| Titel: | Das System der Telegraphie ohne Draht von Professor Dr. Ferdinand Braun in Strassburg. | 
| Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 789 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Das System der Telegraphie ohne Draht von
                           								Professor Dr. Ferdinand Braun in Strassburg.
                        Das System der Telegraphie ohne Draht von Professor Dr. Ferdinand
                           								Braun in Strassburg.
                        
                     
                        
                           Die Idee, Zeichen über grössere Entfernungen auf elektrischem Wege ohne
                              									Anwendung eines künstlichen Leiters zu vermitteln, ist eigentlich älter als die
                              
                              									elektrische Telegraphie selbst, indem schon im Jahre 1795 von Seiten des spanischen
                              									Physikers Salva auf die Möglichkeit hingewiesen wurde,
                              									ohne Vermittelung eines Leiters Nachrichten übertragen zu können. Nach seinen
                              									diesbezüglichen Erläuterungen sollte beispielsweise auf der Insel Mallorka eine
                              									bestimmt abgegrenzte Erdfläche mit, sagen wir, + und auf der Insel Alikante eine
                              									ähnliche Fläche mit – Elektrizität geladen werden. Von jeder dieser beiden mit
                              									Elektrizität geladenen Flächen wird ein Draht bis zum Seeufer geführt und dortselbst
                              									in das Wasser versenkt. Auf diese Weise würde nach seiner Ansicht, da die See ein
                              									vorzüglicher Leiter ist, die Verbindung zwischen den beiden geladenen Flächen eine
                              									vorzügliche sein, und müsste sich daher ein elektrischer Ausgleich vollziehen, der
                              
                              									durch das Auftreten von Entladungsfunken zu erkennen sein wird, wodurch sich bei
                              									entsprechender Anordnung von Empfangsapparaten eine Zeichenvermittelung zwischen
                              									diesen beiden Punkten ermöglichen lassen müsse.
                           Die ersten praktischen und von teilweisem Erfolge begleiteten Versuche zur
                              									Durchführung einer Art von drahtloser Telegraphie wurden von James Bowmann Lindsay bereits im Jahre 1831 durchgeführt, wobei er sich
                              									jedoch darauf beschränkte, die Leitungen durch den Tayfluss zu ersparen. Aehnliche
                              									Versuche hat auch der berühmte Erfinder des nach demselben benannten
                              									Schreibtelegraphen, Samuel Finsley Morse, im Jahre 1842
                              									unternommen, welche sich gleichfalls auf die Ueberbrückung eines Flusslaufes
                              									beschränkten.
                           Bei beiden Versuchen kam die sogen. Leitungsmethode zur Anwendung, bei welcher je
                              									zwei räumlich getrennte Erdplatten auf jeder Seite der beiden Flussufer in den Fluss
                              									versenkt und längs der Ufer durch eine Leitung, in welche eine Stromquelle, ein
                              									Sender und ein Empfänger eingeschaltet war, miteinander verbunden wurden. Ein von
                              									den Erdplatten des einen Ufers abgehender Zweigstrom musste die Erdplatten der am
                              									gegenüberliegenden Ufer liegenden Leitung treffen, daher durch diese Leitung
                              									hindurchgehen und die in dieselbe eingeschalteten Empfangsapparate zum Ansprechen
                              									bringen, wenn auf dem diesseitigen Ufer Zeichen entsendet wurden. Diese Art der
                              									Telegraphie ohne direkte leitende Verbindung der gebenden mit der empfangenden
                              									Station, welche allerdings für die Ueberbrückung grösserer Entfernungen ohne
                              									Anwendung grosser elektromotorischer Kräfte nicht geeignet war, sich jedoch für
                              									viele Sonderzwecke als vielversprechend und erfolgreich erwies, wurde seitens einer
                              									Reihe von Experimentatoren wiederholt aufgenommen und sind beispielsweise die von
                              									Prof. Erich Rathenau im Jahre 1894 auf dem Wannsee
                              									durchgeführten Versuche, welche die Möglichkeit ergaben, bis auf eine Entfernung von
                              									5 km im Wasser zu sprechen, mit entsprechenden Modifikationen auf ähnlichen
                              									Grundzügen aufgebaut gewesen.
                           Eines der letzten Patente, welches auf diese Art derdrahtlosen Telegraphie von
                              									Abbé L. Michél genommen wurde, datiert aus dem Jahre
                              									1894, wobei derselbe sich die verschiedene Leitungsfähigkeit der Erdschichten für
                              									den elektrischen Strom zu nutze zu machen suchte und als Stromquelle eine
                              									Akkumulatorenbatterie, als Empfänger ein für alle Stromvariationen äusserst
                              									empfindliches Telephon verwendete.
                           Viel bessere Erfolge als die Leitungsmethoden schienen die Induktionsmethoden zu
                              									versprechen. Die erste Anregung zur Verwertung der elektromagnetischen Induktion für
                              									die Zwecke der drahtlosen Telegraphie gab der englische Telegrapheningenieur J. H. Wilkins, welcher bereits im Jahre 1849 auf Grund
                              									vorhergehender von Erfolg begleiteten Versuche es für möglich hielt, eine
                              									telegraphische Verbindung zwischen Frankreich und England ohne Anwendung eines
                              									Drahtleiters durchzuführen. Von Interesse ist es, dass er hierbei für den Empfänger
                              									bereits eine Anordnung vorschlug, welche sich in ihren Grundprinzipien mit der
                              									Einrichtung des Depréz-d'Arsonval'schen Galvanometers
                              									vollkommen deckte und daher eine grosse Empfindlichkeit erwarten liess.
                           Von der grossen Anzahl jener Physiker und Elektrotechniker, welche sich mit der
                              									Lösung der Frage der Telegraphie ohne Draht auf dem Wege der elektromagnetischen und
                              
                              									statischen Induktion beschäftigten, seien nur Smith
                              									(1881), Phelps (1884), Dolbear (1886), Woods (1887), Ader (1888), Somzee
                              									(1888), Edison (1891), Stevenson (1892), Sennet (1892), Evershed (1892), Preece
                              
                              
                              									(1893), Rathenau (1893), Blake (1894) und Kitsee (1895) angeführt.
                           Wiewohl sich die Anordnungen von Dolbear und Edison praktisch als durchführbar erwiesen und im
                              									Betriebe allen Anforderungen entsprachen, konnten sich dieselben aus dem Grunde
                              									keiner länger dauernden Anwendung erfreuen, weil ein Bedürfnis für dieselben
                              									thatsächlich nicht vorlag.
                           Wirklichen Erfolg hatte nur Preece zu verzeichnen,
                              
                              									dessen Einrichtungen für gewisse Zwecke vollkommen entsprachen und daher trotz der
                              									mittlerweile bekannt gewordenen Wellentelegraphie wegen der grossen Sicherheit der
                              									Zeichenvermittelung, welche dieselben gewähren, für kurze Entfernungen bis in die
                              									neueste Zeit Anwendung finden.
                           Precce's Verdienst ist es auch, die Gesetze der
                              									Uebertragung elektrischer Impulse auf dem Wege der elektromagnetischen Induktion auf
                              
                              									das genaueste festgelegt zu haben.
                           Die berühmten Untersuchungen von Hertz, welcher in den
                              									Jahren 1888 und 1889 die Wellenbewegung der Elektrizität im freien Raume und so
                              									deren Fortpflanzungsfähigkeit in demselben experimentell nachwies, gaben neue
                              									Anhaltspunkte für die weiteren Forschungen auf dem Gebiete der drahtlosen
                              									Telegraphie. Nichtsdestoweniger blieben die durch Hertz
                              									gegebenen Anregungen durch lange Zeit unbeachtet, wie sich denn auch Hertz selbst über die Möglichkeit, mittels elektrischer
                              									Wellen telegraphieren zu können, sehr pessimistisch äusserte. Eine der
                              									Hauptschwierigkeiten schien es, einen hinreichend empfindlichen Dedektor für die elektrischen
                              									Wellen zu finden. Wenn nun auch Prof. Temistocle
                                 										Calzechi-Onesti bereits im Jahre 1884 die Entdeckung gemacht hat, dass
                              									metallische Feilspäne unter der Einwirkung elektrischer Ströme gut leitend werden,
                              									so blieb diese Entdeckung unbeachtet, und gelang es erst Branly im Jahre 1890 die allgemeine Aufmerksamkeit auf diese hochwichtige
                              									Thatsache zu lenken. Doch erst Marconi war es
                              
                              									vorbehalten, eine Anordnung zu schaffen, welche der Telegraphie im Raume unter
                              									Verwertung der Hertz'schen Wellen eine grosse Aussicht
                              									eröffnete. Es wäre aber verfehlt, Marconi als den
                              									eigentlichen Pfadfinder auf dem Gebiete der Wellentelegraphie zu bezeichnen, da
                              									bereits im Jahre 1877 Prof. Hughes auf Grund zufälliger
                              									Beobachtungen zu eingehenden Versuchen angeregt wurde, welche die Möglichkeit
                              									ergaben, Mitteilungen durch den Raum ohne Anwendung eines künstlichen Leiters zu
                              									verpflanzen. Die eigenartigen Erscheinungen, welche hierbei zu Tage traten, liessen
                              										Hughes, welcher ein sehr scharfer Beobachter war,
                              									schon damals der Vermutung Raum geben, dass hier die von Maxwell bereits vorgeahnten, bisher aber nicht experimentell
                              									nachgewiesenen elektrischen Wellen die vermittelnde Rolle spielen. Hervorragende
                              									englische Fachgelehrte, welchen er von den Ergebnissen seiner Experimente Mitteilung
                              									machte, waren jedoch der Ansicht, dass sich diese Erscheinungen ebensogut als
                              									Wirkungen der elektromagnetischen Induktion erklären lassen. Hierdurch entmutigt,
                              
                              									unterliess er es, die einmal angebahnten Versuche weiter zu verfolgen. Nach der erst
                              									in der neuesten Zeit erfolgten Veröffentlichung des von Hughes beobachteten Vorgehens steht es jedoch ausser allem Zweifel, dass
                              										Hughes das Richtige vorgeahnt hat, und die von ihm
                              									konstatierte Uebertragung von Zeichen durch den Raum, welche sich auf eine
                              									Entfernung von über 500 m erstreckte, nur durch die von einer Funkenstrecke
                              
                              									ausgehenden elektrischen Wellen sich erklären lässt.
                           Wenn nun auch der russische Professor A. Popoff schon im
                              									Jahre 1895 eine mit der Marconi'schen sich vollkommen
                              									deckende Einrichtung geschaffen hat, welche dazu diente, elektrische Störungen in
                              									der Atmosphäre nachzuweisen, so ist es doch das unleugbare Verdienst Marconi's, welcher von den Arbeiten Hughes' und Popoff's keine
                              									Kenntnis hatte, nicht nur die erste Anregung zur Zeichenübertragung durch den Raum
                              
                              									unter Verwertung elektrischer Wellen gegeben, sondern auch die erste brauchbare
                              									Einrichtung zu dieser Art der Nachrichtenvermittelung geschaffen zu haben und sich
                              									um die Verbesserung und Vervollkommnung derselben noch weiter zu bemühen.
                           Dass nun die allgemeines Aufsehen erregenden Versuche Marconi's allseitiges Interesse weckten und Anregung zu weiterem Forschen
                              									gaben, ist bei der grossen Wichtigkeit des in Rede stehenden Gegenstandes um so
                              									begreiflicher, als ja Marconi selbst noch nichts
                              									Vollkommenes geschaffen hatte, und auch die Theorie dieser Erscheinungen noch viel
                              									zu wenig geklärt war, um ein klares Bild über die bei der drahtlosen Telegraphie
                              									sich abspielenden Vorgänge zu gewinnen.
                           Ebenso wie die Experimente von Hertz, Righi, Branly und
                              										Lodge die Anregung für Marconi zu seinen epochemachenden Versuchen gaben, ebenso wirkten
                              									dieselben wieder befruchtend auf die weiteren Forschungen in dieser Richtung ein,
                              
                              									und man darf wohl sagen, dass die vielseitigen Bemühungen der verschiedenen
                              									Gelehrten erst ein richtiges Bild über die sich bei der Wellenbewegung der
                              									Elektrizität im Raume abspielenden Vorgänge gewinnen liessen.
                           Sollen hierbei Namen genannt werden, so darf des hervorragenden Anteiles, welchen Lodge, Blondel, Tissot, Slaby, Tomasina, Guarnerini und
                              									viele andere an der Entwickelung der Theorie und der praktischen Ausgestaltung der
                              									Einrichtungen für die drahtlose Telegraphie haben, nicht vergessen werden.
                           In neuerer Zeit erregte die Anordnung des Professors Dr. Ferdinand Braun in Strassburg die allgemeine Aufmerksamkeit der an dieser
                              									wichtigen Frage interessierten Kreise, indem die zwischen den vier Feuerschiffen
                              										„Elbe IV“ bis „Elbe I“ und der Seezeichenstation Kugelbake mit
                              									diesem System der drahtlosen Telegraphie durchgeführtenVersuche, welche
                              									späterhin auf die 63 km lange Strecke Helgoland-Kugelbake ausgedehnt wurden, trotz
                              									vieler sich entgegenstemmenden Hindernisse ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis
                              									aufwiesen, und sich die Zeichenübertragung als vollkommen zuverlässlich erwies,
                              									während Vergleichsversuche nach dem Marconi-System trotz bedeutend höherer
                              									Auffangmaste auf die grösseren Entfernungen weniger zufriedenstellende Resultate
                              									ergeben haben sollen.
                           Die Neuerung erstreckt sich hierbei hauptsächlich auf den Sender, welcher gegenüber
                              									dem von Marconi angewendeten Sender einige wesentliche
                              									Abweichungen zeigt.
                           Um diesen Unterschied klarzulegen, sei der Marconi-Sender in seiner einfachsten, das
                              									Prinzip desselben in klarer Weise darstellenden Form zur Vorführung gebracht (Fig. 1). In derselben stellt i den Induktor, f eine Hertz'sche Funkenstrecke und a die das Charakteristikon der Marconi'schen
                              									Erfindung bildende Auffangstange dar, während e, die
                              
                              									Ableitung der Funkenstrecke zur Erde, ebenfalls einen wichtigen Punkt dieser
                              									Erfindung bedeutet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 790
                              Fig. 1.
                              
                           Die von einem derartigen Sender ausgehenden elektrischen Wellen verpflanzen sich, von
                              									der Funkenstrecke ausgehend, durch die senkrechte nach aufwärts strebende Stange in
                              
                              									den Raum und werden auf um so grössere Entfernungen wirksam, je höher diese Stange
                              									ist. Man sollte nun glauben, dass sich die Fernwirkung der elektrischen Wellen
                              									vervielfachen könnte, wenn man nur die Kraft des Gebers entsprechend oder, was
                              									dasselbe besagen will, die Funkenlänge entsprechend vergrössert. Wie jedoch bereits
                              										Hertz nachgewiesen und schon früher Hughes ganz richtig beobachtet hat, soll der Funke, um
                              									eine gewisse Wirksamkeit zu erlangen, eine bestimmte Länge nicht überschreiten, da
                              									er sonst weniger aktiv wird, d.h. nicht mehr in gleich guter Weise elektrische
                              									Wellen erzeugt.
                           Ueber die Ursache dieser Erscheinung lässt sich nur mutmassen, dass der Widerstand
                              									der Funkenstrecke die Schwingungen dämpft und sich die Energie auf der Funkenbahn in
                              									Wärme umsetzt.
                           Dieser Umstand ist es, welcher der Marconi'schen
                              									Geberanordnung bestimmte Grenzen setzt, indem auch eine Vergrösserung der Oberfläche
                              									des Senders durch angehängte Metallflächen oder Drahtnetze wenig nutzt und nur eine
                              									Verlängerung der Senderhöhe die Zeichenvermittelung auf grössere Entfernungen
                              									ermöglicht.
                           Doch auch hier ist man an bestimmte Grenzen gebunden, da sich der Erhöhung der
                              									Senderstange ganz bedeutende Schwierigkeiten entgegensetzen und eine Höhe von etwa
                              									100 m als die Grenze des Erreichbaren anzusehen ist. Hierzu gesellen sich aber noch
                              									andere Uebelstände, indem die Ladungen des Gebers gefährlich werden können, und
                              									derselbe ausserdem eine ausserordentlich gute Isolation erfordert. Wird dieselbe
                              									einmal mangelhaft, wie dies durch Berührung der Senderstange mit einem nassen
                              									Gegenstande oder durch Nebel leicht eintreten kann, so entsteht überhaupt keine
                              									Ladung oder in so geringem Masse, dass der Geber seinen Dienst versagt. Als weiterer
                              									Nachteil dieses Senders ist der Umstand anzusehen, dass die Schwingungen sehr stark
                              									gedämpft werden, was teils durch den Funken selbst, teils durch den Widerstand des
                              									Oscillators, hauptsächlich aber dadurch bedingt wird, dass die Schwingungen ihre
                              
                              									Energie in den umgebenden Raum abgeben. Nun ist aber gerade diese letztere
                              									Dämpfungsursache bei der gewählten Anordnung unvermeidlich, da dieselbe ja die
                              									Bedingung für die gewünschte Fernwirkung bildet.
                           Durch diese Dämpfung wird aber die Zeitdauer der Schwingungen wesentlich abgekürzt
                              									und deren Aussenwirkung stark beeinträchtigt, ausserdem aber eignen sich derartige
                              									schnell vergehende Schwingungen nicht zur Abstimmung eines Empfängers auf einen
                              									Sender, indem sich hierfür die Bedingung ergibt, dass die erregende Schwingung durch
                              									längere Zeit mit nahezu gleicher Intensität anhält, weil nur dann die Steigerung der
                              									Amplitude durch die Resonanz im Empfänger zur Geltung gelangen kann.
                           
                           Einer weiteren Erklärung dieser Thatsache bedarf es wohl kaum, da dieselbe aus
                              									dem Gebiete der Akustik längst bekannt und sowohl theoretisch als experimentell
                              									nachgewiesen ist. Da man es nun bei der drahtlosen Telegraphie dieser Art
                              									erwiesenermassen mit elektrischen Wellen zu thun hat, und jede Wellenbewegung ohne
                              
                              									Rücksicht auf die Wellenlänge und die Anzahl der Schwingungen bezogen auf die
                              									Zeiteinheit den gleichen Gesetzen folgt, so bedarf es kaum einer weiteren Begründung
                              									dieser Thatsache.
                           Aus den akustischen Erscheinungen leitet sich nun der Erfahrungssatz ab, dass „schwach gedämpfte Senderschwingungen die Grundbedingung
                                    											für eine gut ausgesprochene Empfängerabstimmung sind“.
                           Die Erkenntnis dieser Thatsachen führte zu den in Rede stehenden Versuchen und
                              
                              									Ausführungen.
                           Die ersten Versuche hatten jedoch nicht die Verbesserung der Sendereinrichtungen zum
                              									Zwecke der Wellenübertragung durch den Raum zum Ziele, sondern strebten eine
                              									Uebertragung der elektrischen Wellen durch das Wasser oder eine sogen.
                              									Hydrotelegraphie an.
                           Es wurde hierbei von folgender Erwägung ausgegangen: Leitet man in ein Wasser einen
                              									konstanten oder einen langsam wechselnden oder zerhackten Gleichstrom, so werden
                              									sich die Stromlinien wie bei den Versuchen von Bathenau
                              									und Strecker nach allen Richtungen der Wassermasse
                              									gleichmässig verbreiten.
                           Anders gestalten sich jedoch die Verhältnisse, wenn statt konstanter oder langsam
                              									wechselnder Ströme sehr schnell wechselnde Ströme oder solche von hoher Frequenz,
                              									wie beispielsweise die Tesla-Ströme, verwendet werden, da bekanntlich bei solchen
                              									Strömen die Fortpflanzung der Elektrizität und zwar um so mehr an der Oberfläche des
                              									Leiters erfolgt, je grösser die Frequenz des in denselben eingeleiteten Stromes ist.
                              									Bei noch schnelleren Schwingungen, wie solche durch die Entladung von Leydener
                              									Flaschen entstehen, oder gar bei Anwendung von Hertzschen Wellen wird die Stromfortleitung nur in einer sehr dünnen
                              
                              
                              									Oberflächenschicht des betreffenden Leiters erfolgen, wobei diese Schicht um so
                              									dünner sein wird, je besser der als Leiter verwendete Stoff die Elektrizität leitet,
                              									in welchem Falle die Welle sozusagen nur über die Oberfläche desselben
                              									hinweggleitet.
                           Als Ursache dieser Erscheinung wird die Induktionswirkung, welche die einzelnen
                              									Leiterteile aufeinander ausüben, bezeichnet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 791
                              Fig. 2.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 791
                              Fig. 3.
                              
                           Bisher wurde diese Erscheinung nur für cylindrische Leiter experimentell
                              
                              									nachgewiesen, doch war anzunehmen, dass die Stromverteilung und Verpflanzung sehr
                              									schneller Schwingungen auf flächenförmigen und körperlichen Leitern in ganz
                              									derselben Weise erfolgen wird, und daher anzunehmen ist, dass die ganze Strömung
                              									wesentlich an der Oberfläche bleibt und sich sohin im Gegensatze zum Verhalten von
                              									konstanten Strömen starke Stromlinien in weiten Bogen aus der direkten
                              
                              									Verbindungslinie herausdrängen werden. Dies ist auch für verhältnismässig schlechte
                              									Leiter, wie Fluss- und Seewasser, vorauszusehen und dürften als praktisch in
                              									Betracht kommende Oberflächenschichten etwa 1 bis 2 m Tiefe in Betracht kommen.
                           Sofern sich diese Vermutung bestätigt, so lässt sich nach der Ansicht Braun's eine drahtlose Telegraphie durch das Wasser
                              									hindurch aufbauen, wobei nur eine zusammenhängende Wassermasse Bedingung ist und
                              									Landzungen, Berge und bewachsenes Terrain kein Hindernis abgeben können. Die hierbei
                              									in erster Linie zu lösende Aufgabe war, schnelle elektrische Oscillationen dem
                              									Wasser zuzuführen.Hierfür wurde sich der in Fig.
                                 										2 bis 8 dargestellten Vorrichtungen
                              									bedient. Bei der in Fig. 2 dargestellten Anordnung,
                              									bei welcher i das Induktorium bezeichnet, tritt durch
                              									den überspringenden Funken eine plötzliche Ladung des Drahtes auf, wodurch sich die
                              									von der Kugel ausgehende Erregung durch den Draht bis zur Wasserfläche fortpflanzt
                              									und teilweise in die Wasserfläche übertritt. Dadurch jedoch, dass das Wasser eine
                              									grosse Dielektrizitätskonstante besitzt, wird diese Ladung auch teilweise
                              									reflektiert, wodurch sich sowohl in den Drähten als auch in der Wasserstrecke
                              									elektrische Schwingungen ausbilden. Bei den Anordnungen, wie solche in den Fig. 3 bis 8
                              									dargestellt sind, gelangen überall Kondensatoren, mit c
                              									bezeichnet, zur Anwendung und werden auch teilweise Selbstinduktionsspulen s zwischengeschaltet. Als eine der wirksamsten
                              									Anordnungen wurde die in Fig. 7 dargestellte
                              									befunden. Als Kondensatoren kamen zwei Leydener Flaschen von je etwa 2900 cm
                              									Kapazität und als Induktionsspulen Spiralen von 10 bis 100 und mehr Windungen
                              									Kupferdraht zur Anwendung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 791
                              Fig. 4.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 791
                              Fig. 5.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 791
                              Fig. 6.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 791
                              Fig. 7.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 791
                              Fig. 8.
                              
                           An der Auffangstelle wurden die in den Fig. 9 und 10 dargestellten Schaltungen verwendet, in welchen k den Kohärer, e ein
                              									Element, s den Stromanzeiger und c einen Kondensator bezeichnet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 791
                              Fig. 9.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 791
                              Fig. 10.
                              
                           Mit diesen Anordnungen wurden vorerst Versuche in den alten mit Wasser gefüllten
                              									Festungsgräben der Stadt Strassburg, sodann längs des Rheines und späterhin auch bei
                              									Cuxhaven im Meere durchgeführt, und gelang es bei diesen Versuchen, trotzdem für
                              
                              									dieselben nur ein Induktor von 10 cm Schlagweite zur Verfügung stand, nicht nur bis
                              									zu 3 km Entfernung zu überbrücken, sondern auch den positiven Nachweis zu liefern,
                              
                              									dass die Wirkung nicht durch die Luft übertragen wurde, dass es ferner keine
                              									Uebertragung im Sinne der Induktionswirkung war, sohin die aus der anfänglichen
                              									Erwägung gezogenen Schlussfolgerungen sich wenigstens qualitativ als richtig
                              
                              									erwiesen.
                           Der Nachweis für die direkte Fortleitung der Wellenimpulse im Wasser wurde durch die
                              									Versuche in den bereits erwähnten Festungsgräben erbracht. Dieselben hatten annäherungsweise
                              									den in Fig. 11 dargestellten Verlauf und war der mit
                              
                              										a1 bezeichnete Kaum
                              									mit hohen Gebäuden erfüllt, durch welche die Möglichkeit einer direkten Wirkung
                              									durch die Luft nahezu ausgeschlossen erschien.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 316, S. 792
                              Fig. 11.
                              
                           Dadurch jedoch, dass die Versuche längs des ganzen
                              									Wassergrabens bis zur letzten Ecke gut gelangen, die Wirkung aber sofort
                              									beträchtlich abnahm, wenn die Auffangdrähte in das mit der Hauptwassermasse nur
                              									durch einen wenige Centimetertiefen meterbreiten Wassergraben in Verbindung
                              									stehende Bassin e verlegt wurden, ergibt sich mit
                              									Gewissheit, dass die Uebertragung nur durch das Wasser stattfand, weil sonst bei
                              									direkter Uebertragung durch die Luft die geringe Entfernungsdifferenz keinen
                              									Einfluss auszuüben vermocht hätte.
                           Dass Induktionswirkungen im Sinne der Preece'schen
                              									Versuche ausgeschlossen sind, wird dadurch erwiesen, dass die gegenseitige Lage der
                              									in das Wasser versenkten Gebe- und Empfangsdrähte auf die Empfindlichkeit der
                              									Uebertragung keinen Einfluss ausübt, während dies bei einer rein induktiven
                              									Uebertragung, insbesondere dann, wenn die gegenseitige Lage der direkten
                              									Verbindungslinie der beiden Gebedrähte zur Verbindungslinie der Empfangsdrähte die
                              									Senkrechte wäre, nicht der Fall sein könnte, und bei der letzteren extremen Annahme
                              									eine Zeichenübertragung überhaupt unmöglich werden müsste.
                           Wenn nun auch diese Versuche ein sowohl theoretisch als praktisch wertvolles Ergebnis
                              									brachten, wurden dieselben doch vorläufig nicht zum Abschluss gebracht, indem sich
                              									der Experimentator auf Grund der bereits erläuterten Unzulänglichkeiten des Marconi'schen Senders diesem vorläufig mehr Erfolg
                              									versprechenden Gegenstande zugewendet hat.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)