| Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der Schwachstromtechnik. | 
| Autor: | Karl T. Fischer | 
| Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 165 | 
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                        Neuerungen auf dem Gebiete der Schwachstromtechnik.
                        Von Dr. Karl T. Fischer, Privatdozent an der kgl. Technischen Hochschule in München.
                        (Fortsetzung von S. 133 d. Bd.)
                        Neuerungen auf dem Gebiete der Schwachstromtechnik.
                        
                     
                        
                           B. Der Schnelltelegraph von Pollák-Virág.
                           1. Geschwindigkeit der Zeichengebung. Die
                              									Geschwindigkeit, mit welcher bei der Morse-Telegraphie durch den Morse-Taster
                              
                              									Zeichen gegeben werden können, lässt sich ausserordentlich dadurch steigern, dass
                              									die Stromschlüsse und Unterbrechungen nicht von Hand durch Niederdrücken und Heben
                              									des Morse-Schlüssels bewirkt werden, sondern vermittelst eines durchlochten
                              									Papierstreifens, der etwa über einer mit der Leitung verbundenen Metallwalze unter
                              									einer mit einer Batterie verbundenen Kontaktbürste fortbewegt wird; so oft und so
                              									lange die Bürste auf ein Loch im Papierstreifen trifft, ist in diesem Falle der
                              									Strom geschlossen. Da die Papierstreifen durch eigene Personen gelocht werden
                              									können, so gestatten sie mit grosser Schnelligkeit die Zeichen abzusenden und auf
                              									derselben Telegraphenlinie eine sehr hohe Anzahl von telegraphischen Zeichen pro
                              									Zeiteinheit zu übertragen. Beim Wheatstone'schen
                              									Maschinentelegraphen ist diese Verwendung vorgelochter Papierstreifen bereits seit
                              									längerer Zeit in Anwendung gebracht und als zweckmässig erprobt worden. Der
                              									Schnelligkeit der Uebertragung ist jedoch dadurch eine Grenze gesetzt, dass erstens
                              									die das Telegramm niederschreibenden Zeichen durch Apparatteile bewirkt werden,
                              									welche eine ziemlich beträchtliche Masse haben und daher bei den verhältnismässig
                              									kleinen Kräften, mit denen wir telegraphieren, eine entsprechend lange Zeit
                              									erfordern, um in Bewegung gesetzt zu werden, und dass zweitens wegen der Kapazität
                              									der Leitungen, namentlich bei Kabeln, die LadungszeitVgl. III dieses Referates S. 69 d. Bd. sich recht störend
                              									bemerkbar macht und ein undeutliches Abreissen der Zeichen eintritt, wenn man zu
                              									rasch telegraphiert. In dem Schnelltelegraphen von Anton
                                 										Pollák und Joseph Virág, welcher in dem
                              									Laboratorium der Vereinigten Alektrizitäts-A.-G. vormals B.
                                 										Egger und Co. in Budapest entstand, sind nun auch diese letzteren
                              									Schwierigkeiten in einer geradezu genialen und so vollkommenen Weise überwunden
                              									worden, dass bei praktisch durchgeführten Versuchen auf Linien von mehreren hundert
                              									Kilometern bereits bis zu hunderttausend Worte pro Stunde übertragen werden konnten;
                              									seit einem Jahre ist der Pollák-Virág'sche Telegraph
                              									bis zu einer solchen Vollendung ausgebildet worden, dass er an der Empfangsstelle
                              									die Telegramme in Kurrentschrift aufzeichnet.
                           2. Der Schreibapparat bestand ursprünglich aus einem
                              									Telephon, dessen Membranbewegungen dazu benutzt wurden, um einen Spiegel um eine
                              									horizontale Achse zu drehen; als Träger des Hohlspiegels SS (Fig. 19), auf welchen ein dünnes
                              									Eisenblech aufgekittet ist, dienen die beiden Schneiden BC, in welche der eine Pol eines permanenten Magneten M ausläuft und die dünne Stahlfeder A, welche am anderen Pole aufgeschraubt ist, und
                              									gleichfalls in einer Schneide endigt. Infolge des Magnetismus wird der Spiegel an
                              									den Schneiden ABC festgehalten, ohne an Beweglichkeit
                              									zu verlieren; bewegt sich daher die Telephonmembrane, welche durch den leichten
                              									Stift D mit A in
                              									Verbindung steht, so wird auch A verschoben und der
                              									Spiegel um BC gedreht. Die Verschiebungen von A betragen nur Tausendstel eines Millimeters und
                              									dementsprechend sind auch die Drehungen des Spiegels nur sehr klein; sie lassen sich
                              									aber trotzdem leicht sichtbar machen, indem man einen Lichtstrahl auf den Spiegel
                              									fallen und von ihm reflektiert werden lässt; der Lichtpunkt, welchen der Lichtstrahl
                              									in grösserer Entfernung auf einem auffangenden Schirm aufzeichnet, gibt die
                              									Verschiebungen durch deutliche Lichtstreifendwieder. Wie sich in Untersuchungen von
                              
                              										Rayleigh und anderen zeigte, ist das Telephon ein
                              									sehr empfindliches Instrument, da es schon auf \frac{1}{10000000}=10^{-7} Ampère anspricht, und es
                              									genügen daher bereits sehr schwache Ströme, um das Spiegelchen in Drehung zu
                              									versetzen; wegen der geringen Massen, die der Spiegel erfordert, kann eine sehr
                              									lebhafte Bewegung desselben erzielt werden. Ist der reflektierte Lichtstrahl auf
                              									photographisches Entwickelungspapier gefallen, so können die Lichteindrücke durch
                              									Entwickelung und Fixierung sichtbar gemacht und dauernd festgehalten werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 165
                              Fig. 19.
                              
                           Die Zeichen bestehen in auf- und abwärts gehenden
                              									Strichen; ein abwärts gehender Strich entspricht dabei einem Punkt im
                              									Morse-Alphabet, ein aufwärts gehender einem Strich; sie entsprechen Ausschlägen des
                              									Spiegels nach entgegengesetzten Richtungen, wie dies auch in der Kabeltelegraphie
                              									der Fall ist. Um die Ausschläge hervorzubringen, ist eine Batterie p nach Fig. 20 mit den
                              									beiden Metallbürsten B1
                              									und B2 und dem Telephon
                              										T verbunden; je nachdem B1 oder B1 durch eines der Löcher der beiden Löcherreihen I oder II zum Kontakt mit
                              									der Metallwalze W kommt, wird das Telephon im Sinne der
                              									ausgezogenen oder punktierten Pfeile von Strom durchflössen werden und die Membran
                              									näher an den Magneten des Telephons herangezogen oder von ihm frei gegeben werden.
                              										Fig. 21 gibt einige Zeichen wieder, wie sie durch
                              									den Lichtzeiger auf dem photographischen Papier erhalten werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 165
                              Fig. 20.
                              
                           Um die Eigenschwingungen der Telephonmembrane zu
                              									dämpfen, welche sich nach jedem Stromstoss bemerkbar machen würden, indem die
                              									Membrane, einmal in Bewegung versetzt, eine Zeit lang entsprechend ihrer
                              
                              									Eigenperiode um die Mittellage pendeln würde, werden die Stromstösse kürzer gewählt
                              									als die Periode der Telephonmembrane beträgt, 
                              									und ausserdem ein Kondensator K zum Telephon
                              									parallel geschaltet – in der Fig. 20 punktiert
                              									eingezeichnet. Dadurch, dass nach dem Aufhören des Linienstromes der Kondensator
                              									noch einen kleinen Stromstoss in das Telephon sendet, werden bei richtiger Grösse
                              									des Kondensators die Telephoneigenschwingungen rasch zum Erlöschen gebracht, ohne
                              									dass die Empfindlichkeit des Apparates durch Dämpfung Einbusse erlitte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 166
                              Fig. 21.
                              
                           Die Störungen, welche die Kapazität der Drahtleitungen
                              									bei Uebertragung von Telegrammen auf grössere Entfernungen verursachen würde, werden
                              									dadurch herabgemindert, dass an der Sendestation parallel zur Leitung eine passend
                              									gewählte Selbstinduktionsspule L angelegt ist –
                              									gleichfalls in Fig. 20 punktiert eingezeichnet. Die
                              									Einschaltung des Kondensators K und der Selbstinduktion
                              										L ist unbedingt erforderlich, wenn nicht die
                              									einzelnen Zeichen in der Empfangsstation verzerrt wieder erscheinen sollenVgl. Elektrotechnische Zeitschrift, 1899 S. 470,
                                    											wo autotypische Reproduktionen von Telegrammen zur Illustration des
                                    											Einflusses der Selbstinduktionsspule und des Kondensators wiedergegeben
                                    											sind..
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 166
                              Fig. 22.
                              
                           3. Die automatische Wiedergabe eines Telegrammes
                              									erfolgt, indem der belichtete, von einem Uhrwerk oder Motor bewegte Papierstreifen
                              									mittels Schere S (Fig.
                                 										22) abgeschnitten und zwischen Bändern geführt in die Entwickler- und
                              									Fixierflüssigkeit gebracht wird. Um Zeilenschrift zu erhalten, ist nicht ein fester
                              									Lichtpunkt als Lichtquelle gewählt, sondern es befindet sich eine Glühlampe L mit langgestrektem Faden innerhalb eines
                              									Metallcylinders C, in welchem ein Umgang einer
                              									Schraubenlinie ausgespart ist; derjenige Punkt des Glühlampenfadens, welcher gerade
                              									durch den Schraubengang des durch Uhrwerk gedrehten Cylinders Licht nach dem
                              									Hohlspiegel des Schreibapparates T senden kann, liefert
                              									in dem betreffenden Moment den Lichteindruck auf dem Papierstreifen P; während sich der Hohlcylinder dreht, wandert der
                              									lichtaussendende Punkt von rechts nach links. In dieser Weise ist auf die einfachste
                              									Art eine in Zeilen abgesetzte Schrift erreicht. Die Entwickelung und Fixierung des
                              									Streifens erfordert nur 2½ Minuten. Selbstverständlich ist der lichtempfindliche
                              									Teil des Apparates in einen lichtdichten Kasten eingeschlossen, in welchen nur der
                              									Lichtzeiger durch eine Oeffnung Eingang findet.
                           4. Wiedergabe des Telegrammes in Kurrentschrift. Manche
                              									Buchstaben der lateinischen Kurrentschrift sind aus einfachen Strichen
                              									zusammengesetzt, welche der bisher beschriebene Apparat bereits liefern kann, so
                              									z.B. das m (Fig. 23); nimmt man die Löcher des
                              									Papierstreifens verschieden gross, so dass der Strom verschieden lange geschlossen
                              									bleibt, so lassen sich gut die drei Elemente, aus welchen das m zusammengesetzt ist,
                              									erhalten. Ebenso das v, indem man einmal längere Zeit und dann nur für kurze Zeit
                              									schliesst, so dass der Spiegel einmal nur ganz wenig aus seiner Gleichgewichtslage
                              
                              									abgelenkt wird. Um das p zu erhalten, muss einmal ein starker Strom
                              									zirkulieren, damit eine stärkere Ablenkung des Spiegels eintritt, allein es ist dies
                              									leicht zu erreichen, wenn man eine dritte Löcherreihe III vorsieht, welche eine Batterie von höherer Spannung anzuschliessen
                              									erlaubt. Die erste Löcherreihe gibt dann nach oben liegende Zacken, die zweite nach
                              									unten gehende von normaler Länge, die dritte nach unten gehende mit doppelter Länge.
                              									Die damit erzielbaren Figuren sind in Fig. 24
                              									dargestellt. Manche Buchstaben, wie z.B. das l oder b, enthalten nun aber auch
                              									Schleifen, und diese können nur erhalten werden, wenn der Lichtzeiger auch
                              									horizontale Bewegungen auszuführen im stände ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 166
                              Fig. 23.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 166
                              Fig. 24.
                              
                           Um diese Horizontalbewegungen zu ermöglichen, verwenden Pollák-Virág ein zweites Telephon. Fig. 25 zeigt die Anordnung der beiden Telephone. Der
                              
                              									Spiegel ruht jetzt wieder auf drei Spitzen ABC; von
                              									diesen ist aber jetzt nur mehr die Spitze C fest an dem
                              									permanenten Magneten M angebracht. Die Schneide A kann durch die Membran des Telephons T1 vor- und
                              									zurückgeschoben . werden und veranlasst den Spiegel Vertikalbewegungen des
                              									Lichtzeigers hervorzubringen; die Schneide B wird vom
                              									Telephon T2 in Bewegung
                              									gesetzt und bewirkt Drehungen des Spiegels um die vertikale Achse AC, so dass, wenn T2 stromdurchflossen ist, der Lichtzeiger horizontale
                              									Bewegungen ausführt. Lässt man die beiden Telephone geeignet nacheinander oder
                              									gleichzeitig in Funktion treten, so kann man durch den Lichtzeiger alle möglichen
                              									Zeichen aufschreiben lassen. Die Kontakte, welche Telephon T2 mit Strom versehen sollen, werden durch
                              									eine vierte und fünfte Löcherreihe hergestellt, so dass dann die Löcher IV horizontale Bewegungen nach links, die Löcher V Bewegungen nach rechts zur Folge haben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 166
                              Fig. 25.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 166
                              Fig. 26.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 166
                              Fig. 27.
                              
                           Soll nun z.B. der Buchstabe l geschrieben werden, so sind
                              									folgende Kontakte nötig (Fig. 26): den Zug a würde
                              									man bekommen durch die Löcher 1 und 2; um die Schleife in diesen Zug einzufügen, welche ihn
                              									zu einem 1 macht, muss zu Kontakt 1 und 2 noch ein Kontakt 3
                              									gefügt werden. Beginnt nun in b der Lichtzeiger sich
                              									nach oben zu bewegen, so muss der Stromstoss 3
                              									hinzukommen, welcher eine Bewegung des Lichtpunktes nach links hervorbringt;
                              									Stromstoss 3 muss so lange andauern, bis der Lichtpunkt
                              									in 9 angelangt ist; hier endigt Loch 1 und somit der erste Stromstoss, und der Lichtpunkt
                              									kehrt nach 10 zurück; dadurch, dass jetzt Loch 2 (auf II) Kontakt
                              									herstellt, bewegt sich der Lichtpunkt nach unten, um, wenn in 12 der Kontakt 2 passiert
                              									ist, nach der Ruhelage 13 zurückzukehren. In ähnlicher
                              									Weise kann man durch geeignete Superposition von Vertikal- und Horizontalbewegungen
                              									alle Schriftzüge herstellen. Fig. 27
                              									
                              									zeigt, wie sich, das Wort „Telegraf“ aus Horizontal- und
                              									Vertikalkomponenten herstellen lässt. Der oberste Teil der Figur gibt an, wie der
                              									Papierstreifen durchlocht sein muss, der zweite Teil stellt die Vertikalbewegungen,
                              									der dritte die Horizontalbewegungen und der unterste Teil die Superpositiondbeider
                              									zum Worte „Telegraf“ dar.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 167
                              Fig. 28.
                              
                           5. Der Kontaktapparat ist in diesem Falle nach Fig. 28 angeordnet. Entsprechend den fünf Löcherreihen
                              									sind fünf voneinander isolierte Metallscheiben zu einer Walze vereinigt und mit zwei
                              									getrennten Batterien P1
                              									und P2 nach Zeichnung
                              									verbunden. J1 und J2 sind
                              									Selbstinduktionsspulen, welche der Wirkung der Kapazität der Leitung, nämlich dem
                              									langsamen Abnehmen des Stromes nach Oeffnung des Stromkreises dadurch
                              									entgegenarbeiten, dass sie nach Stromöffnung einen dem ursprünglichen
                              
                              									entgegengesetzt gerichteten Stromstoss in die Leitung senden und dadurch die Leitung
                              									rasch stromlos machen. C1 ist der parallel zum Telephon T1 angelegte Kondensator, C2 der zu T2 gehörige; wie schon erwähnt, ist ihre
                              									Aufgabe die, die Eigenschwingungen der Telephonmembranen zu dämpfen. Aus P1 wird für I und II ein gleich
                              									starker positiver und negativer Strom entnommen, III
                              									erhält einen doppelt so starken negativen Strom; die Reihen IV und V werden aus P2 mit gleich starkem positiven und
                              
                              									negativen Strom versorgt; durch sie wird Telephon T2 mit Strom beschickt. Wie die Figur zeigt, ist es
                              
                              									nicht nötig, zwei Leitungen zu haben, um die beiden Telephone unabhängig voneinander
                              									zu erregen, sondern es kann T2 mit Strom versehen werden, ohne dass T1 in Mitleidenschaft gezogen wird: es werden
                              
                              									nämlich, wenn T2 erregt
                              									wird, L1 und L2 parallel von Strom
                              									durchflössen; da in der Mitte der Wickelung von T1 der Strom nach T2 weiterfliesst, so ist T1 von zwei entgegengesetzt gerichteten
                              									Strömen gleichzeitig durchflössen und bleibt in Ruhe. Der Rücklauf des Stromes von
                              										T2 erfolgt durch
                              									die Erdleitung. Um eine deutliche Schrift zu bekommen, müssen die
                              									Vertikalkomponenten sehr rein erscheinen und zu diesem Zwecke durch die am Anfange
                              									der Leitung angebrachte Selbstinduktion J1 die Einflüsse der Selbstinduktion und Kapazität
                              									der Leitung zum Verschwinden gebracht werden. Die Horizontalkomponenten dagegen
                              									sollen etwas langsamer verlaufen; daher ist für diese bei längeren Leitungen der
                              									Stromkreis gar nicht korrigiert oder nur durch eine schwach wirkende
                              									Selbstinduktionsspule J2.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 167
                              Fig. 29.
                              
                           Die Durchlochung des Papieres geschieht in der Weise,
                              									dass mit je einem Druck auf einen Taster die ganze einem Buchstaben
                              									entsprechende Löchergruppe eingestanzt wird, und stellt keine höheren Ansprüche an
                              									den Arbeiter, als eine Schreibmaschine. Fig. 29 gibt
                              									nach einer autotypischen Vervielfältigung die von dem Pollák-Virág'schen Telegraphen thatsächlich aufgeschriebenen Zeichen
                              										wiederAus der Elektrotechnischen Zeitschrift, 1901 S.
                                    											281..
                           6. Praktische Versuche sind in der verschiedensten Weise
                              									schon ausgeführt worden, und es haben verschiedene Staaten den Schnelltelegraphen
                              									bereits durch eigene Beamte erproben lassen. Unter anderem wurden auf der 400 km
                              
                              									langen, aus vier Telegraphenleitungen bestehenden Schleifenlinie von Budapest nach
                              									Poszony in Ungarn in der Weise Versuche angestellt, dass Telegramme von Budapest aus
                              									über die ganze Linie und wieder zurück ins Laboratorium gesandt wurden, so dass
                              									Sender und Empfänger sich in demselben Raume befanden. Es wurden dabei bei einem
                              									Widerstände der Leitung von 2000 Ohm 60000 Worte pro Stunde übertragen. Es soll
                              									jedoch auch schon auf längeren Linien, z.B. Budapest-Berlin (1060 km),
                              									Chicago-Buffalo (1800 km) und Chicago-New York (1500 km), mit Erfolg telegraphiert
                              									worden seinElektrotechnische Zeitschrift, 1900 S.
                                    										375..
                           Ein grosser Vorteil des Pollák-Virág'schen
                              									Schnellschreibtelegraphen liegt ausser der unvergleichlichen Arbeitsschnelligkeit
                              									darin, dass er nicht von irgendwelchem Synchronismus von Geber und Empfangsapparat
                              									abhängt, wie dies bei fast allen anderen modernen Telegraphen der Fall ist; ein
                              									Nachteil, den er gegenüber den Rowland'schen haben
                              									könnte, scheint mir darin zu liegen, dass auf verschieden langen Linien die
                              									Einflüsse der Kapazität und Selbstinduktion der Leitungen sich verschieden bemerkbar
                              									machen müssen; es kann die am Empfangsapparat eingeschaltete Selbstinduktion
                              									offenbar nur für Leitungen von massig veränderlicher Länge abgeglichen werden; wird
                              									somit auf verschiedene Entfernungen telegraphiert, so muss diese Selbstinduktion
                              									geändert werden. Dass für den Pollák-Virág'schen
                              									Telegraphen erst eine Durchlochung des Papierstreifens stattfinden muss, fällt wohl
                              									weniger ins Gewicht, da diese Durchlochungen von verschiedenen Personen mechanisch
                              									ausgeführt werden können, und da der einmal gelochte Streifen dafür mehrmals für die
                              									Absendung von Telegrammen nach verschiedenen Richtungen hin verwertet werden kann;
                              									und gerade diese Forderung tritt ja häufig bei Telegrammversendungen auf.
                           Man kann wohl mit Recht behaupten, dass der Pollák-Virág'sche Schnelltelegraph den Erfindern eine erste Stelle in der
                              									Geschichte der Telegraphie sichert, und es muss jeden mit Bedauern erfüllt haben,
                              									als die Fachzeitschriften berichteten, dass der eine Erfinder Joseph Virág im Alter von 27 Jahren in Budapest im
                              									grössten Elend gestorben ist.
                           7. Um einen Ueberblick zu geben, wie sich die
                                 										Leistungsfähigkeit und die Kosten der verschiedenen Systeme von modernen
                              									Telegraphen stellen, sei zum Schlusse eine Uebersicht angegeben, welche nach einem
                              									Artikel der Elektrotechnischen Zeitschrift (1901 S.
                              									462) zusammengestellt ist. Die Oekonomie eines Apparates hängt erstens davon ab, wie
                              									stark die Leitung ausgenutzt wird, und zwar würde hinsichtlich dieses Punktes jener
                              									Telegraph der beste sein, welcher die grösste Anzahl von Zeichen pro Zeiteinheit zu
                              									übermitteln erlaubt, und zweitens kommt die Anzahl von Beamten in Betracht, welche
                              
                              									die Bedienung des Apparates auf der Sende- und Empfangsstation erfordert;
                              									hinsichtlich dieses Punktes wäre jener Apparat der empfehlenswerteste, welcher die
                              									meisten Zeichen pro Beamten in der Zeiteinheit zu übertragen gestattet. Natürlich
                              									kommt es darauf an, in welchem Verhältnis die Kosten für die Leitung zu den Kosten
                              									für die Beamten stehen, wenn man erkennen will, welcher der beiden Oekonomiewerte
                              									der wichtigere ist; da dies indessen generell nicht angebbar ist, so soll als
                              									Massstab für die Gesamtökonomie das Produkt aus dem ersten Wert und dem zweiten Wert
                              									genommen werden; derjenige Apparat, für welchen dieses Produkt am grössten ist, wird
                              									als der überlegene erscheinen, wenn freilich darin eine Willkür liegt, dass man die
                              									beiden Werte gerade als Faktoren eines Produktes verwendet; es 
                              									ist auch möglich, dass dieselben nicht gleichwertig in Rechnung gezogen werden
                              									müssten. In der folgenden Tabelle sind die drei Werte als Koeffizient für die
                              									Ausnutzung der Leitung, Koeffizient für die Bedienungskosten des Apparates und
                              									Gesamtkoeffizient für die wichtigsten modernen Telegraphen angegeben. Um in der
                              									dritten Kolonne einen Vergleichsmassstab zu gewinnen, ist der Gesamtkoeffizient für
                              									den Morse-Telegraphen gleich 1 gesetzt.
                           
                              
                                 Apparatsystem
                                 Beamten-zahl
                                 Worte/Min.
                                 Worte/Be-amte
                                 Produkt
                                 
                              
                                 Morse-Apparat
                                   2
                                     15
                                     7,5
                                     1,0
                                 
                              
                                 Hughes, einfach
                                   4
                                     25
                                     6,2
                                     1,4
                                 
                              
                                 Hughes, doppelt
                                   6
                                     50
                                     8,3
                                     3,7
                                 
                              
                                 BaudotDieser in Frankreich vielfach eingeführte Telegraph ist dem Rowland'schen ähnlich, arbeitet jedoch
                                          													statt mit Wechselstrom- mit Gleichstromunterbrechungen., vierfach
                                   8
                                   120
                                   15,0
                                   16,0
                                 
                              
                                 Baudot, sechsfach
                                 12
                                   180
                                   15,0
                                   24,0
                                 
                              
                                 Rowland, achtfach
                                 12
                                   320
                                   27,0
                                   77,0
                                 
                              
                                 Pollák-Virág
                                 (6?)
                                 1000
                                 166,0
                                 1470,0
                                 
                              
                           Es würde demnach der Telegraph von Pollák-Virág,
                              									auch wenn er nur als einfacher Telegraph verwendet ist, den anderen ohne Zweifel
                              									überlegen sein. Für die praktische Einführung eines dieser neuen Systeme ist aber
                              									nicht allein ihre Leistungsfähigkeit massgebend, sondern es kommt vielfach darauf
                              									an, ob nicht durch seine Einführung eine Neueinschulung des Personals notwendig
                              									wird, und wie viel Kapital durch Ausserbetriebsetzung der alten Apparate brachgelegt
                              									wird; eine der Hauptschwierigkeiten bei der Einführung neuer Systeme ist aber die,
                              									dass die Erfinder entsprechend den Opfern, die sie selbst zu bringen hatten, um die
                              
                              									Erfindung auszuarbeiten, enorm hohe Summen für die Ueberlassung ihrer Erfindung
                              									verlangen, so dass die betreffenden Telegraphen Verwaltungen, welche ein solches
                              									neues System übernehmen, ein zu grosses Risiko auf sich laden würden. Auf ein
                              									solches sich einzulassen, besteht aber um so weniger Veranlassung, als die älteren
                              									Apparate auf vielen Linien bisher noch ausreichen und die überaus leistungsfähigen
                              									neuen Apparate nur für die wichtigsten Verkehrslinien und auch hier nur
                              									periodenweise ein Bedürfnis bilden.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)