| Titel: | Mercadier's Vielfachtelegraph. | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 561 | 
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                        Mercadier's Vielfachtelegraph.
                        Mercadier's Vielfachtelegraph.
                        
                     
                        
                           Wahrscheinlich angeregt durch den von Paul de la
                                    										Cour im Jahre 1868 erfundenen phonischen Sender, hatte Prof. Mercadier, Direktor der
                              									staatlichen Hochschule für Telegraphie und Elektrotechnik in Paris, schon vor nahezu
                              									30 Jahren, so ziemlich gleichzeitig wie Elisha Gray in
                              
                              
                              									Chicago (vgl. D. p. J. 1875 218 529 und 1877 225 46) sich bestrebt,
                              									Undulationsströme, welche durch elektrisch erregte Stimmgabeln erzeugt wurden, für
                              									die Zwecke der Doppeltelegraphie und endlich für die Vielfachtelegraphie
                              									auszunutzen. Mercadier's Erfindung war aber,
                              									obwohlgeistreich entworfen, erst im Laufe der Jahre für die Praxis soweit
                              									ausgereift, dass die ersten Versuche damit im Februar 1898 eingeleitet werden
                              									konnten. Diese praktischen Erprobungen, welche auf einer der direkten Linien Paris-Bordeaux stattfanden und daselbst zur Zeit noch
                              									weiter verfolgt werden, haben vielversprechende Ergebnisse erzielen lassen.
                              									Infolgedessen sind nun seit einigen Monaten auch in England und zwar auf einer
                              									Kupferlinie zwischen London und Glasgow mit Mercadier's Vielfachtelegraphen
                              									Versuche aufgenommen worden, über deren Erfolge allerdings die Meinungen der beteiligten
                              									englischen Fachmänner, wie der Engineering vom 28. Juni
                              
                              									1901 berichtet, vorläufig noch einigermassen auseinander gehen. Die letzterwähnten
                              									Versuche sind seit kurzem wieder unterbrochen worden, um an den Probeapparaten
                              									verschiedene kleine Abänderungen und Verbesserungen durchzuführen; sie sollen jedoch
                              									gleich nach Bewerkstelligung dieser Nacharbeiten neuerlich aufgenommen werden. Ueber
                              									die im besonderen auf der englischen Versuchslinie zur Benutzung gelangten Anordnung
                              									bringt die vorgenannte Quelle wertvolle Mitteilungen, von denen wir nachstehend die
                              									wesentlichsten Einzelheiten wiedergeben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 562
                              Fig. 1.
                              Empfangsapparate; Fernleitung;
                                 										Erdleitung
                              
                           Die prinzipielle Zusammenstellung und allgemeine schematische Anordnung der Apparate
                              									einer Station nebst den betreffenden Stromwegverbindungen lässt Fig. 1 ersehen. Zum Hervorrufen der
                              									telegraphisch-telephonischen Zeichen, welch letztere nach dem Morse'schen Alphabet gegeben und, ähnlich wie bei den
                              									Morse-Klopferanlagen, nur nach dem Gehör aufgenommen werden, dienen gewöhnliche, mit
                              									nur einem Arbeitskontakt versehene Morse-Taster m1m2m3..., welche mit je
                              									einer sekundären Spule 2 eines besonderen
                              									Induktionsapparates i1i2i3... verbunden und an
                              									eine Lokallinie L1L1 parallel
                              									angeschlossen sind.
                           In den Primärrollen 1 der Induktorien i1i2i3... müssen
                              									fortwährend gleichmässige Stromschwankungen vorhanden sein, welche dadurch
                              									entstehen, dass die mit diesen Rollen verbundenen Stromkreise k1k2k3... durch eingeschaltete Stimmgabelinstrumente g1g2g3... unausgesetzt in
                              									rascher Pulsenfolge geschlossen und unterbrochen werden. Die Anordnung des
                              									letzterwähnten Instrumentes, das der Erfinder mit dem Namen „Induktophon“ belegte, ist des Näheren in Fig. 2 dargestellt. Der oben mit einem Gewinde
                              									versehene Stiel der Stimmgabel G1G2 steckt in einem Führungsschlitze des Backenstückes
                              										h und wird an seinem Ende durch die Stellschraube
                              										s festgehalten, mit der denn auch die Höhenlage der
                              									Stimmgabel genau einreguliert werden kann. Das hinsichtlich seiner Lage gleichfalls
                              									genau einstellbare Backenstück h wird durch die zwei in
                              									senkrechten Schlitzen verschiebbaren Klemmschrauben r1 und r2 an der Gestellplatte p festgehalten. An der einen Zinke G1 der Stimmgabel ist eine nach abwärts gebogene
                              									Stahlspitze S1
                              									angeschraubt, die dem äusserst genau einstellbaren und deshalb als
                              									Mikrometerschraube angeordneten Platinkontakt A1 gegenüberliegt. Zwischen den beiden Gabelzinken
                              									befindet sich ein kleiner Elektromagnet E, dessen
                              									Spulenenden einerseits bei n mit der oberen
                              									Gestellplatte p, andererseits mit dem Pluspol einer
                              									Batterie b (in Fig. 1
                              									b1b2b3...) in Verbindung
                              									stehen. Wird der Stromweg der Batterie b vom Pluspol
                              									über E, n, p, h, G1,
                              										S1, A1, C1 und p1, zum Zinkpol einmal
                              									geschlossen, so wirkt G1 wie der Anker eines gewöhnlichen Selbstunterbrechers, als welcher mithin
                              									das Induktophon in dauernde Thätigkeit tritt, und zwar mit ebenso vielen
                              									Unterbrechungen in der Sekunde, als die Gabel vermöge ihrer Abstimmung Schwingungen
                              									macht. Dabei schwingt natürlich mit G1genau übereinstimmend auch G2 mit, demzufolge sich
                              									diese zweite Zinke für den Stromkreis der vom Induktophon zu beeinflussenden
                              									Primärrolle ohne weiteres als Relais ausnutzen lässt. Zu dem Zwecke trägt G2 an seinem untersten
                              									Ende gleichfalls einen Kontaktstift S2 der aber vom Stahlkörper der Zinke durch ein
                              									Zwischenplättchen aus Elfenbein isoliert, hingegen mittels des seidenübersponnenen
                              									Drahtes f und einer ebensolchen Drahtspirale f1 mit der Primärrolle
                              										i des zugehörigen Induktoriums (in Fig. 1
                              									i1i2i3...) und weiterhin
                              									mit dem Pluspol einer Ortsbatterie B in leitende
                              									Verbindung gebracht ist. Der zweite Pol dieser Batterie schliesst durch einen Draht
                              									an die Platte p2 und
                              									sonach auch an den wieder als Mikrometerschraube ausgebildeten Platinkontakt A2 an, dem der Stift
                              										S2 gegenüberliegt.
                              									Beim jedesmaligen Auswärtsschwingen der Zinke G2 gelangt sonach S2 mit A2 in Berührung, wodurch ein Schluss der Batterie B2 über i erfolgt; hier entstehen demgemäss dieselben
                              									Impulsreihen, wie sie im Unterbrecher bei A1S1 erzeugt werden und der Gabelstimmung entsprechen.
                              									Zum Betriebe jedes einzelnen Induktophons wendet man jedoch, da ja die Stromschlüsse
                              									im Kontakte A1S1 mit den
                              									Stromunterbrechungen im Kontakte A2S2 fast synchron zusammenfallen, derzeit in der Regel
                              									nicht mehr zwei Batterien an, wie dies in der vorstehenden Schilderung und auch in
                              										Fig. 2 angenommen wurde, sondern nur eine
                              									einzige, und zwar in der altbekannten Schaltung, wie es der erste in Fig. 1 dargestellte Induktophonstromkreis k1 ersehen lässt. Durch
                              									das Wegbleiben der Ortsbatterien B2B3... (Fig. 1), welche
                              									in die Abbildung lediglich zur leichteren Erläuterung eingezeichnet sind, wird die
                              									ganze Anlage wesentlich vereinfacht. Allerdings muss, damit das Induktophon bei nur
                              									einer gemeinsamen Batterie vollkommen tadellos und verlässlich arbeitet, der
                              									Leitungswiderstand in den beiden Schliessungskreisen – nämlich jener über E (Fig. 2) und jener
                              									über i (Fig. 2) –
                              									möglichst übereinstimmend gewählt sein. Für mehrere Induktophons eine gemeinsame
                              									Batterie auszunutzen, ist nicht statthaft.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 562
                              Fig. 2.
                              
                           In Fig. 1 erscheinen nur drei Induktophone
                              									dargestellt, in Wirklichkeit sind jedoch, wie gleich hier im vorhinein erläutert
                              									werden möge, deren zwölf in gleicher Weise wie i1i2i3 zu einander parallel in die Lokallinie L1 eingeschaltet, und
                              									zwar sowohl in der Abgangs- als in der Empfangsstation, wie man die zwei Stationen
                              									einer Linie übrigens wohl nur bedingungsweise nennen darf, da doch jede von ihnen ebensogut
                              									als Empfangs- denn als Abgangsstation ausgenutzt wird. Die in Fig. 1 versinnlichte Station steht nämlich mittels
                              									einer Fernleitung L und der Erdleitung E mit einer zweiten Station in Verbindung, welche
                              									wieder genau so eingerichtet ist, wie die erstere.
                           Hinsichtlich des Vorgehens bei der Zeichengebung kommt zu beachten, dass man durch
                              									das Niederdrücken jedes der Morse-Taster m1m2m3... (Fig. 1) die
                              									Spule 2 des betreffenden Induktoriums i1i2i3... in Schluss
                              									bringt, wonach in diesem Schliessungskreise über L1L1 sofort rhythmische Induktionsströme wechselnder
                              									Richtung infolge des Einflusses auftreten, der von den weiter oben in Betracht
                              									gezogenen Stromstössen ausgeht, die in der primären Rolle 1 durch das zugehörige Induktophon erzeugt werden. In Anbetracht der
                              									ausserordentlich raschen Ankerbewegungen der schwingenden Gabelzinke G1 (Fig. 2) und der Funkenbildung am
                              									Unterbrechungskontakte A1S1 besitzt
                              									der in den Primärspulen von i1i2i3... (Fig. 1) vorhandene Erregungsstrom eigentlich weniger
                              
                              									den Charakter eines intermittierenden, als den eines oscillierenden Stromes, und
                              									zwar von einer Periodenzahl, die natürlich, wie schon weiter oben einmal
                              									hervorgehoben worden ist, mit der Schwingungszahl der betreffenden Stimmgabel
                              									übereinstimmt. Sämtliche in einer Mercadier-Linie normal zur Verwendung kommenden 24
                              									Stimmgabeln – je zwölf in jeder Station – sind „ungleich“ gestimmt und in der Tonhöhe mindestens um einen
                              									halben Ton verschieden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 563
                              Fig. 3.
                              
                           Alle Ströme, welche in den Geberlinien Z1Z2Z3... (Fig. 1) durch die Handhabung der Morse-Taster
                              									hervorgerufen werden, sind gemäss des Koexistenzgesetzes für sehr kleine
                              									Stromschwingungen in der Lokallinie L1L1 gleichzeitig nebeneinander vorhanden; dieselben
                              									werden durch die Vermittelung der beiden Induktorien J1 und J2 auf die Lokallinie l1 und l2 übertragen und somit auch in die Fernleitung L bezw. zur nächsten Station weitergeführt, ohne dass
                              									jedoch, wie später gezeigt werden wird, das Relaistelephon der eigenen Station
                              									hierdurch irgend eine Bethätigung erfährt. Um diese Fortpflanzung der
                              									Stromschwingungen verfolgen zu können, ist es jedoch zuvörderst geboten, den
                              									Hauptübertragungsapparat, das Relais RR (Fig. 1), näher in Betracht zu ziehen. Dieses in Fig. 3 im grösseren Massstab dargestellte Instrument
                              									ist ein mikrophonisches Differentialrelais und besteht im wesentlichen aus einem
                              									Telephon mit dem Diaphragma dd und dem Elektromagneten
                              										nn. Letzterer hat eine Spule mit doppelter im
                              									entgegengesetzten Sinne ausgeführter Bewickelung. Diese beiden
                              									Elektromagnetwindungen f1f1 und f2f2 (Fig. 1) besitzen genau denselben Leitungswiderstand,
                              									weshalb die sämtlichen Ströme, welche aus den Schliessungskreisen Z1Z2Z3... bezw. L1L1 kommend, über beide
                              
                              									Bewickelungen des Relais gelangen, zwar über L zur
                              									zweiten Station weitergehen, im Relais RR jedoch sich
                              									gegenseitig aufheben, so dass sie diesen Apparat in keiner Weise beeinflussen. Um
                              									das Gleichgewicht im Relaistelephon immer aufrecht erhalten zu können, ist in die
                              									Linie l1l1 ein Rheostat W zwischengeschaltet, an dem durch Abstöpselung von
                              									minimalen Widerstandsröllchen nachreguliert werden kann. Dem Relaistelephon ist ein
                              									Mikrophon beigegeben, welches aus dem am Diaphragma dd(Fig. 3) festgemachten
                              									Kohlenplättchen p und einem Kohlenstückchen c besteht, das in dem Metallklöbchen w steckt, und von der zarten Neusilberfeder r getragen wird. Letztere ist an dem Telephongestell
                              
                              									mittels Klemmschrauben befestigt, jedoch von demselben durch Elfenbeinzwischenlagen
                              
                              									sorgsam isoliert. Der zarte Apparat, der von jeder äusseren Erschütterung bewahrt
                              
                              									bleiben soll, steht zu diesem Ende mittels zweier Fusswinkel N1 und N2 auf einer Gestellplatte H1H2 und dann erst auf der Fussplatte P1P2, welch letzteren
                              									zwei starke Gummirohre D1 und D2 als
                              									Füsse unterlegt sind. Die Platte H1H2 ruht an der Vorderseite H1 auf einem eigentümlich hergestellten
                              									Scharnier t, das nämlich aus drei Gummiröhrchen
                              									besteht, deren Länge mit der Breite der Platte H1H2 übereinstimmt, und von denen die beiden unteren
                              									dicht nebeneinander auf der Platte P1P2 festgekittet sind, wogegen das dritte an der
                              									Platte H1H2 klebt und frei in
                              									dem Sattel liegt, den die unteren Gummiröhrchen zusammen bilden. Mit Hilfe der
                              									Schraube V2, welche
                              									sich auf das in P2
                              									eingelassene, aus poliertem Hartglas bestehende Schälchen Q stützt, und mittels der Mikrometerschraube V1, welche die Entfernung des
                              									Elektromagnet es vom Diaphragma beeinflusst, kann dem Relais jene Stellung genau
                              									erteilt werden, die es besitzen muss, um im richtigen Masse empfänglich zu sein.
                           Aus Fig. 1 ist ferner ersichtlich, dass das Mikrophon
                              									des Relais RR mit einer Batterie B und mit der Primärrolle 1 eines Induktoriums J3 einen lokalen Stromkreis bildet. Die sekundäre
                              									Rolle von J3 liegt in
                              									einer weiteren Lokallinie L2L2, welche
                              									zugleich die sämtlichen zwölf hintereinander geschalteten Empfangsapparate T1T2T3... enthält. Diese letzteren sind dem Telephon
                              									verwandte Vorrichtungen, welche sich jedoch dadurch auszeichnen, dass sie bloss
                              									einen bestimmten Ton wiederzubringen vermögen, weil der einzelne Apparat eben nur
                              									durch eine bestimmte Schwingungsfolge erregt wird, für alle sonstigen Ströme
                              									hingegen unempfindlich, also stumm bleibt. Deshalb bezeichnet Mercadier seine Empfänger mit dem Namen Monatelephon.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 563
                              Fig. 4.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 563
                              Fig. 5.
                              
                           Das Gehäuse des Monotelephons (Fig. 4) besteht aus
                              									einer kreisrunden, oben durch einen verglasten Deckel Y
                              									abgeschlossenen Hartgummibüchse X, welche auf einem
                              									ringförmigen Fussgestelle festgeschraubt ist. Der Kern N des in der Mitte der Büchse angebrachten kräftigen Elektromagnetes E ist einschenkelig und aus einem weichen Eisenrohr
                              									angefertigt. Die mit 200 bis 400 Ohm Leitungswiderstand bemessenen
                              									Elektromagnetwindungen sind in gewöhnlicher Weise auf einer über N gesteckten Spule aufgewickelt und mit ihren beiden
                              									Enden zu zwei Anschlussklemmen z geführt, welche durch
                              									die Büchsenwand nach aussen reichen. Abweichend von der gewöhnlichen Anordnung liegt
                              									das annähernd 2 mm starke Diaphragma dd nicht in einem
                              									Klemmringe, sondern derselbe wird nur an drei Punkten des der ersten Knotenlinie
                              									entsprechenden Randkreises durch je einen Stift t – von
                              									denen in Fig. 4 nur einer dargestellt erscheint –
                              									gehalten, der in einem Klöbchen feststeckt. Letzteres ruht in einem radial
                              									gerichteten, auf der Platte P angebrachten
                              									Führungsschlitze und kann mittels einer Schraube und eines eigenen, hierzu
                              									angepassten Schlüssels gegen den Mittelpunkt des Apparates geschoben oder in
                              									entgegengesetzter Richtung angezogen werden. Diese Einrichtung hat den Zweck, jedes
                              									einzelne Monotelephon genau so stimmen zu können, wie das bezügliche Induktophon der
                              									Empfangsstation. Der aufnehmende Telegraphenbeamte empfängt die durch das Schwingen
                              
                              
                              									von dd entstehenden brummenden Geräusche, welche in
                              									ihren Zusammensetzungen aus kurzen und längeren Tönen die Morse-Zeichen nachahmen, durch
                              									Vermittelung eines im Fussbrette des Monotelephons genau unterhalb der Oeffnung des
                              									hohlen Elektromagnetkernes E eingeschraubtes,
                              									knieförmig abgebogenes Hörrohr U (Fig. 4 und 5), das
                              									sich, wie Fig. 5 ersehen lässt, in zwei Arme
                              									verzweigt, von denen biegsame Hörschläuche U1 und U2 weiter fuhren, deren trichterförmige Enden der
                              
                              									vorgenannte Beamte mittels einer federnden Kopfspange an seine Ohren bringt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 564
                              Station I.Station II.
                              
                           Wenn man die zwei durch eine Fernleitung zu einer Mercadier-Linie verbundenen
                              									Stationen mit I und II
                              									bezeichnet, so ist dort selbstverständlich jedes der zwölf Monotelephone der
                              									Stationen I mit einem Induktophon der Station II in genauen Gleichklang gebracht, ebenso wie jedes
                              									der zwölf Induktophone der Station II mit einem
                              									Monotelephon der Station I zusammengestimmt sein muss.
                              									Da keiner der verwendbaren Töne einem zweiten gleich sein darf, so waren im ganzen
                              									für einen vollständigen Liniensatz 24 verschiedene Töne erforderlich. Man hat zu dem
                              									Ende die chromatische Tonleiter, das sind die sämtlichen musikalischen Halbtöne vom
                              										h der sogen. kleinen
                                 										Oktav bis hinauf zum a der zweigestrichenen Oktav, ausgewählt. Zur Hervorbringung
                              									des tiefsten dieser Töne braucht die Stimmgabel 480 Schwingungen, zur Erzeugung des
                              									höchsten 900 Schwingungen in der Sekunde.
                           Nach den bisher angestellten Betrachtungen bietet es nun wohl keine Schwierigkeit
                              									mehr, die Arbeitsweise des Mercadier'schen
                              									Vielfachtelegraphen an der Hand des in Fig. 1
                              									dargestellten Stromlaufschemas zusammenzufassen: Bei jeder der zwölf
                              									Induktophonstellen der Station befindet sich ein Beamter, der seine Depeschen auf
                              									dem betreffenden Arbeitstaster m nach dem
                              									Morse-Alphabet abspielt; die hierbei erzeugten, in der Lokallinie L1L1 koexistierenden
                              									Ströme gehen über die Differentialwindungen des Relais R, somit ohne die Empfangsapparate der eigenen Station irgendwie
                              									beeinflussen zu können, auf der Fernleitung L zur
                              									zweiten Station, von wo sie durch die Erdleitung wieder zurückkehren. Dass es
                              									übrigens nicht günstig sein würde, für diese Rückleitung keinen besonderen
                              									isoliertenDraht, sondern wirklich nur die Erdleitung zu benutzen, liegt in
                              									Anbetracht des telephonischen Charakters der Uebertrager und Empfangsapparate auf
                              									der Hand. In der zweiten Station gehen die vorerwähnten Ströme gleichfalls durch das
                              									Relais R, passieren aber nicht die beiden Differential
                              
                              									Wickelungen des Relaiselektromagnetes, sondern lediglich die Windung f2f2, daher sie
                              									gleichsinnig das Mikrophon wr erregen, das die Ströme
                              									durch das Induktorium J3 auf die Lokallinie L2L2 fortpflanzt, in welcher demzufolge jedes der zwölf
                              									Monotelephone die von der Sendestation ausgeschickten Morse-Zeichen des
                              									gleichgestimmten Induktophons als Töne wiedergeben. Wie die Stromläufe und
                              									Erregungen von der ersten Station zur zweiten erfolgen, ebenso erfolgen sie vice
                              
                              									versa von der zweiten Station zur ersten. Es können demgemäss gleichzeitig auf einer
                              									Linie 24 Beamte mit dem Geben und ebenso viele mit dem Aufnehmen von Depeschen
                              
                              									beschäftigt sein, für welchen Fall die Leistungsfähigkeit mit 600 bis 700
                              									Telegrammen in der Stunde angegeben wird. Die Anzahl der Geber und Empfänger soll
                              									sich übrigens, wie es heisst, noch weiter erhöhen lassen. Im grossen ganzen steht
                              									jedoch die Geschwindigkeit der Uebertragung gegenüber anderer neuer Telegraphen
                              									immerhin noch zurück, und mit Rücksicht auf den grossen Beamtenaufwand beruht also
                              									der eigentliche Vorteil der Mercadier'schen Anordnung
                              									eben nur in der äussersten Beschränkung der Leitungszahl und darin, dass für ihren
                              									Betrieb jede der gewöhnlichen Telegraphenleitungen Verwendung finden kann.
                           Es bleibt schliesslich nur noch anzuführen, dass sich in Wirklichkeit die Einrichtung
                              									des Mercadier'schen Vielfachtelegraphen keineswegs so
                              									glatt und einfach anlässt, als sie oben geschildert wurde, sondern dass erst noch
                              									eine Reihe, mitunter sehr sinnreiche Hilfsanordnungen erdacht und den Hauptapparaten
                              									beigefügt werden mussten, um die Sache für die Praxis geeignet zu machen. Es gilt
                              									dies namentlich in Bezug der Bekämpfung jener Uebelstände, welche sich daraus
                              									ergeben, dass so viele summende Instrumente auf verhältnismässig engem Raume
                              									nebeneinander Platz finden müssen und einzeln gehört werden sollen, ohne
                              									Missverständnisse herbeizuführen. Man sah sich diesfalls u.a. gezwungen, jeden der
                              									tönenden Apparate mit einem nach Art der Theatersouffleurkasten geformten, innen
                              									ausgepolsterten Schutzzelle zu umgeben. Auch hat man es mit Erfolg versucht, die
                              									Trennung der Hauptstationen in mehrere Unterstationen durchzuführen, derart, dass
                              
                              									von den zwölf Gebe- und Empfangstationen beispielsweise sechs in einer grösseren
                              									Station und die anderen sechs zu je zwei Apparaten in drei kleineren Nebenstationen
                              									Aufstellung finden. Desgleichen hat Mercadier phonische
                              									Wecker zu seinen Apparaten konstruiert, welche es ermöglichen, jede bestimmte
                              									Autotelephonstelle bezw. jede bestimmte Station deutlich und kräftig anzurufen.