| Titel: | Die Fortschritte im Eisenhüttenwesen in den letzten fünf Jahren. | 
| Autor: | Karl Brisker | 
| Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 12 | 
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                        Die Fortschritte im Eisenhüttenwesen in den letzten fünf Jahren.
                        Von Ingenieur Karl Brisker, Assistent an der k. k. Bergakademie in Leoben.
                        Die Fortschritte im Eisenhüttenwesen in den letzten fünf Jahren.
                        
                     
                        
                           In den ausgehenden Jahren des 19. Jahrhunderts zeigte die Eisenindustrie eine
                              									derartige Entwickelungszunahme (s. Tab. 1), wie sie noch keine Zeit vorher gesehen
                              									hat. Infolge dieser gewaltigen Zunahme der Erzeugung und des Verbrauches von Eisen
                              									ist es begreiflich, dass die gemachten Fortschritte sich vornehmlich in dem Sinne
                              									geltend machen mussten, diese Produktionszunahme erstlich überhaupt zu ermöglichen,
                              									sie dann möglichst rasch und billig zu erzielen und womöglich noch zu steigern. Wir
                              									werden sehen, dass vornehmlich die Einrichtungen, welche sich auf die Quantität der
                              									Produkte beziehen, eine weitgehende Ausgestaltung erfahren haben – waren doch die
                              									bestehenden Einrichtungen meist nur für geringere Produktion errichtet –, dass
                              									hingegen Verbesserungen bezüglich der Qualität der Produkte, wenn auch nicht ganz
                              									unterbrochen, so doch erst in zweite Linie zu setzen sind. Es ist ja begreiflich,
                              									dass sich in der Summe der Erscheinungen die Bedeutung der einzelnen Summanden
                              									wiederspiegeln muss.
                           Die Fortschritte des Eisenhüttenwesens dieser Zeit sind kurz charakterisiert durch
                              									die Worte: keine grundlegenden Neuerungen, wohl aber eine Ausgestaltung und
                              									Ausnutzung des Bekannten bis aufs äusserste.
                           Indem wir uns der Aufgabe unterziehen, die Resultate dieser Zeit zusammenzufassen,
                              									wollen wir dem Gange der Eisengewinnung folgen und uns zuerst dem Ausgangsprodukte
                              									der modernen Eisenerzeugung, dem Roheisen, zuwenden.
                           Tabelle 1.
                           Roheisenproduktion (1895 bis 1900) in 1000 t
                              									ausgedrückt.
                           
                              
                                 
                                    Länder
                                    
                                 1895
                                 1896
                                 1897
                                 1898
                                 1899
                                 1900
                                 
                              
                                 EnglandDeutschlandFrankreichBelgienOesterreich-UngarnRusslandSpanienUebrige Länder    Europas*
                                   7827  5465  2005    829  1128  1453    206    582
                                   8798  6373  2334    959  1218  1622    246    517
                                   8937  6881  2484  1035  1308  1882    282    561
                                   8820  7313  2525    979  1427  2223    262    564
                                   9454  8142  2567  1025    1500*  2707    296    530
                                   9051  8422  2699  1018    1700*  2886    294    550
                                 
                              
                                 Zusammen
                                 19415
                                 22067
                                 23370
                                 24113
                                 26221
                                 26520
                                 
                              
                                 Vereinigte StaatenUebrige Länder der    Erde*
                                   9597    375
                                   8761    395
                                   9807    450
                                 11962    545
                                 13839    550
                                 14009    560
                                 
                              
                                 Zusammen
                                 29387
                                 31223
                                 33627
                                 36620
                                 40610
                                 41089
                                 
                              
                           * Geschätzt.
                           
                        
                           I. Fortschritte in der Hochofenindustrie.
                           Die in der Erzeugung des Roheisens in den letzten Jahren gemachten Fortschritte sind
                              									fast ausschliesslich von dem Bestreben geleitet worden, die Gestehungskosten des
                              									Roheisens zu verringern oder.dsie doch wenigstens von den 
                              									im steten Steigen begriffenen Arbeitslöhnen möglichst unabhängig zu machen.
                              									Roheisen ist ein Zwischenprodukt, dessen Qualität bei der steten Vervollkommnung der
                              									Raffinierprozesse, denen auch das beste Roheisen, um es technisch verwertbar zu
                              									machen, unterzogen werden muss, nicht mehr jene wichtige Rolle spielt wie ehemals,
                              									wo ein gutes Fertigprodukt bereits ein gutes Zwischenprodukt voraussetzte und aus
                              
                              									einem minderguten Roheisen kein gutes Eisen herzustellen war. Der Schwerpunkt der
                              									Qualitätsfrage verschob sich immer weiter zum Stahlmanne, während dem Hochöfner mehr
                              									der Kostenpunkt ans Herz gelegt wurde. Um dieser Forderung gerecht zu werden,
                              									standen ihm zwei Mittel vornehmlich zu Gebote: Massenproduktion und rationellster
                              									Betrieb.
                           Das erste Mittel, durch Massenproduktion das Produkt zu verbilligen, brachte ihm die
                              									meisten in letzter Zeit zu lösenden Probleme. Die Bewältigung der gewaltigen Mengen
                              									der Urstoffe, aus denen das Roheisen erzeugt wird, mittels rationellster Bewegung,
                              									ohne Inanspruchnahme menschlicher Arbeitskräfte, lenkte in erster Linie die
                              									Aufmerksamkeit und Erfindungsgabe auf sich. Transport- und Verladekosten zu sparen,
                              									war oberste Bedingung und schuf gewaltige Organisationen mit umfassenden Mitteln. Wo
                              									es anging, wie zum Teil in Amerika, wurden auch die öffentlichen Verkehrswege von
                              									den Hüttenbesitzern abhängig gemacht. In den europäischen Ländern konnte man solches
                              									nicht erreichen, und die hohen Frachtsätze der öffentlichen Verkehrsanstalten werfen
                              
                              									ihre vielmaligen Schatten in die Gestehungskostenberechnungen.
                           Neben diesem Streben nach Massenproduktion sehen wir das Augenmerk gerichtet auf die
                              									Wirtschaftlichkeit des Betriebes in der Roheisenerzeugung, das sich in
                              									Verbesserungen aller Art und in der ausgiebigsten Verwertung aller Nebenprodukte
                              									kundgibt.
                           Zusammengefasst gliedert sich unsere Besprechung nach den vorhin aufgestellten
                              									Gesichtspunkten in folgendes Programm:
                           1. Das Streben nach Massenproduktion äussert sich in Fortschritte. bezüglich der
                              									Transportmittel, Erz- und Kohlenverladung, Gichtförderung, Giessmaschinen.
                           2. Das Streben nach Wirtschaftlichkeit des Betriebes ruft Fortschritte hervor bei
                              									Detailkonstruktionen mannigfachster Art, bei Verbesserung der Maschinen und bei der
                              									ausgedehntesten Verwertung der Nebenprodukte, insbesondere der Verwendung der
                              									Gichtgase zum Betriebe von Gaskraftmaschinen.
                           Wir wenden uns nun diesen einzelnen Abschnitten zu und besprechen
                           
                              1. Die Fortschritte beim Transport von Erz, und Brennstoff.
                              Zur Erzeugung von einer Tonne Roheisen bedarf man durchschnittlich das dreifache
                                 										Gewicht an Erz und Kalkstein und ein gleiches Gewicht an Koks, zusammen also
                                 										etwa 4 t Rohmaterial. Bedenkt man, dass es Anlagen gibt, welche täglich 1000 t
                                 										Roheisen erzeugen – was keineswegs eine abnormal grosse Leistung ist –, so muss
                                 										eine solche Anlage für eine tägliche Zufuhr von 4000 t Rohmaterial Sorge tragen.
                                 										Dazu sind aber noch die Produkte zu rechnen, und zwar 1000 t Roheisen, ferner
                                 										etwa 2500 t Schlacke, so dass die täglich zu bewältigende Menge eine Summe von
                                 										etwa 7500 t ausmacht. Um sich eine Vorstellung von solchen Massen zu machen,
                                 										erwäge man, dass ein Eisenbahnzug (aus 10 t-Waggons bestehend, die Bufferdistanz
                                 										mit 8 m gerechnet) eine Länge von 7 km haben müsste, um diese Massen
                                 										fortzuschaffen. Es ist daher die zweckmässige Bewegung solcher Mengen keineswegs
                                 										eine untergeordnete Sache.
                              Die Zufuhr der Rohmaterialien zur Hütte erfolgt im allgemeinen entweder mittels
                                 
                                 										Schiff oder mittels Eisenbahn. Wichtig hierbei sind zwei Momente, erstlich die
                                 										Beladefähigkeit (Tragfähigkeit) und zweitens die Entladefähigkeit der
                                 										Transportmittel. Während bei der Schiffszufuhr die Tragfähigkeit, im Vergleich
                                 										zu allen anderen Transportmitteln, eine sehr beträchtliche ist, ist die
                                 										Entladefähigkeit der Schiffe eine minder günstige. Der Wasserspiegel wird stets
                                 										das tiefstgelegene Niveau eines Platzes darstellen und es wird sich bei der
                                 										Entladung stets um eine Hebung des Gutes handeln.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 12
                                 Fig. 1. 500 t-Wagen der Carnegie Steel Co. (U. St.).
                                 
                              Günstiger in diesem Punkt ist die Zufuhr mittels Bahn. Es ist möglich die Geleise
                                 										so hoch zu führen, dass eine weitere Verladung unter Zuhilfenahme der
                                 										Schwerkraft leicht erfolgen kann. Mangelhaft ist hier jedoch in der Regel die
                                 										Bedingung der Tragfähigkeit erfüllt, so dass das Gut in viele Teile zersplittert
                                 										herbeigeschafft werden muss, was höhere Arbeitskraft und grössere
                                 
                                 										Raumverhältnisse erfordert. Die amerikanischen Eisenbahnen verfügen über Wagen
                                 										von einer Tragfähigkeit bis zu 50 t gegenüber unserem Normalwagen von 10 t. Erst
                                 										in allerjüngster Zeit ist man auch in unseren Staaten zur Einstellung von 20
                                 										t-Wagen für den öffentlichen Transport von Erz und Kohle übergegangen. Dass sich
                                 										mit der Steigerung der Nutzlast eines Wagens dessen tote Last im Verhältnis zur
                                 										ersteren vermindert, ist auf der Hand liegend.
                              Einen Wagen mit 50 t Tragfähigkeit, wie ihn die Carnegie
                                    											Steel Co. (U. St.) für ihre Erztransporte verwendet, zeigt Fig. 1 im Prinzip dargestellt. Wir sehen auch,
                                 										dass eine selbstthätige Entladung durch Oeffnen der an der tiefsten Stelle
                                 										angebrachten Klappen leicht möglich ist.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 12
                                 Fig. 2. Talbot'scher Selbstentlader (20 t).
                                 
                              Fig. 2 skizziert einen Talbot'schen Selbstentlader, wie er in Deutschland öfters angetroffen
                                 										wird, dessen Tragfähigkeit zwar geringer (20 t) ist, der aber für die Entladung
                                 										mehr Kombinationen zulässt.
                              Fig. 3 bis
                                 											5
                                 										bieten Prinzipskizzen eines Wagens der Godwin Car
                                    											Co. in New York, dessen Selbstentladung alle Möglichkeiten erschöpft.
                                 										(Vgl. Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
                                 										1901 S. 733.)
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 12
                                 Wagen der Godwin Car Co. in New York (37 t).
                                 
                              Sehen wir hier auch einige geeignete Vorrichtungen, Eisenbahnwagen automatisch
                                 										entleerbar zu machen, so dürfen wir es doch nicht verschweigen, dass immer noch
                                 										der w!itaus grösste Teil aller mit der Bahn zugeführten Massengüter von Hand aus
                                 										mit der Schaufel entleert werden muss. Vorrichtungen, durch welche auch Wagen,
                                 										die nicht für Selbstentladung eingerichtet sind, auf einmal 
                                 										mechanisch durch Umkippen des ganzen Wagens entleert werden könnten, wie
                                 										solche in Amerika in Verwendung sind, werden von unseren Bahnverwaltungen nicht
                                 										zugelassen.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 13
                                 Fig. 6. Brown'scher Auslader.
                                 
                              Sind die Rohmaterialien einmal an den Ort der Hütte zugeführt, sei es nun per
                                 										Schiff oder Bahn, so treten wir vor die Aufgabe der Verladung. Eine Art
                                 										derselben wurde schon angedeutet, die Selbstverladung, wo das Gut der
                                 										Schwerkraft folgend von einem höheren Niveau auf ein tieferes abgestürzt wird.
                                 										Oft wird dies aber nicht möglich sein, da es sich in der Regel um ein Aufstapeln
                                 										auf Vorrat handelt. Da es Werke gibt, die Vorräte für den ganzen Winter
                                 										anzusammeln haben, so ist es oft nicht denkbar, diese Vorräte in hochgelegenen
                                 
                                 										Behältern zu lagern, so dass sie ihrer weiteren Verwendung selbstthätig
                                 										zugeführt werden könnten. Man muss sie also in der Regel auf dem Niveau des
                                 										Hüttenplatzes ansammeln.
                              Was die eigentlichen Verladevorrichtungen betrifft, die eine Hebung des Gutes
                                 										bewirken müssen – was immer bei einer Entladung eines Schiffes der Fall sein
                                 										wird –, so sind auf diesem Gebiete so vielerlei Konstruktionen in letzter Zeit
                                 										ausgeführt worden, dass es zu weit gehen würde, auch nur annähernd das in unser
                                 										Gebiet fallende zu besprechen. Wir wollen hier nur auf einige typische und oft
                                 										angewendete Ausführungen hinweisen.
                              Als allgemeine Forderungen an derartige Einrichtungen können genannt werden:
                              1. Raschheit und Billigkeit der Verladung;
                              2. möglichst mannigfache Verwendbarkeit;
                              3. Schonung des zu verladenden Gutes.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 13
                                 Fig. 7. Hulett-Auslader mit Greifer.
                                 
                              Was die erste Forderung betrifft, so sind hier ganz erstaunliche Leistungen
                                 										aufzuweisen. Es ist heute möglich, in 10 Stunden 6000 bis 7000 t Güter vom
                                 										Schiff in Eisenbahnwagen zu verladen, wozu nur 27 Mann erforderlich sind, von
                                 										denen wiederum nur 13 schwere Arbeit leisten.
                              Der zweiten Forderung genügen die meisten Einrichtungen dadurch, dass sie selbst
                                 										beweglich angeordnet sind. Was endlich die Schonung des zu verladenden Gutes
                                 										anbelangt, was hauptsächlich bei Brennstoffen von Belang ist, so macht sich hier
                                 										die Anwendung sogen. Greifer (Vorrichtungen, die beim Fassen des Gutes das
                                 										Greifen der menschlichen Hand nachahmen) vorteilhaft bemerkbar. Ferner ist Sorge
                                 										zu tragen, dass die Sturzhöhe keine zu grosse ist, was bei den meisten
                                 										Einrichtungen erzielt werden kann.
                              Fig. 6 zeigt die Skizze eines Brown'schen Ausladers, der recht häufige Verwendung
                                 										findet (vgl. Stahl und Eisen, 1901 S. 975). In
                                 										Ergänzung der Skizze sei bemerkt, dass der vordere Bock mit zwei oder mehreren
                                 										Rädern auf einer zum Dock parallelen Schiene läuft, der rückwärtige mit doppelt
                                 										so vielen Rädern auf zwei Schienen, die eine Spurweite von 3 m haben. Die
                                 										Katzenlaufbahn besteht aus Holzbalken mit aufgeschraubten Schienen, und jener
                                 										Teil derselben, der über den vorderen Bock hinausragt, kann aufgezogen werden,
                                 										um ein unbehindertes Anlegen der Schiffe zu ermöglichen. Das Steuerhaus 8 ist so hoch angebracht, dass von dort aus alle
                                 										Verrichtungen des Kranes überblickt werden können. Der Steuermann hat nur drei
                                 										Hebel zu bedienen und zwar Dampfabsperrventil, Friktionskuppelung und
                                 										Bandbremse. Der Kran arbeitet in der Weise, dass er das gefüllte Fördergefäss
                                 										rasch emporhebt, dieses beim Emporziehen gegen Winkelhebel schlägt, welche die
                                 										Katze von dem Laufbahnkopfe loshaken, worauf sich diese samt der Last
                                 										weiterbewegt. An jener Stelle, wo die Entladung stattfinden soll, ist die
                                 										Wegbegrenzung angebracht, welche die Katze festhält, die Last loshakt und zum
                                 										Sinken bringt. Die Geschwindigkeit aller Bewegungen wird durch die Bandbremse
                                 										geregelt. Das Gefäss wird entleert, worauf sich der Vorgang in umgekehrter
                                 										Reihenfolge abspielt. Die Steigung der Bahn nach rückwärts hat den Zweck,
                                 										einerseits möglichst hohe Haufen aufstürzen zu können, andererseits gestattet
                                 										diese Anordnung die Anwendung eines sehr einfachen Windwerkes.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 13
                                 Fig. 8. Hunt's Umlader in Kratzwiek bei Stettin.
                                 
                              Was die Leistungsfähigkeit des Brown'schen Ausladers
                                 										betrifft, so können 12 nebeneinander gestellte Auslader in 12 bis 14 Stunden ein
                                 										Erzschiff, das auf den amerikanischen Seen zum Transport von Erzen dient, und
                                 										7000 t Ladefähigkeit hat, entladen. Da jedoch das Füllen der Fördergefässe von
                                 										Hand aus erfolgt, sind 127 Arbeitskräfte für diese Leistung erforderlich.
                              Billiger arbeiten entschieden die Hulett'schen
                                 										Verladevorrichtungen (Fig. 7) (vgl. Stahl und Eisen, 1901 S. 962). Diese besitzen den
                                 										schon erwähnten Greifer, welcher bei einem Hub die gewaltige Menge von 10000 kg
                                 										zu fassen vermag. Die Bewegungen, die aus der Zeichnung ersichtlich sind,
                                 										erfolgen mittels hydraulisch angetriebener Flaschenzüge. Die Bedienung eines
                                 										Ausladers erfolgt durch drei Mann (zwei Maschinisten, ein Heizer). Ausser diesen
                                 										sind für drei gleichzeitig arbeitende
                                 										Hulett-Verlader noch 18 Mann nötig (Aufseher, Schmierer). Es bewältigen nun drei
                                 										solche Vorrichtungen mit nur 27 Mann die gleiche Menge Verladegutes wie 12
                                 										Brown-Vorrichtungen mit 127 Mann. Es ist ersichtlich, dass dies eine grosse
                                 										Ersparnis bedeutet.
                              Die in Fig. 8 skizzierte Hunt'sche Verladevorrichtung ist in Kratzwiek bei Stettin und eine
                                 										ähnliche in Duisburg 
                                 										in Verwendung. Sie gliedert sich in zwei Teile, den Hunt'schen Elevator A und die sogen. Hunt'sche automatische Brücke B. Der Elevator, elektrisch oder mit Dampf
                                 										betrieben, hebt mittels Greifers das Verladegut aus dem Schiffsraum unddfüllt es
                                 										in einen Sumpf S. Von diesem gelangt es in Wagen,
                                 										die sich auf der leicht geneigten automatischen Bahn selbstthätig weiter
                                 										bewegen, an einem beliebigen Punkte entladen und wieder selbstthätig an den
                                 										Ausgangspunkt zurückkehren. Die Leistungsfähigkeit dieser Verladevorrichtung ist
                                 										45 bis 75 t per Stunde.
                              
                           
                              2. Fortschritte bei der Gichtförderung.
                              Die Bewegung der Rohmaterialien ist noch nicht abgeschlossen, wenn sie durch die
                                 										im vorigen Abschnitte besprochenen Vorrichtungen auf dem Hüttenplatze gelagert
                                 										sind. Es ist jetzt notwendig, sie in zweckmässiger Weise an die Stelle ihrer
                                 										eigentlichen Verwendung zu bringen, d. i. das Gichtplateau des Hochofens.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 14
                                 Fig. 9. Suppes' Kranfüller (Lorain).
                                 
                              Ist hierbei die Länge des zurückzulegenden Weges in der
                                 										Regel nur gering, so ist doch der Höhenunterschied ein bedeutender. Moderne
                                 										Hochöfen haben eine Höhe bis zu 35 m, es müssen also Vorrichtungen zu Gebote
                                 										stehen, welche diese Höhe beherrschen können. Waren dies früher zumeist
                                 										vertikale Aufzüge, so bevorzugen neue Anlagen fast ausnahmslos schief gestellte
                                 										Seilbahnen oder Kräne. Der Grund dafür ist der, durch den schief gestellten
                                 										Apparat mit dem Fördergute direkt über die Mitte des Ofens gelangen zu können,
                                 										während der vertikale Aufzug eine weitere Verschiebung des Gutes in horizontaler
                                 										Richtung erfordert. Verlangte dies früher viele Menschenkraft oder komplizierte
                                 										mechanische Einrichtungen auf dem ohnehin beschränkten Platze des Gichtplateaus,
                                 										so ist es heute möglich, auf vollständig mechanische Weise, ohne eine andere
                                 										menschliche Arbeitskraft als die des Führers der Vorrichtung zu benötigen, die
                                 										gewaltigen Mengen der Urstoffe direkt in den Ofen zu bringen.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 14
                                 Fördergefässe.
                                 
                              Was zunächst den Transport von dem Vorratsraume bis zur Gichtvorrichtung
                                 										betrifft, so kann die Anlage derart beschaffen sein, dass erstens die Vorräte
                                 										unmittelbar beim Ofen liegen. Der Transport erfolgt dann entweder a) mittels
                                 
                                 										Transportbandes oder b) mittels Kranfüllers (Suppes' Vorrichtung Fig. 9) oder c) mittels
                                 										Lokomotivbetriebes oder endlich e) mittels Seilbahn.
                              Zweitens können die Vorräte entfernter liegen. Es werden dann vor den Hochöfen
                                 										sogen. Taschen eingeschaltet (Fig. 9), die von
                                 										einem Krane gefüllt werden und den täglichen Vorrat oder mehr enthalten. Von
                                 										diesen Taschen aus kann dann der Transport in der zuerst beschriebenen
                                 
                                 										Weise erfolgen.
                              Drittens können die Fördergefässe des Gichtaufzuges direkt bei den Vorratsräumen
                                 										gefüllt, wodurch man überdies ein nochmaliges Stürzen vermeidet, und mittels
                                 										beliebiger Vorrichtungen zu der Gichtvorrichtung gebracht werden. Die Lage des
                                 										Vorratsplatzes ist dann gleichgültig.
                              Diese drei Arten der Anlage der Vorratsräume stützen sich auf eine zweifache
                                 										Einrichtung der Gichtförderung: entweder sind die Fördergefässe mit derselben
                                 										fest verbunden, oder sie sind abnehmbar.
                              In Fig.
                                    											10 und 11 sind zwei sehr
                                 										zweckmässige Fördergefässe abgebildet. Fig. 10 zeigt ein
                                 										solches mit trichterförmigem Bodenverschluss. Die Wirkungsweise ist die, dass
                                 										beim Füllen das Gefäss auf dem Boden a aufruht,
                                 										beim Heben durch Ziehen an der Stange c der
                                 										trichterförmige Boden geschlossen bleibt, beim Entleeren des Gefässes aber
                                 										dasselbe nur an der ringförmigen Fläche b
                                 										unterstützt wird, wodurch beim Senken der Stange der Verschluss sich öffnet und
                                 										das Fördergut ausstürzt. Die in Fig. 11 abgebildete
                                 										Einrichtung ist ein aus Blech gefertigtes schalenartiges Gefäss, welches an zwei
                                 										Zapfen so unterstützt ist, dass es im leeren Zustande stets in die richtige Lage
                                 										zurückkehrt. Wird es jedoch beladen, so rückt der Schwerpunkt seitlich vom
                                 										Drehpunkt, so zwar, dass das Bestreben herrscht, das Ladegut zu entleeren.
                                 										Dieses Bestreben sich zu entleeren wird natürlich während des Transportes durch
                                 										eine zweckentsprechende Vorrichtung verhindert, und erst an dem Orte, wo die
                                 										Enpleerung stattfinden soll, diese Vorrichtung ausgeschaltet, worauf die Schale
                                 										kippt, das Gut entleert und sich wieder von selbst in die richtige Lage
                                 										zurückbringt. Die Schalen sind entweder auf einem Wagengestell abhebbar gelagert
                                 										oder die Räder sind direkt an ihnen befestigt, wie die Skizze andeutet.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 14
                                 Fig. 12. Brown'sche Gichtförderung.
                                 
                              Die Bedingungen, welche an eine zweckentsprechende Gichtförderung zu stellen sind
                                 										und die wir bei Besprechung der einzelnen Einrichtungen kennzeichnen wollen,
                                 										sind:
                              1. Sicherheit des Betriebes;
                              2. Bewältigung der Förderung;
                              3. Vermeidung der oftmaligen Stürzung;
                              4. richtige Verteilung des Materials auf der Gicht und
                              5. Billigkeit des Betriebes.
                              Die in Fig. 9 skizzierte Vorrichtung von Max Suppes (Iron and Steel,
                                    											Trades Journal, 1898 S. 143) ist längst der gezeichneten Taschen
                                 										verschiebbar. Der Führer dieses Kranfüllers entnimmt selbst das Erz-, Koks- oder
                                 										Kalkmaterial den Taschen, wobei gleichzeitig mit Hilfe einer Kranwage die Wägung
                                 										vorgenommen wird, fährt dann mit dem gefüllten Gefäss zu der Stelle, wo der
                                 										Gichtaufzug sich befindet und entleert seinen Inhalt in den
                                 										Gichtförderwagen.
                              Am meisten angewendet ist die in Fig. 12
                                 										gezeichnete Gichtförderung von Brown (Stahl und Eisen, 1901 S. 1039). Das Fördergefäss
                                 
                                 										wird durch eine elektrisch oder mit Dampf getriebene Winde auf der schiefen Bahn
                                 										zur Gicht emporgezogen. Während nun, oben angelangt, die beiden vorderen Räder
                                 										auf dem horizontal umgebogenen Geleise festgehalten werden, gehen die
                                 										rückwärtigen Räder, die auf einem besonderen Geleise laufen, weiter in die Höhe.
                                 										Das Gefäss kommt schief zu liegen und der Inhalt stürzt in den Gichttrichter.
                                 										Der Wagen gleitet dann wieder hinab, um aufs neue gefüllt zu werden.
                              In Fig. 13 ist eine neue, eigenartige
                                 										Begichtungsvorrichtung skizziert, die auf der neuen Hochofenanlage zu Eisenerz
                                 										in Steiermark in Verwendung steht. Dieselbe ist 
                                 										ein schief gestellter Kran, dessen Gehänge die in Fig. 11
                                 										geschilderten Fördergefässe an den beiden Zapfen fasst, vom Wagenuntergestelle
                                 										abhebt und auf die Gicht zieht. Dort wird die Vorrichtung, welche das Kippen der
                                 										Schale verhindert, ausgelöst, worauf das Fördergut ausstürzt.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 15
                                 Fig. 13. Kranbegichtung in Eisenerz.
                                 
                              Die Schale geht dann von selbst in die richtige Lage
                                 										zurück, wird herabgelassen, auf das Wagengestelle aufgesetzt und losgehakt.
                                 
                                 										Darauf hebt der Kran ein zweites Gefäss u.s.f. Die Menge des auf einmal auf die
                                 										Gicht geförderten Gutes beträgt bei Erz 4 t, bei Koks 1½ t. Diese Vorrichtung,
                                 										welche anscheinend durch die von Lürmann in Stahl und Eisen, 1900 S. 561 veröffentlichten
                                 										Vorschläge zur Begichtung von Hochöfen durch Krane in ihrer Ausführung
                                 										beeinflusst wurde, bedient einen Ofen, dessen tägliche Erzeugung 400 bis 500 t
                                 										Eisen beträgt. Die Leistungsfähigkeit derselben ist also eine entsprechend
                                 										grosse, was auch daraus hervorgeht, dass anfangs diese eine Vorrichtung noch
                                 										einen zweiten Ofen mitbegichten sollte. Man ist jedoch von dieser Absicht
                                 										abgekommen. Vorteilhaft ist hierbei noch der Umstand, dass eine zweite Stürzung
                                 										des Materials zwischen Erzmagazin und Gichtvorrichtung vermieden wird.
                              Fig. 14 zeigt einen Gichtaufzug von Walter Kennedy (The Iron
                                    											Age, 1899 Nr. 26 S. 8), der sich von der Brown'schen nur dadurch unterscheidet, dass sich zwei Förderwagen auf
                                 										demselben befinden. Mit einer einzigen solchen Vorrichtung soll man soviel
                                 										Material zu bewältigen im stände sein, als ein Ofen für die tägliche Erzeugung
                                 										von 1000 t Roheisen benötigen würde.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 15
                                 Fig. 14. Kennedy's Aufgabevorrichtung für Hochöfen. (Mit Parry'schem Trichter.)
                                 
                              Die Fortschritte, die in dieser Richtung erzielt wurden, sind mannigfache. Die
                                 										Grösse des Hochofens ist nicht mehr abhängig von der Begichtungsvorrichtung, da
                                 										diese grössere Mengen bewältigt, als die grössten Oefen heute benötigen. Ferner
                                 										ist durch die durchaus selbstthätige Gichtförderung in Verbindung mit den an
                                 										späterer Stelle zu besprechenden Gichtverschlüssen die so wichtige Forderung der
                                 										gleichmässigen Begichtung und Verteilung des Materials auf der Gicht erfüllt. So
                                 										lange dies durch Menschenkraft erfolgte, konnte die Regelmässigkeit, wie sie ein
                                 										durchaus maschineller Betrieb erzielt, nie erreicht werden.
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)