| Titel: | Beurteilung der Saugleitung einer Kolbenpumpe. | 
| Autor: | Karl Rudolf | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 728 | 
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                        Beurteilung der Saugleitung einer
                           								Kolbenpumpe.
                        Von Karl Rudolf.
                        Beurteilung der Saugleitung einer Kolbenpumpe.
                        
                     
                        
                           Fig. 1 zeigt die Anordnung einer Saugleitung,
                              									welche zweien Pumpen gemeinsam war. Jede Pumpe hatte unmittelbar unter den
                              									Saugventilen einen Windkessel, ausserdem war noch ein besonderer, gemeinsamer
                              
                              									Saugwindkessel in der Nähe beider Pumpen eingebaut.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 728
                              Fig. 1.Grundriss.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 728
                              Fig. 2.Schematischer Höhenriss.
                              
                           Bei der Inbetriebsetzung stellte sich heraus, dass selbst im Fall, wo nur eine der
                              									beiden Pumpen arbeitete, der Gang derselben von Zeit zu Zeit ein sehr unruhiger war,
                              									was man bei den reichlichen Dimensionen der Saugleitung und der Saugwindkessel,
                              									sowie bei der geringen Saughöhe nicht erwartet hätte. Was die Pumpenkonstruktion
                              									selbst anbelangt, so war alles in bester Ordnung, dieVentilquerschnitte waren
                              
                              
                              									reichlich bemessen und zeigten nur 1 m mittlere Durchgangsgeschwindigkeit für das
                              									Wasser; auch sonst waren die Querschnitte in der Pumpe in Uebereinstimmung mit den
                              									übrigen praktisch zweckmässig gewählten Dimensionen.
                           Durch längere Beobachtung wurde festgestellt, dass ein ruhiger Gang nur bei ganz
                              									bestimmten Saugwindkesselpressungen erzielt wurde. Die mittleren Werte dieser
                              									Pressungen konnten sogar in gewissen Grenzen schwanken, ohne dass der ruhige Gang
                              									beeinträchtigt wurde.
                           Durch diese Beobachtung wurde die ursprüngliche Vermutung, dass an dem unruhigen Gang
                              									die verhältnismässig lange Saugleitung schuld sei, als unrichtig erkannt.
                           Es ist nun offenbar von Interesse, auch auf dem Wege der Theorie festzustellen, ob
                              									unter Zugrundelegung der obigen Verhältnisse sich die Möglichkeit eines
                              									hydraulischen Beharrungszustandes ergibt, selbst wenn die Saugwindkesselspannung
                              									sich zwischen gewissen Grenzen ändern sollte. Ausserdem sind diese Grenzen zu
                              									berechnen.
                           Im folgenden geben wir die nötigen Dimensionen von Pumpe, Saugleitung und
                              									Saugwindkessel.
                           
                              
                                 Kolbendurchmesser d
                                 = 600 mm
                                 
                              
                                 Kolbenhub 2 r
                                 = 700   „
                                 
                              
                                 Tourenzahl n
                                 = 55–60
                                 
                              
                                 Fläche (600)
                                 =   28,3 dm2
                                 
                              
                                 Hubvolumen = 7 × 28,3
                                 = 198,1 dm3
                                 
                              
                                 Winkelgeschwindigkeit \omega=\frac{\pi\,n}{30}=\frac{n}{10}
                                 = 6
                                 
                              
                                 Durchmesser der Saugleitung hinter dem   ersten Windkessel 650 mm, Fläche
                                 =   33,2 dm2
                                 
                              
                                 Durchmesser der Saugleitung vor
                                    											dem   ersten Windkessel 750 mm, Fläche
                                 =   44,2 dm2
                                 
                              
                                 Erster Saug Windkessel (2 m Durchmesser,   Windraum 2 m
                                    											hoch); Fläche 2 m
                                 = 3,14 m2
                                 
                              
                                 Windraum = 314 × 20 = 6280
                                 ~ 6000 dm3
                                 
                              
                                 Windraum des zweiten Saugwindkessels
                                 ~ 1000 dm3
                                 
                              
                           Bei unendlich langer Treibstange ist die Kolbenbeschleunigung im Totpunkt = rω2 = 0,35 × 62 = 12,6 m. Im Beharrungszustand müssen die
                              									Windkesselpressungen p1
                              									und p2 ganz bestimmte
                              									Werte haben, damit einmal die Wassersäule vor dem Windkessel (zur Pumpe hin) den nötigen
                              									Bewegungsdruck erhält, andererseits die Wassersäule hinter dem Windkessel in ihrer
                              									Bewegung nicht gehemmt wird.
                           k = Ventilwiderstand im Totpunkt =
                              									Ventilgewicht + Federbelastung + Massenwirkung
                           ζ = hydraulische
                              									Widerstandsziffer
                           pa = schwankende Windkesselpressung
                           pm = mittlere Windkesselpressung
                           δ = Windraumverhältnis
                              										=\frac{\mbox{Hubvolumen}}{\mbox{mittlerer
                                 										Windraum}}=\frac{2\,F\,\cdot\,r}{W_m}
                           
                              \delta_2=\frac{198,1}{1000}=0,2
                              
                           
                              \delta_1=\frac{198,1}{6000}=0,03.
                              
                           Die schwankende Windkesselspannung bestimmt sich nun aus der mittleren Spannung pm, aus dem
                              									Windraumverhältnis δ und aus dem Pumpentypus nach
                              									folgender Formel:
                           p_a=p_m\,\left[1+\frac{\delta}{2}\,f(\alpha)\right] . . . .
                              									1)
                           Für doppeltwirkende Pumpen ist die typische Funktion
                           
                              f(\alpha)=1-cos\,\alpha-\frac{2\,\alpha}{\pi},
                              
                           wo α den Kurbelwinkel aus der
                              									Totlage bezeichnet.
                           Für α = 0 wird f (α) = 0.
                           Alle übrigen Bezeichnungen und Abmessungen sind direkt der schematischen Fig. 2 zu entnehmen.
                           Endlich ist noch
                           γ das raumeinheitliche Gewicht
                              									des Wassers = 1000 kg/m3
                           g die Schwerebeschleunigung =
                              									9,81 ~ 10 m/Sek.
                           Für den Windkessel II gelten dann folgende Gleichungen, wenn von schädlichen
                              									hydraulischen Widerständen abgesehen wird:
                           
                              p_2\,\cdot\,F_3>\frac{{c_3}^2}{2\,g}\,\cdot\,F_3\,\cdot\,\gamma+h_3\,\cdot\,F_3\,\cdot\,\gamma+\frac{h_3\,\cdot\,F_3\,\cdot\,\gamma}{g}\cdot\frac{F}{F_3}\cdot
                                 										r\omega^2+k
                              
                           p_2>\frac{{c_3}^2}{2\,g}\,\cdot\,\gamma+h_3\,\cdot\,\gamma\,\left[1+\frac{F}{F_3}\cdot\frac{r\omega^2}{g}\right]+\frac{k}{F_3}
                              									. . . 1)
                           
                              p_1\,\cdot\,F_2>\frac{{c_2}^2}{2\,g}\,\cdot\,F_2\,\cdot\,\gamma+h_2\,\cdot\,F_2\,\cdot\,\gamma+p_2\,\cdot\,F_2
                              
                           p_1>\frac{{c_2}^2}{2\,g}\,\cdot\,\gamma+h_2\,\cdot\,\gamma+p_2 . . .
                              									2)
                           Für den Windkessel I gilt in analoger Weise:
                           
                              A\,\cdot\,F_1+h_1\,\cdot\,F_1\,\cdot\,\gamma>\frac{{c_1}^2}{2\,g}\,\cdot\,F_1\,\cdot\,\gamma+p_1\,\cdot\,F_1
                              
                           A+h_1\,\cdot\,\gamma>\frac{{c_1}^2}{2\,g}\,\cdot\,\gamma+p_1 . . .
                              									3)
                           Die Gleichungen 1), 2), 3) liefern den gewünschten Zusammenhang zwischen den beiden
                              									Windkesselspannungen p1
                              									und p2.
                           Wenn man die Flächenpressungen durch Wasserbarometerhöhen ersetzt, so folgt mit den
                              									abkürzenden Bezeichnungen
                           
                              \frac{p_2}{\gamma}=H_2,\ \frac{p_1}{\gamma}=H_1,\,\frac{k}{F_3\,\cdot\,\gamma}=K,\ \frac{A}{\gamma}=B=10,33\mbox{ m}
                              
                           
                              \frac{{c_3}^2}{2\,g}=\frakfamily{H}_3,
                                 										\frac{{c_2}^2}{2\,g}=\frakfamily{H}_2,
                                 										\frac{{c_1}^2}{2\,g}=\frakfamily{H}_1
                              
                           H_2>\frakfamily{H}_3+h_3\,\left[1+\frac{F}{F_3\cdot\frac{r\omega^2}{g}\right]+K}
                              									. . . 4)
                           H_1>\frakfamily{H}_2+h_2+H_2 . . . 5)
                           B+h_1>\frakfamily{H}_1+H_1 . . . 6)
                           Die Werte h sind Gefällshöhen, die Werte H und B sind Druckhöhen
                              									und die Werte \frakfamily{H} sind Geschwindigkeitshöhen.
                           Anwendung auf das in der Einleitung genannte Beispiel.
                           
                              
                              \frac{F}{F_3}=1,\ \frac{r\omega^2}{g}=\frac{12,6}{9,81}=1,3,\ h_3=1,5\mbox{
                                 										m},\ K=0,5\mbox{ m}
                              
                           geschätzt.
                           
                              \frakfamily{H}_3=\frac{1^2}{2\times 9,81}=\frac{1}{20}=0,05\mbox{
                                 										m}
                              
                           
                              H_2>0,05+1,5\,[1+1,3]+0,5
                              
                           
                              H_2>4\mbox{ m},\ p_2>0,4\mbox{ at}
                              
                           
                              \frakfamily{H}_2=\frac{1^2}{2\,\cdot\,10}=0,05\mbox{ m},\ h_2=0,6\mbox{ m},\
                                 										H_2\sim 4\mbox{ m}
                              
                           
                              H_1>0,05+0,6+4
                              
                           
                              H_1>4,65\mbox{ m},\ p_1>0,47\mbox{ at}
                              
                           
                              \frakfamily{H}_1=\frac{1^2}{2\,\cdot\,10}=0,05\mbox{ m},\ h_1=1,5\mbox{ m},\
                                 										B=10,3\mbox{ m},\ H_1\sim 4,7\mbox{ m}
                              
                           
                              H_1<10,3+1,5-0,05
                              
                           
                              H_1<11,75\mbox{ m}
                              
                           Demnach kann die Druckhöhe im ersten Windkessel schwanken zwischen 4,7 m und 11,8
                              
                              									m.
                           Nach Gleichung 5) kann noch ein zweiter Grenzwert für H2 ermittelt werden.
                           
                              H_2<H_1-\frakfamily{H}_2-h_2
                              
                           
                              H_2<11,8-0,05-0,6
                              
                           
                              H_2<11,15\ \mbox{m}
                              
                           Demnach kann die Druckhöhe im ersten Windkessel sich ändern zwischen 0,4 m und 11,2
                              									m.
                           Für diese Grenzen ist also noch Beharrungszustand möglich, wobei das Wasser in der
                              									Saugleitung nicht abreisst, also der hydraulische Kraftschluss noch aufrecht
                              
                              									erhalten bleibt.
                           Durch versuchsweises Einstellen verschieden hoher Windkesselspannungen kann man nun
                              									den ruhigsten Beharrungszustand aufsuchen.
                           Engere Grenzen für H1
                              									und H2 erhält man durch
                              									Einbau eines Schiebers vor dem Windkessel I. Durch Justierung dieses Schiebers kann
                              									ich in sehr wirksamer Weise die Geschwindigkeit und den Saugquerschnitt
                              									verändern.
                           In unserer Untersuchung haben wir bis jetzt die örtlichen Geschwindigkeiten c1, c2 und c3 als konstant, mit
                              									anderen Worten, die beiden Windkessel unendlich gross angenommen. Wäre diese Annahme
                              									bei knappen Windräumen nicht mehr zulässig, so würden infolge der veränderlichen
                              									Geschwindigkeit c die Wassermassen in der Saugleitung
                              									mit den örtlichen Sauglängen l1, l2 und l3 beschleunigende bezw. verzögernde Kraftwirkungen
                              									äussern, welche in den obigen Hauptgleichungen mit zu berücksichtigen wären.
                           Soll beispielsweise die Sauglänge l1 mit dem Querschnitt F1 auf die Beschleunigung
                              										\frac{dc_1}{dt} gebracht werden, so ist eine Kraft
                           
                              \frac{F_1\,\cdot\,l_1\,\cdot\,\gamma}{g}\cdot\frac{dc_1}{dt}
                              
                           erforderlich.
                           Um den zweiten Saugwindkessel entbehrlich zu machen, kann man auf ihn ein genügend
                              									weites kommunizierendes Rohr setzen, wodurch der Windkessel II in ein sogen.
                              									Vorbassin und die Saugleitung von Saugbassin bis zum Vorbassin in eine gewöhnliche
                              									Ueberlaufleitung verwandelt wird.
                           In analoger Weise sind die übrigen Werte zu ermitteln.
                           Bei kleinen Windkesseln ist nach der früheren Gleichung
                           
                              p_a=p_m\left[1+\frac{\delta}{2}\,f(\alpha)\right]
                              
                           die Windkesselpressung eine Funktion des Kurbelwinkels, weil
                              									die Wasserentnahme aus der Saugleitung infolge der variablen Kolbengeschwindigkeit
                              									ungleichmässig erfolgt.
                           Bei genauen Rechnungen muss auch auf das endliche Treibstangenverhältnis geachtet
                              									werden.