| Titel: | Das Glas und die Silikate. | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 747 | 
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                        Das Glas und die SilikateNach La
                                    									Nature..
                        Das Glas und die Silikate.
                        
                     
                        
                           Unter sämtlichen chemischen Produkten nimmt das Glas unstreitig eine der
                              									hervorragendsten Stellungen ein, denn abgesehen von seiner Verwendung zu
                              									hauswirtschaftlichen Zwecken, Luxus- und Beleuchtungsgegenständen u.s.w., ist seine
                              									Verwendung zu Linsen für optische Apparate von der hervorragendsten Bedeutung für
                              									die Wissenschaft. Da das Glas von chemischen Agentien nicht angegriffen wird,
                              									ermöglicht es die Isolierung labiler Körper, deren Konservierung und die Erforschung
                              									ihrer Eigenschaften, durch das Glas ist die Zersetzung des Lichtes in seine
                              									Bestandteile, die Herstellung der durchkreuzten Farben und die Spektralanalyse
                              									ermöglicht worden; kurz, die Physiker, Chemiker, Astronomen und Naturforscher
                              									verdanken demselben ihre Entdeckungen.
                           Ungeachtet dessen scheint es, dass ein ausgiebiges Studium des Glases und der
                              
                              									Silikate von den Gelehrten versäumt worden ist, wenigstens sind sehr wenig
                              
                              									Abhandlungen über diesen Gegenstand bekannt und von diesen ist in keiner einzigen
                              									eine vollkommene Geschichte seiner Entdeckung enthalten. Sonderbar ist es auch, dass
                              									die Art der Herstellung des Glases mit der in den ältesten Zeiten fast dieselbe
                              									geblieben ist und dass dieselben Angaben hierüber sowohl in den neuesten Schriften,
                              									wie indenen vor hundert und mehr Jahren enthalten sind. Nur über die Silikate
                              
                              									selbst finden wir wirkliche Entdeckungen und neue industrielle Verwendung
                              									derselben.
                           Nach Plinius ist, wie bekannt, die Erfindung des Glases
                              									einem Zufall durch phönizische Kaufleute zuzuschreiben, was hier nicht wiederholt zu
                              									werden braucht, welche Angabe jedoch nicht auf Wahrheit beruhen kann, da bei diesem
                              									bekannten Vorfall, welcher zur Erfindung des Glases geführt haben soll, es nicht
                              									möglich war, eine Hitze von mindestens 1200° zu erzeugen, welche zur Verbindung von
                              									Sand und Natron erforderlich ist.
                           Es muss daher ein anderer, mehr auf wissenschaftlicher Grundlage beruhender Vorfall
                              									angenommen werden. In der von Plinius angegebenen Zeit
                              									war schon lange die Fabrikation von Töpferwaren und das Ausscheiden von Metallen aus
                              									den hierzu verwendeten Mineralien bekannt, wozu Oefen benutzt wurden, welche
                              									bedeutende Hitzegrade aushalten konnten; hierbei kann es leicht vorgekommen sein,
                              									dass ein intelligenter Arbeiter die Entdeckung gemacht hat. Ungeachtet dessen kann
                              										Plinius, welcher die Entdeckung den Phöniziern
                              									zuschreibt, Recht behalten, da die letzteren dieselbe am besten infolge des
                              									Vorhandenseins in ihrem Lande von Sand, Natron und nötigem geeigneten Brennstoff
                              									hierzu in der Lage waren. Obwohl in dem Alten Testament von der Glasindustrie keine
                              									Rede ist, so ist wohl anzunehmen, dass die Aegypter Glassachen besassen, deren Entstehen
                              									weiter zurückreicht, als in die Zeit von Tyrus und Sidon.
                           In den Glashütten von Tyrus und Alexandrien wurden nicht allein farblose Glaswaren
                              									hergestellt; die Erzeugnisse besassen schon eine grössere Vervollkommnung, indem das
                              									Glas mit Hilfe von Diamanten geschnitten wurde; man färbte das Glas durch
                              									metallische Oxyde, sie wurden vergoldet, kurz es wurden Glassachen wie in der
                              									jetzigen Zeit hergestellt. Wie auch die Entstehungsweise des Glases gewesen sein
                              									mag, so war dasselbe doch schon in dem grauesten Altertum bekannt. Auf dem
                              									Grabdenkmal von Beni Hassan, welches gegen 2000 Jahre vor Christus zurückreicht,
                              									sind Abbildungen von Glasarbeitern vorhanden. Die Aegypter führten ihre Glaswaren in
                              									Rom ein, wo dieselben binnen kurzem ein bedeutender Handelsartikel wurden. Wie gross
                              									die gebrauchte Glasmenge gewesen sein muss, ergibt sich hieraus, dass ein gewisser
                              										Scaurus zur Feier seiner Ernennung zum Edil ein
                              									Theater bauen liess, dessen einer Rang aus Glas bestand, desgleichen wurde das
                              									Fensterglas verwendet; in Herkulanum sind Fensterscheiben gefunden worden, deren
                              									Herstellungsweise sich wenig von der jetzigen unterscheidet. Die Gallier übernahmen
                              									diesen Industriezweig von ihren Besiegern; derselbe ging jedoch bald wieder
                              									verloren, da sogar im 6. und 7. Jahrhundert keine Spuren von Glashütten zu finden
                              									sind. Nach Frankreich kam die Kenntnis der Glasfabrikation durch die Kreuzzüge und
                              									wurde der Handel mit Glaswaren bald zu einem angesehenen Erwerbszweig, da sogar der
                              									Adel, welchem alle Handarbeiten untersagt waren, das Recht der Glasbläserei besass.
                              									Unter Philipp dem Schönen wurden die Glasfabrikanten geadelt, welcher Adel am Ende
                              									des 16. Jahrhunderts einer Untersuchung unterworfen und bestimmt wurde, dass die
                              									Beschäftigung mit Glasfabrikation zwar keine Beeinträchtigung des Adelsprädikats
                              
                              									begründe, jedoch nicht das Recht zur Führung des letzteren erteile, welche
                              									Bestimmung Heinrich IV. durch ein besonderes Edikt bestätigte.
                           Am hervorragendsten hatte sich die Glasfabrikation in der Republik Venedig
                              									ausgebildet, wo die Glaswaren den bedeutendsten Teil zu ihrem kommerziellen Reichtum
                              									bildeten, so dass den Glasfabrikanten, sowohl den Besitzern als Arbeitern, mit
                              									grossem Misstrauen begegnet wurde. Am Ende des 13. Jahrhunderts erliess der Hohe Rat
                              									ein Ausfuhrverbot für sämtliche zur Glasfabrikation notwendige Materialien, sogar
                              									für zerbrochenes Glas. Ein Erlass vom Jahre 1289 verordnete die Ansiedelung der
                              									Glasfabrikanten auf der kleinen Insel Murono, welche von Venedig nur durch einen
                              									kleinen Wasserstreifen getrennt ist, wodurch die Ueberwachung erleichtert wurde.
                              									Durch diese Massregeln wurden jedoch die Ueberläufer nicht abgeschreckt, denn im
                              									Jahre 1547 erliess der Hohe Rat einen Befehl an sämtliche ausgewanderte Glasarbeiter
                              									zur Rückkehr unter Androhung der Verhaftung ihrer Eltern und bei nicht sofortiger
                              									Rückkehr der Konfiskation ihres Vermögens; es wurden sogar geheime Boten zur
                              									Ermordung jeden Arbeiters ausgesandt, welcher sich im Ausland fest etablieren
                              									sollte, und da dies alles nicht ausreichte, wurden diese Strafbestimmungen 1762 noch
                              									verschärft.
                           Von Venedig kam die Glasindustrie durch die Auswanderer nach Frankreich, Toskana,
                              									Deutschland und Böhmen. Holländische Arbeiter liessen sich in England nieder, wo
                              									binnen kurzem eine grosse Anzahl von Fabriken entstand.
                           In Frankreich liess sich unter Heinrich II. der Italiener Thesco Mulio in Saint-Germain nieder, dessen Fabrik nicht von grosser
                              									Bedeutung war und bald einging. Heinrich IV. gründete neue Fabriken in Paris und
                              									Nevers, und Golbert unter Ludwig XIV. Fabriken von
                              									Spiegel- und besonders Fensterglas. Von verschiedenen Schriftstellern wird
                              									behauptet, dass die Fabrikation von Luxusglas zu jener Zeit in Frankreich unbekannt
                              
                              									war und daher die Glasindustrie im 18. Jahrhundert in Verfall geriet. Indessen sind
                              									in den 1827 erschienenen Werken von Dumas zahlreiche
                              									Beschreibungen der Vorgänge bei der Glasfabrikation enthalten, obwohl er keine neue
                              									Methoden derselben erwähnt. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Glasindustrie in
                              
                              									einer Zeit (18. Jahrhundert) in Verfall geraten sein sollte, in welcher sämtliche
                              									bemerkenswerteEigenschaften des Glases, sowie seine Streckbarkeit unter
                              
                              									Einfluss von Hitze bekannt waren.
                           Einen grossen Aufschwung erhielt besonders die Glasspinnerei, so dass man Fäden davon
                              									spann, welche an Feinheit der Seide gleichkamen und gewebt werden konnten und
                              									Kleider angefertigt wurden, worauf man kürzlich wieder zurückgekommen ist. Unter
                              									Ludwig XV. und Ludwig XVI. wurden sogar schwarze Perücken aus gesponnenem Glas
                              									angefertigt, welche mittels kleiner Eisen frisiert werden konnten und einen
                              									Gegenstand der grössten Eleganz bildeten.
                           Seit langer Zeit war übrigens das doppelt kieselsaure Kali- und Bleisalz bekannt, aus
                              									welchem nach einer Analyse von Fougeroux de Boudoroix
                              									vom Jahre 1787 der Spiegel Virgil's bestanden hat.
                              									Woher der Name „Spiegel Virgil's“, welcher in der Abtei von Saint-Denis
                              									aufbewahrt wird, stammt, ist ungewiss, wahrscheinlich gehörte er nur demselben oder
                              									ist zu dessen Zeit angefertigt worden.
                           
                        
                           Bestandteile des Glases, das Wasserglas und dessen
                              									Verwendung.
                           Die Feststellung der Bestandteile des Glases und ihrer chemischen Formeln sind Berzelius zu verdanken, welcher die sauren
                              									Eigenschaften der Kieselerde untersuchte und für die alkalischen Silikate den
                              									kohlensauren Salzen entsprechende Formeln geschaffen hat. Sämtliche Glasarten
                              									bestehen aus doppelt kieselsauren Salzen mit einer. alkalischen Basis, dem Natron
                              									oder Pottasche und einer erdartigen oder metallischen Basis, wie Kalk, Schwerspat,
                              									Thonerde, Bleioxyd u.s.w. Ihre chemischen Eigenschaften ändern sich je nach den
                              									letzteren.
                           Das Wasserglas wird aus einem Gemisch von Sand und kohlensaurem Natron hergestellt,
                              									welches einer hohen Temperatur ausgesetzt wird, wobei der Sand überwiegen muss, da
                              
                              									andernfalls die Zersetzung nicht vollkommen ist und die Kohlensäure nicht frei wird.
                              									Dies kann noch durch einen Zusatz von Kohlenstaub unterstützt werden, jedoch in
                              									ausreichender Menge, um die Umwandelung sämtlichen Gases in Kohlenoxyd zu
                              									bewerkstelligen. Das Wasserglas wird von kaltem Wasser nicht oder doch wenig
                              									angegriffen, dagegen ist es in kochendem Wasser löslich. Das Wasserglas bildet eine
                              
                              									klebrige, in konzentriertem Zustand trübe Flüssigkeit.
                           Die Lösung zu gewerblichen Zwecken enthält im allgemeinen 28 bis 35° auf 100 Teile
                              									Wasserglas; an der Luft erhält man eine glasartige Masse, welche noch 10 bis 12° auf
                              									100 Teile Wasser enthält. Mit Schwefelsäure oder Chlorwasserstoffsäure behandelt,
                              									ergibt es eine gallertartige Masse.
                           Ungeachtet der schweren Löslichkeit der alkalischen Silikate in kaltem Wasser können
                              									dieselben dennoch nicht zur Anfertigung von Trinkgefässen oder anderen zur
                              									Aufbewahrung von Flüssigkeiten bestimmten Gefässen gebraucht werden. Im Jahre 1780
                              									versuchte man in Bayel in der Champagne Trinkgefässe anzufertigen und verwendete
                              									hierzu eine Zusammensetzung von 100 Teilen Glaserde, 100 Teilen Pottasche und etwas
                              									Kalk. Die hiervon verfertigten Gläser waren unklar und von geringer Haltbarkeit; sie
                              									zerflossen leicht und bildeten eine starke alkalische Lösung. Die alkalischen
                              									Silikate und besonders das Wasserglas können als erste Substanz der Produkte der
                              									Glasfabrikation angesehen werden, welche, man jedoch nur durch Mischung des
                              									löslichen Glases aus einer erdartigen oder metallischen Basis erhalten kann.
                           Hinsichtlich anderer Verwendungen des Wasserglases heben wir besonders seine
                              									Widerstandsfähigkeit gegen Feuer hervor.
                           Seit dem schrecklichen Brand des Wohlthätigkeitsbazars und der Comédie française hat
                              									die Imprägnierung gegen Feuer eine hervorragende industrielle Bedeutung erhalten.
                              									Auf der Weltausstellung 1900 war die Benutzung nicht imprägnierten Holzes und
                              									Gemälde verboten. Sämtliche Theaterdekorationen müssen jetzt dem heftigsten Feuer
                              									widerstehen und sind die Vorschriften so streng, dass infolgedessen eine ganze Reihe
                              									von Mitteln zur Imprägnierung gegen Feuersgefahr erfunden worden sind. Man darf
                              									jedoch nicht annehmen, dass die Lösung dieser Aufgabe darin bestehen kann, das Harz
                              									oder auch das Petroleum durch andere Flüssigkeiten zu ersetzen oder dass es ausreicht, in
                              									die färbende Substanz Salze, wie z.B. salzsaures Ammoniak und gaserzeugende,
                              									feuerwidrige Stoffe einzuführen. Besonders das letztere Verfahren erscheint
                              									widersinnig und besteht hauptsächlich darin, die Feuersgefahr durch die
                              									Erstickungsgefahr zu ersetzen.
                           Der Professor der Chemie, Troost, empfiehlt besonders
                              									den Gebrauch von Ueberzügen aus Hydroborsäure oder borsauren Salzen, hat jedoch
                              									erkannt, dass die Silikate eine vollkommene Feuersicherheit bieten. Das kieselsaure
                              									Salz leistet vorzügliche Dienste, ein Gemälde o. dgl. feuerfest zu machen, wozu es
                              									durch seinen geringen Preis und leichte Anwendung besonders geeignet ist. Diese
                              									Methode hat den Anspruch, die älteste zu sein, da sie vorteilhaft in einigen
                              									Theatern, besonders in München, im Anfang des verflossenen Jahrhunderts angewendet
                              									wurde.
                           Zum Ueberziehen von Holz und Stoffen, welche leicht faul werden, ist es erforderlich,
                              									eine Lösung von Wasserglas zu verwenden, welche wenig kohlensaures Salz enthält und
                              									muss ein vier- bis fünfmaliges Anstreichen erfolgen. Obwohl das lösliche Glas selbst
                              									ein vorzügliches Präservativmittel gegen Feuer ist, so wird diese Eigenschaft noch
                              									durch einen Zusatz mit einem anderen unverbrennbaren und fein gemahlenen Stoff
                              									erhöht. Hierzu dient besonders Eisen und Bleischlag, Feldspat, Flussspat u.a. Zur
                              									Imprägnierung des Holzes im Theater in München hatte man eine Mischung von 1/10 gelber
                              									Thonerde und 9/10
                              									Silikat benutzt.
                           Bei Imprägnierung von Stoffen müssen dieselben nach dem Eintauchen einem starken
                              									Druck ausgesetzt werden.
                           Da das Wasserglas jedoch auf manche Farbstoffe, wie z.B. auf Preussisch Blau,
                              
                              									Kobaltblau, Lacke und Karmin, ungünstig einwirkt, so ist die Benutzung desselben in
                              									der Malerei eine sehr schwierige. Dieser Uebelstand dürfte sich durch gefärbte
                              									Silikate vermeiden lassen.
                           Das Bleisilikat besitzt eine rein weisse Farbe und wird leicht durch Mischung einer
                              									Wasserglaslösung und einer Lösung von salpetersaurem oder essigsaurem Blei gewonnen,
                              									wobei die auf dem Salz schwimmende Flüssigkeit abgegossen wird. Ueberwiegt das
                              									Wasserglas, so erhält man staubförmiges Krystallglas, welches den Gemälden ein
                              									porzellanartiges Aussehen verleiht. Bei einer Beimischung von etwas Bleiglätte
                              									erhält man ein vorzügliches Trockenmittel für Oelgemälde und ein wertvolles Mittel
                              									zur Bildung harziger Mischungen. Ausserdem kann das lösliche Glas bei einer
                              									Zusammensetzung mit Asbest zur Herstellung eines sehr harten und unschmelzbaren
                              									Stoffes verwendet werden, welcher vorteilhaft zum Kitten von Glas und Porzellan
                              
                              									gebraucht wird. Derselbe trocknet sofort und dient zum hermetischen Verschluss von
                              									Gefässen für verfliegbare Flüssigkeiten u. dgl.
                           
                        
                           Die Glasfabrikation. Allgemeine Eigenschaften.
                              									Glasbearbeitung.
                           Es ist nicht möglich, im Rahmen dieser Abhandlung sich lange bei der Fabrikation des
                              									Glases aufzuhalten, da die eingehende Beschreibung der Glasöfen und der
                              									Vorrichtungen und Geräte zur Herstellung jedes einzelnen der verschiedenen
                              									Gegenstände zu weit führen würde. Die verschiedenen Glasarten besitzen verschiedene
                              									Grade der Schmelzbarkeit, welche von den besonderen chemischen Bestandteilen
                              									abhängen.
                           Je nach der Art des Glases, welches man herstellen will, gebraucht man Tiegel aus
                              									feuerfester Thon- oder Ziegelerde, aus Cement mit kohlensaurem Natron, aus
                              									Kieselerde mit einer entsprechenden Basis, welche Bestandteile vollkommen und in
                              									entsprechenden Verhältnissen gemischt werden müssen, da man anderenfalls eine
                              									Mischung von physikalischen Eigenschaften, aber keine chemische Verbindung erhalten
                              									würde. Die einzelnen Bestandteile müssen vollkommen rein sein und man verwendet
                              									daher fein gesiebten Sand oder Quarz.
                           Nach Füllung der Tiegel, welche verschieden geformt und von verschiedener Grösse sein
                              									können, werden dieselben einer Temperatur von ungefähr 1100° in den Oefen zum
                              									Schmelzen ausgesetzt, wobei von Zeit zu Zeit eine Probe entnommen wird, um den Grad
                              									der Klarheit festzustellen. Das Glas wird mehrere Stunden hindurch
                              									ingeschmolzenem Zustand erhalten, um sämtliche Unreinigkeiten und Gase, welche
                              									ein blasiges Produkt liefern würden, zu entfernen.
                           Die Dauer des Schmelzens beträgt 10 bis 12 Stunden, und sobald dasselbe beendet ist,
                              									wird die Masse während 5 bis 7 Stunden innig gemischt, worauf man sie auf 750°
                              									erkalten lässt, in welchem Zustand das Glas teigartig ist und sich leicht bearbeiten
                              									lässt.
                           Jede Glasart kann unter Einwirkung von Temperaturen, gewöhnlich unter 1200°, flüssig
                              									gemacht werden. Das Krystallglas ist das am leichtesten schmelzbare, während das
                              									weisse Glas durch seinen Kalkgehalt schwerer schmelzbar ist; die Anwesenheit von
                              									Thonerde, Eisenoxyd oder Manganerz erhöht die zum Schmelzen erforderliche
                              									Temperatur.
                           Die Entglasung. Der Vorgang der Entglasung besteht in
                              									der Aenderung der Beschaffenheit, welche das auf eine hohe Temperatur gebrachte und
                              									nachher einer langsamen Abkühlung unterworfene Glas durchmacht. Das doppelte Silikat
                              									wird ausgeschieden, die Kieselsäure verbindet sich mit zwei Basen und das Glas wird
                              									zu einem Gemisch von zwei Silikaten. Es nimmt dabei eine bedeutende Härte an, wird
                              									faserig, undurchsichtig, weniger schmelzbar und ein besserer Wärme- und
                              									Elektrizitätsleiter. Dieser Vorgang lässt sich um so leichter hervorrufen, als die
                              
                              									Beschaffenheit des Glases sich weiter von derjenigen eines alkalischen Silikates und
                              									einer molekularen Verbindung entfernt.
                           Ungeachtet dessen tritt dieser Vorgang bei Krystallglas schwer ein, während die
                              									Entglasung von Flaschenglas leichter ist, wenn die Flaschen mehrmals erhitzt und
                              									nach und nach abgekühlt werden.
                           Es ist leicht ersichtlich, dass der Vorgang des Entglasens bei der Glasfabrikation
                              									Schwierigkeiten bereitet, da die Masse nicht mehreremal erhitzt werden kann, um
                              									dieselbe leichter zu blasen und die Dicke der Wandungen zu vermindern.
                           Angenommen, man hätte mit einer geringen Masse von Glas mit reichem Kalk- oder
                              									Thonerdeinhalt zu thun, welche mehreremal geschmolzen worden ist, so würde es
                              									unmöglich sein, eine Kugel zu blasen, da das Glas hart geworden ist und die grösste
                              									Anstrengung der Lungen hierzu nicht ausreichen würde.
                           Die Vorsichtsmassregeln, welche bei der Zusammenstellung der Glasarten für optische
                              									Instrumente (Prismen, dicken Linsen u.s.w.) zu beobachten sind, sind noch viel
                              									bedeutender; je mehr Masse hierzu erforderlich ist, desto langsamer ist das Erkalten
                              									derselben. Glas mit einer Baryt- oder Thonerdebase entglast leicht. Desgleichen darf
                              									es zur Herstellung von Objektiven und Flint-(Kiesel-)glas oder Kronglas (doppeltes
                              									Silikat von Pottasche und Kalk) verwendet werden.
                           Es wurde gesagt, dass die Entglasung besonders in der Zersetzung des doppelten
                              									Silikats besteht. Man kann sich hiervon überzeugen, wenn man ein Stück entglastes
                              
                              									Glas zerbricht, wobei man eine Menge von kleinen Krystallen erblickt, welche der
                              									Masse ein porzellanartiges Aussehen verleihen.
                           Die Fabrikation von glasartigem Porzellan. Das entglaste
                              									Glas kann leicht das Porzellan, besonders das Porzellan von Bayeux ersetzen, aus
                              									welchem Gegenstände für den Gebrauch in Laboratorien angefertigt werden.
                           Die Gegenstände aus glasartigem Porzellan sind nicht mehr porös als diejenigen aus
                              									Porzellan von Bayeux und widerstehen hohen Temperaturen. Nach der Ansicht von Dumas müsste die Industrie von glasartigem Porzellan
                              									bald einen bedeutenden Aufschwung nehmen, da das Formen von aus diesem Material
                              									hergestellten Gegenständen viel einfacher ist als derjenigen aus Porzellan
                              									hergestellten. Auch ist das schillernde Aussehen von entglastem Glas ein bedeutend
                              									schöneres. Hierzu kommt, dass die Zerbrechlichkeit derartiger Gegenstände eine
                              									bedeutend geringere ist, als von Gegenständen aus gewöhnlichem Glas.
                           Stammt nun dieser Industriezweig aus unserer Zeit, in welcher die Thonbildnerei und
                              									die Fabrikation von Luxusgegenständen aus Glas so bedeutende Fortschritte gemacht
                              									hat? Es wäre interessant, zu erfahren, ob man durch die Entglasung nicht ähnliche
                              									Krystallisationseffekte erzielen könnte, wie man sie bei dem schönen Kopenhagener Porzellan
                              									wahrnimmt.
                           Vor ungefähr 100 Jahren stellte ein erfinderischer Industrieller, d'Arcet, aus entglastem Flaschenglas Fussbodenplatten
                              									für Wohnungen und verschiedene andere zur Mosaik verwendbare Gegenstände her.
                           Das auf eine verhältnismässig geringe Temperatur von 250 bis 350° erhitzte und darauf
                              									sehr langsam abgekühlte Glas entglast im allgemeinen nicht, wenn es auch ansehnliche
                              									Mengen von Thonerde oder alkalischerdige Basen enthält, sondern nimmt die
                              									Eigenschaft an, selbst plötzlichen Temperaturschwankungen zu widerstehen. Auf Grund
                              									dieser Eigenschaft beruht die Fabrikation der bedeutenden chemischen Instrumente,
                              									wie das Böhmische Glas u.s.w.
                           Das hierzu angewandte Verfahren zur Herstellung von Behältern, welche nur
                              									Temperaturen von 100 bis 110° auszuhalten haben, besteht in folgendem:
                           Die vollkommen voneinander getrennten Gläser werden in einen grossen Behälter
                              									gestellt, die Gläser und der Behälter mit Wasser gefüllt und letzteres zum Sieden
                              									gebracht, worauf die Abkühlung in Trockenkästen mit höherer Temperatur vor sich
                              									geht. Sollen die Gefässe plötzlichem Temperaturwechsel in erweiterten Grenzen
                              									ausgesetzt werden, so wird das Wasserbad durch ein Oelbad oder eine schmelzbare
                              									Mischung ersetzt. Infolgedessen konnten vollkommen unzerbrechliche Glasgegenstände
                              									angefertigt werden; man kann dieselben bis zum Weichwerden erhitzen und nachher in
                              									kaltes Wasser tauchen, was sie, ohne zu springen, aushalten.
                           Glasthränen. Wir kommen nun zu den Eigenschaften, welche
                              									eine plötzlich abgekühlte geschmolzene Glasmasse annimmt. Lässt man von einer
                              									geschmolzenen Glasmasse einige Tropfen in kaltes Wasser fallen, so tritt deren
                              									Erstarrung sofort ein und man erhält kleine feste Körper in Form von Thränen, welche
                              									in kleinen Glasfäden endigen. Wirft man eine solche Thräne selbst mit bedeutender
                              									Kraft hin, so wird dieselbe sehr schwer zerbrechen, da ihre äussere Hülle mehr oder
                              									weniger entglast und daher sehr fest ist. Bricht man dagegen die Spitze des Fadens
                              
                              									ab, so entsteht eine kleine Explosion, wobei die Teilchen der Thräne nach allen
                              									Richtungen zerstreut werden. Es kommt dies daher, dass die äussere Hülle plötzlich
                              
                              									erstarrt ist, während die inneren Teile noch eine hohe Temperatur besassen und sich
                              									daher in ausgedehntem Zustand befanden. Durch das plötzliche Abkühlen der äusseren
                              									Hülle haben daher die inneren Moleküle das Bestreben, einen bedeutend grösseren Raum
                              									einzunehmen, als dies ihrem Atomgewicht entspricht, wodurch eine bedeutende Spannung
                              									eintritt. Wird nun die Spitze abgebrochen, so zerstört man den Zusammenhang der
                              
                              									Hülle und sämtliche Moleküle wechseln plötzlich den Gleichgewichtszustand. Durch das
                              									Zusammenziehen entsteht eine grosse Anzahl von Bruchstellen und jedes abgebrochene
                              									Stück wird mit einer bedeutenden Kraft weggeschleudert.
                           Auf demselben Vorgang beruht die sonderbare Erscheinung bei der sogen. Bologneser
                              									Flasche, einem Probeglas, dessen Wandungen sehr stark und durch plötzliche Abkühlung
                              									erstarrt sind. Obwohl eine solche Flasche, wie bekannt, den heftigsten Stössen
                              									widersteht, zerbrichtsie sofort in tausend Stücke, sobald man in dieselbe ein
                              									Stück Glas wirft.
                           Die Härte des Glases. Wirkung des Diamanten. Obwohl man
                              									sich grösstenteils zum Linieren und Schneiden des Glases des Diamanten bedient, so
                              
                              									ist es in den meisten Fällen leicht, andere billigere Mittel hierzu zu verwenden.
                              									Benutzt man einen vom Steinschneider geschnittenen Diamanten, so kann man mittels
                              									des letzteren im allgemeinen nur die Oberfläche des Glases ritzen, da diese durch
                              									das Polieren eben geworden ist und sich daher in geradlinigen Richtungen teilen
                              									lässt. Dagegen benutzen die Glasarbeiter nur natürliche Steine. Man kann sich leicht
                              									davon überzeugen, dass die Oberflächen des Diamanten gekrümmt sind, die Kanten sind
                              									daher krummlinig. Setzt man nun den Diamanten so an, dass diese Krümmung tangential
                              									zur Oberfläche ist und jede Seite die gleiche Neigung hat, so erhält man eine Spalte
                              
                              									durch Druck. Es genügt dann eine geringe Kraftäusserung auf die Seiten der Spalte,
                              									um diese in gerader Linie zu verlängern und den Bruch zu beenden. Die Richtigkeit
                              									dieser durch Wollaston aufgestellten Theorie lässt sich
                              									leicht feststellen.
                           Nimmt man nun natürliche Krystalle von erforderlicher Härte und geradlinigen Kanten
                              									und ändert eine solche Spalte in eine krummlinige, so kann man mittels eines solchen
                              									Krystalles das Glas wie mit einem Diamanten schneiden. Wollaston erzielte vorzügliche Resultate mit einem Rubin, Saphir und sogar
                              									mit einem gewöhnlichen Bergkrystall.
                           Durch den Sauerstoff der Luft wird zwar das Glas nicht angegriffen, doch kann durch
                              									Wasserdampf ein der Entgasung entsprechender Vorgang bewerkstelligt werden. Glas mit
                              
                              									einer Base von Natriumsilikat und reichen Bestandteilen von Kalk wird durch Wasser
                              									leichter angegriffen. Es bildet sich eine Lösung von alkalischem Silikat und ein
                              									Niederschlag von farblosem Silikat, wobei das Wasser basisch bleibt. Nimmt man ein
                              									Stück Fensterscheiben- oder auch Spiegelglas und legt es in ein Platingefäss mit
                              
                              
                              									Wasser, so wird die Flüssigkeit binnen 2 oder 3 Tagen Lackmuspapier blau färben.
                           Infolge dieser Zersetzung werden Fenster- und Spiegelscheiben mit der Zeit trübe und
                              									verlieren an Dicke. Dieser Vorgang tritt besonders bei den Scheiben in Pferdeställen
                              									auf, welche oft die sämtlichen Farben des Regenbogens annehmen. Es ist jedoch auch
                              									anzunehmen, dass hierzu der sich an Orten, wo Dünger vorhanden ist, entwickelnde
                              									Ammoniak beiträgt.
                           Es muss an dieser Stelle noch auf das sonderbare Aussehen alter Glasgegenstände
                              									aufmerksam gemacht werden, welche man in Ruinen oder alten Gräbern gefunden hat und
                              									welche oft die Durchsichtigkeit in einer Weise verloren haben, dass sie wie verzinnt
                              									aussehen.
                           Natron und Pottasche, sowie alkalische Salze greifen in einer konzentrierten und
                              									kochenden Lösung das Glas an und erzeugen lösliche Silikate. Besteht das Glas aus
                              									einem bestimmten Silikat, so wird es auch durch stark konzentrierte Säuren
                              									angegriffen, bei mangelhafter Mischung dagegen kann es in Schwefel- oder
                              									Salpetersäure gelöst werden. Die an Thonerde reichen Glasarten sind am leichtesten
                              									löslich. Bei der Gewinnung und Polierung des Glases wird von dem Einfluss der
                              									Fluorwasserstoffsäure und der Kieselwasserstoffsäure die Rede sein.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)