| Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der Schwachstromtechnik. | 
| Autor: | Karl T. Fischer | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 773 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Neuerungen auf dem Gebiete der
                           
                           								Schwachstromtechnik.
                        Von Dr. Karl T. Fischer.
                        (Fortsetzung von S. 741 d. Bd.)
                        Neuerungen auf dem Gebiete der Schwachstromtechnik.
                        
                     
                        
                           II. Mikrophonie und Telephonie.
                           1. Ausser dem Telephonographen ist auf dem Gebiete der Telephonapparate in den
                              									letzten Jahren keine prinzipiell neue, für die Praxis direkt anwendbare Idee
                              									verwirklicht worden; die Simon'scheSiehe auch D. p.
                                       												J. S. 485 d. Bd., sowie Wiedemanns Annalen
                                       												für Physik, 64 S. 233 1898, und Physikalische Zeitschrift, II S. 255 1901. sprechende
                              									Bogenlampe, deren Wirkungsweise darauf beruht, dass eine mit Gleichstrom (etwa 12
                              									Ampère) betriebene Bogenlampenflamme F ertönt (Fig. 10), wenn auf ihren Stromkreis S2 der Stromkreis S1 eines Mikrophons M durch Induktion einwirkt, ist zwar eine höchst
                              									interessante Entdeckung gewesen und hat bereits zu einer Schallübertragung mittels
                              									Lichtwellen geführt (siehe später unter drahtloser Telephonie und Telegraphie), aber
                              									sie bedarf erst noch der weiteren Ausbildung, um ökonomisch in die Praxis eingeführt
                              									zu werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 773
                              Fig. 10.Sprechende Bogenlampe von Simon.
                              
                           2. Die Hauptbedürfnisse der Praxis bildeten die Vervollkommnung der bestehenden
                              									Mikrophonapparate, Verbesserung der Leitungsanlagen, so dass telephonische
                              									Uebertragungen auf grössere Strecken möglich wurden, und bessere Ausnutzung der
                              									bestehenden Leitungsnetze durch Erhöhung der Leistungsfähigkeit der
                              									Umschaltebureaus.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 773
                              Fig. 11.Kohlenwalzenmikrophon von Mix und Genest.
                              
                           Erst seit 1886 ist das Mikrophon in Anwendung und die Hauptentwickelung desselben lag
                              									darin, dass man die Zahl der Kohlenkontakte fortwährend vermehrte; bis vor kurzem
                              									war der allgemein namentlich bei der Reichspostverwaltung eingeführte Typus das
                              									Kohlenwalzenmikrophonvon Mix und Genest, Berlin
                              
                              										(Fig. 11) mit 3 Walzen und 6 Kontaktpunkten; zur
                              									Vermeidung der Rasselgeräusche und um die durch Sprechen auf die Tannenholzplatte
                              									erregten Schwingungen zu dämpfen, waren die Kohlenwalzen mit Filz und mit Hilfe von
                              									Federn in ihrer Bewegung eingeschränkt. Der Hauptnachteil der Walzenmikrophone blieb
                              									jedoch, dass die bewegten Massen zu gross waren, und daher den feinen Impulsen,
                              									welche beim Sprechen erfolgen, nicht genau und rasch genug folgen konnten. Die
                              									Aufgabe, die Zahl der Kohlenkontakte möglichst gross und die bewegten Teile
                              									möglichst klein zu machen, ist in der letzten Zeit sehr vollkommen und einfach
                              									dadurch gelöst worden, dass man statt der grösseren kompakten Kohlenwalzen oder
                              									Kohlenscheiben Kohlen-körner anwandte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 773
                              Fig. 12.Kohlenbeutelmikrophon von Siemens u. Halske.
                              
                           Im Kohlenbeutelmikrophon (Fig. 12) von Siemens und Halske wird ein guter Kontakt der
                              									Kohlenkörner bei vertikalstehender Membran dadurch hervorgebracht, dass die
                              
                              									Kohlenkörner – von 1 bis 2 mm Durchmesser – in einen Seidenbeutel eingeschlossen
                              									sind, der einerseits an das mit der Aluminiummembran verbundene Kohlenstuck und
                              									andererseits an ein mit der Rückwand verbundenes Kohlenstück festgebunden ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 773
                              Fig. 13.Kohlenkörnermikrophon von Mix und Genest.
                              
                           Im Kohlenkörnermikrophon von Mix und Genest (Fig. 13) ist die Sprechmembran eine kaum 1 mm dicke
                              									Kohlenplatte; an dieser liegen die Kohlenkörner direkt an; um sie am Zusammensinken
                              									und Festklemmen zu hindern, sind auf dem hinteren Kohlenkörper Rinnen und
                              									Vertiefungen eingedreht; der Abschluss des Kohlenkörnerraumes erfolgt durch einen
                              									dünnen zwischen Sprechmembran und Metallgehäuse angebrachten Filzring. Ein sehr
                              									wichtiger Vorteil der Anordnung von Mix und Genest
                              									besteht darin, dass
                              									die ganze die Kohlenteile enthaltende Kapsel, welche die Grosse einer Taschenuhr
                              									hat, sehr einfach ausgewechselt werden kann (vgl. Fig.
                                 										13); es ist zu diesem Zwecke die Sprechkapsel nur in das äussere Gehäuse
                              									einzudrücken und mittels Bajonettverschlusses festzuhalten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 774
                              Fig. 14.Automatischer Schalter von Mix und Genest (System West).
                              
                           3. Um den Telephonanschluss zu verbilligen und eine stärkere Beanspruchung der
                              									Leitungen zu ermöglichen, gestattet die neue Fernsprechgebührenordnung, dass an eine
                              									Hauptleitung fünf Nebenleitungen angeschlossen werden
                              									dürfen, so dass also z.B. die Inwohner eines Hauses eine und dieselbe
                              									Telephonleitung benutzen können; bisher war nun, um die entsprechenden Verbindungen
                              									herzustellen, eine eigene Person nötig, in der Regel war diese der Pförtner, welche
                              									die innerhalb des Hauses nötigen Anschlüsse besorgte; ein von Julius H. West konstruierter und von Mix und Genest in Berlin ausgeführter automatischer
                              									Schalter (Fig. 14 und 15) macht die Anwesenheit einer Mittelperson, die die fünf Nebenleitungen
                              									an die Hauptleitung anschliesst, überflüssig, und gibt die Möglichkeit, dass jede
                              									Nebenleitung sowohl direkt mit dem Hauptamt in Verbindung treten kann, als auch
                              									direkt vom Hauptamt angerufen werden kann, ohne dass die Verbindung seitens einer
                              									Nebenschlussstelle gestört wird oder das Gespräch von einer Nebenschlussstelle aus
                              
                              									mit angehört werden kann.
                           Die erste Aufgabe ist sehr leicht zu erfüllen: es braucht ja nur in dem Moment, wo
                              									der Anschluss wünschende Abonnent das Telephon abhebt, ein Stromkreis geschlossen zu
                              									werden, welcher die übrigen Teilnehmer verhindert, beim Abnehmen des Telephons
                              									Anschluss an die Zentrale zu erhalten; in der in Fig.
                                 										15 gekennzeichneten Anordnung wird der Anschluss durch einen
                              									Verriegelungsmagneten v unmöglich gemacht, indem die
                              									Elektromagnete v, wenn sie erregt sind, den Anker A anziehen und dadurch den Telephonhebel verhindern,
                              									den Kontakt a herzustellen, wenn das Telephon
                              									abgenommen wird. Im Moment, wo ein Teilnehmer, etwa III, um zu sprechen, das Telephon abnimmt, wird die allen Teilnehmern
                              									gemeinsame Mikrophonbatterie mittels desKontaktes b geschlossen (durch M und die Primärrolle
                              										p des Mikrophontransformators hindurch über die
                              									Linie 2 und l5), dadurch der Elektromagnet B erregt und der Anker desselben angezogen; dadurch
                              									wird bei c3 Kontakt
                              									hergestellt und die „Verriegelungsbatterie“
                              									V geschlossen, nämlich über l6, die Kontaktschiene s1, die mit dieser
                              									Kontaktschiene s1 in
                              									Berührung stehenden Federn FIFII ... FVI, welche mit den
                              									Klemmen 1 der 6 Telephone in Verbindung stehen, und die
                              									Verriegelungselektromagnete v. Es hat dann nur
                              									Teilnehmer III die Möglichkeit, das Telephonamt
                              									anzurufen. Um den übrigen Nebenstellen anzuzeigen, dass in ihrem Apparat der
                              									Verriegelungsmagnet erregt ist, ist am Anker A eine
                              									halb schwarze, halb weisse Scheibe angebracht, die nach Art der Hoteltelegraphen
                              									schon äusserlich erkennbar macht, wie der Anker A
                              									steht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 774
                              Fig. 15.Schema zum automatischen Schalter von Mix und Genest (System
                                 										West).
                              
                           Komplizierter ist die Einrichtung, welche es ermöglicht, dass von dem Telephonamt aus
                              
                              									ein Teilnehmer, etwa III, angerufen wird, ohne dass die übrigen Nebenstellen in
                              									Mitleidenschaft gezogen werden oder das Gespräch mit anhören können, das mit III beabsichtigt ist. Es sind hierfür ein kleiner
                              									Elektromotor D und vier Scheiben rS1S2 und R1 nötig, welche auf
                              									einer und derselben Achse a1 sitzen und in der Figur nebeneinander gezeichnet sind, sowie das auf
                              									gemeinsamer zweiter Achse a2 sitzende Zahnradsegment S und Bügel B. Mit der Achse a1 fest verbunden ist das Schneckenrad r mit dem Hebel h1, welcher eine Sperrklinke h trägt; h greift in das Steigrad Z ein, welches mit S1 und S2 starr verbunden ist und lose auf der Achse a1 sitzt; ferner sitzt
                              									das Steigrad R1 und das
                              									mit ihm fest verbundene Zahnradstück r1 lose auf der Achse. Die Spiralfeder F sucht das Steigrad R1 im Sinne des Uhrenzeigers herumzudrehen.
                           Die gezeichnete Stellung ist die Ruhelage und gilt, wenn keine Verbindung mit dem
                              									Telephonamt besteht; will dieses den Teilnehmer III anrufen, so schickt es in die
                              									Hauptleitung L1L2 drei kleine
                              									Stromstösse. Diese drei Stromstösse lassen den Elektromagneten E, der etwa 10000 Ohm besitzt und grosse
                              									Selbstinduktion hat – so dass sehr rasch wechselnde Ströme ihn nur schwer passieren
                              									können – dreimal seinen Anker anziehen, und das Steigrad R1 rückt um drei Zähne im Sinne des
                              									Uhrenzeigers weiter. Dadurch ist auch der den Hammer H
                              									tragende Hebel mit fortgerückt worden, um gegenüber der Feder FIII zur Ruhe zu
                              
                              									kommen, da die Finne des Hammers in dem Einschnitt z
                              									der Scheibe S2 liegt,
                              									so dass bei der Drehung von R1 auch S2 und
                              									das mit ihm fest verbundene S1 mitgenommen wird. Durch die Drehung von S1 ist der Hebel H1 nach links gedreht worden und hat
                              									dadurch die Kontaktfeder f1f2
                              									niedergedrückt. Durch Kontakt c1, der dadurch geschlossen wird, wird der
                              									Elektromotor D in Gang gesetzt, c2 schliesst den Stromkreis der
                              
                              									Verriegelungsbatterie V, so dass Strom von V aus über c2
                              									l6, Kontaktschiene s2, durch die mit s2 in Berührung
                              									stehenden Federn FI ...
                              										FVI nach den
                              									Klemmen 1 der Verriegelungsmagnete v strömen und über l5 zur Batterie zurückkehren kann. Es wären zunächst
                              									also alle Telephonhaken verriegelt; der Motor D
                              									entriegelt den Magneten v in der Nebenstelle III; denn indem er das Schneckenrad r in Drehung versetzt, treibt die Klinke k das Zahnrad Z und damit
                              									auch S2 vorwärts; der
                              									Hammer H, der FIII gegenübersteht, wird aus der Finne z herausgehoben und drückt gegen den Ebonitknopf der
                              									Feder FIII, so dass
                              									diese von der Kontaktschiene s1 abgehoben und Telephonanschluss III entriegelt wird. Diese Entriegelung dauert so lange
                              									an, bis die Scheibe S2
                              									mittels des Motors nahezu einmal umgedreht wurde, so dass Hammer H in die Finne zurückfallen kann, das ist bei der
                              									gegenwärtigen Ausführung etwa 1½ Minuten, während dieser 1½ Minuten ist also I II IV V VI verriegelt; III ist mit der Leitung L1L2 nach dem Telephonamte verbunden und dieses kann
                              									über L1
                              									s2
                              									III und lIII, den Wecker w, den
                              									Anker A, Punkt 4 und L2 den Wecker w in Thätigkeit setzen. Kommt der Teilnehmer III innerhalb der 1½ Minuten an sein Telephon und nimmt
                              									er daselbst den Hörer vom Haken, so wird mittels Kontaktes c3 wie früher die Mikrophonbatterie und
                              									die Verriegelungsbatterie für die übrigen Sprechstellen eingeschaltet und er kann
                              									ungestört sein Gespräch führen; der Wecker w ist dabei
                              									ausgeschaltet worden, indem eine am Telephonträger h
                              									angebrachte schräge Feder (in der Figur nicht gezeichnet) den Anker A ein klein wenig vom Kontakt c abhebt. Ist der Teilnehmer III auf den
                              									Anruf nicht an seinen Apparat gekommen, ehe der Hammer H in seine Finne z zurückgefallen ist, so
                              									wird durch den Daumen g auf S2, der in der Bahn der Nase o des Bügels S eingreift,
                              									das Zahnradstück S, welches bei der Einstellung von r1 etwas nach links
                              									gedreht worden ist, nach rechts geschoben und dadurch die Feder von r1 wieder aufgezogen.
                              									Der Hammer H fällt in seine Finne zurück, H1 fällt in die
                              									Vertiefung auf S1 und
                              									durch Oeffnung der Kontakte c1c2c3 wird die Ruhelage
                              
                              									wieder hergestellt.
                           Es erfüllt somit der West'sche automatische Umschalter
                              									für die Nebenschlussstellen die Bedingung, dass durch seine Vermittelung jede
                              									Nebenschlussstelle unabhängig von den anderen sowohl das Telephonamt direkt anrufen
                              
                              									als auch vom Telephonamt direkt angerufen werden kann, ohne dass das betreffende
                              									Gespräch von den anderen Nebenschlussstellen aus mit angehört werden kann. J sind die Anrufinduktoren; sie sind so geschaltet,
                              									dass der Rufstrom erst passieren kann, wenn die Hörer abgenommen sind, so dass
                              									Kontakt a geschlossen ist.
                           Eine kleine weitere Zugabe zu den beschriebenen Details ermöglicht es den
                              									Nebenschlussstellen, Gespräche auch unter sich zu führen.
                           Die Einführung des West'schen automatischen
                              									Umschalters verbilligt das Telephonabonnement erheblich; wird, wie es in Berlin
                              									zutrifft, für den Hauptanschluss ein Abonnementspreis von 180 M. und für jeden
                              									Nebenanschluss von 15 M. zu Grunde gelegt, sowie 4 %ige Verzinsung des
                              									Anlagekapitals und 7 bis 10 % für Abschreibung, Unterhaltung der Apparate und
                              									Akkumulatorenbatterie angenommen, so stellen sich die durchschnittlichen
                              										JahreskostenNach E. Ruhmer, Physikal. Zeitschrift, II S. 160
                                    											1900. der Teilnehmer bei:
                           
                              
                                 1 Hauptanschluss:
                                 1
                                 2
                                 3
                                 4
                                 5
                                 Nebenstellen
                                 
                              
                                 auf   180
                                 118
                                 88
                                 73
                                 64
                                 58
                                 Mark
                                 
                              
                           und reduzieren sich somit auf einen so niedrigen Betrag, dass
                              									schliesslich jeder Hausbesitzer seinen Mietern ohne allzu grosse Ausgabe die
                              									Bequemlichkeit des telephonischen Anschlusses bieten kann.
                           4. Erweitert man die Aufgabe des West'schen
                              									automatischen Schalters für Nebenschlussstellen, so kommt man zu der Forderung,
                              									einen automatischen Schalter zu konstruieren, welcher es ermöglicht, von einer
                              									Stelle aus nicht bloss fünf Teilnehmer mit Hilfe einer Leitung anzurufen, sondern
                              									etwa die Teilnehmer einer ganzen Zentrale, und damit zu einem „selbstthätigen Fernsprechvermittelungsamt“,
                              									d.h. zu einem Amt, das keinerlei Beamte mehr benötigt, um einzelne Verbindungen
                              									herzustellen, sondern es jedem Teilnehmer des Telephonnetzes erlaubt, sich selbst
                              									mit einem anderen Teilnehmer automatisch zu verbinden.
                           Im Prinzip wird bei einem selbstthätigen FernsprechvermittelungsamtElektrotechnische
                                       												Zeitschrift, S. 674 1898, S. 277 u. 641 1901. die
                              									Herstellung von Verbindungen ähnlich wie bei West
                              									dadurch erreicht, dass eine bestimmte Anzahl von Stromstössen einen bestimmten
                              									Kontakt – wie in der Fig. 15 – die Kontakte FI ... FVI einstellt. In einem
                              									Amt für 100 Teilnehmer hat jeder Teilnehmer einen Schaltapparat, zu dem die
                              									sämtlichen Leitungen der übrigen Teilnehmer geführt sind. Die Anschlusskontakte sind
                              									auf einem Cylinder angeordnet und zwar so, dass je zehn vertikal übereinander und je
                              									zehn horizontal auf demselben Kreis gleichmässig verteilt, angeordnet sind, im
                              									ganzen also sich zehnmal zehn Kontaktstellen auf einem Cylinder befinden. Horizontal
                              									sind die Einer angeordnet, die zweite nächsthöhere Reihe enthält die Anschlüsse für
                              									zehn bis zwanzig u.s.w. Um eine Verbindung mit einer bestimmten Nummer herzustellen,
                              									dienen zwei Elektromagnete, die Echappements in Bewegung setzen, von denen das eine
                              									einen horizontalen zehnfach gerieften Cylinder zahnweise in die Höhe schiebt, um die
                              									Zehnerreihe einzustellen und deren anderer die entsprechende Horizontaldrehung im
                              									Anschlusscylinder hervorbringt. Die vom Teilnehmer aus in das Amt führende Leitung
                              									endigt in zwei feststehenden Kupfer federn, die nach erfolgter Hebung und Drehung
                              									des Anschlusscylinders mit der gewünschten Sprechstelle in Verbindung kommen. Um die
                              									beiden Elektromagnete zu bethätigen, führen von jedem Teilnehmer drei Leitungen in
                              									das Vermittelungsamt, wovon eine als Rückleitung dient und durch die Erde ersetzt
                              									werden kann; von den übrigen zweien führt die eine zum Zehner – die andere zum
                              									Einerelektromagneten. Aeusserlich geschieht die Einstellung dadurch, dass nach
                              									Abheben des Telephons eine unterhalb des Mikrophons angebrachte Metallscheibe mit
                              
                              									zehn Ziffern von einer bestimmten Ziffer an bis zu einem Anschlag gedreht wird, also
                              									wenn z.B. Nr. 35 gerufen werden soll, dadurch dass die Metallscheibe erst von der
                              									Stelle 5 an bis zum Anschlag gedreht wird, dann in die
                              									Anfangslage zurückgeht und darauf von der Zahl 3 ab
                              									nochmals bis zum Anschlag weiter gedreht wird. Durch die beiden Drehungen ist die
                              									Verbindung mit dem Teilnehmer Nr. 35 hergestellt. Darauf wird der Teilnehmer wie
                              									gewöhnlich angerufen und durch Ertönen des Weckers das Freisein der Leitung
                              									angezeigt. Bleibt der Wecker nach Herstellung der Verbindung stumm, so ist die
                              									Leitung des Angerufenen belegt. Die Aufhebung der Verbindung geschieht automatisch,
                              									wenn das Telephon wieder eingehängt wird. Während des Gespräches ist die Verbindung
                              									zwischen den Teilnehmern ohne Benützung der Erde durch zwei metallische Leitungen
                              									besorgt; wie der Electrical World and Engineer im
                              									Februar dieses Jahres berichtete,
                           
                           
                           
                           ist die Verständigung durch das automatische
                              									Fernsprechamt so gut möglich, wie bei den Systemen mit eigenem Bedienungspersonal.
                              									Das Telephongeheimnis bleibt gewahrt und eine Störung des Gespräches durch einen
                              									Dritten ist ebenfalls ausgeschlossen.
                           In Aemtern mit mehr als 100 Teilnehmern sind die Anschlüsse in Gruppen von je 100
                              									eingeteilt und der Anrufende muss ähnlich wie hier die Verbindungen mit den
                              									Teilnehmern selbst erst mit den Gruppen und dann mit der betreffenden Nummer in der
                              									Gruppe Verbindung herstellen, wozu nur drei bezw. vier Drehungen der Einstellscheibe
                              									nötig sind, wenn die Nummer des Teilnehmers drei- bezw. vierstellig ist.
                              									Einzelheiten über das System zu erfahren, ist wegen des Patentschutzes
                              									schwierig.
                           In Amerika ist das jüngste automatische Fernsprechvermittelungsamt vor einem halben
                              									Jahre in New Bedford, Mass., eingerichtet worden und zwar ist das Amt auf 10000
                              									Teilnehmer berechnet, zunächt für 900 Teilnehmer eingerichtet und gleich anfangs mit
                              									500 Teilnehmern besetzt worden; während vorher in New Bredford das Abonnement für
                              									eine unbegrenzte Anzahl von Gesprächen 200 bis 400 M. kostete, erhebt die Automatic Telefone Company jährlich für einen
                              									Wohnungsanschluss 100 M. und für einen Geschäftsanschluss 150 M. Bei uns in
                              									Deutschland ist in allerjüngster Zeit in Berlin ein kleines selbstthätiges
                              									Fernsprechvermittelungsamt eingerichtet worden und bereits mit 500 Anschlüssen
                              									belegt.
                           5. Solange eine automatische Selbstverbindung seitens der Teilnehmer nicht
                              									stattfinden kann, muss in der Zentrale dafür gesorgt werden, dass eine gewünschte
                              									Verbindung möglichst rasch hergestellt werden kann. Man hat zu diesem Zwecke an
                              									allen grösseren Zentralen das Vielfachumschaltersystem eingeführt, in dem von einer
                              									und derselben Person bis zu mehreren tausend Anschlüssen hergestellt werden können,
                              									während früher hierzu mehrere Beamte nötig waren.
                           Im Vielfachumschaltersystem ist einem Beamten eine Anzahl von 100 bis 150 Abonnenten
                              									zugewiesen, die er auf Anruf mit jedem Teilnehmer desselben Amtes dadurch verbinden
                              									kann, dass an seinem Arbeitsplatz in einem Schrank Kontakte angebracht sind, welche
                              									zu den Leitungen der übrigen Abonnenten führen; es müssen also an jedem Platz die
                              									Leitungen nach sämtlichen Stellen, die zum selben Amte gehören, vorbeigeführt
                              									werden, und also von diesen so oft abgezweigt werden, als die Zahl der Beamten
                              									beträgt, die eine Gruppe bedienen können; bei 4000 Teilnehmern desselben Amtes also,
                              									wenn je 100 von einem Beamten bedient werden, 40mal. Früher hat man nicht sämtliche
                              									Leitungen an allen Arbeitsplätzen vorbeigeführt, und deswegen mussten mehrere Beamte
                              									zusammenwirken, um einen Anschluss zu ermöglichen.
                           Um den Anruf im Telephonamt zu melden, wird durch ein Relais eine kleine
                              									viervoltige Glühlampe mit mattem Glas zum Leuchten gebracht, die dann so lange
                              									brennt, bis der Anschluss erfolgt ist; da die Glühlampe unmittelbar neben der
                              									Anschlussstelle des Rufenden aufleuchtet, so ist, ohne dass die Nummer des
                              									Anrufenden von dem Beamten beachtet wird, die Verbindung mit der gewünschten Nummer
                              									vermittelst einer Schnurverbindung herstellbar. Das optische Signal der Glühlampe
                              									ist besser als die früheren Klappensignale und hat den Vorzug, dass es geräuschlos
                              									arbeitet. Soll ein Teilnehmer eines Amtes mit einem Teilnehmer eines anderen Amtes
                              									verbunden werden, so ist eine von den ersteren zum letzteren führende besondere
                              									Hilfsleitung bezw. mehrere nötig. Die Einrichtungen funktionieren aber so rasch,
                              									dass man kaum unterscheiden kann, ob man mit einem Teilnehmer desselben Amtes oder
                              									eines anderen Amtes verbunden wird. Natürlich ist reichlich Vorsorge getroffen, dass
                              
                              									die Herstellung von Verbindungen und das Belegtsein von Leitungen automatisch
                              									kontrolliert wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 776
                              Fig. 16.Zentralstelle mit Vielfachumschalterbetrieb in Spandau.
                              
                           Der für die einzelnen Zentralen nötige Kraftbedarf ist so sehr gestiegen, dass nicht
                              
                              									mehr Primärbatterien den Strom liefern, sondern eigene Dynamomaschinen, und
                              									Akkumulatoren denselben abgeben. In der Münchener Zentrale z.B. sind Maschinen und
                              									Akkumulatoren mit einer Leistung von mehreren Pferdekräften in Verwendung.
                           In Amerika ist man so weit gegangen, auch die Mikrophonbatterien, die bei unserem
                              									System noch bei jedem Abonnenten stehen, abzuschaffen, und auch für die Mikrophone
                              									den Strom von der Zentrale aus zu liefern, so dass die Wartung der für die
                              									Mikrophone nötigen Primärbatterien in der Zentralstelle geschehen kann.
                           Fig. 16 gibt das Bild einer Zentralstelle mit
                              									Vielfachumschalterbetrieb, wie sie von Mix und Genest
                              									in Spandau ausgeführt wurde, die bis 2000 Anschlüsse aufnehmen kann.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)