| Titel: | Beitrag zur Untersuchung der Spannungen in einem Fachwerk. | 
| Autor: | G. Ramisch | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 697 | 
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                        Beitrag zur Untersuchung der Spannungen in einem
                           								Fachwerk.
                        Beitrag zur Untersuchung der Spannungen in einem
                           								Fachwerk.
                        
                     
                        
                           In der nebenstehenden Abbildung sind die beiden Scheiben ACD1 und BCD2 bei C gelenkartig miteinander verbunden, ferner ist erstere
                              									Scheibe um den festen Punkt A drehbar, während der
                              									Punkt B der letzteren Scheibe sich parallel zu mn bewegen kann; dieselbe ist auch augenblicklich
                              									drehbar und zwar um den Punkt R, worin sich AC mit dem Lot von B
                              									auf mn trifft. Beide Scheiben stehen endlich noch
                              									mit den Stäben D1D2, d1d2, d1'd2', d1''d2'' u.s.w. in den
                              									Punkten D1, d1, d1', d1'' u.s.w. bezw. in
                              									den Punkten D2, d2, d2', d2'' u.s.w. in
                              									gelenkartiger Verbindung; diese Stäbe sollen übrigens prismatisch gestaltet sein und
                              
                              									sollen der Reihe nach die Längen L, l, l1, l2, l3 u.s.w., die Querschnitte F, f, f1, f2, f3 u.s.w. und die Elastizitätsmodel E, e, e1, e2, e3 u.s.w. haben.
                           Die linke Scheibe soll mit der Kraft P, welche von A die Entfernung p, und
                              									die rechte Scheibe mit der Kraft Q, welche von R die Entfernung q hat,
                              									belastet sein. P und Q
                              									können auch als Mittelkräfte der Belastungen auf den betreffenden Scheiben
                              									aufgefasst werden. Die unendlich kleinen Drehungswinkel um A und R sollen bezw. dα und dρ
                              									heissen und die gleichzeitig stattfindende unendlich kleine Veränderung des spitzen
                              
                              									Winkels D1CD2 soll dγ sein. Die Kräfte P und Q bringen eine Verkleinerung dieses
                              									Winkels hervor, woraus folgt, dass sämtliche Stäbe L, l,
                                 										l1, l2, l3 u.s.w. auf Druck beansprucht werden. Sind nun der
                              									Reihe nach S, s, s1,
                              										s2, s3 u.s.w. die
                              									Entfernungen dieser Stäbe vom Punkt C, so sind die
                              									Verkürzungen derselben bezw. S . dγ, s . dγ, s1dγ1, s2dγ, s3dγ u.s.w.
                           Die von P und Q zu
                              									leistenden Arbeiten sind: P . p . dα und Q .
                                 										q .
                              									dρ und rufen in den Stäben die Arbeiten X . S . dγ, x . s . dγ, x1 . s1 . dγ, x2 . s2 . dγ, x3 . s3 . dγ u.s.w.
                              									hervor, wenn X, x, x1,
                              										x2, x3 u.s.w. die
                              									Spannkräfte in den betreffenden Stäben sind.
                           Es muss nunmehr sein:
                           P . p .
                              										dα + Q . q . dρ = X . S . dγ + x . s . dγ
                           + x1s1 . dγ + x2 . s2 . dγ + ....
                           Weiter ist:
                           \overline{A\,R}\,\cdot\,d\,\alpha=\overline{C\,R}\,\cdot\,d\,\gamma und \overline{A\,R}\,\cdot\,d\,\varrho=\overline{A\,C}\,\cdot\,d\,\gamma
                              								
                           Hierdurch ergibt sich:
                           
                              P\,p\,\cdot\,\frac{\overline{C\,R}}{\overline{A\,R}}+Q\,\cdot\,q\,\cdot\,\frac{\overline{A\,C}}{\overline{A\,R}}
                              
                           
                              =X\,\cdot\,S+x\,\cdot\,s+x_1\,\cdot\,s_1+x_2\,\cdot\,s_2+.\ .\ .\ .
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 697
                              
                           Hierin setzen wir:
                           P\,p\,\cdot\,\frac{\overline{C\,R}}{\overline{A\,R}}+Q\,q\,\cdot\,\frac{\overline{A\,C}}{\overline{A\,R}}=M . . . 1)
                           und erhalten:
                           M = X .
                              										S + xs + x1s1 + x2s2 + ....
                           
                           Nach dem Hooke'schen Gesetz ist jedoch
                           
                              X=\frac{S\,\cdot\,d\,\gamma}{L}\,\cdot\,F\,\cdot\,E,\ x=\frac{s\,\cdot\,d\,\gamma}{l}\,\cdot\,f\,\cdot\,e,\ x_1=\frac{s_1\,d\,\gamma}{l_1}\,f_1\,e_1,
                              
                           x_2=\frac{s_2\,\cdot\,d\,\gamma}{l_2}\,\cdot\,f_2\,\cdot\,e_2 u.s.w.
                           Es ergibt sich daher aus der letzten Gleichung:
                           
                              M=d\,\gamma.
                              
                           
                              \left\{\frac{S^2\,\cdot\,F\,\cdot\,E}{L}+\frac{s^2\,\cdot\,f\,\cdot\,e}{l}+\frac{{s_1}^2\,f_1\,\cdot\,e_1}{l_1}+\frac{{s_2}^2\,\cdot\,f_2\,\cdot\,e_2}{l_2}+.\
                                 .\ .\ .\right\}
                              
                           Nennen wir k die Beanspruchung für die Flächeneinheit in
                              
                              
                              
                              									irgend einem Stabe, z.B. im Stabe \overline{D_1\,D_2}, so ist k=\frac{X}{F} und weiter:
                              									k=\frac{S}{L}\,\cdot\,E\,\cdot\,d\,\gamma. Es entsteht daher weiter:
                           
                              M=\frac{k\,\cdot\,L}{S\,\cdot\,E}.
                              
                           
                              \left\{\frac{S^2\,\cdot\,F\,\cdot\,E}{K}+\frac{s^2\,\cdot\,f\,\cdot\,e}{l}+\frac{{s_1}^2\,f_1\,e_1}{l_1}+\frac{{s_2}^2\,f_2\,e_2}{l_2}\
                                 .\ .\ .\ .\right\},
                              
                           und wir setzen der Kürze wegen die Klammer in diesem Ausdruck
                              									gleich:
                           
                              \Sigma\,\frac{{S_n}^2\,\cdot\,F_n\,\cdot\,E_n}{L_n}
                              
                           und erhalten:
                           k=\frac{M\,S\,\cdot\,E}{L\,\cdot\,\Sigma\,\frac{{S_n}^2\,\cdot\,F_n\,\cdot\,E_n}{L_n}} . . . . . 2)
                              								
                           und hieraus kann man k berechnen
                              									und nunmehr auch die Beanspruchung für die Flächeneinheit in jedem anderen Stab
                              
                              									mittels der Gleichungen:
                           x=\frac{s\,\cdot\,d\,\gamma}{l}\,\cdot\,f\,e,\ x_1=\frac{s_1\,d\,\gamma}{l_1}\,\cdot\,f_1\,e_1 u.s.w.
                           angeben. In der Praxis sind gewöhnlich die Elastizitätsmodel
                              									einander gleich; nehmen wir dies hier an und geben wir noch allen Stäben gleiche
                              									Längen, so ist hierfür im besonderen:
                           
                              k=\frac{M\,\cdot\,S}{\Sigma\,{S_n}^2\,\cdot\,F_n}.
                              
                           Hierin ist M das statische Moment der gegebenen
                              									Belastung, ΣSn2 . Fn das Trägheitsmoment der Faserquerschnitte
                              									in Bezug auf eine durch C gehende, normal zu den
                              									Scheiben stehenden Achse und \frac{\Sigma\,{S_n}^2\,\cdot\,F_n}{S} ein Widerstandsmoment in Bezug auf diese
                              									Achse, nennen wir es W,so lautet die letzte
                              									Gleichung: k=\frac{M}{W}, also genau so, wie die Grundgleichung für die
                              									Biegungsfestigkeit.
                           Nehmen wir dagegen
                           
                              \frac{s}{l}=\frac{s_1}{l_1}=\frac{s_2}{l_2}=.\ .\ .=\frac{S}{L}
                              
                           so entsteht aus der Gleichung 2
                           
                              k=\frac{M\,E}{\Sigma\,S_n\,\cdot\,F_n\,E_n}.
                              
                           Sind sämtliche Elastizitätsmodel auch einander gleich, alle Fasern parallel zu
                              									einander und ist a der Abstand des Schwerpunktes
                              									sämtlicher Faserquerschnitte vom Punkt C und Φ der Inhalt sämtlicher Faserquerschnitte, so erhält
                              									man weiter:
                           
                              k=\frac{M}{\Phi\,\cdot\,a}.
                              
                           Es ist das die Formel, welcher derjenigen gleicht, welche zur Bestimmung der
                              									Stabspannkräfte bis jetzt benutzt wird.
                           Weiter ist
                           
                              d\,\gamma=\frac{M}{\Sigma\,\left(\frac{{S_n}^2\,\cdot\,F_n\,\cdot\,E_n}{L_n}\right)}.
                              
                           Eine Faser in der Entfernung s von C verändert ihre Länge um s
                                 										.
                              									dγ und eine andere Faser in der Entfernung s1 ebenfalls von C verändert ihre Länge um s1 . dy. Die Differenz ihrer Längenveränderungen ist demnach:
                           
                              (s-s_1)\,d\,\gamma=\frac{M}{\Sigma\,\left(\frac{{S_n}^2\,\cdot\,F_n\,\cdot\,E_n}{L_n}\right)}\,\cdot\,(s-s_1).
                              
                           Setzen wir s – s1 unendlich klein, nämlich gleich ds, so ist die unendlich kleine Differenz der
                              									Längenveränderungen:
                           
                              d\,\sigma=\frac{M}{\Sigma\,\left(\frac{{S_n}^2\,\cdot\,F_n\,\cdot\,E_n}{L_n}\right)}\,\cdot\,d\,s.
                              
                           Angenommen, die parallelen Fasern liegen nicht frei nebeneinander, sondern stehen
                              									durch Adhäsion in inniger Berührung miteinander, so wird, weil \frac{d\,\sigma}{d\,s} nicht Null
                              									ist, sondern einen bestimmten Wert hat, Schubspannung zwischen den Fasern
                              									hervorgerufen, welche noch mit berücksichtigt werden muss und vielleicht einen
                              									Beitrag zur Lösung der Nebenspannungen liefern kann.
                           
                              G. Ramisch.