| Titel: | Parsons' Dampfturbine und ihre weitere Einführung in den Betrieb. | 
| Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 251 | 
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                        Parsons' Dampfturbine und ihre weitere Einführung in den Betrieb.
                        (Schluss von S. 237 d. Bd.)
                        Parsons' Dampfturbine und ihre weitere Einführung in den Betrieb.
                        
                     
                        
                           Hat die Dampfturbine somit ihren Vorrang im elektrischen Betrieb bewiesen, so
                              									ist sie auf dem Gebiet, wo man sich von ihr vor allem umwälzende Wirkung versprach,
                              									dem Schiffsantrieb, trotz der Misserfolge mit den Torpedojägern „Viper“ und „Cobra“, die übrigens in keiner Weise durch die Bewegungserreger
                              									verschuldet wurden„Viper“ lief auf und ging verloren. „Cobra“ brach infolge zu leichter Bauart bei Seegang in der
                                    											Mitte durch., nicht müssig stehen geblieben.
                           Das Schiffs- und Schiffsmaschinenbauwerk von Denny Bros.
                              									in Dumbarton a. Clyde, ein Haus stets im Vorkampf, wo es sich darum handelt, die
                              									wissenschaftliche Seite des Schiffs- und Schiffsmaschinenbaues zu fördern und in
                              									Wirklichkeit umzusetzen, hat es unternommen, für den Clydeverkehr ein Turbinenschiff
                              									zu bauen. Die Eigentümerin dieses Schiffes ist ein Syndikat, vertreten durch Kapitän
                              										John Williamson in Glasgow als Berater und
                              									Sachverständiger.
                           Das Schiff folgt in seinen Abmessungen dem besten Raddampf boot auf der Clyde, der
                              										„Duchess of Hamilton“, welche 18 Knoten oder 33,36 km
                              									Geschwindigkeit pro Stunde besitzt.
                           Dem Küstenverkehr dienen auf der Clyde innerhalb Loch-Ryan z. Z. 37 Dampfboote, von
                              									denen 27 den dortigen Eisenbahngesellschaften gehören.
                           Die Länge des Schiffes beträgt 76,2 m bei 9,14 m Breite über Spanten und einer Tiefe
                              									im Raum von 5,36 m bis auf Promenadendeck und 3,2 m bis auf Hauptdeck; vorhanden
                              									sind drei Decks, Zwischendeck, Hauptdeck und Promenadendeck, letzteres von vorn bis
                              									hinten ganz durchlaufend.
                           Der Hauptsaal für die Fahrgäste I. Klasse liegt hinten im Hauptdeck, ebenso das
                              									Ruhezimmer und Theezimmer, ein Esssaal für 90 Gedecke ist im Zwischendeck
                              									angeordnet. Im Vorschiff sind die gleichen Räume für die Fahrgäste II. Klasse
                              									angeordnet.
                           Auf dem Promenadendeck ist zwischen den beiden Schornsteinen des doppelendigen
                              									Walzenkessels eine Fahrkartenausgabe angebracht; das Schutzdeck für den Verkehr an
                              									der Kasse nach beiden Seiten, bis an Bord erbreitert, dient zugleich als Bootsdeck.
                              									In gleicher Höhe mit dem letzteren befindet sich vor dem vorderen Schornstein die
                              									Kommandobrücke. Nach den Bestimmungen des englischen Board
                                 										of trade (Handelskammer) darf das Schiff gleichzeitig 2000 Fahrgäste
                              									befördern.
                           Der Kessel für die Dampferzeugung ist, wie oben schon erwähnt, ein doppelendiger
                              									Walzenkessel mit vier Feuerrohren an jedem Ende. Von jeder Umkehrkammer führt ein
                              									besonderer Schornstein die Rauchgase ab, eine Anordnung, welche zwar nicht durch die
                              									Grösse der Kesselanlage, wohl aber durch Raumtiefe und den Charakter des Schiffes
                              									bedingt ist. Der Betrieb ist für künstlichen Zug eingerichtet und der Schürraum
                              									daher abgeschlossen.
                           Die Turbinenmaschine ist dreigliedrig mit drei Wellensträngen ausgeführt, in der
                              									Mitte befindet sich die Hochdruckturbine; auf der von ihr betriebenen Welle ist eine Schraube aufgekeilt, während zu beiden Seiten,
                              									links und rechts, zwei Niederdruckturbinen die seitlichen Wellenstränge mit je zwei aufgekeilten Schrauben bethätigen: im ganzen
                              									besitzt das Schiff also fünf Schrauben, angeordnet auf
                              										drei Wellen.
                           Der Anschaulichkeit halber folgt hier in Fig. 6 bis
                              										8 die
                              									Anordnung einer Dampfturbine von 7000 PSi; die
                              									gestrichelten Linien zeigen die Raumerfordernisse einer entsprechend grossen
                              									dreicylindrigen Kolbenmaschine.
                           Bei regelrechtem Vorwärtsgang tritt der Dampf vom Kessel in die Hochdruckturbine, wo
                              									er eine fünffache Ausdehnung durchmacht. tritt dann in die beiden seitlichen
                              									Niederdruckturbinen über, in welchen er nochmals einer 25fachen Ausdehnung
                              									unterworfen wird, um schliesslich als Niederschlag von der Luftpumpe entfernt zu
                              									werden.
                           Im ganzen erfährt also der Dampf im vorliegenden Fall eine 125fache Ausdehnung.
                           Für das Drehen und Wenden
                              									im verkehrreichen Fahrwasser, sowie beim Anlegen wird
                              									die Hochdruckturbine vom Kessel durch sein Einlassventil abgeschlossen, bei welchem
                              									Vorgang dann gleichzeitig und selbstthätig ihre Verbindung mit den beiden
                              									Seitenturbinen unterbrochen wird – für diese Verbindung sind Rückschlagventile
                              									zwischengebaut –, während der Kesseldampf mit einer in geeigneter Weise
                              									durchgeführten Druckverminderung unmittelbar in letztere einströmt; dieselben haben
                              									also jetzt die Bedienung des Schiffes allein zu versehen, und arbeiten mit grösserer
                              									Eintrittsspannung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 251
                              Fig. 6. Anordnung einer Schiffsdampfturbine von 7000 PSi.
                              Schnitt bei Spant 48 nach vorne gesehen; Schnitt bei Spant 61 nach hinten gesehen; Schnitt bei A; Schnitt bei B; A Niederschlagraum.
                                 B Hochdruckturbine. C Niederdruckturbine. D Oelpumpen. E Oelbehälter. F Luftpumpe. G Seeventil. H Umlaufpumpe (Kreiselpumpe).
                                 J Speisepumpen.
                              
                           Für den Rückwärtsgang sind innerhalb der Auspuffkammern
                              									der Seitenturbinen besondere Turbinen angeordnet, die ebenfalls bei ausgeschalteter
                              									Hochdruckturbine in Thätigkeit treten – und, da jede Seite für sich nach Bedarf vor-
                              									oder rückwärts laufen kann – für das Drehen und Wenden verfügbar gemacht werden
                              									können. Auch diese Turbinen erhalten ihren Betriebsdampf unmittelbar vom Kessel
                              									durch ein entsprechend angebrachtes Umschaltventil zwischen Vorwärts- und
                              									Rückwärtsgangturbinen. Während der Arbeit der letzteren laufen die auf derselben
                              									Welle sitzenden Vorwärtsturbinen in der Luftleere und umgekehrt. Soweit nicht das
                              									Steuerruder des Schiffes allein diese Arbeit verrichtet, geschieht der ganze Vorgang
                              									durch eine sehr einfach gestaltete Handhabung von Ventilen, die alle vom
                              									Maschinistenstand bedient werden.
                           Die Speisepumpen, sowie die Kreiselpumpen, ebenso das Windgebläse für den künstlichen
                              									Zug des Kessels werden jede für sich durch eigenen Dampfbetrieben.
                           Die Hauptluftpumpen werden von den Seitenturbinen durch Schneckengetriebe bethätigt,
                              									es sind jedoch Hilfsluftpumpen vorhanden, welche ihren Antrieb von der Dampfmaschine
                              									der Kreiselpumpen entnehmen und in Thätigkeit treten, um den niedergeschlagenen
                              									Dampf zu entfernen, sobald die Hauptmaschinen stille stehen.
                           
                           Ein Vorwärmer für Speisewasser ist vorgesehen und kann sowohl den Auspuffdampf
                              									verbrauchen als auch nötigenfalls Dampf von einer in der Turbine selbst gelegenen
                              									Stelle entnehmen; ferner ist ein Oelfilter, sowie andere für diese Schiffsgattung
                              									nötige maschinelle Einrichtungen vorhanden.
                           Am 24. Mai 1901 wurde das Schiff zu Wasser gelassen und erhielt den Namen „King Edward“, am 26. Juni 1901 fand auf der Clyde bei klarem Wetter
                              									mit leichtem Wind die Probefahrt statt, und wurde eine Geschwindigkeit von 20,48
                              									Knoten oder 37,32 km erreicht, die mittlere Kesselspannung betrug bei dieser
                              									Leistung 10,546 kg/qcm, die Luftleere 66,65 cm, die Anzahl der minutlichen Umdrehungen 740,
                              									die Turbinen sind übrigens für 1000 minutliche Umdrehungen gebaut; die Leistung der
                              									drei Turbinen wird auf 3500 PSi
                              									geschätzt, da Indikatorversuche, wie bei
                              									Kolbenmaschinen, hier nicht möglich sind. Der Kohlenverbrauch ist zwar nicht genau
                              									festgestellt, doch soll er sich in befriedigenden Grenzen bewegt haben, ja Kapitän
                              										Williamson war von dem, was er gesehen, vollständig
                              									überzeugt, dass dieses Schiff weniger Kohlen braucht, wie irgend ein anderes dieser
                              									Schiffsgattung, über welche er ein durchaus endgültiges Urteil abgeben kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 252
                              Anordnung einer Schiffsdampfturbine von 7000 PSi.Vergrösserter Schnitt bei Spant 61; Vergrösserter Schnitt durch den Maschinenraum.
                              
                           Die erzielte hohe Schiffsgeschwindigkeit ist jedenfalls mit vollem Recht den schön
                              									und nach Heck und Bug hin scharf verlaufenden Schiffslinien zuzuschreiben, die sich
                              									wiederum aus einer Reihe Vorversuchen, welchen das Modell in dem Versuchsbassin zu
                              									Dumbarton seitens der Erbauer unterworfen wurde, als die endgültig brauchbarsten
                              
                              									ergaben.
                           Für die Erreichung der scharfen Schiffslinien kommt aber auch das geringe Gewicht der
                              									eigentlichen Schiffsmaschine in Betracht; es wiegen nämlich die Turbinen
                              									einschliesslich derjenigen für Rückwärtsgang, die Kreisel- und Luftpumpen mit
                              									Wasser, die Dampfrohre, die Hilfsmaschinen, soweit sie zur Bewegungsvorrichtung des
                              									Schiffes gehören, sowie die drei Wellenstränge mit den fünf Schiffsschrauben u.ds.
                              									w., zusammen 67 t, das gibt \frac{67000\mbox{ kg}}{3500\mbox{ PS}_\mbox{i}} oder 18,7 kg für 1 PSi. Ausserdem kommt noch hinzu der Wegfall des Gewichts für die zwei
                              									Radkästen samt Galerien.
                           Die gedrungene Form der Turbinenmaschinerie ermöglichte es ferner, dieselbe
                              									vollständig unter Hauptdeck anzuordnen und auch hier konnten noch wieder zwei ganze
                              									Spantentfernungen in der Länge gespart werden, gegenüber einer gleich kräftigen
                              									Rädermaschine mit Kolbenantrieb, welche etwa das doppelte Gewicht gehabt hätte.
                           Dadurch wurde für die Bequemlichkeit der Fahrgäste viel Platz gewonnen, namentlich da
                              									auch der Maschinenschacht im Hauptdeck nicht viel Platz wegnimmt.
                           Den Hauptvorteil aber für diese mit der Beförderung von Fahrgästen sich befassende
                              									Schiffsgattung bietet bei Verwendung der Turbine die vollständige Abwesenheit von
                              									Erschütterungen in der eigentlichen Bewegungsmaschine, selbst die auf die Turbine
                              									gelegte Hand soll nicht im stände sein zu beurteilen, ob die Maschine sich in
                              									Thätigkeit befindet oder stille steht.
                           Die einzig fühlbare Erschütterung wird durch die Schiffsschrauben verursacht und
                              									dürfte sich auch kaum ganz beseitigen lassen, obwohl eingehende Versuche auf diesem
                              									Gebiete seit den ersten Erfahrungen mit der „Turbinia“
                              									Bei den ersten Versuchen mit der „Turbinia“ schlugen anfangs die Schiffsschrauben in einen
                                    											hohlen Wasserraum und erst als man mit der minutlichen Umlaufszahl auf 2000
                                    											zurückgegangen war und auch zweckentsprechend ausgeführte Schrauben
                                    
                                    											angeordnet hatte, erlangte dieses Boot seine bewundernswerte Geschwindigkeit
                                    											von 34½ Knoten oder 63,93 km. mit grösserem Eifer betrieben
                              									werden, unter anderem auch mit der Thornycroft'schen
                              									Turbinenschraube.
                           Die Erschütterung am Bug im Vorschiff dagegen ist nicht stärker, als bei einer
                              									schnellen Segeljacht, und dürfte es sich jedenfalls empfehlen, die Räume für die
                              									Fahrgäste I. Klasse in Zukunft hierher zu verlegen.
                           Es wurde befürchtet, dass es schwierig sein werde, das Schiff längsseits der
                              									Landungsbrücke zu bringen, entsprechend der Erfahrung, die mit Torpedojägern gemacht
                              									waren. Solche Schwierigkeit muss jedenfalls stets mehr oder weniger bei leicht
                              									gebauten Schiffen mit geringer Aufkimmung, geringem seitlichen Widerstand und
                              									reichlich hohem Aufbau in Kauf genommen werden.
                           Die scharfen Linien des „King Edward“ dagegen ergeben an ihren Enden ein gut
                              									Teil fast senkrecht auf- und niederstehender Flächen, denen jedenfalls die
                              									ausgezeichnete Lenkbarkeit des Schiffes beim Anlegen zu gute zu rechnen ist. Auf der
                              									ersten regelrechten Fahrt nahm das Schiff die schwierigste Landungsstelle, Rothsay,
                              									welche hinten in der Biegung einer engen Bucht gelegen ist, trotzdem in derselben
                              									eine ganze Anzahl Jachten in einer die Fahrstrasse beengenden Weise vor Anker lagen,
                              									mit grösster Leichtigkeit.
                           Ins Gewicht fällt unbedingt, und namentlich bei so scharf gebauten Schiffen, die
                              									tiefe Lage des Schwerpunkts der Maschinengewichte, die an sich schon eine gute
                              									Stabilität gewährleisten.
                           Die bei Besprechung dieses Schiffes zu Tage getretenen Vorteile sind:
                           1. Geringeres Raumbedürfnis und dadurch bedingt
                           2. grössere Raumausnutzung für Fahrgäste und Güter.
                           3. Kleineres Maschinengewicht und dadurch bedingt
                           4. grössere Tragfähigkeit bezw. schärfere Linien bezw. geringer Tiefgang.
                           5. Grössere Schiffsgeschwindigkeit, durch die Möglichkeit höhere Umdrehungszahlen zu
                              									erreichen.
                           6. Kleinere Abmessung der Bewegungsvorrichtung und dadurch ermöglicht die
                              									Tieferlegung derselben.
                           7. Abwesenheit aller Erschütterungen.
                           8. Tiefe Lage der ganzen Maschinenanlage.
                           9. Tiefe Lage des Schwerpunktes bezw. grössere Stabilität.
                           
                           Ausserdem darf wohl aus der Betrachtung des Betriebes an Land geschlossen
                              									werden, dass als weitere Vorteile in Betracht kommen
                           10. die grössere Wirtschaftlichkeit durch:
                           
                              a) Geringere Anschaffungskosten.
                              b) Die Möglichkeit der besseren Ausnutzung des Dampfes im
                                 										Arbeitsverlauf, also auch geringerer Kohlen verbrauch infolge Wegfalls der
                                 										vielen Lager- und Gelenkbewegungen.
                              c) Geringere Schmierung.
                              d) Einfachere Bedienung.
                              e) Geringeren Verschleiss und geringere Kosten für die
                                 										Wiederherstellung.
                              
                           Der unter 10a angeführte Vorteil wird noch wachsen mit dem Absatz und der Verteilung
                              									der bis jetzt für Versuche aufgewandten Werte auf eine grössere Anzahl Ausführungen,
                              									sodann aber auch im Wettbewerb mit anderen Turbinen, von denen schon mehrere
                              									Ausführungen, angespornt durch Parsons' Erfolg,
                              									hervorgetreten sind, ohne jedoch heute schon in Betracht kommen zu können.
                           Sämtliche aufgeführten Vorteile sind namentlich für die Kriegsmarine von
                              									weittragender Bedeutung, sei es, dass dadurch die Möglichkeit zur Erweiterung der
                              									Bewegungsfreiheit gegeben ist, die namentlich bei den deutschen Kriegsschiffen noch
                              									sehr eng begrenzt ist, sei es, dass man die geschütztere Lage der Maschinenanlagen
                              									erwägt, oder die grössere Stabilität, welche bei der hohen Lagerung der schweren
                              									Panzergürtel, der Panzertürme, Barbette- und Kassemattpanzerungen und des stets
                              									wachsenden Gewichts der ungeheuren Schiffsgeschütze nicht hoch genug gewertet werden
                              									kann.
                           Als Nachteil mag gelten, dass die Wirtschaftlichkeit erst zum vollen Ausdruck kommt
                              									bei langen Reisen mit gleichbleibender Geschwindigkeit – dem Fall der Handelsmarine
                              									–, während bei verminderter Geschwindigkeit der sich ziemlich gleich bleibende
                              									Dampfverlust schwerer in die Wage fällt.
                           Auch der Antrieb der Schiffsschrauben durch Kraftmotoren ist von einigen Seiten als
                              									nicht geradezu unwirtschaftlich behandelt, und sind bei solcher Anlage folgende
                              									Gewichte für 1 PSi in die Rechnung eingestellt:
                           
                              
                                 Dampfturbine
                                   6,8
                                 kg
                                 Kesselraumgewichte
                                 13,6
                                 kg
                                 zus.
                                   20,4
                                 kg
                                 
                              
                                 Generator
                                 18,2
                                 „
                                 Motor
                                 22,8
                                 „
                                 „
                                   40,0
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Akkumulatorenbatterie
                                 
                                 
                                   90,6
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 151,0
                                 kg.
                                 
                              
                           Das Gewicht der Gesamtanlage für 1 PSi mit 151,0 kg
                              
                              									liegt dabei im Rahmender wirtschaftlich günstigen Gewichte. Die
                              									Akkumulatorenbatterie braucht dabei nicht gross zu sein, da sie in erster Linie nur
                              									den Ausgleich zwischen Kraftzufuhr und -verbrauch herzustellen hat, sie soll jedoch
                              									im stände sein, das Schiff im Hafen jederzeit bewegungsbereit zu halten – Verlegen
                              									von Kai zu Kai in den Strom u. dgl. Bewegungen –, soll aber auch, bevor allenfalls
                              									neuer Dynamostrom zur Verfügung steht, den Lösch- und Ladezwecken dienen.
                           Aber der erstrebte Zweck – geeignete Umdrehungszahlen, wirtschaftliche
                              
                              									Kraftverminderung, Kraftausgleich und -überschuss – dürfte in anderer Weise leichter
                              									erreicht werden.
                           Während übrigens die Ansichten hinsichtlich des Antriebs der Schiffsschraube durch
                              									die Dampfturbine noch geteilt sindEs sei an dieser Stelle auf den Beitrag eines unserer Mitarbeiter auf S. 178
                                    											d. Bd. verwiesen, in welchem eine Anzahl abfälliger Urteile aufgeführt sind.
                                    											Diese stützen sich erstens auf die Erschütterungen
                                       												durch die Schraube – denn wohl verstanden, die Turbine verursacht
                                    											keine Erschütterungen – welche aber naturgemäss „desto mehr“
                                    											hervortreten, als sie die einzig wahrnehmbaren sind, gerade wie in der
                                    											Stille der Natur (nachts, morgens, in der Einsamkeit) ein einzelnes Geräusch
                                    											viel wahrnehmbarer ist, als wenn es sich aus einer Anzahl mittönender
                                    											Geräusche abheben muss. Genauere Versuchsergebnisse an Hand von Schaulinien
                                    											liegen hierüber zur Zeit nicht vor; jedenfalls aber ist hier dem Ingenieur
                                    
                                    											noch die Lösung einer ganzen Anzahl von Aufgaben vorbehalten.Sodann wird die Schwierigkeit der Umsteuerung
                                    											ins Feld geführt; sie sei zu langsam – möglicherweise Schuld am Verlust
                                    
                                    											der „Viper“. – Marinechefingenieur Melville ist natürlich vollständig berechtigt, diese Mutmassung auszusprechen, aber dies
                                    											zugestanden, darf jedenfalls gerade von ihm das Gegenzugeständnis erwartet
                                    
                                    											werden, dass überhaupt die Rückwärtsbewegung zu spät eintritt und dass die
                                    											Gefahr, die in diesem „Zu spät“ liegt,
                                    											mit der Bewegungsgrösse, welche in den rückwärts zu bewegenden Massen
                                    
                                    											aufgespeichert ist, wächst, also mit der Grösse der Schiffe und der
                                    											gesteigerten Fahrgeschwindigkeit. Wir haben daher die Zusammenstösse der
                                    											Eisenbahnzüge auf dem Lande trotz der Anwendung der empfindlichsten
                                    											Bremsvorrichtungen, wie solche der Schiffe auf dem Wasser, wo die Sicherheit
                                    											des Bremsens vollständig fehlt.Beim Verkehr mit verringerter Geschwindigkeit in beengtem Fahrwasser dürfte
                                    
                                    											unbedingt die Turbine, soweit die rasche Einleitung der Rückwärtsbewegung in
                                    											Frage kommt, gegenüber der Kolbenmaschine im Vorteil sein, auch mit Bezug
                                    											auf die in dieser Richtung verfügbaren Kraft, dürfte heute die Einbauung
                                    											einer besonderen Kolbenmaschine gar nicht mehr in Frage kommen.Im übrigen zeigt die Gründung der Deutschen Parsons'
                                       												Marine-Aktiengesellschaft „Turbinia“, dass auch in
                                    											Deutschland Vertrauen in die Güte der Sache und der Wille vorhanden ist, zur
                                    											weiteren Ausbildung derselben beizutragen. 1nd sich infolge der
                              									hohen Umlaufzahlen erst allmählich zu Grünsten der Turbine klären werden, ist
                              									eins unbestritten anerkannt – ihre Vorzüglichkeit als
                                 										Erregermaschine für den Elektromotorbetrieb der vielen Hilfsmaschinen.
                           Kleine Dampfmaschinen sind als Kohlenfresser bekannt und nach Emerson verbrauchen die Hilfsmaschinen in der Kriegsmarine der Vereinigten
                              									Staaten für 1 PSe 54 bis 35,3 kg Dampf, ohne dass
                              									man hoffen darf, letztere Ziffer zu unterschreiten. Wie sehr diese Zahlen ins
                              									Gewicht fallen, zeigen folgende Angaben:
                           Ein grosser Kreuzer brauchte für seine Hilfsmaschinen 40 v. H. seiner Kohlen.
                           Ein Schlachtschiff brauchte täglich 17 t Kohlen für seine Hilfsmaschinen, während ein
                              									bekanntes wirtschaftliches Handelsschiff mit 6800 t Ladung mit 19 t Kohlen 9 Knoten
                              									läuft.
                           Ein anderer Kreuzer lief mit dem Abdampf seiner Hilfsmaschinen 6 Knoten
                              									stündlich.
                           Dazu kommen dann der grosse Verschleiss und die damit verbundenen Betriebsstörungen,
                              									die Bedienung u.s.w. Mit Turbinenerreger dürfte sich der Gesamtbetrieb aller
                              									Hilfsmaschinen auf 5 bis 7 kg Dampf für 1 PS/Std. bringen lassen und zwar bei ganz erheblich
                              									geringerem Gewicht sowie geringerem und weniger kostspieligem Verschleiss.
                           Ueber die Grösse der Gewichts- und Raumersparnisse mögen noch folgende Zahlen, welche
                              									die auf S. 251 dargestellte Schiffsmaschinenanlage von 7000 PSi vergleichen, einen Anhalt bieten:
                           Zusammenstellung XI.
                           
                              
                                 Benennung
                                 7000 PSiKolbenmasch.
                                 7000 PSiTurbinen-maschine
                                 Ersparnisin v. H.
                                 
                              
                                 Gesamtgewicht im Ma-    schinenraum und    Tunnel
                                 274 t
                                 193 t
                                 29,5
                                 
                              
                                 Bodenfläche im Ma-    schinenraum
                                 84,64 qm
                                 84,64 qm
                                 –
                                 
                              
                                 Raumbedürfnis
                                  408,4 cbm
                                   297,2 cbm
                                 24,8
                                 
                              
                                 Gewicht für 1 PSi
                                    40 kg
                                    28 kg
                                 
                                 
                              
                           Zum weiteren Vergleiche seien hier noch folgende Gewichte angeführt.
                           Es wiegen Maschinen und Kesselraumausrüstung für jede PSi:
                           
                              
                                 bei
                                 Handelsdampfer für Ozeanverkehr
                                 
                                 156
                                 bis
                                 230
                                 kg
                                 
                              
                                 „
                                 Kriegsschiffen
                                 
                                   75
                                   „
                                   90
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 neuerer Maschinenanlage von   3400
                                 PSi
                                 
                                 
                                 162
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                      „                 „                „   26000
                                 „
                                 
                                 
                                 148
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „Turbinia“, 30,5 m lang
                                 
                                 
                                 
                                 13,6
                                 „
                                 
                              
                           Für die Beurteilung des Dampfverbrauchs geeignete Vergleichsangaben gibt Harrington Emerson ebenfalls.
                           
                           Zusammenstellung XII.
                           
                              
                                 
                                    
                                    
                                    Maschinengattung
                                    
                                 Leistung
                                 Dampf-verbrauch für1 PSi/Std.
                                 
                              
                                 1. Landmaschinen.
                                 PSi
                                 kg
                                 
                              
                                 Beste Lokomotive
                                 –
                                 10,90
                                 
                              
                                 Willans Zweifach-Verbund
                                 –
                                   6,68
                                 
                              
                                 Worthington-Pumpmaschine
                                   260
                                   6,40
                                 
                              
                                 Willans Dreifach-Verbund
                                 –
                                   5,92
                                 
                              
                                 Sulzer
                                   615
                                   5,40
                                 
                              
                                 Allis-Pumpmaschine
                                   574
                                   5,32
                                 
                              
                                 2. Zweifach-Verbundschiffsmaschine.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Ville de Douvres
                                 2977
                                   9,50
                                 
                              
                                 Tusiyama
                                 –
                                   9,60
                                 
                              
                                 Colchester
                                 –
                                   9,80
                                 
                              
                                 3. Dreifach-Verbundschiffsmaschine
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Tartur
                                 –
                                   9,00
                                 
                              
                                 Meteor
                                 1994
                                   6,80
                                 
                              
                                 Jona
                                   645
                                   6,18
                                 
                              
                                 Wirtschaftlichste Kolbenmaschine
                                 1440
                                   5,00
                                 
                              
                                 Turbinia mit Parsons-Turbine
                                 –
                                   6,25
                                 
                              
                                 Inchmona, vierfache Verbundmaschine, aus 9mo-    natlichem Vergleich erhaltener Mittelwert
                                 –
                                   4,75
                                 
                              
                                 Dampfturbine von Parsons, gebaut von der in    Amerika bauberechtigten Westinghouse-Gesell-    schaft
                                   400
                                   4,53
                                 
                              
                           Als Mittelwerte aus Leistungsversuchen mit besten Maschinen hönnen gelten für
                           
                              
                                 
                                 PSi
                                 PSe
                                 
                              
                                 Kohlenverbrauch
                                 0,68 kg
                                 0,798 kg
                                 
                              
                                 Dampfverbrauch
                                 6,2    „
                                 7,18    „
                                 
                              
                           So hat sich denn zum Ruhme ihrer Eigner und ihrer Erbauer die Turbinenmaschine auch
                              									weiter als Schiffsmaschine auf dem ersten eigentlichen Handelsschiff (zur
                              									Unterscheidung von Kriegsschiff) bestens bewährt und bereits zu weiteren Aufträgen
                              									Veranlassung gegeben; denn da der „King Edward“ in richtiger Voraussicht und
                              									im vollen Vertrauen auf seine Tüchtigkeit und Brauchbarkeit in einer so hohen Klasse
                              									gebaut wurde, dass er zum Dienst im Aermelkanal befähigt ist, so kommt er südlich
                              									der Themse zur Verwendung und zwar zum Verkehr mit Seebadeplätzen des Festlandes,
                              									jedenfalls um auch letzterem die Vorzüge seiner Einrichtung vor Augen zu führen.
                           Für den Verkehr auf der Clyde ist ein grösseres Schiff mit ähnlicher Einrichtung in
                              									Auftrag gegeben.
                           Es scheint nicht ausgeschlossen, dass mit diesem Erfolg im Jahre 1901, als dem ersten
                              									dieses Jahrhunderts, ein neuer Zeitabschnitt für die Schiffsbewegung seinen
                              									Markstein erhielt.
                           Während der Zeit von der ersten Fahrt sind genaue Buchungen über den Kohlenverbrauch
                              									gemacht, und ist aus denselben nachfolgender Vergleich mit dem Raddampfer „Duchess of Hamilton“ entstanden.
                           Zusammenstellung XIII.
                           
                              
                                 
                                 
                                    „Duchess of Hamilton“
                                    
                                 
                                    „King Edward“
                                    
                                 
                              
                                 Gesamtkohlenver-    brauch
                                 1786,830 t
                                 1452,626 t
                                 
                              
                                 Durchlaufene Kilo-    meter
                                   25110
                                   19500
                                 
                              
                                 Kilometer auf 1 t
                                    14,05
                                   13,42
                                 
                              
                                 Anzahl der Dienst-    tage
                                      111
                                       79
                                 
                              
                                 Mittlerer täglicher    Kohlenverbrauch
                                       16,1 t
                                   18,39 t
                                 
                              
                                 Mittlere Fahrtge-    schwindigkeit
                                 16½ Kn. = 30,577 km
                                 18½ Kn. = 34,284 km
                                 
                              
                           Es hat sich also bewahrheitet, dass „King Edward“ entsprechend seiner grösseren Geschwindigkeit, das bei
                              									weitem günstigere Ergebnis hinsichtlich des Kohlenverbrauchs zu verzeichnen hat.
                           Die Gesellschaft hat ausserdem auf ihren Werken in Walesend-on-Tyne noch
                              
                              									Turbinenmaschinen für weitere drei schnelle Jachten in Arbeit. Die erste ist ein
                              									Boot von 700 t, deren Schiffskörper und Kessel von Alexander Stephen und Sons in Linthouse-Glasgow nach Lloyd's Register geliefert werden; die Turbinen sollen
                              									1500 PS leisten.
                           Die zweite ist ein Boot von 1400 t, Schiffskörper und Kessel kommen von Ramage und Ferguson in Leith. Die Länge des Boots ist
                              									79,5 m zwischen den Perpendikeln und 77,17 m in der ungeladenen Wasserlinie. Die
                              									Breite über Spanten beträgt 10,67 m, die Turbinen sollen 3500 PS leisten.
                           Gebaut wird das Boot nach Lloyd's Register für A. L. Barber in New York.
                           Für die dritte Jacht, welche das Parlamentsmitglied Hauptmann Mc Calmont bestellt hat, werden Schiffskörper und Kessel bei Yarrow und Co. in Poplar-London nach Art der
                              
                              									Torpedoboote gebaut, und es darf von vornherein als feststehend angenommen werden,
                              									dass alles gethan wird, um die Turbine von ihrer besten Seite zu zeigen.
                           Die Länge in der Wasserlinie bezw. zwischen den Perpendikeln wird 46,5 m betragen bei
                              									einer Breite über Spanten von 4,65 m und 170 t Verdrängung. Die Geschwindigkeit ist
                              									auf 24 Knoten gleich 44,47 km festgesetzt.
                           Zu derselben Zeit erhalten auch zwei weitere Jachten Turbinenmaschinen, und zwar ist
                              									die eine derselben Eigentum von Christopher Furness,
                              									einem Genie auf dem Gebiete modernen Schiffbaus, wie
                              									ihn Engineering nennt.
                           Auch ein Torpedojäger etwas grösser wie die „Viper“ und für grössere Leistungsfähigkeit hinsichtlich
                              									Kohlenverbrauch beim Kreuzen und Geschwindigkeit im allgemeinen gebaut, ist nahezu
                              									vollendet.
                           Es ist alles gethan, um diesen Torpedojäger, der nicht für die englische Marine
                              									gebaut wird, leistungsfähiger zu machen, wie irgend ein Jäger mit 30 Knoten gleich
                              									55,6 km Geschwindigkeit in letzterer ist.
                           Es ist augenscheinlich, dass man darauf aus ist, das Vorurteil, welches sich nach den
                              									Verlusten der „Viper“ und der „Cobra“ regierungsseitig gezeigt hat, durch Steigerung der bisher
                              									schon bedeutenden Leistungen zu überwinden, und es ist wohl mit Recht zu erwarten,
                              
                              									dass dies bei Lage der Sache gelingt.
                           Abgesehen von den allerfrühesten Vorläufern der Dampfturbine – dem Herons-Ball und
                              									der um 1629 n. Chr. erstmals ausgeführten Branka-Turbine wird uns die Dampfturbine
                              									durch den Franzosen Tournaire erstmals im Jahre 1853 in
                              									klarer Weise vorgeführt. Er sagtComptes rendus de l'Academie des Sciences, March
                                    											28 1853; Transact. A. S. M. E., 1901 Bd.
                                    											XXII.:
                           „Das elastische Fluidum erlangt unter dem Einfluss eines schwachen Drucks
                                 										ungeheure Geschwindigkeiten. Um diese Geschwindigkeiten in geeigneter Weise
                                 										nutzbar zu machen und zwar mit einfachen Rädern, wie in der hydraulischen
                                 										Turbine, muss eine ungewöhnlich hohe Umdrehungszahl genommen werden. Die
                                 										Ausströmöffnung des Dampfes aber – selbst für grosse Mengen desselben – müssen
                                 										klein sein. Diese Schwierigkeiten lassen sich vermeiden, wenn das Gas oder der
                                 										Dampf fortlaufend und allmählich oder auch in stufenweisen Absätzen seine
                                 										Spannung verliert und mehrfach auf Turbinenschaufeln wirken muss, die in
                                 										geeigneter Weise angeordnet sind.“ Ferner beschreibt er eine Serienturbine
                              									der achsialen Ausführung, in welcher der Dampf durch eine Reihenfolge von Leit- und
                              									Laufschaufeln abwechselnd immer von der Hochdruck- nach der Niederdruckseite
                              									hindurchstreicht. Er empfiehlt aber auch, wo es die Grösse des Drucks gestattet, die
                              
                              									Verwendung von Serien solcher Vielfachturbinen; jede dieser Turbinen gibt seinen
                              									Dampf an der Grenze der gewünschten Ausdehnung in die nächstfolgende ab, welche von
                              									gleicher Bauart, aber sonst von der vorhergehenden vollständig unabhängig arbeitet,
                              
                              									gerade wie bei Kolbenmaschinen, fortgesetzt bis zur Niederschlagung oder bis zum
                              									Austritt des Dampfes in die Luft.
                           Weiter behandelt Tournaire dann auch schon die Ursachen
                              									der Verluste, welche den guten Wirkungsgrad herabzuziehen bestrebt sind, als da
                              									sind: Undichtheiten, unregelmässiger Dampfstrom, Erschütterungen, Wirbel am Eintritt
                              									in die Leit- und Laufräder, Flüssigkeitsreibung in den Kanälen, welche wohl geeignet
                              									sind, einen sehr 
                              									bemerkbaren Teil der theoretischen Arbeit zu zerstören. Grosse Sorgfalt und
                              									Genauigkeit muss beim Bau einer Turbine beobachtet werden, die "ür ein Gemisch von
                              									hoher Spannung und geringer Dichte bestimmt ist – und die Linien der Kanäle sind mit
                              									viel Ueberlegung zu bestimmen. Tournaire's Idee ist
                              									Idee geblieben, bis sie 30 Jahre später Parsons fast
                              									Schritt für Schritt in Wirklichkeit umsetzte.
                           Seit 20 Jahren ist jetzt die Dampfturbine von Parsons zu
                              									einer immer gesteigerten Vollendung geführt. Manche Wandlungen sind durchgemacht und
                              									viele weitere werden folgen. Den anfänglichen Uebelständen mit dem nassen Dampf
                              									wurde durch Ueberhitzung abgeholfen. Wohl haben Versuche erwiesen, dass der
                              									Wirkungsgrad der adiabatischen Ausdehnung des Dampfes thermodynamisch von der
                              									Dampfnässe unbeeinflusst bleibt, dagegen spielt die Flüssigkeitsreibung eine bereits
                              									oben nach Prof. Thurston angedeutete grosse Rolle.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 255
                              Fig. 9. Anordnung der Turbinenreihen in drei Abstufungen der Durchmesser.
                              
                           Wie weit aber andererseits die Ueberhitzung vorteilhaft zu steigern ist, darüber
                              									müssen jedenfalls eingehende Versuche Klarheit schaffen, bis jetzt geht die mit
                              									überhitztem Dampf im Turbinenbetrieb gesammelte Erfahrung dahin, dass der Nutzen der
                              									Ueberhitzung oberhalb 55° C. rasch abnimmt und dass diejenige Ueberhitzung die
                              									richtige ist, welche dem Dampf auf seinem ganzen Wege durch die Turbine die Nässe
                              									bis an die Grenze dessen, was möglich ist, benimmt, zusätzlich der Wärme, die durch
                              									Leitung und Strahlung verloren geht. Dem steht freilich andererseits die Ansicht
                              									gegenüber, dass bei der Abwesenheit aller zu schmierenden inneren Teile, bei der Turbine die Ueberhitzung erst da aufhören brauche,
                              									wo sie die inneren Wandungen zerstörend angreife. Die Grenze dürfte wohl die
                              									gasförmige Dichte bilden, welche nötig ist, damit zwischen dem Kesseldruck auf dem
                              									einen Ende und der Luftleere auf dem anderen Ende, der Dampf mit möglichst grosser
                              									Arbeitsverrichtung die Turbine durcheilt, bei zu nassem Dampf entsteht zu viel
                              									Reibung zwischen den sich drehenden und ruhenden Wandungen, bei zu grosser
                              
                              									Ueberhitzung dürften vielleicht ungleichmässige Ausdehnungen Reibungsverluste mit
                              									sich bringen.
                           Die nächste Aufgabe, die bis zu einem gewissen Grade gelöst ist, war die
                              									Herabminderung der Umlaufzahl. Die erste Maschine – 1884 vollendet und 6 elektrische
                              									PS leistend – lief mit 18000 minutlichen Umdrehungen, die zweite, für die
                              									Lichtanlage des Dampfers „Percy“ mit 10000 minutlichen Umdrehungen, spätere Ausführungen für
                              									50 elektrische PS in den Jahren 1888/89 nur noch mit 6500 minutlichen Umdrehungen.
                              									Die Turbine für Elektrizitätswerk Elberfeld bei einer
                              									Leistung von 1400 Kilo-Watt läuft mit 1500 minutlichen Umdrehungen.
                           Die Schiffsturbinenanlage auf „King Edward“ vom Jahre 1901 – Verbundsystem mit einer Hochdruck-
                              									und zwei Niederdruckturbinen mit einer auf 3500 PSi
                              									gewerteten Leistung – macht 740 minutliche Umdrehungen.
                           Als Mittel zum Zweck diente Parsons in erster Linie
                              									die Dampfteilung der Gefälle durch Anordnung von Zwillingsturbinen auf einer
                              									gemeinsamen Welle, welche den Dampf aus einem zwischen ihnen gelegenen, beiden
                              									gemeinsamen Dampf kästen erhielten, eine Anordnung, die zugleich den Lagerdrücken zu
                              									gute kam, sodann die Reihenanordnung der Turbinen und zwar hatten alle Turbinen
                              									gleichen Durchmesser. Obgleich nun Prof. Ewing gleich
                              									bei seinen ersten Versuchen in CambridgeZeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
                                    											1895 S. 1194; Klein, Theorie der
                                       											Dampfturbine. durch den Indikator fand, dass mehrere Reihen
                              									ohne entsprechende Druckabnahme bezw. Arbeitsleistung mitliefen, scheint diese
                              									Anordnung doch auf Grund anderer Erfahrungen und guter Erfolge lange beibehalten zu
                              
                              									sein; dagegen ging man 1894 an Hand der bisher gemachten Erfahrungen von der
                              									Zwillings- zur einfachen Turbine und, wo es angebracht war, zum Verbundsystem
                              									über.
                           Fig. 9 zeigt die Anordnung der Turbinenreihen in drei
                              									Abstufungen der Durchmesser, wie sie in der heute üblichen Ausführung gebräuchlich
                              									ist.
                           Die Verluste durch Undichtheit wurden durch ein reibungsloses, aber ungemein genaues
                              									Zusammenpassen der einzelnen Teile – mit nur 0,001 Zoll engl. = 0,025 mm Luft –
                              									möglichst vermindert.
                           Auch diese Anordnung scheint bei den gesteigerten Anforderungen an die Leistungen
                              									sowie den hohen Dampfdrücken, für deren Ausnutzung sich die Turbine ganz besonders
                              
                              									eignet, nicht mehr genügt zu haben, und so zeigt ein neuerdings, namentlich für die
                              									Umsteuerung herausgenommenes Patent (Fig. 10 und 11) eine
                              
                              									Reihenturbine mit nach den Enden zu stufenweise anwachsendem Durchmesser.
                           Dabei ist eine Umsteuerturbine der Hauptturbine gegenüber auf derselben Welle
                              									angeordnet. Der Auspuffdampf der Umsteuerturbine b
                              									strömt dabei durch das Innere der sich drehenden Hauptturbine a. c und d sind die
                              									äusseren Gehäuse, an welchem die festen Leitschaufeln sitzen. s und t sind die Trommeln,
                              									welche vermittelst der Arme und mit der Welle f
                              									verkeilt sind; diese Trommeln tragen die Laufschaufeln und sind in geeigneter Weise
                              									durch den Stufenring v miteinander verbunden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 255
                              Reihenturbine.
                              
                           Die Hauptturbine erhält ihren Dampf durch das Rohr w und
                              									den Kanal x, die Umsteuerturbine durch das Rohr y und den Kanal z; beide
                              
                              									Turbinen puffen in den Niederschlagraum k mit dem
                              									Gehäuse d aus. Die Abdichtung zwischen den Kanälen x und y besorgen die
                              									Dichtungsringe 2 und 3.
                           Eine Frage der Zukunft bleibt vorerst die Umsteuerung, 
                              									immerhin, obwohl sie genau wie bei Lokomotiven und Schiffsmaschinen, für
                              									durchführbar zu erachten ist.
                           Die Verwendung der Kugellager, sowie die Durchbildung der Turbine zur Benutzung von
                              									Gasen – Generator-, Petroleum- oder Benzingas, mit welchen zur Zeit mehrfache
                              									Versuche im Gange sind, so z.B. in Amerika unter Prof. Thurston's Leitung an der Sibley-Hochschule, welche zwar bis jetzt nicht
                              									gerade zufriedenstellende Ergebnisse erzielten, ist ebenfalls noch der Zukunft
                              									vorbehalten.
                           Trotzdem dürfte aber gerade bei diesem Bewegungserreger an dem endlichen Erfolg nicht
                              
                              									zu zweifeln sein.
                           Um die Bedeutung dieses Fortschritts zu ermessen, sei auf folgendes hingewiesen.
                           In Russland werden jetzt schon nach abgeschlossenen Vorversuchen für Lokomotiven und
                              
                              									auf Kriegsschiffen Naphthafeuerungen eingeführt. Es
                              									bedarf also nur noch der Durchbildung der Turbine für hochgespannte Gase einerseits,
                              									sowie der Möglichkeit der Herstellung eines so reinen Naphthagases, dass es sich für derart genau passende Maschinen, wie es die
                              									Turbinen sind, eignet, um mit einem Schlage dieser politischen Macht auf dem Meere eine Ueberlegenheit zu sichern, die andere
                              									Mächte zur unweigerlichen Nachfolge zwingt. Man denke sich nur Fortfall aller für
                              									die Kesselanlage benötigten Gewichte an Eisen und Wasser, die Möglichkeit, das
                              									Brenn- bezw. Vergasungsmaterial in bis jetzt unbenutzbare Räume des Schiffes (im
                              									Doppelboden u.s.w.) zu lagern und dadurch die Sicherheit des Schiffes durch Senkung
                              									des Systemschwergewichts zu erhöhen, während Bunker und Kesselraum für andere Zwecke
                              									verfügbar würden.
                           Uebrigens noch schwerwiegender fallen die Vorteile für die Handelsschiffe,
                              									namentlich aber für die Schnellschiffe ins Gewicht, bei denen heute Maschinen-,
                              									Kessel- und Bunkeranlage so ungeheuren Raum, und noch dazu den besten einnehmen.
                           Abgesehen von diesen Zukunftsaufgaben, zeigt die Turbine aber auch heute schon eine
                              									grosse Bedeutung für jeden Fabrikbetrieb, in welchem
                              									man über lang oder kurz zum elektrischen Gruppenbetrieb wegen seiner grösseren
                              									Reinlichkeit, Gefahrlosigkeit und Wirtschaftlichkeit übergehen muss.
                           Der letztere stellt sich an Wartung, Schmierung und Kosten für Unterhaltung und
                              									Instandsetzung des Verschleisses überall am billigsten, und hat vor allem noch den
                              									Vorteil des Kraftbezuges an beliebiger Stelle im Werk.
                           Für die Hauptkraftstelle aber eignet sich als Erregermaschine die Turbine wegen aller
                              									schon aufgeführten Vorzüge ganz besonders, dazu kommt, dass auch Maschinenhaus samt
                              									Montagekran und Grundmauerwerk bedeutend billiger kommen. Die Generatordynamo kann
                              									mit höherer Umlaufzahl beschafft werden, was ihre Anschaffungskosten ebenfalls
                              									herabmindert. Dabei ist die Turbine so übersichtlich und einfach zu bedienen, wie
                              									die Kolbenmaschine im Bau verwickelt und unübersichtlich ist.
                           So ist jedenfalls von der Turbine, die mit Beginn dieses Jahrhunderts erst so recht
                              									auf dem Plan erscheint, unter der vereinigten Mitwirkung aller Ingenieurkräfte,
                              									soweit sie sich der Vervollkommnung derselben bereits widmeten oder widmen werden,
                              
                              									das Höchste zu erwarten.