| Titel: | Die Durchbiegung von ungleich starken Wellen. | 
| Autor: | Max Ensslin | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 341 | 
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                        Die Durchbiegung von ungleich starken
                           								Wellen.
                        Von Max Ensslin, Privatdozent an der
                           									Technischen Hochschule in
                              								Stuttgart.
                        Die Durchbiegung von ungleich starken Wellen.
                        
                     
                        
                           Die nachfolgenden Ausführungen entstanden gelegentlich einer Anfrage, welche an
                              									den Verfasser von einem in der Praxis stehenden Ingenieur gerichtet wurde, dem die
                              									Aufgabe vorlag, die Durchbiegung einer Welle mit ungleichem Querschnitt zu
                              									ermitteln. Da das Bedürfnis nach einer derartigen Ermittelung wohl kaum auf den
                              									erwähnten Fall beschränkt sein dürfte und die Aufgabe in den meisten bekannten
                              									Lehrbüchern nicht behandelt wird, so dürfte diese Mitteilung manchem Ingenieur
                              									willkommen sein. Das zur Lösung der Aufgabe verwendete Verfahren rührt von Mohr herIn dem Werk:
                                    												Vorträge über Elastizitätslehre von Keck findet sich auf S. 37 ein Verfahren
                                    											angedeutet, welches ebenfalls zur Lösung der vorliegenden Aufgabe verwendbar
                                    											ist. Es erscheint aber nicht so einfach wie das Mohr'sche, kann jedoch nach entsprechender Umformung auf die im
                                    											folgenden mitgeteilte Gestalt gebracht werden. Die rein analytische
                                    											Berechnung der Durchbiegung ungleich starker Träger, wie sie sich z.B. in
                                    												Weisbach,
                                    											Theorethische Mechanik, findet, dürfte dem
                                    											Geschmack des Ingenieurs weniger zusagen.. Es soll also im
                              
                              									folgenden keineswegs ein neues Verfahren angegeben werden, sondern lediglich die
                              									Anwendung eines bekannten Verfahrens auf eine Aufgabe, welche für den ausführenden
                              									Ingenieur wichtig zu werden vermag.
                           Langsam umlaufende Wellen, z.B. Wasserradwellen, werden lediglich mit Rücksicht auf
                              									die Grosse der in ihnen auftretenden Spannungen dimensioniert, die Deformation der
                              									Welle spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Stellt man sich die Aufgabe, die
                              
                              									Querschnitte der Welle so zu wählen, dass in jedem Querschnitt die grösste
                              									Anstrengung gleich gross ausfalle und einen bestimmten, als zulässig erachteten Wert
                              									besitze, so erhält die Welle ungleichen Querschnitt. Für den einfachen Fall, dass
                              									die Welle kreisrund, zweimal gelagert und zwischen den Lagern durch eine Einzelkraft
                              									belastet ist, ist das Profil der Welle bekanntlich eine kubische ParabelSiehe z.B. Bach,
                                       
                                       												Elastizität und Festigkeit, 3. Aufl., S. 183.. Häufig
                              									findet man Achsen und Wellen, deren Profil in einer Achsialebene nach einer
                              									kubischen Parabel, bezw. in Anlehnung an eine solche, geformt ist. Dass die
                              									Durchbiegung bei einer derartigen Formgebung grösser ausfällt, als wenn die Welle
                              									durchwegs gleich stark gehalten wird, wie der grösste Durchmesser der kubischen
                              
                              									Parabel, braucht kaum hervorgehoben zu werden, kommt jedoch, wie schon bemerkt, bei
                              									langsam laufenden Wellen im allgemeinen nicht in Betracht.
                           Anders bei rasch laufenden Wellen, auf welche grosse biegende Momente einwirken.
                              									Diese letzteren haben zur Folge, dass die Welle schief durch die Lager
                              									hindurchläuft, dass die elastische Linie mit der ursprünglichen Richtung der
                              									unbelasteten Welle einen Winkel ϕ bildet. Hierdurch
                              									wird die Verteilung der Pressungen im Lager eine ungleichförmige; wenn der Winkel
                              										ϕ einen gewissen Betrag überschreitet, so wird das
                              									Lager heiss.
                           Für die Dimensionierung rasch laufender Wellen, die starken biegenden Kräften
                              									unterworfen sind, ist daher diegrösste Materialanstrengung nicht mehr allein
                              									massgebend, es muss überdies die Formänderung der Welle beachtet werden, in erster
                              									Linie der Winkel ϕ, unter welchem die elastische Linie
                              									durch die Lagerstellen hindurchgehtVergl.
                                    											hierzu die ausführlichen Darlegungen in Buch's
                                       												Maschinenelementen, im Abschnitt: Achsen und Wellen..
                              									Dieser Winkel muss um so kleiner gehalten werden, je rascher die Welle läuft und je
                              									länger das Lager ist, da offenbar die Ungleichförmigkeit der Pressungsverteilung im
                              									Lager mit der Länge des Lagers zunimmt. Ueber die zulässige Grosse des Winkels ϕ lassen sich keine allgemein gültigen Vorschriften
                              									geben. Bach gibt in den Maschinenelementen an, dass für Wellen, auf denen Kegelräder nicht sitzen,
                              									in den meisten Fällen die Forderung ausreiche, dass der Winkel ϕ den Wert 1/1000 nicht überschreite.
                           Mit dem Winkel ϕ steht die grösste Durchbiegung der
                              									Welle in einem gewissen Zusammenhang, der sich in einfachen Fällen leicht angeben
                              										lässtSiehe Bach, Maschinenelemente, 8. Aufl., S. 433
                                    											ff.. Man findet daher zuweilen auch die Forderung, dass die
                              									grösste Durchbiegung der Welle (bezogen auf die Längeneinheit derselben) eine
                              
                              									gewisse als zulässig erachtete Grosse nicht überschreiten soll. Es liegt aber auf
                              									der Hand, dass diese Forderung den Winkel ϕ, auf den es
                              									in erster Linie ankommtAuf die absolute Grösse der Durchbiegung ist z.B.
                                    											Rücksicht zu nehmen, wenn der Anker einer Dynamomaschine auf der Welle sitzt
                                    											und der Spielraum zwischen Anker und Magneten klein gehalten werden
                                    											soll.), nicht eindeutig bestimmt. Er hängt ausser von der
                              
                              
                              
                              									festgelegten Grosse der Durchbiegung noch von der Art der Belastung und, bei Wellen
                              									mit ungleichem Querschnitt, von dem Wellenprofil in einer Achsialebene ab. Es
                              									empfiehlt sich daher, zur Vermeidung von Mehrdeutigkeiten, stets vom Winkel ϕ auszugehen, wenn bei der Dimensionierung von Wellen
                              									auf die Formänderung zu achten ist, mit anderen Worten, wenn durch eine zu starke
                              									Deformation der Welle Heisslaufen zu befürchten ist.
                           Häufig erhalten nun die Wellen von Motoren ungleiche Querschnitte, sei es weil
                              									Schwungräder u.a. aufgekeilt werden müssen, oder weil der Konstrukteur die
                              									Gewohnheit hat, seine Wellen nach einer kubischen Parabel zu formen. Bei
                              									raschlaufenden Maschinen stellt sich dann das Bedürfnis ein, die Formänderung der
                              									Welle kennen zu lernen.
                           Zur Ermittelung der Formänderung besitzen wir nun in dem Satz von Mohr über die elastische Linie ein vortreffliches und
                              									einfaches Mittel, das, weil graphisch, für den Gebrauch des Ingenieurs ganz
                              									besonders geeignet ist. Da das schöne Verfahren von Mohr vielleicht nicht allerseits bekannt ist, so soll es hier in Kürze
                              
                              									wiederholt werden.
                           Die Gleichung der elastischen Linie eines sehr wenig gebogenen geraden Stabs lautet
                              									bekanntlich
                           
                              \frac{\Theta}{\alpha}\,\frac{d^2\,y}{d\,x^2}=M.
                              
                           
                           Hierin bedeuten: x und y die Koordinaten eines Punkts der elastischen Linie, x in Richtung der Stabachse, y senkrecht dazu gemessen.
                           Θ das Trägheitsmoment des Querschnitts in Bezug auf die
                              									zu x und y senkrechte
                              									Schwerpunktsachse.
                           M das biegende Moment der belastenden Kräfte in Bezug
                              									auf den im Abstand x befindlichen Querschnitt.
                           \frac{1}{\alpha}=E den reciproken Dehnungskoeffizienten oder
                              									Elastizitätsmodul des Materials.
                           Wir schreiben die Gleichung der elastischen Linie in der Form
                           E\,\frac{d^2\,y}{d\,x^2}=\frac{M}{\Theta} . . . . 1)
                           und vergleichen mit ihr die Gleichung einer Seilkurve, die
                              									sich in der Richtung x erstreckt und in der Richtung
                              										y durchhängt. Der Koordinatenanfang liege im
                              									Scheitel der Seilkurve, so dass also die x-Achse
                              									Scheiteltangente ist (Fig.
                                 										2). Die Belastung des Seils sei q Kilogramm
                              									auf 1 cm der Länge und ändere sich in der Richtung x
                              									nach einem Gesetz, das durch den Linienzug ab in Fig. 1 dargestellt ist.
                              									Die senkrechten Ordinaten bedeuten in dieser Figur die Belastung q auf die Längeneinheit des Seils in den verschiedenen
                              									Abständen vom Koordinatenanfang.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 342
                              
                           Zur Aufstellung der Differentialgleichung denken wir uns ein Stück aus dem Seil
                              									herausgeschnitten und betrachten das Gleichgewicht sämtlicher an ihm wirkenden
                              									Kräfte. Als Schnittstellen wählen wir den Koordinatenursprung und einen beliebigen
                              									Punkt (x, y). In den Schnittstellen haben wir nun zur
                              									Herstellung des ursprünglichen Gleichgewichtszustands die daselbst vor dem
                              
                              									Durchschneiden thätigen Seilspannungen in der Richtung der Seiltangente anzubringen,
                              									das sind im Scheitel x = o
                              									der Horizontalzug II Kilogramm und im Punkt (x, y) die Seilkraft S
                              									Kilogramm. Die Vertikalbelastung des betrachteten Seilstücks ist durch die zwischen
                              										x = o und x = x liegende Fläche
                              									unterhalb der Belastungskurve F=\int\limits_0^x\,q\,d\,x
                              									dargestellt (in Fig. 1
                              									schraffiert). Die Seilspannung S werde in eine
                              									Vertikalkomponente V und eine Horizontalkomponente H1, zerlegt.
                              									Die Gleichgewichtsbedingungen für die Horizontal- und Vertikalkräfte an dem
                              									Seilstück lauten:
                           
                              H=H_1\mbox{ und }V=\int\limits_0^x\,q\,d\,x
                              
                           und ferner liest man aus der Fig. 2 unmittelbar ab
                           tg\,\varphi=\frac{V}{H}=\frac{\int\limits_0^x\,q\,d\,x}{H} . . . . 2)
                           wofür man unter der Voraussetzung, dass die Seilkurve sehr
                              									flach ist, auch schreiben darf
                           
                              tg\,\varphi=\varphi=\frac{d\,y}{d\,x}=\frac{\int\limits_0^x\,q\,d\,x}{H}
                              
                           Leitet man die letzte Gleichung nach x ab, so hat
                              									man:
                           
                              
                              H\,\frac{d^2\,y}{d\,x^2}=q
                              
                           als Differentialgleichung der Seilkurve. Dieselbe ist genau so
                              									gebaut, wie die Differentialgleichung der elastischen Linie, es entsprechen sich H und E, bezw. q und \frac{M}{\Theta}. Denkt man
                              									sich nun in der Fig. 1
                              									statt q die Werte \frac{M}{\Theta}
                              									als senkrechte Ordinaten eingetragen und den Horizontalzug H durch E ersetzt, so folgt aus dem Vergleich
                              									der Gleichungen für die Seilkurve und die elastische Linie der Mohr'sche Satz:
                           Die elastische Linie eines geraden Biegungsstabs darf als
                                 										eine Seilkurve aufgefasst werden, deren Belastungsfläcke die Fläche unterhalb
                                 										der Linie der\frac{M}{\Theta}, deren
                                 										Horizontalzug = E ist.
                           Ferner folgt aus den oben angeschriebenen Gleichgewichtsbedingungen, 1. dass die Horizontalkomponente H1
                              									des Seilzugs an jeder beliebigen Stelle gleich gross ist,
                                 										nämlich gleich dem Horizontalzug H, und 2. dass die
                                 										Neigung der Seilkurve gegen die x-Achse gemäss Gleichung 2 durch
                              									tg\,\varphi=\frac{V}{H}
                              									bestimmt ist, worin der Wert V aus
                              									V-\int\limits_0^x\,q\,d\,x
                              									zu ermitteln ist.
                           Durch Ziffer 2 ist gleichzeitig die Neigung der elastischen Linie gegenüber der
                              									ursprünglich geraden Stabachse festgelegt, wenn man nach Mohr die elastische Linie als Seilkurve auffasst.
                           Endlich ist es in manchen Fällen von Interesse, den Ort der grössten Durchbiegung zu
                              									kennen. Auch diesen kann man mit Hilfe des Mohr'schen
                              									Satzes leicht finden. Denn fasst man wiederum die elastische Linie als Seilkurve
                              									auf, so entspricht dem Ort der grössten Durchbiegung der Scheitel der Seilkurve. Die
                              									Lage des Scheitels der Seilkurve ergibt sich aber sehr einfach aus der Bedingung,
                              									dass daselbst die Tangente horizontal gerichtet, die Vertikalkomponente V somit gleich Null ist. Man hat zur Bestimmung des
                              									Scheitels nur den Punkt der Seilkurve aufzusuchen, in welchem die Vertikalkomponente
                              									des Seilzugs verschwindet, was folgendermassen geschieht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 342
                              Fig. 3.
                              
                           Fig. 3 zeigt eine Seilkurve und
                              
                              									darüber ihre Belastungsfläche F samt dem Schwerpunkt,
                              
                              									der sich im Abstand x vom Aufhängepunkt A des Seils befinden möge. In den Aufhängepunkten
                              									denken wir uns die dort wirksamen Seilzüge S0' und S0'' angebracht und in die Horizontalkomponenten und
                              
                              									Vertikalkomponenten V und V'' zerlegt. V und V'' findet man aus den Gleichgewichtsbedingungen für die Vertikalkräfte
                              									und für die Momente um A oder B, d.h. aus
                           V'  + V'' =
                                 										F         und      V'' . l = F . x
                           oder
                           V'' . l = F (l
                                 										– x).
                           Nachdem man hieraus z.B. V' berechnet hat, hat man von
                              									der Belastungsfläche F durch eine Ordinate yy ein Flächenstück abzuschneiden, derart, dass der
                              									Flächeninhalt F1 desselben gleich dem Wert von V1 wird. Die Ordinate yy geht dann durch den Scheitel der Seilkurve. Bezeichnet man die
                              									Differenz zwischen der Vertikalkomponente des Seilzugs im Aufhängepunkt und dem
                              									Inhalt Fy eines
                              									Stücks der Belastungsfläche, welches sich vom Aufhängepunkt bis zu einer beliebigen
                              									Ordinate erstreckt, kurz als Transversalkraft, so kann man das soeben Dargelegte auch so
                              									ausdrücken: der Scheitel der Seilkurve liegt da, ivo die
                                 										Transfersalkraft gleich Null ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 343
                              
                           
                              1. Beispiel:
                              
                           Für die Welle Fig. 4 ist
                              									die Durchbiegung in der Mitte und die Neigung der elastischen Linie in den Lagern zu
                              									berechnen.
                           Da die Welle in der Mitte belastet und zu beiden Seiten der Mitte gleich geformt ist,
                              									so deformieren sich beide Wellenhälften gleich; es genügt daher, eine Hälfte zu
                              									betrachten. Die Belastung in der Mitte beträgt 20000 kg, der Lagerdruck daher je
                              									10000 kg. Wir fassen nun die Welle als in der Mitte eingespannt und am freien Ende
                              									(in der Lagermitte) mit 10000 kg belastet auf und wenden jetzt den Mohr'schen Satz an.
                           Zu diesem Ende haben wir zuerst die Kurve der Werte
                              										\frac{M}{\Theta} aufzuzeichnen. Die Werte von
                              										\frac{M}{\Theta} in den verschiedenen Punkten der Wellenachse
                              									sind in der folgenden Zusammenstellung enthalten:
                           
                              
                                 Abstandvon derLagermittecm
                                 Wellen-durch-messercm
                                 Mkgcm
                                 \Theta=\frac{d^4}{20}cm4
                                 \frac{M}{\Theta}kgcm–3
                                 
                              
                                     0
                                 28
                                      0
                                   30733
                                   0
                                 
                              
                                   26
                                 28
                                   260000
                                   30733
                                 8,47
                                 
                              
                                   26
                                 38
                                   260000
                                 104260
                                 2,49
                                 
                              
                                   61
                                 38
                                   610000
                                 104260
                                 5,85
                                 
                              
                                   61
                                 40
                                   610000
                                 128000
                                 4,76
                                 
                              
                                   76
                                 43
                                   760000
                                 170940
                                 4,45
                                 
                              
                                   91
                                 46
                                   910000
                                 223875
                                 4,06
                                 
                              
                                   91
                                 50
                                   910000
                                 312500
                                 2,91
                                 
                              
                                 151
                                 50
                                 1510000
                                 312500
                                 4,83
                                 
                              
                           Die Werte \frac{M}{\Theta} sind in Fig. 5 senkrecht zur
                              									Wellenachse in den entsprechenden Punkten der letzteren aufgetragenDas Vorzeichen von
                                    												\frac{M}{\Theta} kann in jedem einzelnen Fall leicht
                                    											aus der Anschauung bestimmt werden. Die Gestalt derelastischen Linie
                                    											und damit auch der Mohr'schen Seilkurve kann
                                    											man sich immer ohne Schwierigkeit vorstellen. Da nun
                                    												\frac{M}{\Theta} die Fläche der die Belastung der
                                    											Seilkurve darstellt, so sieht man unmittelbar, in welcher Richtung diese
                                    											Belastung wirken muss, damit die Seilkurve die von Fall zu Fall bekannte
                                    											Gestalt annimmt.. Die Form der elastischen Linie ist darunter
                              										inFig. 6
                              
                              									gezeichnet; sie besteht aus einzelnen Zweigen, die an den Stellen, in welchen die
                              									Querschnitte wechseln, mit gemeinschaftlicher Tangente ineinander übergehen.
                           Wir fassen jetzt die elastische Linie nach Mohr als
                              									Seilkurve auf und bringen im Scheitel den Horizontalzug E, im Aufhängepunkt A die Seilspannung S0 bezw. deren Horizontalkomponente E
                              									und deren Vertikalkomponente V' an; die
                              									Vertikalbelastung ist durch die über der elastischen Linie gezeichnete Fläche der
                              										\frac{M}{\Theta} dargestellt.
                           Bezeichnet man die Abscissen der einzelnen Zweige der elastischen Linie mit
                              										\overline{ab}\ \overline{bc}\ \overline{cd}\ \overline{de};
                              									die zugehörigen Flächenstücke der Belastungsfläche mit F1
                              									F2
                              									F3
                              									F4; den Abstand
                              									des Schwerpunkts der Fläche F1 von a mit x1, denjenigen
                              									der Fläche F2 von b mit x2 u.s.f., so lauten die
                              									Gleichgewichtsbedingungen für die Mohr'sche
                              									Seilkurve:
                           V' = F1 + F2 + F3 + F4
                           E\,\cdot\,{y_m}'=F_1\,x_1+F_2\,(\overline{a\,b}+x_2)+F_3\,(\overline{a\,c}+x_3)+F_4\,(\overline{ad}+x_4)Das Vorzeichen von
                                    
                                    												\frac{M}{\Theta} kann in jedem einzelnen Fall leicht
                                    											aus der Anschauung bestimmt werden. Die Gestalt derelastischen Linie
                                    											und damit auch der Mohr'schen Seilkurve kann
                                    
                                    											man sich immer ohne Schwierigkeit vorstellen. Da nun
                                    												\frac{M}{\Theta} die Fläche der die Belastung der
                                    
                                    											Seilkurve darstellt, so sieht man unmittelbar, in welcher Richtung diese
                                    											Belastung wirken muss, damit die Seilkurve die von Fall zu Fall bekannte
                                    											Gestalt annimmt..
                           Die Zahlenwerte finden sich wie folgt:
                           
                              F_1=\frac{26\,\cdot\,8,47}{2}=110\ \ x_1=\frac{2}{3}\,\cdot\,26=17,33\mbox{ cm}
                              
                           
                              F_2=35\,\frac{2,49+5,85}{2}=146\ \ x_2=\frac{35}{3}\,\frac{2,49+2\,\cdot\,5,85}{2,49+5,85}=19,8\mbox{ cm}
                              
                           
                              F_3=30\,\frac{4,76+4,06}{2}=132\ \ x_3=\frac{30}{3}\,\frac{4,76+2\,\cdot\,4,06}{4,76+4,06}=14,6\mbox{ cm}
                              
                           
                              F_4=60\,\frac{2,91+4,83}{2}=232\ \ x_4=\frac{60\,\cdot\,2,91+2\,\cdot\,4,83}{3\,\cdot\,2,91+4,83}=32,46\mbox{ cm}
                              
                           
                              x_1=17,33;\ \overline{a\,b}+x_2=45,8;\ \overline{a\,c}+x_3=75,6;\ \overline{a\,d}+x_4=123,5.
                              
                           Somit wird gemäss der letzten Gleichung
                           
                              \begin{array}{rcl}{y_m}'&=&\frac{110\,\cdot\,17,33+146\,\cdot\,45,8+132\,\cdot\,75,6+232\,\cdot\,123,5}{2100000}\\&=&\frac{1906+6690+10000+28650}{2100000}=\frac{47246}{2100000}\\
                                 &=&0,0225\mbox{ cm}\end{array}
                              
                           und die Neigung der elastischen Linie in der Lagerstelle,
                              									da
                           V' = F1 + F2 + F3 + F4 = 620 
                              								
                           
                              tg\,\varphi=\frac{V'}{H}=\frac{V'}{E}=\frac{620}{2100000}=\frac{1}{3390}.
                              
                           Die hier berechnete Durchbiegung ist in Wirklichkeit noch etwas grösser, 1. wegen des
                              									Eigengewichts der Welle, 2. wegen der von den Schubkräften herrührenden Schiebungen.
                              									Das Eigengewicht der Welle zwischen den beiden Lagermitten beträgt ∾ 3000 kg,
                              									während das Schwungradgewicht
                           
                           20000 beträgt. Das nur etwa 1/7 der Schwungradlast betragende Eigengewicht
                              									verteilt sich überdies stetig über die Welle hin, nach einem Gesetz, das durch das
                              									Profil der Welle in einer Achsialebene dargestellt ist. Die biegende Wirkung der
                              									kleinen und stetig verteilten Belastung durch das Eigengewicht fällt im vorliegenden
                              									Fall gegen die Wirkung der grossen in der Wellenmitte angreifenden Kraft nicht
                              									schwer ins Gewicht. Auch die Schiebungen sind bei der Kleinheit der Schubanstrengung
                              									klein. Immerhin ist es nicht ausgeschlossen, dass der eine oder andere der beiden
                              									genannten Einflüsse in manchen Fällen von Bedeutung wird und besonders
                              									berücksichtigt werden muss.
                           Hervorzuheben ist die überaus niedere Biegungsanstrengung in der Welle; sie beträgt
                              									in der Wellenmitte:
                           
                              \sigma_b=\frac{M}{W}=\frac{1510000}{\frac{d^3}{10}}=\frac{1510000}{12500}=121^{\mbox{ kg}}/_{\mbox{qcm}}.
                              
                           Eine so niedere Anstrengung ist erforderlich, damit die Durchbiegung in der
                              									Wellenmitte so klein wird wie oben angegeben. Sobald die Rücksicht auf Formänderung
                              									massgebend wird, kann die Materialanstrengung nicht mehr als Ausgangspunkt für die
                              									Dimensionierung gewählt werden. Der Konstrukteur muss die Formänderung nachrechnen.
                           
                              2. Beispiel:
                              
                           Für die Wasserradwelle Fig.
                                 										7
                              									(Bach, Maschinenelemente, 8. Aufl., S. 446 und Tafel
                              									16, Fig. 149) ist die grösste Durchbiegung und die Neigung der elastischen Linie in
                              									den Auflagern zu berechnen.
                           Die Grosse der Belastung und die Lagerdrucke nebst den Angriffspunkten sind aus der
                              										Fig. 7
                              									ersichtlich.
                           Die Werte von \frac{M}{\Theta} sind in der folgenden
                              									Zusammenstellung enthalten und in Fig. 8 bildlich
                              									dargestellt, genau wie im vorigen Beispiel.
                           
                              
                                 Abstandvon derLagermittecm
                                 dcm
                                 Mkgcm
                                 \Theta=\frac{d^4}{20}cm4
                                 \frac{M}{\Theta}kgcm–3
                                 
                              
                                 0
                                 17
                                       0
                                   4176
                                   0
                                 
                              
                                 15
                                 17
                                 163500
                                   4176
                                 39,2
                                 
                              
                                 15
                                 21
                                 163500
                                   9724
                                 16,8
                                 
                              
                                 30
                                 22,625
                                 327000
                                 13107
                                 25
                                 
                              
                                 45
                                 24,25
                                 490500
                                 17287
                                 28,4
                                 
                              
                                 60
                                 25,875
                                 654000
                                 22410
                                 29,2
                                 
                              
                                 75
                                 27,5
                                 817500
                                 28600
                                 28,6
                                 
                              
                                 75
                                 30
                                 817500
                                 40500
                                 20,2
                                 
                              
                                 95
                                 30
                                 1035500
                                 40500
                                 25,6
                                 
                              
                                 113
                                 30
                                 1088000
                                 40500
                                 26,8
                                 
                              
                                 113
                                 32
                                 1088000
                                 52430
                                 20,8
                                 
                              
                                 165
                                 32,8
                                 1238500
                                 57890
                                 21,4
                                 
                              
                            
                           
                              
                                 Abstandvon derLagermittecm
                                 dcm
                                 Mkgcm
                                 \Theta=\frac{d^4}{20}cm4
                                 \frac{M}{\Theta}kgcm–3
                                 
                              
                                     0
                                 17
                                       0
                                   4176
                                   0
                                 
                              
                                   15
                                 17
                                   189000
                                   4176
                                 45,3
                                 
                              
                                   15
                                 21
                                   189000
                                   9724
                                 19,6
                                 
                              
                                     22,5
                                 22,5
                                   283500
                                 12815
                                 22,1
                                 
                              
                                   30
                                 24
                                   378000
                                 16590
                                 22,8
                                 
                              
                                   30
                                 27
                                   378000
                                 26570
                                 14,2
                                 
                              
                                   50
                                 27
                                   630000
                                 26570
                                 23,7
                                 
                              
                                   68
                                 27
                                   729000
                                 26570
                                 27,4
                                 
                              
                                   68
                                 29
                                   729000
                                 35360
                                 20,6
                                 
                              
                                 100
                                 30,8
                                   885000
                                 45000
                                 19,65
                                 
                              
                                 130
                                 32,48
                                 1038000
                                 55650
                                 18,6
                                 
                              
                                 150
                                 33,6
                                 1140000
                                 63730
                                 17,9
                                 
                              
                                 210
                                 33,6
                                 1446000
                                 63730
                                 22,7
                                 
                              
                                 228
                                 33,6
                                 1389300
                                 63730
                                 21,8
                                 
                              
                           Dann findet sich
                           
                              F_1=\frac{15\,\cdot\,45,3}{2}=340
                              
                           
                              F_2=15\,\frac{20,2+23}{2}=324
                              
                           
                              F_3=20\,\frac{14,2+23,7}{2}=379
                              
                           
                              F_4=18\,\frac{23,7+27,4}{2}=460
                              
                           
                              F_5=82\,\frac{20,6+17,9}{2}=1580
                              
                           
                              F_6=60\,\frac{17,9+22,7}{2}=1218
                              
                           
                              F_7=18\,\frac{22,7+21,8}{2}=400
                              
                           
                              F_8=104\,\frac{21,8+20,8}{2}=2226
                              
                           
                              F_9=18\,\frac{26,8+25,6}{2}=472
                              
                           
                              F_{10}=20\,\frac{25,6+20,2}{2}=458
                              
                           
                              F_{11}=30\,\cdot\,28,7=861
                              
                           
                              F_{12}=30\,\frac{30+19}{2}=735
                              
                           
                              F_{13}=\frac{15\,\cdot\,39,2}{2}=274
                              
                           Hiernach ist ΣF= 9727. Der Schwerpunkt (mechanisch
                              									bestimmt) liegt 228 cm vom linken Auflager entfernt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 344
                              
                           
                           Somit hat man
                           V'+ V'' = F
                                 										= 9727
                             V'' . l = F . x = 9727 . 228
                              V''=\frac{9727\,\cdot\,228}{t}=9727\,\cdot\,\frac{228}{445}=4990
                                V' = 4737.
                           Sucht man den Ort der grössten Durchbiegung nach der oben angegebenen Weise, so
                              									findet er sich ganz in der Nähe des eben bestimmten Flächenschwerpunkts x, im Abstand von rund 230 cm vom linken Auflager;
                              									damit hat man, nachdem noch der Schwerpunkt der linksseitigen Fläche 4737 (zwischen
                              									dem linken Auflager und dem Ort der grössten Durchbiegung) ebenfalls auf
                              
                              									mechanischem Wege im Abstand x1 = 113 cm vom linken Auflager gefunden
                              									wurde, durch Anwendung des Mohr'schen Satzes
                           
                              F . y'
                              m
                              = V' . x
                              1
                              
                           
                              {y'}_m=\frac{v'\,\cdot\,x_1}{F}=\frac{4737\,\cdot\,113}{2100000}=0,254\mbox{
                                 										cm}=2,54\mbox{ mm}
                              
                           
                              tg\,\varphi_1=\frac{V'}{F}=\frac{4737}{2100000}=\frac{1}{443}.
                              
                           Zur Probe wird ym auch noch aus dem Gleichgewicht des rechten Stücks der Mohr'schen. Seilkurve berechnet, man findet auf
                              									mechanischem Wege x2 = 105 cm (Abstand vom rechten Auflager)
                           
                              \begin{array}{rcl}y_m'&=&\frac{V''\,\cdot\,x_2}{E}=\frac{4990\,\cdot\,105}{2100000}=0,249\mbox{ cm}=2,49\mbox{ mm}\\tg\, \varphi_2&=&\frac{V''}{E}=\frac{4990}{2100000}=\frac{1}{421}.\end{array}
                              
                           Die beiden auf verschiedene Weise bestimmten Werte von y'm stimmen gut miteinander
                              									überein; im Mittel hat man
                           
                              y_m'=\frac{2,54+2,49}{2}=2,515\mbox{ mm};
                              
                           die Neigung der elastischen Linie gegen die Horizontale ist in
                              									den beiden Auflagern im vorliegenden Fall nicht ganz gleich.
                           Sehr deutlich sieht man bei einem Vergleich der beiden Wellen, dass die erste für
                              									eine rasch laufende Maschine bestimmte Welle mit Rücksicht auf Formänderung, die
                              									zweite, einem langsam laufenden Wasserrad angehörige, lediglich mit Rücksicht auf
                              									die Anstrengung des Materials dimensioniert wurde.
                           Während bei der rasch laufenden Welle die Neigung der elastischen Linie durch
                              									reichliche Bemessung auf \frac{1}{3390} beschränkt ist, beträgt
                              									sie bei der Wasserradwelle \frac{1}{420} bezw.
                              										\frac{1}{440}.
                           Sollte das Bedürfnis entstehen, die Neigung der elastischen Linie in einem
                              									beliebigen Punkt der Welle kennen zu lernen, so kann diese Neigung ebenfalls nach
                              									der oben angegebenen Methode ermittelt werden, indem man die elastische Linie vom
                              									Auflager bis zu dem fraglichen Punkt ins Auge fasst und sie nach Mohr als Seilkurve ansieht. Die Werte der Durchbiegung
                              									in den Punkten bcd der Welle Fig. 3 sind wie hier angedeutet berechnet, ebenso die
                              									Neigung der elastischen Linie. Die Durchbiegungen sind in Fig. 5 in hundertfacher
                              									Vergrösserung eingetragen.
                           Die zulässige Neigung der elastischen Linie hängt ausser von den schon erwähnten
                              									Umständen auch von der Frage ab, ob die elastische Linie während einer Umdrehung der
                              									Welle ihre Form ändert oder sie immer beibehält, mit anderen Worten, ob die
                              									Belastung der Welle bei einer Umdrehung nach Grosse und Richtung wechselt oder
                              									ungeändert bleibt. Im letzteren Fall sind auch grössere Neigungswinkel der
                              									elastischen Linie im Lager nicht unmittelbar bedenklich, da das Lager vom Monteur
                              									eingepasst und sich allmählich so einlaufen wird, dass die Pressungen in demselben
                              									sich mehr und mehr gleichmässig verteilen, besonders aber dann nicht, wenn die Lager
                              									einstellbar sind.
                           Grosse Vorsicht ist erforderlich, wenn Kegelräder auf der Welle sitzen; auch falls
                              									ein Stirnrad auf der Welle aufgekeilt ist, wird der Eingriff fehlerhaft, wenn sich
                              									die Welle stark deformiert; der Fehler wird um so grösser, je grösser und breiter
                              									das Stirnrad ist. Wenn das Gegenrad, auf welches die Kraft übertragen wird, in
                              									derselben Höhe liegt, so treffen die Zähne eckend aufeinander, worauf vom
                              									Konstrukteur oder mindestens vom Monteur zu achten ist.
                           Wenn aber die auf die Welle wirkenden Kräfte nach Grosse und Richtung wechseln, wie
                              									z.B. bei einer Kurbelwelle, so ändert sich die Gestalt der elastischen Linie
                              									fortwährend. Hat nun die Welle bei grösser Lagerentfernung eine grosse Masse in
                              									Gestalt eines Schwungrads oder elektrischen Generators zu tragen, so müssen hier
                              									Schwingungen auftreten, die einen Grösstwert erlangen, wenn die äusseren Kräfte die
                              									Welle in einem gewissen Zeitpunkt in derselben Richtung biegen, in welcher die Masse
                              									gerade schwingt; ein solcher Augenblick muss immer von Zeit zu Zeit wiederkehren. In
                              									diesem Fall ist starke Neigung der elastischen Linie nicht zulässig; die Welle muss
                              									sehr kräftig gehalten werden. Ist eine solche Welle zu schwach konstruiert worden,
                              									so kann auch der Monteur durch sorgfältigstes Einpassen der Welle in die Lager oder
                              									durch Nachstellen der letzteren den Schaden nicht mehr gut machen, da eben die Form
                              									der elastischen Linie sich fortwährend ändert. Solche Wellen müssen von vornherein
                              									kräftig dimensioniert und ihre Formänderung auf die beschriebene Weise nachgerechnet
                              									werden.