| Titel: | Ueber die zulässige Saughöhe bei Pumpen, welche aus der Luftleere saugen. | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 684 | 
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                        Ueber die zulässige Saughöhe bei Pumpen, welche
                           								aus der Luftleere saugen.
                        Ueber die zulässige Saughöhe bei Pumpen, welche aus der Luftleere
                           								saugen.
                        
                     
                        
                           In der chemischen und anderen Industrien kommt nicht selten der Fall vor, dass
                              
                              									eine Pumpe aus einem Behälter fördern muss, in welchem eine grössere oder kleinere
                              									Luftleere herrscht. In einem solchen Fall muss natürlich die Flüssigkeit der Pumpe
                              									zufliessen; wegen der räumlichen Verhältnisse wird man nun dieses Zuflussgefälle
                              									nach Möglichkeit gern beschränken, andererseits verlangt aber eine gesicherte
                              									Pumpwirkung eine genauere Bestimmung dessen, was als Saughöhe angesprochen werden
                              									muss im Vergleich mit dem Fall, wo direkt aus der freien Atmosphäre gesaugt werden
                              									muss.
                           Wir beziehen uns auf nebenstehende Figur, welche eine derartige Pumpenanordnung
                              									schematisch darstellt. Die für die Saugwirkung hinderlichen und förderlichen Kräfte
                              									haben wir darin als Wasserbarometerhöhen in einer kommunizierenden Röhre
                              									veranschaulicht.
                           Hinderliche Kräfte sind:
                           
                              1.K = Luftleere im Saugbehälter, konstant
                                 										angenommen.
                              2.B = Beschleunigungswiderstand der
                                 										Saugwassermasse.
                              3.V = Ventilwiderstand, bestehend aus Ventilgewicht
                                 										plus Federbelastung, konstant gesetzt.
                              4.W = hydraulischer Bewegungswiderstand, bestehend
                                 										aus Reibungs- und Stossverlusten.
                              5.D = Spannung gesättigten Dampfes von der Temperatur
                                 										der Saugflüssigkeit.
                              
                           Förderliche Kräfte sind:
                           
                              1.P = Luftleere, welche die Pumpe zu erzeugen im
                                 										stande ist.
                              2.H = Zuflussgefälle vom Wasserspiegel im
                                 										Saugbehälter bis zum geschlossenen Druckventil.
                              
                           Damit nun das Wasser vom Kolben nicht abreisst, müssen die förderlichen Kräfte
                              									grösser sein als die hinderlichen.
                           Durch das Abreissen entsteht Nichtvollsaugen der Pumpe, wodurch der Flüssigkeit
                              									Gelegenheit gegeben wird, zu verdampfen, was bei ganz gefüllter Pumpe praktisch
                              									ausgeschlossen ist, so dass also dann D = 0 gesetzt
                              									werden kann.
                           Die Bedingung für Nichtabreissen der Flüssigkeit lautet nun:
                           P + H >
                              										K + B + V + W + D . . . 1)
                           
                           Diese Ungleichung muss für alle Kolbenstellungen erfüllt sein. Die Summe auf der
                              									rechten Seite der Gleichung 1) ist das, was als Saughöhe bezeichnet werden muss.
                           Am schwierigsten ist ihr zu genügen für die Kolbentotlage, in welcher der
                              									Beschleunigungswiderstand B am grössten ist; dabei ist
                              									aber der hydraulische Bewegungswiderstand = 0, weil ja die Geschwindigkeit = 0
                              
                              									ist.
                           Der nächstschwierige Fall bezieht sich auf Hubmitte, für welche W wegen der maximalen Geschwindigkeit am grössten ist,
                              									während B = 0 ist.
                           Für die Kolbentotlage gilt sonach die Ungleichung
                           P + H >
                              										K + B + V + D, W = 0 . . 2)
                           und für die Hubmitte
                           P + H >
                              										K + V + W + D, B = 0 . . 3)
                           Wir führen nun die Untersuchung weiter unter der speziellen Annahme, dass die von der
                              									Pumpe erzeugte Luftleere P gleich sei der im
                              									Saugbehälter herrschenden Leere K; wir setzen also
                           P = K .
                              									4)
                           wodurch sich Ungleichung 2), womit wir uns zunächst
                              									beschäftigen wollen, vereinfacht auf
                           H > B +
                              										V + D 5)
                           Um des weiteren nur mit Gleichungen operieren zu können, führen wir den
                              									Sicherheitswert S ein, welcher die Differenz der linken
                              									und rechten Seite von Ungleichung 5) bedeutet, so dass gesetzt werden kann
                           H = B +
                              										V + D + S 6)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 685
                              
                           Der Einfluss der Grössen V und D, welche bei möglichst leicht gebauten und gering federbelasteten
                              
                              
                              									Ventilen gegen B nur eine untergeordnete Rolle spielen,
                              									werde dadurch berücksichtigt, dass wir im gegebenen Fall S entsprechend grösser nehmen.
                           Es folgt also
                           H = B +
                              										S . . . . . . . 7)
                           Diese Gleichung spricht aus, dass das Zuflussgefälle H
                              									zum allergrössten Teil verwendet wird zur Ueberwindung des Trägheitswiderstandes B der Flüssigkeitsmasse in der Saugleitung.
                           Es ist zu berücksichtigen, dass sich obige Grössen auf die Flächeneinheit beziehen.
                              									Geht man auf die absoluten Kräfte über, so müssen die Querschnittsflächen
                              									berücksichtigt werden.
                           Es sei
                           
                              
                                 
                                    s
                                    
                                 =
                                 2 r der Kolbenhub,
                                 
                              
                                 
                                    n
                                    
                                 =
                                 die minutliche Drehzahl,
                                 
                              
                                 
                                    F
                                    
                                 =
                                 Kolbenfläche,
                                 
                              
                                 
                                    F
                                    s
                                    
                                 =
                                 der Querschnitt der Saugleitung,
                                 
                              
                                 
                                    l
                                    
                                 =
                                 die tote Sauglänge, bezogen auf den Kolbenquer-schnittDie tote
                                          													Sauglänge bestimmt diejenige Flüssigkeitsmenge in dem
                                          													kommunizierenden Rohre XY, welche
                                          													immer wieder von Null an beschleunigt werden
                                          
                                          											muss.,
                                 
                              
                                 9
                                 =
                                 9,81 ∾ 10 die Schwerebeschleunigung,
                                 
                              
                                 
                                    ω
                                    
                                 =
                                 \omega=\frac{\pi\,n}{30}\,\sim\,\frac{n}{10} die Winkelgeschwindigkeit,
                                 
                              
                                 
                                    rω
                                    2
                                    
                                 =
                                 r\,\omega^2=r\,\frac{n^2}{100} die Kolbenbeschleunigung im Totpunkt beiunendlich langer
                                    											Treibstange,
                                 
                              
                                 
                                    γ
                                    
                                 =
                                 raumeinheitliches Flüssigkeitsgewicht.
                                 
                              
                           Gleichung 7) besagt nun:
                           Gewichtswirkung = Beschleunigungswirkung + Sicherheit, oder
                           H\,\cdot\,F_s\,\cdot\,\gamma=\frac{l\,\cdot\,F\,\cdot\,\gamma}{g}\,\cdot\,r\,\omega^2+S . . . 8)
                           H=l\,\cdot\,\frac{r\,\omega^2}{g}\,\cdot\,\frac{F}{F_s}+S . . . . . 9)
                           In dieser Gleichung sind alle Grössen vertreten, welche anschauungsgemäss eine Rolle
                              									spielen können.
                           Im Grenzfall, wo die Sicherheit S = 0 ist, ist demnach
                              									das nötige Zuflussgefälle H verhältnisgleich der toten
                              									Sauglänge l, dem Verhältnis von Kolben- und
                              									Schwerebeschleunigung \frac{r\,\omega^2}{g}, endlich dem Verhältnis von Kolben- und Saugfläche
                              									\frac{F}{F_s}.
                           Will man also bei einem gegebenen Hubvolumen 2 r F mit
                              									einem möglichst kleinen Zuflussgefälle H auskommen, so
                              									muss
                           1. die tote Sauglänge l möglichst kurz gehalten werden.
                              									Die Pumpe ist also in möglichster Nähe des Saugbehälters zu plazieren. Ohne
                              									Saugwindkessel ist l vom Saugbehälter bis zur Pumpe zu
                              									rechnen, mit reichlichem Saugwindkessel jedoch nur von letzterem ab bis zur
                              									Pumpe;
                           2. die Drehzahl n darf nicht zu hoch sein. Unter sonst
                              									gleichen Umständen verlangt eine höhere Umgangszahl ein grösseres Gefälle H und zwar hat n
                              									quadratischen Einfluss auf H; wächst die Drehzahl um
                              									das Doppelte, so wächst H um das Vierfache;
                           3. das Saugrohr und der gesamte Saugventilquerschnitt müssen reichlich bemessen sein.
                              									Unter sonst gleichen Umständen verlangt eine höhere Drehzahl n bei gleichem Gefälle H ein grösseres Fs und zwar
                              									wächst letzteres mit dem Quadrat von n.
                           Beispiel:
                           n = 50 per Min.   s = 700 mm   l = 5 m
                           ω = 5   r
                              									= 0,35 m   F = Fläche 400 mm
                           
                              \frac{r\,\omega^2}{g}=\frac{8,7}{9,8}=0,9
                              
                           ω2 =
                              									25   rω2 = 8,7
                              									m   Fs = Fläche
                              									500 mm
                           
                              \frac{F}{F_s}=\frac{16}{25}=0,64
                              
                           H = 5 × 0,9 × 0,64 = 2,87 ∾ 3 m.
                           Man sieht daraus, dass schon bei mässigen Drehzahlen H
                              
                              									erhebliche Werte annehmen kann.
                           Zur Bildung eines Urteils soll auch die Gefahr des Abreissens der Pumpflüssigkeit auf
                              									Hubmitte untersucht werden.
                           Aus Ungleichung 3) folgt:
                           H = W +
                              										S . . . . . . 10)
                           d.h. das verfügbare Gefälle muss um einen gewissen
                              									Sicherheitsbetrag grösser sein, als die Widerstandshöhe auf Hubmitte.
                           Es sei
                           v = Kurbelkreisgeschwindigkeit,
                           v = rω,
                           ζ = hydraulische
                              									Widerstandsziffer;
                           dann lautet die Bedingung
                           H=\frac{(1+\zeta)\,\left(\frac{F}{F_s}\,\cdot\,v\right)^2}{2\,g}+S . . . 11)
                           Die Kurbelkreisgeschwindigkeit muss im Verhältnis von Kolben- zu Saugfläche reduziert
                              									werden und zwar wegen der Kontinuitätsbedingung.
                           Wir legen wieder obiges Beispiel zu Grunde.
                           n = 50   s = 700 mm   rω = 5 × 0,35 ∾ 1,75 m = v
                           ω = 5     r = 0,35 m  
                              									\frac{F}{F_s}=0,64
                           
                              \frac{F}{F_s}\,v=0,64\,\times\,1,75=1,12\mbox{ m}
                              
                           ζ = 3, bei engen Ventilquerschnitten grösser,
                           
                              H=\frac{(1+3)\,\times\,1,12^2}{2\,\times\,9,8}=\frac{4\,\times\,1,25}{19,6}=0,26\mbox{ m}.
                              
                           Das nötige Gefälle für die Hubmitte macht also nur etwa den 10. Teil desjenigen für
                              									das Hubende.
                           Bei verschiedenen Saugrohrquerschnitten muss eine
                           
                           Reduktion auf einen und denselben Querschnitt, am besten den Kolbenquerschnitt,
                              									erfolgen nach folgendem Schema:
                           
                              
                                 Teilsauglängen
                                 Teilsaugflächen
                                 Teilgefälle
                                 
                              
                                 
                                    l
                                    1
                                    
                                 
                                    F
                                    s
                                    '
                                    
                                 
                                    l_1\,\frac{\omega^2\,r}{9}\,\times\,\frac{F}{{F_s}'}
                                    
                                 
                              
                                 
                                    l
                                    2
                                    
                                 
                                    F
                                    s
                                    ''
                                    
                                 
                                    l_2\,\frac{\omega^2\,r}{g}\,\times\,\frac{F}{{F_s}''}
                                    
                                 
                              
                                 
                                    l
                                    3
                                    
                                 
                                    F
                                    s
                                    '''
                                    
                                 
                                    l_3\,\frac{r\,\omega^2}{9}\,\times\,\frac{F}{{F_s}'''}
                                    
                                 
                              
                                 .
                                 .
                                 .
                                 
                              
                                 .
                                 .
                                 .
                                 
                              
                           \Sigma\,l\,\frac{r\,\omega^2}{g}\,\frac{F}{F_s}=\frac{r\,\omega^2}{9}\,F\,\Sigma\,\frac{l}{F_s} .
                           \Sigma\,\frac{l}{F_s}=\frac{l_1}{{F_s}'}+\frac{l_2}{{F_s}''}+\frac{l_3}{{F_s}'''}+ . . .
                           Dieser Reduktion muss man sich bei genauer Rechnung bedienen.
                           Wir haben im früheren die Treibstange unendlich lang angenommen. Wegen des
                              									Einflusses der endlichen Treibstangenlänge L ist H noch mit einer Berichtigungsziffer zu versehen,
                              									welche bekanntlich für die hintere Totlage
                           
                              1+\frac{r}{L},
                              
                           und für die vordere Totlage
                           
                              1-\frac{r}{L}
                              
                           beträgt.
                           Für das übliche Verhältnis \frac{r}{L}=\frac{1}{5} folgt
                           Hhinten = 1,2 H, Hvorne = 0,8 H.
                           In unserem obigen Beispiel folgt
                           Hhinten = 1,2 × 2,87 = 3,5 m.
                           Der Einfluss der endlichen Treibstange ist also ein recht erheblicher.