| Titel: | Die magnetischen Eigenschaften von Flusseisenblechen. | 
| Autor: | S. H. | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 653 | 
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                        Die magnetischen Eigenschaften von
                           								Flusseisenblechen.
                        Die magnetischen Eigenschaften von Flusseisenblechen.
                        
                     
                        
                           Wie allgemein bekannt, werden die Anker und Feldmagnetbleche der Gleichstrom-
                              									und Wechselstrommaschinen, sowie die Kerne der Wechselstromtransformatoren aus
                              									weichem Flusseisen hergestellt. Auf S. 513 d. Bd. wurden die magnetischen
                              									Eigenschaften verschiedener Stahlsorten unter Berücksichtigung der Stahlbleche für
                              									genannte Zwecke besprochen. Wir kommen nun dazu, den Einfluss des Ausglühens auf die
                              									magnetischen Eigenschaften derselben etwas ausführlicher zu behandeln. Die
                              									Energiebeträge, welche in der Ummagnetisierungsarbeit nutzlos in Wärme umgesetzt
                              									werden, sind in den Ankern, Feldmagneten und Transformatorenkernen ziemlich gross.
                              									Man ist deshalb schon aus diesem Grunde gezwungen, eine genaue Berechnung der
                              									Verluste anzustellen. Auf die magnetische Güte der Bleche übt ausser der chemischen
                              									Zusammensetzung auch die mechanische und thermische Bearbeitung derselben einen
                              									grossen Einfluss aus. Da es uns nun bis heute unmöglich ist, zwei gleichen
                              									Blechsorten die gleiche Genauigkeit in der Bearbeitung zu geben, so sind wir schon
                              									gezwungen, Mittelwerte für die verschiedenen Berechnungen der Verluste durch
                              									Hysteresis, Wirbelströme u.s.w. einzuführen. Um diese Werte so viel wie
                              									möglichder wahren Grösse der verschiedenen Verluste anzunähern, ist uns die
                              									Kenntnis des Einflusses des Ausglühens der Bleche von hervorragender Bedeutung. Eine
                              									richtig verlaufene Ausglühung hebt die Wirkung jeder vorangegangenen Bearbeitung
                              									auf, und ist somit das Ausglühen der Bleche wohl der wichtigste Prozess in der
                              									rationellen Fabrikation derselben.
                           Es ist allgemein bekannt, dass eine Glühung je nach ihrem Verlauf die magnetische
                              									Güte des Bleches beeinflusst, und zwar kann dieselbe eine Verbesserung oder
                              									Verschlechterung der magnetischen Eigenschaften des Bleches herbeiführen. Eine
                              									eingehende Untersuchung über die Höhe der erreichten Temperatur, die Dauer der
                              									Glühung und auf die Geschwindigkeit des Anwärmens, sowie auf etwaige Abweichungen
                              
                              									vom regelmässigen Gange der Temperaturveränderungen wird somit notwendig.
                           Die maximal erreichten Temperaturen können nicht wesentlich voneinander verschieden
                              									sein. Dagegen kann die Verschiedenheit in der Dauer der Glühungen sehr gross sein.
                              									Diese Differenz kann unter Umständen auch klein werden, jedoch beträgt dieselbe in
                              									den meisten Fällen etwa 13 Stunden und mehr. Zur Messung der magnetischen Eigenschaften
                              									verwendet man sehr zweckmässig einen Koepsel'schen
                              									Apparat und thut man gut, bevor man zur Aufnahme einer Hysteresisschleife schreitet,
                              									eine mehrmalige Ummagnetisierung der Probe vorzunehmen, da das noch unmagnetisierte
                              									Eisen bekanntlich ein ganz besonderes Verhalten bei der Messung zeigt.
                           Ausserdem sollen beide Hälften einer Hysteresisschleife gemessen werden, da sonst
                              									keine Eliminierung des Einflusses des Erdmagnetismus und der in der Nähe
                              									befindlichen Eisenmassen stattfinden würde. Die Mittelwerte der gefundenen Zahlen
                              									bieten dann eine Unterlage zur graphischen Darstellung einer Hälfte der
                              									Hysteresisschleife. Die Scherungslinien können dann mit Hilfe eines geaichten
                              									Probestabes ermittelt werden. Diese Linien weisen am oberen und unteren Ende
                              									eigenartige Krümmungen auf. Diese werden bekanntlich durch unvermeidliche
                              									Versuchsfehler des dort stark vergrösserten Einflusses verursacht. Man kann demnach
                              									diese Krümmungen vernachlässigen und die Scherungslinien in ihrem ganzen Verlaufe
                              									als gerade Linien bezeichnen, da den Messungen nur eine relative Bedeutung zukommt
                              									und andererseits die Angaben eines Koepsel'schen
                              									Apparates oberhalb einer Induktion von 12000 Kraftlinien pro Quadratcentimeter keine
                              									Ansprüche mehr auf absolute Genauigkeit haben. Durch Planimetrierung des
                              									Flächeninhaltes der halben Hysteresisschleife kann man die gesamte Arbeit des
                              									Ummagnetisierens bestimmen, indem man den Ordinaten- und Abscissenmassstab
                              									berücksichtigt. Diese Arbeit ergibt sich dann in Ergänzung für den Cyklus und den
                              									Kubikcentimeter und wird die so erhaltene Zahl in Watt pro Kilogramm
                              									umgerechnet.
                           Die maximale Induktion entnimmt man am besten der Zeichnung für eine bestimmte
                              									Feldstärke und benutzt dann den Wert der Induktion zur Bestimmung des Steinmetz'schen Koeffizienten η. Die Koercitivkraft ist dann das Mittel aus dem positiven und negativen
                              									Abscissenabschnitte. Die Remanenz kann man als positiven Ordinatenabschnitt
                              									annehmen, wobei Ungenauigkeiten nicht vermieden werden können wegen des sehr spitzen
                              									Winkels, unter welchem die Magnetisierungskurve und die Ordinatenachse sich
                              									schneiden. Die Grösse dieser Ungenauigkeit jedoch hat für weiches Flusseisen nur
                              									eine sehr geringe Bedeutung. Sind von einem Bleche mehrere Proben zur Untersuchung
                              									gelangt, so stimmen die charakteristischen Eigenschaften derselben meistens überein.
                              									Auch die maximale Differenz in den Hysteresisverlusten in Prozenten vom höchsten
                              									Wert ist durchschnittlich so gross, dass sie wohl in einer und derselben
                              									ausgeglühten Blechtafel vorkommen kann. Durch eine Glühung werden allgemein die
                              									Proben magnetisch besser, obwohl der Unterschied in der Verbesserung manchmal sehr
                              									gross sein kann. Es kann sogar vorkommen, dass die grösste Inhomogenität zwischen
                              									den Proben nach der Glühung einen 3,5mal so grossen Prozentsatz des höchsten
                              									Hysteresisverlustes als vor der Glühung erreicht. Es folgt hieraus, dass nicht jede
                              									Glühung etwaige magnetische Ungleichheiten des Materials beseitigen kann.
                           Die maximale Induktion wird dagegen durch die Glühung nur wenig verändert.
                           Die Remanenz dagegen zeigt gegen die ursprünglichen Werte grössere Unterschiede, die
                              									teilweise aus der genannten Ungenauigkeit bei der Bestimmung hervorgehen, teilweise
                              									aber auch eine Formänderung der Permeabilitätskurve verursachen.
                           Es ist zu beachten, dass etwaige Messungen am besten während der Nachtstunden
                              									stattfinden, da. sie sonst, und zwar speziell die Messung der magnetischen Induktion
                              									durch Erdströme, mit Fehlern behaftet werden. Diese Anmerkung ist speziell für
                              									Laboratorien gültig, welche in der Nähe von Strassenbahnen, Zentralen u.s.w. liegen.
                              									Die entstandenen Fehler können sogar 10 % der Feldstärke betragen, so dass unter
                              									allen Umständen jedem störenden Einfluss vorzubeugen ist. Verhaltnismässig grösser
                              									sind die Fehler, welche durch den Einfluss des Magnetisierungsfaktors erreicht
                              									werden. Bei niedrigen Feldstärken sind die Fehler natürlich prozentisch grösser und
                              									fallen im Gewicht bei der Bestimmung der Maximalpermeabilität. Nach dem ersten
                              									Ausglühen steigt die Maximalpermeabilität, während nach mehrfachem Ausglühen die
                              									Koercitivkraft und Energievergeudung etwas zu-, die Maximalpermeabilitätdagegen
                              									abnimmt. Die erste Ausglühung findet meistens bereits sofort, nachdem das Blech
                              									fertiggewalzt ist, statt. Eine zweite Ausglühung jedoch zeigt eine beträchtliche
                              									Verbesserung und zwar besteht diese in der Zunahme der Permeabilität, Abnahme der
                              									Koercitivkraft und der Energievergeudung. Nach mehrfachem Ausglühen liegt das
                              									Ansteigen des Hysteresisverlustes zwischen den Grenzen 2 % im Minimum und 45 % im
                              									Maximum. Es ergibt sich hieraus, dass einer Eisenprobe durch Ausglühen nur ein ganz
                              									bestimmter, für die Probe charakteristischer Grad magnetischer Güte gegeben werden
                              									kann, jede weitere Glühung aber die Ummagnetisierungsarbeit steigert oder
                              									bestenfalls unverändert lässt. Wie bereits bemerkt, bleibt die Maximalinduktion
                              									durch alle Glühungen hindurch fast vollkommen unverändert und übersteigen die
                              									kleinen Schwankungen in den Beträgen ± 100 Kraftlinien pro Quadratcentimeter nur
                              									selten. Man kann demnach diese geringen Unterschiede schon mehr den Versuchsfehlern
                              									zuschreiben und somit annehmen, dass die wahre Grösse der Maximalinduktion sich
                              									überhaupt nicht ändert. Hieraus folgt, dass die geringen Verschiedenheiten in der
                              									Maximalinduktion einen guten parallelen Gang zwischen dem Hysteresisverlust und dem
                              									für die Maximalinduktion bestimmten Steinmetz'schen
                              									Koeffizienten η anstreben. Auch zwischen
                              									Hysteresisverlust und Koercitivkraft zeigt sich eine angenäherte
                              									Proportionalität.
                           Es fragt sich nun, wodurch kann die Glühung den magnetischen Charakter einer
                              									Eisenprobe verändern, und warum besteht diese Veränderung einmal in einer
                              
                              									Verbesserung, ein anderes Mal in einer Verschlechterung des Materials. Ausserdem,
                              									warum wirkt eine und dieselbe Glühung auf die Bleche so verschieden. Versuchen wir
                              									hierfür eine Erklärung zu finden und sie hiermit zu befestigen. Es ist sicher, dass
                              									die magnetischen Veränderungen, welche das Blech durch Glühung erleidet, innere
                              									Veränderungen physikalischer oder chemischer Natur sind. Von solchen Veränderungen
                              									können aber nur diejenigen eine Bedeutung haben, welche durch die Aenderung des
                              									mikroskopischen Gefüges eine Veränderung der Kohlenstoffform und Eisenform, sowie
                              									Korngrösse hervorrufen. Es ist demnach sehr zu vermuten, dass letztgenannte drei
                              									Veränderungen oder eine Kombination derselben auch die Ursachen der magnetischen
                              									Veränderungen sind. Diese Vermutung stützt sich auf die Thatsache, dass magnetische
                              									Güte und mechanische Weichheit stets derartig im Zusammenhange stehen, dass jede
                              									Steigerung der Härte und Festigkeit des Materials stets auch eine Vergrösserung des
                              									Hysteresisverlustes im Gefolge hat.
                           Es ist nun aber sicher, dass die Ursache der Härtesteigerung des Eisens beim
                              									Ablöschen in einer Aenderung der Form des Kohlenstoffs und sehr wahrscheinlich auch
                              									der Form des Eisens besteht. Es darf deshalb angenommen werden, dass die
                              									Uebertragung dieser Erfahrung auf die magnetischen Differenzen wohl gestattet sein
                              									darf. Wie allgemein bekannt, ist gerade das Dynamoblech eine der kohlenstoffärmsten
                              									Eisensorten, die fabriziert werden. Ein solches zu Kirschrotglut erhitztes weiches
                              									Flusseisen enthält allen Kohlenstoff in einer Form, die man als Härtungskohle
                              									bezeichnet, alles Eisen als Harteisen. Die Härtungskohle ist im Harteisen vollkommen
                              									gelöst und bezeichnet man das mikrographische Element, welches diese Lösung enthält,
                              									als Martensit. Dieses Martensit stellt die krystallinische Organisation einer
                              									allotropischen Modifikation des Eisens unter dem Einfluss der Kohle dar. Kühlt das
                              									hocherhitzte Eisen ab, so tritt bei etwa 850° ein Punkt ein, bei welchem dies
                              									Martensit ein sogen. Ferrit abscheidet. Dieses Ferrit ist ein kohlenstofffreies
                              									Harteisen, welches jedoch wahrscheinlich noch andere Elemente, wie Silicium,
                              									Phosphor u.s.w., gelöst enthält. Physikalisch ist dieser kritische Punkt durch eine
                              									plötzliche Veränderung im Gange des Temperaturkoeffizienten für den elektrischen
                              									Widerstand oberhalb 850° gekennzeichnet. Ueber 850° hinaus erhitzt erleidet nämlich
                              									der elektrische Widerstand des Eisens mit steigender oder fallender Temperatur fast
                              									gar keine Veränderung mehr. Kühlt das Eisen ab, so findet man bei etwa 750° einen
                              									zweiten kritischen Punkt, und zwar nimmt bei diesem Hitzegrad die Quantität des
                              									Martensits wieder ab, und zur selben Zeit geht das Harteisen in Weicheisen über.
                           
                           Das ausgeschiedene kohlenstofffreie Weicheisen oder Ferrit ist jedoch wieder wie
                              									das bereits genannte allotropisch. Oberhalb 750° vermag das Eisen einen remanenten
                              									Magnetismus nicht festzubannen, gleichfalls ist es nicht mehr im stande, einen noch
                              									indizierten Magnetismus aufzunehmen, so dass man den zweiten kritischen Punkt,
                              									welcher wie gesagt bei 750° erreicht wird, wohl als die obere Grenze der
                              									magnetischen Subceptibilität bezeichnen muss. Der plötzliche Absturz der Kurve für
                              									die Permeabilität der zu prüfenden Eisenprobe ist besonders deutlich gekennzeichnet
                              									bei geringen magnetischen Kräften. Ein dritter kritischer Punkt tritt auf bei 675°,
                              									und ist dieser dem Auge durch ein leicht und deutlich erkennbares Wiederaufglühen
                              									aus dunkler in heller Rotglut sichtbar. Man nennt diese Erscheinung allgemein die
                              									Rekalescenz des Eisens. Bei diesem Wärme- oder Erhitzungsgrad erleidet das Eisen
                              									eine molekulare Zustandsänderung, welche die Ursache der Wärmeentwickelung bildet,
                              									indem die Härtungskohle in Karbidkohle verändert wird. Letztere verbindet sich
                              
                              									chemisch mit dem Eisen und hat man für diese Verbindung den Ausdruck Fe3C. Dieses Karbid kommt aber sonst nur als Cementit
                              									im Stahl vor, und hat sich nach vielfachen Versuchen ergeben, dass dies Karbid sich
                              									im weichen oder kohlenstoffarmen Eisen mit dem Ferrit mischt oder eine gegenseitige
                              									Lösung eingeht, der der Name Perlit gegeben wird.
                           Eine physikalische Kennzeichnung des dritten kritischen Punktes erscheint, indem ein
                              									Ablöschen eines auf niedriger Temperatur erhitzten Stahles eine Härtung
                              									hervorzubringen nicht mehr im stande ist.
                           Die gleichen Vorgänge treten natürlich beim Erhitzen des Eisens ein, allerdings in
                              									umgekehrter Weise. Die kritischen Punkte liegen dann im allgemeinen bei etwas
                              									höheren Hitzegraden und kann man die angegebenen Temperaturgrössen nur als
                              
                              
                              									Mittelwerte für weiches Flusseisen betrachten.
                           Die Geschwindigkeit, mit welcher man die kritischen Punkte zu überschreiten bestrebt
                              									ist, üben natürlich einen ganz wesentlichen Einfluss auf das Quantum des unverändert
                              									zurückbleibenden Bestandes an Harteisen und Härtungskohle aus. Hierdurch erklärt
                              									sich die beim Ablöschen des genügend hoch erhitzten Eisens eintretende Wirkung ganz
                              									von selbst. Die Härtungskohle lässt sich von der Karbidkohle chemisch trennen und
                              									unterscheiden, da die Karbidkohle nur in heissen Säuren löslich ist, während die
                              
                              									Härtungskohle beim Lösen des Eisens in kalter Salzsäure oder Schwefelsäure als stark
                              									riechender Kohlenwasserstoff entweicht und sich somit einer kalorimetrischen Analyse
                              
                              									unterziehen lässt. Die Allotropie des Eisens ist jedoch nur als eine
                              									Wahrscheinlichkeit anzunehmen, da verschiedene physikalische Gründe diese Annahme zu
                              									befestigen suchen.
                           Diese Wahrscheinlichkeit und die Erscheinung, dass mit steigendem Kohlenstoffgehalt
                              									die kritischen Punkte immer näher aneinander rücken, sowie bei kohlenstoffreichem
                              									Stahl schliesslich in einen einzigen Punkt zusammenfallen, machen es verständlich,
                              									dass zur Erklärung der Härtung immer noch mehrere Theorien einander
                              									gegenüberstehen.
                           Einige finden, dass die Ursache der Härtung das zurückbleibende Harteisen ist, und
                              									schreiben dem Kohlenstoffgehalt nur insofern einen Einfluss zu, weil er den
                              									Uebergang von Hart- in Weicheisen beim Erkalten erschwert. Andere glauben, ohne eine
                              									Allotropie des Eisens die Ursache der Härtung zu erklären, indem sie glauben, dass
                              									nur der Gehalt an Härtungskohle allein massgebend ist. Ausser diesen gibt es noch
                              									eine Gruppe, welche eine karbo-allotropische Theorie annehmen, indem sie eine
                              									Verbindung von Harteisen mit Härtungskohle als die Ursache der besonderen
                              									Eigenschaften des gehärteten Stahles ansehen. Zur Erklärung der magnetischen
                              									Eigenschaften nun führt keine der drei Annahmen; wir wollen jedoch sämtlichen
                              									Theorien ein Beweismaterial für unsere Vermutung entnehmen. Nimmt man den grösseren
                              									oder geringeren Gehalt an Harteisen und Härtungskohle für einen grösseren oder
                              									geringeren Hysteresisverlust als Ursache an, so erhebt sich bezüglich der
                              									Härtungskohle folgender Einwand.
                           Der Kohlenstoffgehalt der Dynamobleche, die ja aus sehr weichem Flusseisen
                              									hergestellt werden, übersteigt bekanntlich kaum einige Hundertstel und nimmt mit
                              									sinkendem Kohlenstoffgehalt bei unter gleichen Umständen erfolgter Härtung auch das
                              									Verhältnis von Härtungskohle zu Karbidkohle ab, indem ein immer geringerer Bruchteil
                              									des Gesamtkohlenstoffgehaltes unverwandelt zurückbleibt. Hieraus folgt, dass
                              									Dynamoblech nur geringe Spuren von Härtungskohle besitzt, so dass es jedenfalls
                              									nicht mehr gestattet ist, etwaige Quantitätsunterschiede dieser geringen Spuren für
                              									die relativ grosse Verschiedenheit der Hysteresisverluste als Erklärung der
                              									Erscheinungen heranzuziehen. Dagegen genügen jedoch schon ganz geringe Mengen von
                              									Härtungskohle, um das mechanische Verhalten des Eisens zu verändern.
                           Die Härtung, welche beim Ablöschen des weichsten Flusseisens aus sehr hohen
                              									Temperaturen auftritt, wird von den Anhängern der Kohlenstoffformentheorie auf
                              									Spuren von Härtungskohle zurückgeführt. Die Festigkeit des Eisens wächst ferner nur
                              									langsam mit zunehmendem Kohlenstoffgehalt, während der Hysteresisverlust schneller
                              									ansteigt. Hierdurch drängt sich uns der Gedanke auf, ob nicht der schon in den
                              									mechanischen Eigenschaften des Eisens bemerkbare Einfluss ganz geringer Mengen
                              									Härtungskohle bei dem magnetischen Verhalten des Eisens eine weit grössere
                              									Einwirkung hervorbringt. Andere Gründe jedoch drängen uns dazu, die Allotropie des
                              									Eisens für die magnetischen Erscheinungen verantwortlich zu machen. Einer der
                              									wichtigsten Gründe zur Annahme einer Allotropie ist der Umstand, dass die Punkte,
                              									bei welchen das hoch erhitzte Eisen die Form des Kohlenstoffs ändert und die
                              									Permeabilität verliert, nur bei kohlenstoffreichem Stahl ineinander fallen, dagegen
                              									beim weichen Flusseisen diese Punkte noch durch einen ziemlich grossen
                              									Temperaturintervall getrennt sind. Beim kohlenstoffarmen Flusseisen fällt aber der
                              									Wechsel in dem magnetischen Verhalten zusammen mit dem Uebergang des Weicheisens in
                              									Harteisen, so dass man schon annehmen muss, dass diese letztere Thatsache die
                              									Ursache der ersteren Erscheinung ist. Die Vergrösserung des Hysteresisverlustes
                              									durch mechanische Bearbeitung des Eisens in der Kälte ist nur durch eine Veränderung
                              									der Eisenform erklärlich, obwohl wir davon absehen können, dass die mechanische
                              									Zertrümmerung des Krystallkorns die Ummagnetisierungsarbeit ebenso wie die
                              									Festigkeit erhöht. Eine Umwandlung der Kohlenstoffform durch mechanische Bearbeitung
                              									ist bisher aber noch nicht konstatiert, und muss demnach als ausgeschlossen zu
                              									betrachten sein. Alle diese Erscheinungen drängen uns demnach dazu, die Allotropie
                              
                              									des Eisens anzuerkennen, obwohl der Eintritt der Allotropie bei Bearbeitung des
                              									Eisens in der Kälte doch nicht als feststehend und erwiesen zu acceptieren ist, da
                              									ausser verschiedenen anderen Gründen besonders der Knick in der Festigkeitskurve
                              									andeutet, dass an dieser Stelle ein Fliessen des Materials, eine Längenvergrösserung
                              									ohne Zunahme der Belastung infolge innerer molekularer Veränderungen stattfindet.
                              									Zwei Thatsachen ergeben sich aus dem Gesagten, und zwar, dass die Vergrösserung des
                              									Hysteresisverlustes und die Umwandlung der Eisenform durch mechanische Bearbeitung
                              									in der Kälte einander gegenüberstehen, und man somit wohl berechtigt sein dürfte,
                              									für unsere Hypothese beide Erscheinungen als zusammenhängend zu acceptieren.
                           Es ist jedoch wahrscheinlich, dass auch die Quantität der Härtungskohle eine Rolle
                              									spielt, und man diese schon deshalb nicht vernachlässigen darf, weil sie beim
                              									Wechseln der Magnetisierungsrichtung die Reibungsverhältnisse der sich umlagernden
                              									Moleküle beeinflusst, und somit bei der Hysteresis mitspricht.
                           Ausserdem ist es wahrscheinlich, dass der steigende Gehalt an Härtungskohle absolut
                              
                              									und relativ an Einfluss gegenüber dem Harteisen zunimmt, so dass deren beider
                              									Verhältnis zu einander schliesslich umkehren kann. Diese Wahrscheinlichkeit
                              									begründet sich auf die Thatsache, dass ein ganz besonders hartes Material, wie es zu
                              									permanenten Magneten verwendet wird, durch Zusatz von verschiedenen Elementen, wie
                              									Chrom, Wolfram, Molybdän u.s.w., das Sättigungsvermögen des Materials für
                              									Härtungskohle erhöhen, also die Abscheidung von Karbidkohle erschweren.
                           
                           Es folgt aus den genannten Thatsachen und Wahrscheinlichkeiten, dass die
                              									Aenderung des magnetischen Verhaltens der Bleche nach der Glühung jedenfalls durch
                              									die Aenderung des Mengenverhältnisses zwischen Harteisen und Weicheisen, sowie
                              									zwischen Härtungskohle und Karbidkohle erfolgt. Es fragt sich nun, warum wirkt die
                              									eine Glühung günstig, die andere ungünstig auf das gleiche Material ein.
                           Die Thatsache, dass die Schnelligkeit, mit welcher die Abkühlung an den kritischen
                              									Punkten erfolgt, ist massgebend für die Menge Harteisen und Härtungskohle, welche
                              									restiert, und gibt uns diese Erscheinung bereits eine Lösung der obigen Frage. Es
                              									scheint nämlich, dass die Umwandlung von Weicheisen in Harteisen und von Karbidkohle
                              									in Härtungskohle momentan erfolgt, und die entgegengesetzte Umwandlung eine
                              									Zeitdauer beansprucht. Hieraus folgt, dass nur die Dauer der Abkühlung die
                              									magnetischen Veränderungen bewirkt, und es demnach gleichgültig ist, ob die für das
                              									Blech erforderliche Maximaltemperatur schnell oder langsam erlangt wird. Eine
                              									Blechprobe erweist sich magnetisch ungünstig, wenn die Abkühlung an den kritischen
                              									Punkten schnell erfolgt und somit eine gewisse Härtung eintritt. Diese thermische
                              									Behandlung erleidet aber jedes Blech beim Walzen, so dass nach dem Erkalten eine
                              									grosse Menge von Harteisen und Härtungskohle vorhanden sein muss. Diese Menge wird
                              									allerdings im Kistenofen reduziert, und zwar auch dann, wenn die Glühung eine
                              									weniger günstige war, denn diese wirkt immerhin besser auf das magnetische Verhalten
                              									ein, als eine thermische Misshandlung. Es folgt hieraus, dass alle Bleche durch eine
                              
                              									erste Glühung magnetisch verbessert werden, obwohl eine Verschlechterung unter ganz
                              									ungünstigen Umständen nicht ausgeschlossen ist. Man kann damnach behaupten, dass die
                              									Glühung nur dann eine wirkliche magnetische Verbesserung erzeugt, wenn die Abkühlung
                              									an den kritischen Punkten eine sehr langsame und gleichmässige ist. Eine solche
                              									Abkühlung nur ist im stande, die magnetische Güte des Bleches zu einem Maximum zu
                              									bringen, und kann diese maximal erreichbare Güte nur von der Struktur und chemischen
                              									Zusammensetzung des Bleches abhängen. Demnach können alle folgenden Glühungen nur
                              									eine Verschlechterung der magnetischen Güte zur Folge haben; im günstigsten Falle
                              									eine Unveränderlichkeit des magnetischen Zustandes hervorrufen. Die letztere
                              									Behauptung ist natürlich nur dann gültig, wenn die maximale Güte bereits erreicht
                              									ist. Es sei aber nicht gesagt, dass, wenn diese vielleicht noch nicht erreicht ist,
                              
                              									eine Verbesserung durch eine abermalige Glühung nicht erreicht werden könnte. Es
                              
                              									stellt sich nun die Frage, wie eine und dieselbe Glühung den Hysteresisverlust des
                              									einen Bleches vergrössern und des anderen gleichzeitig verschlechtern kann. Diese
                              									Frage wird dadurch aufgelöst, wenn man bedenkt, dass die Höhe der kritischen Punkte
                              									für jedes Blech verschieden ist, und ausserdem die Abkühlung an dem einen Punkte
                              									schnell, am anderen langsam erfolgt.
                           Hierdurch wird das eine Blech mehr Harteisen und Härtungskohle besitzen wie das
                              									andere und demnach magnetisch ungünstiger werden.
                           Da nun die aus einer Blechtafel herausgeschnittenen Proben ebenfalls diese
                              									Veränderungen zeigen, so lässt sich zur Beseitigung magnetischer Inhomogenitäten in
                              									einer und derselben Blechtafel aus Obigem der Schluss ziehen, dass die Glühung bis
                              									zu einer Maximaltemperatur fortzusetzen ist, welche höher liegt als der höchste
                              
                              									kritische Punkt und die Abkühlung an allen kritischen Punkten gleich langsam und
                              									gleichmässig stattfinden soll. Auf die Höhe des kritischen Punktes ist die
                              									mechanische Bearbeitung, sowie die chemische Zusammensetzung von Einfluss, da, wie
                              									bereits erwähnt, die kritischen Punkte bei der Abkühlung wesentlich niedriger liegen
                              									als bei dem Erhitzen, und ist dies nur erklärlich durch den verschiedenen Gehalt an
                              									Härtungskohle bezw. Harteisen. Auch übt der Gehalt an Mangan, Nickel u.s.w. einen
                              									Einfluss auf die Lage der kritischen Punkte aus, und zwar findet man, dass diese
                              									durch den Zusatz dieser Elemente bedeutend tiefer zu liegen kommen. Es gibt eine
                              									Stahlsorte mit etwa 12,5 % Mangan, deren Umwandlungstemperatur von Martensit in
                              									Perlit sogar unter 0° Kohlenstoff liegt, und ist derselbe fast vollkommen
                              									unmagnetisirbar; nur bei genügender Abkühlungwäre man im stande, denselben zu
                              									magnetisieren. Da nun der Gehalt an Zusatzelementen, wie Mangan, Molybdän u.s.w.,
                              									nur eine Einwirkung auf die bei der thermischen Behandlung produzierte Quantität
                              									Harteisen und Härtungskohle oder das Gefüge der letzteren ausüben, so können nur das
                              									Eisen selbst und der Kohlenstoff in ihren verschiedenen Formen direkt auf die
                              									magnetischen Eigenschaften einwirken. Die Permeabilität kann durch Silicium und
                              									Aluminium, welche einen Gaseinschluss verhindern, verbessert werden. Beide Elemente
                              									kommen im fertigen Metall wegen ihrer rein chemischen Wirkung nur dann vor, wenn sie
                              									im Ueberschuss vorhanden sind. Phosphor, Mangan und auch Silicium können die
                              									Permeabilität beeinflussen, indem sie eine Vergrösserung oder Verkleinerung des
                              									Krystallkorns herbeiführen und gleichzeitig die Abscheidung der Karbidkohle
                              									befördern, während Chrom, Wolfram, Titan, Molybdän u.s.w. diese Abscheidung
                              
                              									erschweren. Eigentümlich ist die Erscheinung, dass man ein Material durch Zusatz
                              									dieser Elemente völlig unmagnetisierbar machen kann, aber durch Vermehrung des
                              
                              									Zusatzelementes wieder ein völlig magnetisierbares Eisen oder Legierung erhält. Es
                              									ist wahrscheinlich, dass alle Elemente mindestens zwei allotropische Zustände
                              									besitzen und diese demnach auch die magnetischen Eigenschaften des Materials
                              									verschiedenartig beeinflussen. Ein Maximum des Hysteresisverlustes musste alsdann
                              									eintreten, wenn das ganze Material aus Martensit besteht. Dies ist auch wirklich der
                              									Fall, denn bei steigendem Kohlenstoffgehalt tritt bei etwa 1,1 % ein Maximum der
                              									Festigkeit auf, weil dann der ganze Stahl aus Martensit besteht und auch der
                              									Hysteresisverlust ein Maximum erreicht. Einen anderen Einfluss auf die Grösse des
                              									Hysteresisverlustes oder Energievergeudung wird durch die Korngrösse ausgeübt und
                              									zwar, weil durch die Veränderung der Adhäsionsverhältnisse zwischen den einzelnen
                              									Krystallkörnern auch die molekularen Reibungsverhältnisse beim Ummagnetisieren sich
                              									ändern.
                           Mit wachsender Korngrösse nehmen Adhäsion, Reibung und Energievergeudung ab. Es ist
                              									somit von Vorteil, eine gewisse Korngrösse zu erlangen, und kann dieselbe nur durch
                              									eine von genügend hoher Temperatur stattfindende gleichmässige, völlig
                              									ununterbrochene Abkühlung erhalten werden, da die Korngrösse nur dann wirklich eine
                              									gute wird, je höher die Temperatur und je langsamer sich die Abkühlung vollzieht. Da
                              									nun aber die Vergrösserung des Kornes den Querschnitt der Metallmasse und
                              									gleichzeitig die Anzahl der Lufträume zwischen den einzelnen Körnern verringert, so
                              
                              
                              									ist es sicher, dass diese Veränderungen sich in Bezug auf die magnetische
                              									Leitfähigkeit entgegenwirken. Hieraus ersieht man, dass die Permeabilität durch das
                              									Ausglühen der Bleche jedenfalls nicht in solchem Mass beeinflusst wird, wie der
                              									Hysteresisverlust. Es folgt demnach daraus, dass die maximale Induktion sich fast
                              									nicht ändert und man diese demnach wohl als konstant bezeichnen kann. Die
                              									Permeabilität kann nun wieder ganz unabhängig von dem Hysteresisverlust steigen oder
                              									sinken. Dies hängt hauptsächlich nur von dem Verhältnis der Anteile ab, womit die
                              									Veränderung der Eisenform und der Korngrösse an der Aenderung der Permeabilität
                              									beteiligt sind. Das Altern des Dynamobleches lässt sich auch am besten durch die
                              									Allotropie des Eisens erklären. Die Verschiedenheit der Kohlenstoffformen gibt
                              									hierfür keine Erklärung. Beim Altern des Bleches wächst bekanntlich unter dem
                              									Einfluss der Wärme der Hysteresisverlust, und zwar tritt die Vergrösserung desselben
                              									bei etwa 40° C. ein und wächst bis zu etwa 180° C. mit der Temperatur. Ueber diese
                              									Temperatur hinaus erleidet das Material wieder eine Verbesserung. Betrachtet man
                              									diese Erscheinung etwas näher und berücksichtigt die bereits genannten Veränderungen
                              
                              									der magnetischen Eigenschaften des Bleches durch Ausglühen, so findet man, dass bei
                              									niedriger Temperatur das Altern nur durch Uebergang des Weicheisens in Harteisen,
                              									bei höherer Temperatur durch Zurückverwandlung von Harteisen in Weicheisen wieder
                              									eine Verbesserung stattfinden muss. Hierbei ist noch zu bedenken, dass die
                              									selbständige Entstehung des Harteisens in niedriger Temperatur ein mehreren
                              									allotropischen Prozessen eigentümliches Merkmal ist. Es ist nämlich bei vielen nur
                              									nötig, dieselben einzuleiten, damit sie sich von selbst weiter fortsetzen. Auch dieser Vorgang
                              									findet bei Dynamo blechen statt, da immer noch Spuren von Harteisen nach dem
                              
                              									Ausglühen vorhanden sind und diese, wie gesagt, den Prozess fortsetzen. Ausserdem
                              									wird derselbe noch durch die äussereWärmezufuhr unterstützt. Aus dieser
                              									Erklärung des Alterns ist es leicht verständlich, dass ein Material, welches viel
                              									Harteisen enthält, eine Vergrösserung des Hysteresisverlustes nicht erzeugt.
                           
                              
                                 S. H.