| Titel: | Ueber die Möglichkeit, die Durchschnittsgeschwindigkeit der Personenzüge ohne gleichzeitige Vergrösserung der Maximalfahrgeschwindigkeit erhöhen zu können. (Ein Vorschlag.) | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 315 | 
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                        Ueber die Möglichkeit, die
                           								Durchschnittsgeschwindigkeit der Personenzüge ohne gleichzeitige Vergrösserung der
                           								Maximalfahrgeschwindigkeit erhöhen zu können. (Ein Vorschlag.)
                        Ueber die Möglichkeit, die Durchschnittsgeschwindigkeit der
                           								Personenzüge u.s.w. erhöhen zu können.
                        
                     
                        
                           Das allgemeine Streben unseres modernen Verkehrslebens zielt auf stete
                              									Vergrösserung der Fahrgeschwindigkeiten hin. Es tritt dieser Zug auf allen Gebieten
                              									des Personentransportes, sei es auf der gebahnten Strasse, sei es auf den mit
                              									Spurwegen versehenen gesonderten Bahnkörpern, sei es auf Flüssen, Seen oder Meeren,
                              									deutlich hervor, und fast täglich wissen die Journale über einen neuen auf
                              
                              									diesemoder jenem Gebiete geschaffenen Geschwindigkeitsrekord zu berichten.
                           Für die Eisenbahnen macht sich das Bestreben, die Fahrzeit ihrer Züge möglichst zu
                              									beschleunigen, nicht bloss aus Rücksicht auf die Ersparnis an Zeit, oder zur
                              									Bekämpfung der Konkurrenz der den gleichen Endzielen zustrebender Nachbar Knien
                              									allein geltend. Der Betrieb ist nämlich in vielen Fällen bereits an der Grenze der
                              									Leistungsfähigkeit angelangt und müssen die Verwaltungen daher darauf Bedacht
                              									nehmen, letztere ohne allzugrossen Kostenaufwand, wie solcher aus der Vermehrung der
                              									Schienenwege entstehen würde, den gesteigerten Ansprüchen entsprechend zu
                              
                              									vergrössern.
                           Als einfachstes Mittel, dies zu erreichen, gilt wohl die Verkürzung der Fahrzeit, da
                              									ja mit Vergrösserung der Fahrgeschwindigkeit die Zahl der in einem gegebenen
                              									Zeitraume abzulassenden Züge vergrössert werden kann, ohne dass hierdurch das
                              									Gefahrmoment, wie solches in einer Kollision der Züge besteht, gesteigert werden
                              									würde, weil bei dichtem Zugs verkehre das Fahren in Raumdistanz wohl allgemein
                              									eingeführt ist.
                           Aber auch hier gelangt man bald zu einer gewissen Grenze, die weit unter der durch in
                              									der Leistungsfähigkeit der Lokomotiven gegebenen praktisch erreichbaren
                              									Geschwindigkeit liegt, und welche durch die Aufenthalte der Züge in den Stationen
                              									hervorgerufen wird.
                           Jeder Aufenthalt eines Zuges bedingt, dass die von demselben während der Fahrt
                              									aufgespeicherte lebendige Kraft vernichtet wird, was um so längere Zeit in Anspruch
                              									nimmt, je grösser die Fahrgeschwindigkeit war, welche der Zug erreicht hat. Zwar
                              									gestatten die heutigen vorzüglichen Bremsvorrichtungen selbst bei maximaler
                              									Geschwindigkeit rasch und auf verhältnismässig geringe Entfernungen hin, den Zug zum
                              									Anhalten zu bringen, allein in solchen Fällen erfolgt dies so plötzlich und mit so
                              									heftigen Stössen, dass hierdurch nicht nur die Sicherheit der Reisenden gefährdet
                              									wird, sondern auch der gesamte Fahrpark sowie der Oberbau leidet.
                           Es darf daher von einer so jähen Bremsung nur in Fällen drohender äusserer Gefahr
                              									Gebrauch gemacht werden, während sich unter normalen Verhältnissen die Abnahme der
                              
                              									Fahrgeschwindigkeit von der Maximalgeschwindigkeit bis zum völligen Stillstande in
                              									einer sanft abfallenden Geraden bewegen wird. Die Länge des während des Ueberganges
                              									von voller Geschwindigkeit bis zum Stillstande zurückzulegenden Weges, wird daher
                              									direkt von der erreichten Geschwindigkeit abhängen.
                           Umgekehrt bedarf ein Zug, um vom Stillstande in die erwünschte Fahrgeschwindigkeit
                              									übergeführt werden zu können, wieder eine beträchtliche Zeit, die von der Belastung
                              									des Zuges und der von der Lokomotive zu leistenden Kraft abhängt.
                           Nimmt man an, da hier auf eine Spezifikation der verschiedenen Zugsgattungen, sowie
                              									die Faktoren, welche das Anfahren und die Bremsarbeit beeinflussen, nicht
                              									eingegangen werden kann, dass der Weg, welchen der Zug vom Momente des Anfahrens bis
                              									zur Erreichung der vollen maximalen Fahrgeschwindigkeit zurücklegt, der gleiche sei,
                              									wie der Weg vom Beginne des Bremsens bis zum völligen Stillehalten, so wird
                              									derselbe, wenn man sich eines speziellen Beispiels bedienen will, für 60 km
                              									Stundengeschwindigkeit bei Annahme einer Beschleunigung bezw. Retardierung von 0,15
                              									m pro Sekunde, einen Weg von etwa 1850 m für beides gerechnet, in 222 Sekunden
                              									zurücklegen, was einer Geschwindigkeit von ungefähr 8,33 m pro Sekunde oder 30 km
                              									pro Stunde entspricht.
                           Es wird sonach die durchschnittliche Geschwindigkeit der Bewegung eines Zuges in
                              									einer Strecke von 10 km, bei einer gestatteten Maximalgeschwindigkeit von 60 km, da
                              
                              
                              									der Zug die ganze Strecke nicht in 600, sondern in 710 Sekunden durchfährt, nur 55
                              									km betragen. Rechnet man nun fernerhin den Aufenthalt in den Stationen, was ganz
                              									berechtigt ist, in die Fahrzeit ein und berücksichtigt ferner, dass die
                              									Maximalgeschwindigkeit eines Zuges innerhalb verschiedener Strecken infolge
                              									Vorhandenseins starker Neigungen und Krümmungen nicht die gleiche sein kann, so ist
                              									es leicht erklärlich, dass selbst bei Schnellzügen, welche längere Strecken ohne
                              									anzuhalten durchlaufen, nur eine Durchschnittsgeschwindigkeit erreichen, welche
                              									zwischen 45 und 55 km in der Stunde wechselt, wobei jedoch die
                              
                              									Maximalgeschwindigkeiten bis über 80 km hinausgehen. Bei Personenzügen, welche in
                              									allen Stationen anhalten müssen, wird sich ein noch viel ungünstigeres Verhältnis
                              									zwischen Maximal- und Durchschnittsgeschwindigkeit ergeben, und kann es in
                              
                              									dichtbevölkerten Gegenden, wodie Stationen sehr nahe aneinanderliegen,
                              									insbesondere wenn zwischen die Stationen noch Haltestellen auf der offenen Strecke
                              									eingelegt sind, leicht vorkommen, dass ein Zug die zulässige Maximalgeschwindigkeit
                              									überhaupt nicht erreichen kann, weil schon vorher begonnen werden muss die
                              									angesammelte Arbeit zu vernichten, um selben rechtzeitig zum Anhalten zu
                              									bringen.
                           In solchen Fällen wird eine Vergrösserung der maximalen Fahrgeschwindigkeit zwecks
                              									Erreichung einer grösseren Durchschnittsgeschwindigkeit überhaupt nicht zum Ziele
                              									führen können.
                           Um daher die Leistungsfähigkeit einer stark befahrenen Bahn zu erhöhen, muss das
                              									Bestreben dahin gerichtet werden, diese Durchschnittsgeschwindigkeit so zu
                              									vergrössern, dass in der gleichen Zeit mehr Züge gleichzeitig in einer Richtung
                              
                              									verkehren können.
                           Ein Mittel hierzu ist, dem Zuge eine grössere Beschleunigung zu erteilen, so dass er
                              
                              									die Maximalgeschwindigkeit in viel kürzerer Zeit als bisher zu erreichen vermag. In
                              									dem Elektromotor ist nun eine Maschine gegeben, welche diese Beschleunigung zu geben
                              									vermag, ohne dass die Belastung des Bahnkörpers hierdurch wesentlich vergrössert
                              									würde, wobei unter Belastung immer nur der Achsdruck zu verstehen ist.
                           Da bei dem elektrischen Betriebe jeder einzelne Wagen mit den zu seiner Beförderung
                              									ausreichenden Elektromotoren ausgerüstet wird, verteilt sich die durch Erhöhung der
                              									Leistungsfähigkeit entstehende Mehrlast gleichmässig auf den ganzen Zug, so dass in
                              									dieser Beziehung eine Verstärkung des Oberbaues nicht notwendig wird. Wollte man die
                              									gleiche Leistungsfähigkeit durch Lokomotiven erzielen, so würden dieselben ein so
                              									grosses Gewicht bekommen, dass ein sicherer Betrieb wohl nur durch Verstärkung des
                              									Schienenquerschnittes und bessere Unterbettung der Schienen, bei sehr sorgfältiger
                              									Instandhaltung des gesamten Oberbaues, zu erreichen wäre.
                           Das Arbeiten mit solchen Lokomotiven wäre aber auch unökonomisch, da die zum Anfahren
                              									und Erteilung der erforderlichen Beschleunigung erforderliche Kraft doch nur für
                              									relativ kurze Zeit benötigt wird, so dass die Maschine nur für diese Zeit
                              
                              									vollbelastet erscheint, während für die übrige Zeit zur Erhaltung der einmal
                              									erreichten Geschwindigkeit im Durchschnitt kaum ein Viertel der verfügbaren Kraft
                              									benötigt wird.
                           Wie sehr sich die Leistungsfähigkeit einer Vollbahn durch Einführung des elektrischen
                              									Betriebes steigern lässt, ist aus dem Projekte über die Einführung des elektrischen
                              									Betriebes auf der Berliner Stadt- und RingbahnElektrotechnische Zeitschrift 1899, H.
                                    										46. zu entnehmen, nach welchem der Verkehr gegenüber dem heutigen
                              									Lokomotivbetriebe eine Steigerung von 260 % zulassen soll, ohne dass die Sicherheit
                              									desselben auch nur im geringsten beeinflusst wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 315
                              Fig. 1.
                              
                           Am deutlichsten lässt sich der Vorzug des elektrischen Betriebes aus den gleichfalls
                              
                              									dem betreffenden Aufsatze entnommenen Fahrdiagrammen (Fig.
                                 										1) ersehen, welche die Fahrzeit für die elektrischen Züge im Vergleiche
                              									mit den dermaligen Dampfzügen darstellt. Aus denselben lässt sich die verschiedene
                              									Art der Bewegung der Fahrzeuge erkennen und ist denselben noch zu entnehmen, dass
                              
                              									ein elektrischer Zug viel leichter eine erlittene Verspätung einzuholen vermag als
                              									der Dampfzug.
                           
                           Ein weiterer sehr in Berücksichtigung zu ziehender Vorteil des elektrischen
                              									Betriebes liegt darin, dass die dem Antriebe dienenden Elektromotoren nicht für die
                              									maximale, sondern nur für eine wenig über dem Durchschnitte liegende
                              									Arbeitsbeanspruchung gebaut zu werden brauchen, weil dieselben für die kurze Zeit
                              									des Anfahrens leicht auf das Zwei- bis Dreifache ihrer normalen Leistung beansprucht
                              									werden können, ohne Schaden zu erleiden oder sich schädlich zu erwärmen. Hieraus
                              									resultiert eine sehr gute Ausnutzung und ein sehr guter Wirkungsgrad dieser Motoren,
                              									da sie stets nahe unter Volllast laufen. Hierdurch wird im Vereine mit den durch die
                              									Zentralisierung der Krafterzeugung zu erzielenden Ersparnissen der Betrieb auch
                              									billiger als dies mit der Dampflokomotive möglich wäre.
                           Es wäre sohin durch Einführung des elektrischen Betriebes die Möglichkeit der
                              									Erhöhung der Durchschnittsgeschwindigkeit der Züge gegeben, ohne die
                              									Maximalgeschwindigkeit erhöhen zu müssen, wiewohl der elektrische Betrieb bei dem
                              									ruhigen Gange der Fahrzeuge und der gleichmässigen Belastung des Bahnkörpers, sofern
                              									bloss Motorwagen ins Auge gefasst werden, auch deren Erhöhung zulässig erscheinen
                              									lassen würde.
                           Allein die Vorteile des elektrischen Betriebes treten nur für jene Bahnen auffällig
                              									zu Tage, auf welchen sich die einzelnen Züge von fast gleicher Belastung in
                              									regelmässigen Abständen einander folgen, und sohin eine fast stets gleiche
                              									Inanspruchnahme der elektrischen Zentralstation ermöglichen.
                           Diese Bedingungen erfüllen sich jedoch nur auf Bahnstrecken mit dichtem Lokalverkehr,
                              									wie solcher in der Umgegend grosser Städte abzuwickeln ist, oder auf Stadtbahnen,
                              									von den Strassenbahnen abgesehen, für welche die Vorteile der elektrischen
                              									Betriebsart bereits allgemein anerkannt sind.
                           Hat sich die Erkenntnis, dass der elektrische Betrieb auf solchen Vollbahnen der
                              									erwähnten Art ausreichende Vorteile gewährt, um auf denselben, trotz der hiermit
                              									verbundenen Auslagen, überzugehen, noch nicht allgemein durchgerungen, um wieviel
                              
                              									schwieriger wäre es nun, die massgebenden naturgemäss konservativen Kreise von der
                              									Nützlichkeit der Einführung des elektrischen Betriebes auf Fernbahnen, wo doch die
                              									Verhältnisse ganz anders stehen, zu überzeugen, und zwar dies um so mehr, als selbst
                              									in engeren Fachkreisen die Ansichten darüber, ob sich der elektrische Betrieb für
                              									derartige Vollbahnen als anwendbar erweist oder nicht, weit auseinander gehen.
                           Keinesfalls aber sind die zu erwartenden Vorteile nach dem heutigen Standpunkte der
                              									Entwicklung der Elektrotechnik so gross, dass man ohne zwingende Gründe und ohne
                              									dass natürliche Verhältnisse, wie solche durch das Vorhandensein ausreichender
                              									Wasserkräfte, welche leicht und billig ausgenutzt werden können, dies begünstigen
                              									würden, zu einem derartigen kostspieligen Experimente, welches doch nur im grossen
                              									Massstabe durchgeführt ein endgültiges Urteil ermöglichen könnte, anzuraten
                              									vermöchte.
                           Die Verschiedenheit des Betriebes auf derartigen Vollbahnen, wo schnellfahrende
                              									Fernzüge mit naturgemäss langsamer fahrenden und mehr den lokalen Bedürfnissen
                              									dienenden Personenzügen und den eine noch längere Fahrzeit aufweisenden Güterzügen,
                              									und zwar nicht in durchaus regelrechter Folge und Anzahl gleichzeitig verkehren,
                              									lässt, da namentlich der Lastenverkehr von den verschiedensten Faktoren abhängig ist
                              									und vielfach in seiner Intensität wechselt, die Schwierigkeit der Einführung einer
                              									geänderten Betriebsart erkennen.
                           Wie soll aber die Betriebsfähigkeit einer Bahn gesteigert werden können, wenn weder
                              									die Anfahrzeit verkürzt noch die Maximalgeschwindigkeit vergrössert werden kann.
                           Dass dies aber dennoch möglich ist, dafür finden wir bereits in dem Lastgüterverkehr
                              									ein Beispiel, indem hier durchgehende Lastzüge geschaffen werden, welche nur in den
                              									Hauptstationen anhalten, daselbst die für die Zwischenstrecken bestimmten Lastgüter
                              									abgeben, sowie die von denselben gesammelten Güter aufnehmen, während lokale
                              									Lastzüge die Sammlung und Verteilung dieser Güter von und an die von dem
                              									Hauptlastzuge nicht berührten Strecken besorgen.
                           Die sich hieraus ergebenden Vorteile in Bezug auf die rationellere Ausnutzung
                              									des Wagenparkes und beschleunigtere Güterbeförderung sind allgemein anerkannt und
                              									wird dies, wiewohl mehr Züge verkehren, dadurch erreicht, dass der Aufenthalt auf
                              									der Strecke und in den Stationen soweit als möglich abgekürzt wird. Wenn auch für
                              									die Sammelzüge, welche sich jedoch zumeist innerhalb kurzer Strecken bewegen, und
                              									welche so gelegt werden können, dass sie den durchgehenden Verkehr nicht behindern,
                              									eine Vergrösserung der Durchschnittsgeschwindigkeit nicht möglich ist, so sieht man
                              									doch, dass bei den durchgehenden Lastzügen, welche nur in wenigen Stationen
                              									anhalten, diese Vergrösserung der Durchschnittsgeschwindigkeit erreicht werden
                              									muss.
                           Es stellt sich nun auch bei den Personenzügen die Frage, ob deren mittlere
                              									Geschwindigkeit nicht durch Verminderung der Haltepunkte vergrössert werden kann,
                              									ohne dass die Aufnahme von Reisenden von diesen Haltepunkten hierdurch gehindert
                              									wird.
                           Die nachstehenden Erläuterungen, welche sich mit dieser Frage befassen, beziehen
                              									sich, es sei dies im vornhinein erwähnt, nur auf solche Züge, welche den
                              									durchgehenden Verkehr zu bewältigen haben, bei welchen daher in dem zumeist weniger
                              									dicht bevölkerten Hinterlande, für jeden Zug nur eine geringe Anzahl von Reisenden
                              									aufzunehmen oder abzusetzen haben, nicht aber auf jene einen Massenverkehr
                              									bewältigenden Züge, wie solche zur Verbindung der grossen Städte mit ihren Vororten
                              									und deren Ausläufern in Verkehr gesetzt werden.
                           Dieser zumeist als Lokalverkehr bezeichnete Verkehr, welcher einen der grössten
                              									Hemmnisse der glatten Abwickelung des Durchzugsverkehrs bildet, wird am
                              									zweckmässigsten durch Errichtung gesonderter, wenn auch parallel verlaufender Linien
                              									von den Hauptlinien abgelenkt und bietet in seiner Organisation alle jene
                              									Anhaltspunkte, welche die Einführung des elektrischen Betriebes als vorteilhaft
                              									erscheinen lassen.
                           Das Absetzen bezw. die Aufnahme von Passagieren wie das Ueberladen des Reisegepäckes
                              									von bezw. auf einen im Fahren begriffenen Zuge erscheint zwar für den ersten
                              									Augenblick, da es sich hierbei immerhin um noch recht erhebliche Geschwindigkeiten
                              									handelt, wegen der drohenden Gefahr nahezu als undurchführbar.
                           Eine eingehendere Betrachtung zeigt jedoch, dass es sich bei der hier in Anregung
                              									gebrachten Idee nicht um eine Utopie handelt, und dass auch die technische Lösung
                              									des hierbei in Frage kommenden Problems nicht zu den Unmöglichkeiten zählt.
                           Geht man von der Thatsache aus, dass zwei parallel nebeneinander sich mit gleicher
                              									Geschwindigkeit bewegende Körper im gegenseitigen Verhältnisse als ruhend betrachtet
                              									werden können, so wird es sofort einleuchtend, dass ein Uebergang von dem einen
                              									Körper zu dem anderen, sofern der Zwischenraum zwischen denselben leicht zu
                              									überbrücken ist, keine Schwierigkeiten bietet. Ist nun das Planum dieser beiden
                              									Körper in einer Ebene und hinreichend gross, so wird der Uebergang von einem
                              									derselben auf den anderen ebenso leicht möglich sein, wie beispielsweise einen
                              									Graben zu überschreiten, über welchen ein Brett gelegt ist. Beispiele für die
                              									Richtigkeit dieser Thatsache lassen sich allenthalben zur Genüge finden und sei hier
                              									nur des bekannten Zirkuskunststückes gedacht, bei welchem der betreffende Artist auf
                              									zwei in gleichem Tempo laufenden Pferden die überraschendsten Evolutionen
                              									ausführt.
                           Ein praktisches Analogem findet sich in der sogen. Stufenbahn, wie solche auf der
                              									Weltausstellung zu Chicago 1893, der Berliner Gewerbeausstellung 1896 und der
                              									Pariser Ausstellung 1900 zur Vorführung gebracht wurde. Bei dieser Stufenbahn tritt
                              									noch der erschwerende Umstand hinzu, dass der Uebertritt von einer ruhenden
                              									Plattform auf eine mit gemässigter Geschwindigkeit und von dieser wieder auf zwei
                              
                              									weitere Plattformen, welche eine proportionale Geschwindigkeitszunahme aufweisen,
                              									erfolgen muss, was trotzdem, dass es ein gewisses Mass von körperlicher Gewandtheit
                              									und etwas Beobachtungsgabe erfordert, selbst von älteren schwerfälligeren Damen nach
                              									nur einiger gefahrloser Uebung mit Leichtigkeit vollführt werde.
                           
                           Denkt man sich nun parallel neben dem Hauptgeleise der Bahn, welches von dem
                              									Zuge, der die Reisenden abzusetzen und aufzunehmen hat, ein zweites Geleise, auf
                              									welchem sich ein geeignet konstruierter Wagen befindet, von dem die Reisenden den
                              									Uebergang auf den Zug und umgekehrt vornehmen sollen, und denselben für die
                              									Zeitdauer, welche das Aus- und Einsteigen, sowie das Ueberladen des Gepäckes
                              									erfordert, in ganz gleicher Geschwindigkeit mit dem betreffenden Zuge bewegt, so
                              									lässt sich dieser Zug und der Wagen für diese Zeitdauer als im Zustande der
                              									gegenseitigen Ruhe befindlich ansehen.
                           Es wird also, insbesondere wenn eine Ueberbrückung zwischen den beiden Plattformen
                              									hergestellt wird, was ja leicht ausführbar ist, ein Uebersteigen von dem Wagen in
                              									den Zug in der Querrichtung der Bewegung derselben und umgekehrt ebenso leicht
                              
                              									möglich sein, wie der Verkehr von einem Wagen in einen anderen Wagen desselben
                              									Zuges. Die unvermeidlichen gegenseitigen seitlichen Schwankungen zwischen Zug und
                              									Einsteigewagen können hierbei, wenn die herzustellenden Verbindungsbrücken eine
                              									kleine gegenseitige Versteifung ermöglichen, teilweise ausgeglichen werden, so dass
                              									auch diesbezügliche Bedenken hinwegfallen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 317
                              Fig. 2.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 317
                              Fig. 3.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 317
                              Fig. 4.
                              
                           Die Hauptschwierigkeit, welche sich der Durchführung einer derartigen Einrichtung
                              									entgegenzustellen scheint, dürfte in der Wahl der Mittel zu suchen sein, den
                              									Umsteigewagen, wie derselbe bezeichnet werden soll, in Bewegung zu setzen und ihm
                              									die erforderliche Beschleunigung zu erteilen, damit er die vorgesehene Streckenlänge
                              									in gleicher Geschwindigkeit wie der durchfahrende Zug befährt.
                           Für diese Zwecke eine eigene Maschinenanlage zu schaffen, welche den Umsteigewagen,
                              									sei es direkt, sei es indirekt, antreibt, wäre, abgesehen von der
                              									Unzuverlässlichkeit der rechtzeitigen Erreichung und Erhaltung der
                              									Synchrongeschwindigkeit, schon mit Rücksicht auf die Anlagekosten und die nur kurze
                              									Dauer der Inanspruchnahme derselben, als ein absolutes Hindernis für die
                              									Durchführung einer solchen Idee zu betrachten.
                           Kann aber dem Zuge selbst die Aufgabe zugewiesen werden, den Umsteigewagen direkt in
                              									Bewegung zu setzen, zu geeignetem Zeitpunkte in Synchrongeschwindigkeit zu bringen
                              									und für die Dauer des Bedarfes in selber zu erhalten, so scheinen diese
                              									Schwierigkeiten zum grössten Teil beseitigt.
                           In den Induktionsgeneratoren und Elektromotoren findet sich nun ein geeignetes
                              									Mittel, dieses Ziel zu erreichen. Wird die Lokomotive oder ein Wagen des Zuges mit
                              									einem derartigen Elektrogenerator, der Umsteigewagen hingegen mit einem den
                              									Anforderungen entsprechenden Elektromotor ausgerüstet und die Einrichtung so
                              									getroffen, dassder Generator von der geeigneten Stelle der Strecke aus
                              									angetrieben und mit dem Motor durch vorgesehene Leitungen in Verbindung gebracht
                              									wird, so bringt der von dem Generator entsendete Strom den Motor in Bewegung,
                              									welcher wieder durch Anordnung von entsprechenden Transmissionen, in ganz gleicher
                              									Weise wie die Motorwagen bei den elektrischen Trambahnen, den Umsteigewagen in
                              									Bewegung setzen wird.
                           Zu diesem Zwecke wird daher jede Lokomotive oder besser noch jeder Gepäckwagen mit
                              									einem derartigen Generator ausgerüstet werden müssen, welcher so aufgehangen wird,
                              
                              									dass die Schwankungen und Stösse, die der Wagen erleidet, nicht auf denselben
                              									übertragen werden können. Dieser Generator wird nun direkt von einer Achse der
                              									Lokomotive oder des Wagens, in der von den Strassenbahnmotorwagen her bekannten
                              									Weise, durch ein Zahnradvorgelege oder Kettenübersetzung angetrieben und läuft
                              									normal leer. Erst wenn die Lokomotive an einen vorher genau bestimmten Punkt der
                              									Strecke anlangt, wird der Elektrogenerator durch zwei an der Lokomotive vorgesehene
                              									Bürsten oder Trolleys mit den zwei parallel der Bahn verlaufenden Leitungen in
                              									Verbindung gebracht und kann nunmehr erst Strom erzeugen. Dieser Strom wird nun von
                              									dem Elektromotor des Umsteigewagens aufgenommen und setzt nun diesen in
                              									Bewegung.
                           Die Art und Weise der Anordnung, wie solches gedacht wird, ist aus Fig. 2, 3 und 4 zu entnehmen. In denselben bezeichnet A den Gepäckwagen, B den
                              									Umsteigewagen, C den Wagen des Zuges, von und in
                              									welchen übergestiegen werden soll, G den Generator und
                              										M den Motor, VV die
                              									Verbindungsleitungen und TT die Trolleys. Zur
                              									deutlicheren Uebersicht wurden nämlich hier Luftleitungen und Stromentsendung
                              
                              									mittels Trolleys angenommen, während es sich in der Praxis empfehlen dürfte,
                              									isolierte Schienenleiter, auf welchen Bürsten oder Gleitschuhe schleifen, zu
                              									verwenden.
                           Wie schon erwähnt, sollen für die Erzeugung der elektrischen Ströme und deren
                              									Umwertung in mechanische Arbeit Induktionsgeneratoren und Motoren zur Verwendung
                              									gelangen. Die Wahl des Induktions- und zwar speziell des Dreiphasenmotors musste
                              									neben dem bekannt verlässlichen Arbeiten und der einfachen Konstruktion desselben
                              									aus dem Grunde getroffen werden, weil derselbe stets das Bestreben hat, die
                              									Synchrongeschwindigkeit anzunehmen, d.h. der Anker sucht die Drehgeschwindigkeit des
                              									rotierenden magnetischen Feldes zu erreichen. Da nun die Drehgeschwindigkeit des
                              									durch die Feldmagnete des Motors erzeugten Feldes von der Umdrehungsgeschwindigkeit
                              									des Ankers des Generators unmittelbar abhängt, wird der Motoranker synchron mit dem
                              									Induktor des Generators zu laufen suchen und auch, wenn er nicht überlastet ist, den
                              									Synchronismus erreichen, somit der Drehgeschwindigkeit desselben, auch wenn dieselbe
                              									Schwankungen unterliegt, genau folgen.
                           Ist nun unter Berücksichtigung der Schlüpfung das Uebersetzungsverhältnis zwischen
                              									der antreibenden Lokomotivachse und dem Generatoranker das gleiche, wie das
                              									Verhältnis der Uebersetzung zwischen dem Rotor des Motors und der Achse des von ihm
                              									anzutreibenden Wagens, so wird sich der Umsteigewagen auch bald mit der gleichen
                              									Geschwindigkeit bewegen müssen wie der einfahrende Zug. Wird nun dieser
                              									Umsteigewagen, sobald ein Zug erwartet wird, so disponiert, dass er, einmal in
                              									Bewegung gesetzt, von einem vorher zu bestimmenden Punkte ab die gleiche
                              									Geschwindigkeit wie der einfahrende Zug hat, zu welcher Zeit der Zug und
                              									Umsteigewagen bereits parallel laufen müssen, so ist es ein leichtes, das
                              									Uebersteigen von dem einen auf den anderen zu ermöglichen, insbesondere wenn der
                              									Zwischenraum der Wagen durch mit Geländern versehene Falltreppen, die rechtzeitig
                              									niedergelassen werden, überbrückt wird. Diese Falltreppen sollen vom Umsteigewagen
                              									aus niedergelegt und mit den betreffenden Wagen des Zuges gekuppelt werden, so dass
                              									für die Dauer des Uebersteigens Zug und Umsteigewagen fest miteinander verbunden
                              									sind und letzterer vom Zuge mitgenommen wird, so dass eine ungleiche Geschwindigkeit
                              									des Umsteigewagens gegenüber dem Zuge während der Umsteigdauer ausgeschlossen
                              									ist.
                           Sobald das Umsteigen, für welches besondere Massnahmen kaum erforderlich werden,
                              									vollzogen ist, lösen die Begleiter des Umsteigewagens die Verbindung mit dem Zuge,
                              									schalten den Motor von der Leitung ab und bringen den Wagen durch eine entsprechend
                              
                              									angeordnete Bremse zum Stillstande, worauf die Passagiere erst direkt zum Aussteigen
                              									gelangen.
                           An Stelle eines auf besonderem Geleise fahrenden Wagens kann auch ein Traggerüst
                              									aufgestellt werden, auf welchem der Umsteigewagen mittels Laufrollen aufgehängt
                              
                              									wird. Diese Einrichtung nach Art der Schwebebahnen, wobei durch seitliche
                              									Führungsrollen einem Hin- und Herschlenkern des Wagens vorgebeugt wird, dürfte sich
                              									in vielen Fällen viel vorteilhafter erweisen, weil die Anordnung der Hauptgeleise in
                              									einem Bahnhofe oft die Anlage eines derartigen naturgemäss schmalspurigen Geleises
                              									nicht zulassen dürfte, die Aufstellung eines Traggerüstes immerhin aber noch möglich
                              									wäre.
                           Am erspriesslichsten bliebe es wohl, diese Nebenbahn, sei selbe eine Spur- oder
                              									Schwebebahn, ausserhalb der Stationen auf der offenen Strecke zu errichten, weil
                              									dann dem Auslauf des Umsteigewagens keine zu engen Grenzen gesetzt sind, und
                              									anderenteils wieder die Durchfahrt des Zuges durch die Station an kein bestimmtes
                              									Geleise gebunden werden muss.
                           Was nun den Bau des Umsteigewagens betrifft, so kann derselbe sehr einfach und leicht
                              									gehalten werden und muss zum mindesten einen Fassungsraum für 20 Personen besitzen,
                              									die der Länge nach hintereinander Platz finden sollen. Der Wagen wird sonach eine
                              									bedeutende Länge erhalten müssen, etwa die doppelte Länge eines normalen
                              									zweiachsigen Personenwagens, damit das Uebersteigen nicht allein von einem Punkte
                              									aus erfolgen muss, sich sonach verlangsamt. Dagegen wird dieser Wagen sehr schmal
                              									gehalten werden können, und eine Breite desselben von 1 m ausreichend erscheinen.
                              
                              									Die Spurweite des Geleises, wenn der Wagen auf einem solchen zu laufen haben wird,
                              									kann demnach mit etwa 60 m bemessen werden.
                           Nach diesen skizzenhaften Andeutungen, die die Möglichkeit dieser Art des
                              									Personenübertrittes auf einen in Bewegung befindlichen Zug klar legen sollen, ist
                              									zwar das Grundprinzip als richtig zu erkennen, aber noch nicht der Beweis erbracht,
                              									dass dies praktisch durchführbar ist.
                           Eine der wichtigsten Fragen hierbei ist die, auf welche Länge hin muss sich der
                              									Umsteigewagen in gleicher Geschwindigkeit mit dem Zuge in paralleler Richtung
                              									bewegen, um das Umsteigen als solches anstandslos zu ermöglichen. Die Zeitdauer,
                              									welche das Ein- und Aussteigen der Personen aus einem stehenden Zuge erfordert,
                              									lässt sich aus der Aufenthaltsdauer des Zuges ermessen. Inder Regel genügt für
                              									Schnellzüge in Stationen von geringer Personenfrequenz sowohl zum Aus- und
                              									Einsteigen der Personen, als zum Auf- und Abladen des Reisegepäckes eine Minute. Die
                              									Maximalgeschwindigkeit eines derartigen Zuges schwankt zwischen 60 und 90 km in der
                              									Stunde, welche jedoch für die Durchfahrt von Stationen gesetzlich auf 40 km
                              									reduziert werden muss. Nimmt man nun für Stationen, in welchen früher angehalten
                              									werden musste, eine Durchfahrtsgeschwindigkeit von 30 km in der Stunde an, so muss,
                              									wenn für das Uebersteigen der Zeitraum von 1 ½ Minuten als zulässig anerkannt wird,
                              									die Wegstrecke, welche Zug und Umsteigewagen in gleicher Geschwindigkeit
                              									zurückzulegen haben, 750 m betragen. Da für das Anfahren des Umsteigewagens bis zur
                              									Erreichung der Synchrongeschwindigkeit mit dem einfahrenden Zuge, ebenso für das
                              									Bremsen und Anhalten des Wagens, 250 m Geleiselänge, also zusammen 500 m
                              									Geleiselänge zu rechnen sein werden, muss das Parallelgeleise für den Umsteigewagen
                              									oder das Traggerüst bei Verwertung einer Schwebebahn insgesamt eine Geleiselänge von
                              									1250 m haben. Diese Länge kann allerdings nur für grössere Bahnhöfe als bestehend
                              									angenommen werden, doch unterliegt es sicher keinem Anstände, das Nebengeleise für
                              									den Umsteigewagen soweit über das eine Stationsende hinauszuführen, als es zur
                              									Ergänzung der notwendigen Streckenlänge bedarf.
                           Zu den weiteren hierbei in Betracht zu ziehenden Fragen gehört auch die, was zu
                              									erfolgen habe, wenn in irgend einer Station ein abnormaler grösserer Personenandrang
                              									zu verzeichnen ist, so dass die einsteigenden Reisenden auf dem Umsteigewagen keinen
                              									Platz finden können. Nun, in einem solchen Falle wird man eben, wenn dies thunlich
                              									erscheint, einen zweiten Umsteigewagen ankuppeln oder den Zug ganz einfach zum
                              									Halten bringen. Da es nicht wahrscheinlich ist, dass in allen Stationen für den
                              									gleichen Zug ein gleicher Andrang herrscht, wird die in einem solchen Falle
                              									eintretende Verspätung kaum von irgend einem Einflüsse sein und sich leicht wieder
                              									einbringen lassen.
                           Der Kraftbedarf, welcher erforderlich ist, um dem Umsteigewagen, welchem zweckmässig,
                              									um den Widerstand der Luft zu überwinden, eine keilförmige Form gegeben wird, die
                              									erforderliche Geschwindigkeit zu erteilen, lässt sich, da alle positiven
                              									Anhaltspunkte fehlen, nur annähernd schätzen bezw. auf Grund willkürlicher Annahmen
                              									berechnen.
                           Um hier nicht allzuweit fehl zu gehen, sei das Gewicht des Umsteigewagens, ähnlich
                              									wie bei den Trambahnwagen für elektrischen Betrieb inklusive Motor mit 7 ½ t leer
                              									und belastet mit 9 ½ t angenommen, wobei das Gewicht von 20 Personen à 75 kg mit 1 ½
                              									t und das Gewicht des zu überladenden Gepäckes mit ½ t geschätzt wird.
                           Berechnet man nun den Zugswiderstand nach der mittlere Werte ergebenden Formel
                           
                              W=\left(2,5+\frac{v^2}{1000}+\frac{1}{n}\right)\,G,
                              
                           wobei G das Gesamtgewicht des
                              									Wagens einschliesslich des Motors und der sonstigen zufälligen Belastung in Tonnen,
                              
                              										v die Geschwindigkeit in Kilometern pro Stunde und
                              
                              										\frac{1}{n} das Steigungsverhältnis der Bahn bezeichnet, so
                              									erhält man nach Einsetzen der Werte von 30 für v, 9 ½
                              									für G und 1 für \frac{1}{n}, da sich
                              									die Bahn in den Stationen zumeist in der Horizontalen befindet, für
                           
                              w=\left(2,5+\frac{900}{1000}+0\right)\,9,5=32\mbox{ kg}.
                              
                           Der Motor müsste daher eine Zugkraft von 32 kg besitzen, um den Wagen mit einer
                              									Geschwindigkeit von 30 km in der Stunde bewegen zu können. Da jedoch noch weiters
                              									die Reibungsverluste, welche bei der Uebersetzung der Drehbewegung der Motorwelle
                              
                              									auf die Wagenachse entstehen, der Sicherheit wegen mit 25 % der Zugskraft angenommen
                              									werden sollen, erhöht sich die erforderliche Zugskraft auf 40 kg.
                           
                           Der antreibende Elektromotor muss dementsprechend eine Leistungsfähigkeit von
                              									4,5 PS besitzen. Da aber die für das Anfahren erforderliche Zugskraft das Drei- bis
                              									Vierfache der normalen beträgt, wird es, wiewohl jeder Elektromotor eine
                              									Ueberlastung um das Drei- bis Vierfache des Normalen verträgt, wenn diese
                              									Ueberlastung nur kurze Zeit andauert, zweckmässig sein, einen 20- oder noch besser
                              									zwei 10pferdige Elektromotoren, deren jeder eine Achse des Umsteigewagens antreibt,
                              									in Verwendung zu nehmen.
                           Um nun den Leistungswert des Generators auf dem Zuge zu bestimmen, sei im vorhinein
                              									erwähnt, dass bei der heutigen Entwickelung des Motoren- und Dynamomaschinenbaues
                              									ein Wirkungsgrad von 80 bis 93 % derselben und selbst darüber garantiert werden
                              									kann. Sei zur Sicherheit, da es sich hier doch um kleinere, vielen
                              									Unregelmässigkeiten ausgesetzte Maschinen handelt, für Motor und Generator nur je
                              									ein Wirkungsgrad von 70 % angenommen, so müssen, um die 20 PS aus dem Motor an
                              									Arbeit zu gewinnen, von den Leitungen 29 PS in den Motor eingeliefert werden.
                           Der Verlust in den Leitungen, mit Rücksicht auf die geringen Entfernungen und die
                              									Möglichkeit, hohe Spannungen anwenden zu können, abnorm hoch mit weiteren 10 %
                              									angenommen, bedingt, dass der Elektrogenerator an den Klemmen rund 32 PS abzugeben
                              
                              									hat. Sei der Generator gleichfalls von einem Wirkungsgrade von 70 %, so müssen an
                              									denselben annähernd an 45,5 PS an mechanischer Arbeit übertragen werden.
                           Die durch Reibung und sonstige Einflüsse entstehenden Verluste, bei Uebertragung der
                              									Bewegung von der Wagenachse auf den Generator oder die Dynamomaschine, sollen
                              									weitere 25 % betragen. Die demgemäss von der Wagenachse zu übertragende Arbeit ist
                              									demnach, sicher hoch, mit 60 PS zu bemessen.
                           Da nun die Geschwindigkeit des eine Station durchfahrenden Zuges von 60 auf 30 km per
                              									Stunde herabgemindert werden muss, wird für diese Leistung bei der im Zuge
                              									angesammelten Kraft die Trägheit des Zuges selbst genügen, indem ja, um die in
                              									demselben aufgespeicherte Arbeit teilweise zu vernichten, wie dies durch die
                              									Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit thatsächlich notwendig wird, eine gewisse
                              									Bremsarbeit verrichtet werden muss. Statt nun, da es sich im Sinne des Gesetzes der
                              									Erhaltung der Kraft nur um eine Umwandlung der Energieform handelt, die mechanische
                              									Arbeit in Wärme umzusetzen, wird hier dieselbe als elektrische Energie und zwar
                              									kostenlos nutzbringend verwertet.
                           Aber selbst für den Fall, dass die dem Zuge innewohnende lebendige Kraft zur
                              									Vollführung dieser Bremsarbeit nicht ausreichen sollte, vermögen die mächtigen
                              									Lokomotiven der Neuzeit, die bis zu 900 PS entwickeln, den erforderlichen Zuschuss
                              									an Arbeit leicht zu leisten.
                           Unter allen Umständen wird jedoch hier, da nicht die ganze dem Zage innewohnende
                              									lebendige Kraft durch Bremsen aufgezehrt werden muss und die, grosse Anforderungen
                              									an die Arbeitsmaschine stellende Arbeit des Anfahrens entfällt, an Kohle gespart
                              									werden, indem ja viel weniger Arbeit erforderlich ist, um einem bereits in Bewegung
                              									befindlichen Zuge eine gewisse Beschleunigung zu erteilen, als denselben vom
                              									Ruhezustande in Bewegung zu bringen.
                           Statt den Elektrogenerator konstant mit der Triebachse zu kuppeln, dürfte es, da
                              									derselbe auch bei Leerlauf eine gewisse Summe von Arbeit nutzlos verzehrt, von
                              									Vorteil sein, denselben mit einer vom Führerstande auszu bedienenden, aus- und
                              									einrückbaren Kuppelung zu versehen, wodurch der Generator eben nur so lange Kraft
                              									beansprucht, als er zur faktischen Arbeit herangezogen wird. Hierdurch fällt auch
                              									der etwa zu erhebende Einwand weg, dass die durch das Vermeiden des Anhaltens zu
                              									erzielende Kohlenersparnis durch den Verbrauch an Arbeit für den Antrieb des
                              									Elektrogenerators aufgehoben wird. Uebrigens kann die hierdurch zu erzielende
                              									Kohlenersparnis wohl kaum in Betracht kommen und wurde derselben deshalb auch nur
                              									nebensächlich erwähnt.
                           Gleichfalls von Bedeutung ist die Kostenfrage, da in Erwägung zu ziehen sein wird, ob
                              									die mit derlei Einrichtungen verbundenen Auslagen in Einklang mit den zu erwartenden
                              									Vorteilen stehen werden. Diesbezüglich ist es wohl schwer, ein Urteil zu fällen, da
                              									ja nur für einen speziellen Fall der Wert derartiger Einrichtungen annähernd
                              									herausgerechnet werden kann und hierfür die besonderen lokalen Verhältnisse eine
                              									wichtige Rolle spielen. Es soll daher hier gar nicht der Versuch unternommen werden,
                              									auch nur annähernd eine Rentabilitätsberechnung aufzustellen, hingegen seien die
                              									Kosten einer derartigen Anlage einer versuchsweisen, durchaus nicht auf Genauigkeit
                              									Anspruch machenden Schätzung unterzogen.
                           
                              
                                 1.
                                 Kosten der Ausrüstung der Lokomotive und zwarein
                                    											Elektromotor von 60 PS inkl. aller sonstigenerforderlichen elektrischen
                                    											Einrichtung zu 300 Mk.per Pferdestärke
                                 18000
                                 Mk.
                                 
                              
                                 2.
                                 Kosten des Motorwagens
                                 10000
                                 „
                                 
                              
                                 3.
                                 Kosten der elektrischen Ausrüstung des Motor-wagens, und
                                    											zwar ein Elektromotor von 20 PSinkl. aller sonstigen erforderlichen
                                    											elektrischenEinrichtungen zu 300 Mk. für die Pferdestärke
                                 6000
                                 „
                                 
                              
                                 4.
                                 Herstellung der Stromzuführungsleitungen perKilometer
                                    											10000 Mk., d. i. für 1250 m
                                 12500
                                 „
                                 
                              
                                 5.
                                 Herstellung des Nebengeleises auf bereits bestehen-dem
                                    											Bahnplanum mit 24000 Mk. per Kilometer,d.i. für 1250 m
                                 30000
                                 „
                                 
                              
                           Aus diesen Ziffern, welche ziemlich willkürlich und hoch angenommen wurden, lässt
                              									sich gegebenen Falles ein allgemeiner Voranschlag über die Gesamtkosten einer
                              									derartigen Einrichtung nach Massgabe der Anzahl der benötigten Maschinen und
                              									Stationsausrüstungen erstellen, und steht es ausser allem Zweifel, dass sich diese
                              									Kosten bei praktischer Ausführung wesentlich reduzieren lassen werden.
                           Hiermit wurde die diesem Vorschlage zu Grunde liegende Idee und deren Ausgangspunkt
                              									nur in den allgemeinsten Umrissen festgelegt und ebenso die aus der Durchführung
                              									derselben möglicherweise erzielbaren Vorteile nur im Grossen und Ganzen erwähnt. Es
                              									darf aber nicht unterlassen werden, darauf hinzuweisen, dass die Einbürgerung eines
                              									derartigen Umsteige Verfahrens eine belebende Wirkung auf den allgemeinen Verkehr,
                              									namentlich aber auf die Frequenz der Schnellzüge ausüben wird, indem die
                              									Möglichkeit, von Mittelstationen aus rascher als bisher und ohne die vielen
                              									Schwierigkeiten, mit welchen das Reisen von denselben mittels Fernzügen begleitet
                              									war, von einem Orte zum anderen zu gelangen, die Reiselust jedenfalls wesentlich
                              									erhöht.
                           Diese Idee, welche nach bestem Wissen neu und original ist, hiermit der
                              									Oeffentlichkeit ohne jedweden weiteren Anspruch als dem der Priorität übermittelnd,
                              									würde es dem Verfasser die grösste Befriedigung gewähren, wenn die mit selber
                              									gegebene Anregung auf fruchtbaren Boden fiele und Anlass zur Durchführung
                              									einschlägiger Versuche geben würde.