züge mit einer Maximalbelastung von 3001 – die
                              									Lokomotive nicht mitgerechnet – in der grössten, sich auf 11‰ belaufenden Steigung
                              
                              									der Strecke, mit einer Fahrgeschwindigkeit von 33 km in der Stunde zu befördern
                              									vermögen; sie können Ueberlastungen, welche einen Stromauf wand bis zu 600 Ampère
                              									erfordern, durch 5 Minuten schadlos ertragen, und ihre geringste Leistungsfähigkeit
                              									ergibt sich bei einer Stromstärke von 300 Ampère mit 86%. Die Motoren sind
                              									vierpolig; ihre Magnetwickelungen bestehen aus flachen, durch Asbest- und
                              									Glimmerzwischenlagen isolierten Küpferbändern. Der Anker wird durch einfache Spulen
                              									gebildet, die in Längsnuten des aus Eisenblechblättern gebildeten Kernes gebettet
                              									und durch Holzkeile festgehalten sind; die Achse des auf diese Weise mit
                              
                              									Trommelwindungen versehenen Ankers hat zwei Kollektoren mit je vier Kohlenbürsten.
                              									Unmittelbar über den Bürstenträgern ist das aus Stahl gegossene Motorgehäuse mit je
                              									einem abgedichteten Klappthürchen versehen, das die Nachschau ermöglicht. Zu diesen
                              									Bürstenklappen führt auch von oben je eine besondere Fallthüre, welche im Boden des
                              									Lokomotivkastens angebracht ist. Das Gehäuse des Motors, die Aufhängeweise desselben
                              									und der Zahnradeingriff in die Radachse haben weiter nichts Besonderes an sich. Die
                              									Hauptabmessungen und Daten der Lokomotiven sind:
                           
                              
                                 Gesamtgewicht
                                 45 t
                                 
                              
                                 Gesamtlänge von Buffer zu Buffer
                                 10,609 m
                                 
                              
                                 Grösste Breite
                                   2,918 „
                                 
                              
                                 Höhe bis zum Dache des Fahrerstandes
                                   3,891 „
                                 
                              
                                 Radstand im Drehgestelle
                                   2,388 „
                                 
                              
                                 Gegenseitiger Abstand der Radgeatellzapfen
                                   4,877 „
                                 
                              
                                 Raddurchmesser
                                   1,245 „
                                 
                              
                                 Zahl der Triebräder
                                   8
                                 
                              
                                 Anzahl der Elektromotoren
                                   4
                                 
                              
                           In der Mitte der Lokomotive befindet sich der im Lichten
                              									2,718 m breite, 3,008 m lange Führerstand, welcher – auf seine mittlere Querachse
                              									bezogen – ganz symmetrisch eingerichtet ist, so dass dem Lokomotivführer alle
                              
                              									wichtigen Hilfsapparate beim Vorwärtsfahren ganz ebenso zur Hand liegen, wie beim
                              									Rückwärtsfahren. In den beiden vorne wie rückwärts an den Führerstand anstossenden,
                              									gleichfalls symmetrisch angeordneten und ebenso ausgenutzten Keilkästen befinden
                              									sich die Anlasswiderstände, die verschiedenen Verbindungskabel und an den äussersten
                              									Enden je ein walzenförmiger Behälter aus Stahlblech für die Pressluft der
                              									Lokomotivpfeife und für die Bremse. Bei der Anfahrt der Lokomotive werden durch die
                              									Handhabung der Kontrollerkurbel zuförderst die vier Motoren mit den
                              									Anlasswiderständen in Reihe geschaltet, sodann die Widerstände nacheinander
                              
                              									weggebracht, ferner die Motoren zu zweien, gleichzeitig zusammen mit je einer Hälfte
                              									der Anlasswiderstände parallel geschaltet und schliesslich letztere wieder
                              									successive beseitigt. Ein mit dem Kontroller verbundener Umschalter ermöglicht es,
                              									die Eintrittsrichtung des Erregungsstromes im Motor umzukehren und sonach die
                              									Fahrtrichtung der Lokomotive beliebig zu ändern. Als Kontrollapparate steht dem
                              									Maschinenführer ein bis 2000 Ampère angebendes Ampèremeter, ein bis 700 Volt
                              									anzeigendes Voltmeter und ein Wattmeter, sowie ein Zuggeschwindigkeitsmesser zur
                              									Verfügung; als Sicherungsvorrichtungen sind am Führerstande ein
                              									Universalunterbrecher, eine Signalpfeife, eine Luftdruckbremse der bei der
                              
                              									Orleansbahn allgemein eingeführten Wenger'schen
                              									Anordnung und eine Handspindelbremse als Notbremse vorhanden. Zur Erzeugung der
                              									Pressluft steht im Führerstande eine elektrisch betriebene Luftpumpe, welche
                              									hinsichtlich ihres Betriebes durch den jeweiligen Druck in den Sammelbecken
                              									selbstthätig reguliert, d.h. ganz nach dem wirklichen Bedarfe angelassen oder
                              									abgestellt wird (vgl. D. p. J. 1900 315 350).
                           Auf der laufenden Strecke der Linie Quai d'Austerlitz –
                              										Quai d'Orsay erfolgt die Strom Zuleitung für
                              									gewöhnlich durch eine dritte Schiene, welche seitlich des Fahrgeleises und zwar
                              									rechts von der Richtung der Fahrt, d. i. zwischen den beiden einander
                              									zunächstliegenden Schienensträngen des Doppelgeleises angebracht ist. In einigen
                              									Rangiergeleisen und bei der Einfahrt am Bahnhofe Quai
                                 										d'Orsay liegt die Zuleitung in der Geleisemitte, da es seitlich an Raum
                              									fehlt; an den verwickelten Geleisekreuzungen und dicht aneinanderliegenden Weichen
                              									aber, sowie im allgemeinen an allen jenen Bahnstellen, wo im Geleiseplanum jeder
                              									Platz zur Anbringung einer dritten Schiene fehlt, oder dieselbe des Personenverkehrs
                              									wegen als zu gefährlich nicht geduldet werden kann, ist die Stromzuleitung an den
                              									Decken angebracht. Von diesen drei Zuleitungen bestehen die seitlich des Geleises
                              									liegenden aus einem doppelten Strang von gewöhnlichen, 30 kg pro laufenden Meter
                              									schweren Stahlschienen (Doppelkopfschienen), die 17 cm höher als die Oberkante der
                              									Fahrschienen liegen und hinsichtlich ihrer Leitungsfähigkeit an den
                              									Verbindungslaschen durch Kupferblechbrücken von 120 mm Querschnitt versichert sind.
                              									Die Schienen werden von teergetränkten Unterlagshölzern getragen, die auf den
                              									hölzernen, gleichfalls mit Kreosot eingelassenen Querschwellen des Fahrgeleises
                              									aufruhen; auch ist die Leitung ihrem ganzen Verlaufe nach durch eine aus geteerten
                              									Bretterbohlen hergestellten, röhrenförmigen Verschalung geschützt, welche nur einen
                              									Schlitz für den Arm des Stromabgebers der Lokomotiven offen lässt. Die in der
                              									Geleisemitte verlegten Stromzuführungen sind aus zwei senkrecht gestellten, mit
                              									ihrer Hauptfläche einander zugekehrten U-Eisen gebildet, ebenfalls mit Hilfe
                              									geteerter Holzunterlagen auf den Eisenbahnschwellen gelagert und durch eine
                              									übergreifende Verschalung gesichert. Die auf Querträgern hängenden, aus gewalztem
                              									Flacheisen bestehenden Oberleitungsstücke werden von Porzellanblöcken getragen und
                              									haben den Querschnitt eines stehenden Rechteckes, das an der gegen abwärts gekehrten
                              									Seite schwalbenschwanzartig erbreitert ist. Sämtliche diese Stromzuführungen sind
                              									untereinander und bei allen Unterbrecherkästen mit der Betriebsleitung durch Kabel
                              									von 200 qmm Kupferquerschnitt verbunden.
                           Diesen verschiedenen Zuleitungen gemäss besitzt jede der Lokomotiven am
                              									Untergestelle, vorne wie rückwärts – damit für beide Fahrtrichtungen sozusagen doppelt
                              									vorgesorgt ist – auf jeder der beiden Längsseiten einen nach abwärts federnden
                              									Stromabnehmer mit Rotgussgleitschuhen und zwischendrein genau in der Lokomotivmitte
                              									noch einen dritten, ganz ähnlichen, solchen Stromabnehmer. Ein siebender, nach
                              									aufwärts federnder Stromabnehmer befindet sich genau in der Dachmitte des
                              									Führerstandes.
                           Als Rückleitung dienen die Fahrschienen aller Geleise, aus welchem Grunde ihre
                              									Leitungsfähigkeit an den Stossverbindungen und an den Weichen durch je zwei
                              									Nebenleitungenvon 120 qmm Kupferquerschnitt gesichert ist. Nebstdem bestehen zu
                              									demselben Zwecke zwischen den beiden Fahrschienen jedes Geleises alle 100 m leitende
                              									Querverbindungen mittels eines Kabels von 120 qmm Kupferquerschnitt und ausserdem
                              									ebensolche von 100 zu 100 m sprossenförmig verteilte Verbindungen im ganzen Verlaufe
                              									der offenen Strecken zwischen den beiden inneren Schienensträngen des
                              									Doppelgeleises, so dass also auch die Rückleitung aufs vollkommenste durchgeführt
                              
                              									ist.