| Titel: | Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung. | 
| Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 325 | 
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                        Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung.
                        Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung.
                        
                     
                        
                           Die Versorgung der Ausstellung mit Licht und Kraft geschieht durch eine Anlage,
                              									deren Gesamtleistung nahezu 13000 PS umfasst, welche sich auf 28 Motoren, darunter
                              
                              									26 Dampfmaschinen und zwei Gasmotoren, verteilen; es kommen mithin bei 180000 qm
                              									überbauter Fläche 14 qm derselben etwa auf 1 PS Betriebskraft; in Paris mit 650000
                              									qm überbauter Fläche und 40000 PS Betriebskraft kamen 16,25 qm auf 1 PS – Chicago
                              									mit nur 20000 PS Betriebskraft kann kaum zum Vergleich herangezogen werden.
                           Die Anforderungen an die Betriebskraft der Ausstellungen sind also in stetem Wachsen
                              									begriffen.
                           Von den neun Maschinen, die bei der Betriebsanlage in Paris auf die Länder vorwiegend
                              									deutscher Zunge – Deutschland, Oesterreich, Schweiz – entfielen, waren fünf
                              									Maschinen mit 5650 PS liegend und vier Maschinen mit 7350 PS stehend ausgeführt und
                              									leisteten also zusammen etwa gleichviel wie die Betriebsanlage in Düsseldorf und
                              									etwa ein Drittel der Gesamtbetriebsleistung in Paris. In Düsseldorf übernehmen 16
                              									Maschinen liegender Bauart etwa 6700 PS der Betriebskraft, während 8 Maschinen
                              									stehender Bauart etwa 6000 PS leisten. Zwei Dampfmaschinen abweichender Bauart
                              									erzeugen dann noch 125 PS und zwei Gasmotoren 300 PS.
                           An allen Maschinen ist die nahezu gleich tadellose Ausführung zu loben, die für den
                              									Stand des deutschen Maschinenbaus ein glänzendes und beredtes Zeugnis ablegt. Waren
                              									es in Paris sieben Werke von vornehmlich gutem Klang – Vereinigte Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbau-Gesellschaft Nürnberg
                                 										– zwei stehende Maschinen mit zusammen 3500 PS, eine liegende mit 2000 PS
                              									–, Borsig in Berlin – eine stehende mit 2250 PS –, Ringhoffer in Prag – eine stehende mit 1600 PS –, L. Lang in Budapest – eine liegende mit 1000 PS –, Erste Brünner Maschinenfabriksgesellschaft – eine
                              									liegende mit 1000 PS –, Escher, Wyss und Co. in Zürich
                              									– eine liegende mit 900 PS –, Gebr. Sulzer in
                              									Winterthur – eine liegende mit 750 PS –, welche die deutsche Betriebsmaschine in so
                              									ruhmvoller Weise zur Geltung brachten, so treten uns hier 20 Werke eines weit
                              									engeren Bezirkes im Wettbewerb entgegen und zeigen, wie einheitlich durchgebildet
                              									die Leistungsfähigkeit des deutschen Maschinenbaues ist und zwar in einer Weise, die
                              
                              									jeden Ingenieur mit gerechtem Stolz erfüllen darf.
                           Ein weiteres Kennzeichen dieser Ausstellung in der Betriebsabteilung ist die
                              									einheitliche Verwendung des überhitzten Dampfes, welche ein Endergebnis jahrelangen
                              									Mühens und Forschens einer Anzahl hervorragender Ingenieure bedeutet. Schmidt's erste Heissdampfmaschine war eine einfach
                              									wirkende Eincylindermaschine, dann baute man Verbundmaschinen mit einfach wirkendem
                              
                              									Hochdruck- und doppelt wirkendem Niederdruckcylinder, bis die Erfahrung lehrte, dass
                              									jede gute und sorgfältig gearbeitete Maschine unter Verwendung geeigneter
                              									Dichtungen, namentlich in den Stopfbüchsen, sowie entsprechender Schmieröle mit
                              									hohem Entflammungspunkt, mit Heissdampf leiten kann.
                           Sogar auf den Vorteil der Verlegung des Niederdruckcylinders an die
                              									Rahmengradführung in der Tandemanordnung glaubt man verzichten zu dürfen und stützt
                              									sich dabei auf das Arbeiten von Eincylindermaschinen mit Heissdampf, wie solches in
                              									der Ausstellung von der Dingler'schen Maschinenfabrik
                                 										Zweibrücken in tadelloser Weise an vier kleinen Maschinen von 30 bis 85 PS
                              									gezeigt ist.
                           Ebenso ist nicht zu bestreiten, dass die Verbundanordnung notwendig werden kann, ohne
                              									auf die Vorteile der Ueberhitzung verzichten zu wollen und sind dann durch
                              									entsprechende Ausführung die schädlichen Einflüsse der leitenden Zusatzwärme, welche
                              									die Ueberhitzung mit sich bringt, vom Kreuzkopfglitscher und seiner Führung
                              									fernzuhalten bezw. ihre Einwirkung abzuschwächen, desgleichen werden die Fälle
                              									vorkommen, dass die stehende Anordnung in der Verbundmaschine oder der Maschine mit
                              									mehrfachen Kurbeln die gleiche Aufgabe stellt. Trotzdem dürfte es aber immer
                              									vorteilhaft bleiben, im Falle der Tandemmaschine von
                              									der Rückwärts Verlegung des Hochdruckcylinders Gebrauch zu machen, namentlich da bei
                              									entsprechender Ausführung des Zwischenstückes eine Herausnahme des
                              									Niederdruckkolbens durch die Mundöffnung desselben keine grosse Schwierigkeit
                              									bietet, und zwar um so weniger, wenn schon bei der Ausführung eine geeignete
                              									Hebevorrichtung für diesen Zweck in Aussicht genommen war. Ein weiterer nicht zu
                              									unterschätzender Vorteil ist, dass dann der rückwärts liegende Hochdruckcylinder als
                              									derjenige Teil, welcher der Wärmeausdehnung unter dem Einfluss der Dampfüberhitzung
                              									am stärksten und schnellsten folgen muss, auch für diese Ausdehnung am
                              									zweckentsprechendsten gelagert werden kann.
                           Wie weit sich die einzelnen Steuerungsorgane in besonderer Weise für die Verwendung
                              									der Dampfüberhitzung empfehlen, ist zur Zeit noch nicht ganz klargestellt;
                              									jedenfalls lassen die von Seiten des Maschinenlaboratoriums der Berliner Hochschule
                              									angestellten Versuche einigen Zweifel aufkommen, ob die allgemein gültige
                              									Bevorzugung von Ventilsteuerung in Verbindung mit überhitztem Dampf richtig ist.
                           Sowohl bei diesen Versuchen, als auch im Berliner
                                 										Elektrizitätswerk und ähnlichen Fällen sind nach Verwendung von überhitztem
                              									Dampf Undichtigkeiten an den Ventilen zu Tage getreten, und glaubt Prof. Josse dieselben auf die Dampfüberhitzung zurückführen
                              									zu sollej; es fragt sich dann freilich, ob nicht vielleicht der Zustand der
                              									Rohrleitung und Dampfkanäle derartig war, dass der Heissdampf, welcher mehr noch wie
                              									der gesättigte Dampf aus der Leitung alles überhaupt Lösbare mitnimmt, auf den
                              									Sitzflächen Fremdkörper ablagern konnte. Im Angesicht dieser letzteren Eigenschaft
                              									dürften möglichst grosse Wasserabscheider kurz vor der Maschine am zweckmässigsten
                              									sein, welche einmal die grossen Mengen Wasser beim Anlassen aufnehmen, sodann auch
                              									durch Umkehr und Verlangsamung der Bewegung kurz vor dem Eintritt in die Maschine
                              									die Ausscheidung der Fremdkörper ermöglichen. Es dürfte hier darauf hinzuweisen
                              									sein, dass man nirgends die Sparsamkeit schlechter hervorkehren kann, als am sogen.
                              									Wasserabscheider vor der Maschine, und doch ist es erstaunlich, wie selbst die
                              									besten Maschinenfabriken oft 
                              									jämmerlich kleine Töpfe als Abscheider aufstellen, die dann mehr Schaden wie
                              									Vorteil verursachen.
                           In der uns beschäftigenden Betriebsanlage erfolgt nun die Dampfverteilung an den
                              									stehenden Maschinen zum grössten Teil durch Schiebersteuerungen, und zwar am
                              									Hochdruckcylinder durch Kolbenschieber, während bei den liegenden Maschinen in den
                              									meisten Fällen die Ventilsteuerung und zwar sowohl am Niederdruck- wie am
                              									Hochdruckcylinder durchgebildet ist; nur in einzelnen Fällen findet sich die
                              									Steuerung des Niederdruckcylinders mit Corliss-Drehschieber bei der Verbundanordnung
                              									vor.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 326
                              Tandem-Verbundmaschine von der Maschinenbau-Aktiengesellschaft Union.
                              
                           Die Ventilsteuerung der liegenden Maschinen ist dann wiederum von den Maschinenbauanstalten Union, Hohenzollern, Kirberg und
                                 										Hüls nach der Anordnung Kaufhold, von Schüchtermann und Kremer nach dem neueren Patent Kollmann, von Haniel und
                                 										Lueg nach Bauart Wiegleb (D. R. P. Nr. 110362
                              									und Nr. 124381), von Humboldt nach Patent Stumpf ausgeführt (D. R. P. Nr. 118855).
                           Die vorgenannten sind alle auslösende Ventilsteuerungen mit Flüssigkeitspuffern.
                           O. Recke in Rheydt hat zwangläufige Ventilsteuerung
                              									eigener Bauart, ebenso Friedrich Spiess Söhne in
                              									Barmen.
                           Den ersten Platz unter den liegenden Maschinen nimmt die Zwillings-Tandemmaschine der
                              										Maschinenfabrik Grevenbroich vorm. Langen und
                                 										Hundhausen in Grevenbroich ein.
                           Von Langen und Hundhausen 1878 gegründet, wurde diese
                              									Anstalt 1890 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und arbeitet heute mit einer
                              									Betriebskraft von 280 PS – 1 Verbunddampfmaschine 180 PS, sowie 5 Gasmotoren von
                              									zusammen 100 PS – und beschäftigt 600 Arbeiter.
                           Die Erzeugung der Anstalt umfasst ausser Dampfmaschinen und Wasserwerksanlagen
                              									Speisewasserreinigung, Kühlanlagen, Maschinen
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 327
                              Tandem-Verbundmaschine von der Maschinenbau-Aktiengesellschaft Union.
                              
                           
                           und Vorrichtungen für Rohzuckergewinnung, Brennereien u.s.w.
                           Der Jahresumsatz im Jahre 1901 betrug 4500000 M., Das Absatzgebiet verteilt sich auf
                              									die ganze Welt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 328
                              Fig. 6. Ventilsteuerung, System Kaufhold.
                              
                           Die Maschinen selbst werden wir später besprechen.
                           Die von der Maschinenbau-Aktiengesellschaft Union
                              									ausgestellte liegende Tandem-Verbundmaschine (Fig. 1 bis 5) hat 500
                              									bezw. 930 mm Cylinderdurchmesser bei 1100 mm Hub und leistet – mit
                              									Dampfniederschlagung arbeitend – bei einer Eintrittsspannung von 11 kg/qcm absolut und
                              
                              									94 minutlichen Umdrehungen 500 PSe; dabei ist
                              									Vorkehrung getroffen, dass auch mit unmittelbarem Auspuff gearbeitet werden
                              									kann.
                           Der sehr starke Maschinenrahmen mit bajonettförmigem Lagerbalken liegt fast seiner
                              									ganzen Länge nach auf dem festen Grundgemäuer, mit dem er kräftig verankert ist,
                              									auf, nur der Anschlussflansch für den Niederdruckcylinder hängt frei über das nach
                              									unten abgesetzte Grundgemäuer hinweg.
                           Anschliessend an den Rahmen erstreckt sich eine gusseiserne Grundplatte, fest in das
                              									Grundgemäuer eingelassen, bis über das Ende des hinteren Cylinders hinaus, auf
                              									welcher Cylinder und Zwischenstück in sicherer, die Ausdehnung berücksichtigender
                              									Weise gelagert sind. Wie schon erwähnt, schliesst sich der Niederdruck an den Rahmen
                              
                              									an und liegt der Hochdruckcylinder hinter dem Zwischenstück, durch dessen
                              									Mundöffnung der Niederdruckkolben herauszunehmen ist; im übrigen sei für diese
                              									Anordnung auf das früher Erwähnte verwiesen.
                           Die Kolbenstange ist innerhalb des Zwischenstücks durch einen eingebauten Säulenfuss
                              									mit Auflagerungsfläche unterstützt, letztere ist mit Weissmetall ausgegossen.
                           Der Hochdruckcylinder liegt in der Frischdampfkammer der Einlassventile, ebenso ist
                              									der Aufnehmer auf seiner geraden Länge vom Frischdampf beheizt, während der
                              									Niederdruckcylinder seinerseits mit dem Arbeitsdampf des Aufnehmers geheizt ist.
                           Am Hochdruckcylinder ist eine auslösende Ventilsteuerung mit Sicherheitsschluss –
                              									System Kaufhold – angebracht, deren nähere Einzelheiten
                              									sich an Hand der Zeichnung Fig. 6 ergeben. Die
                              									Steuerwelle bethätigt getrennte Einlass- und Auslassexzenter, welche durch Gestänge
                              									und Kniehebel auf die Ventilstangen wirken, während der Regulator, am Hebelarm ab des Winkelhebels abc
                              									angreifend, durch die Druckstange cd im Punkte d das Gestänge des Exzenters und damit den auf die
                              									Ventilspindel wirkenden Winkelhebel efg bethätigt.
                           Der Niederdruckcylinder ist mit Corliss-Steuerung versehen.
                           In dem Ausstellungsbetrieb ist die Maschine mit einer Gleichstromdynamo der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. W. Lahmeyer und
                                 										Co. in Frankfurt a. M. unmittelbar gekuppelt. An Stelle des Schwungrades
                              									auf der Hauptachse tritt später noch eine Drehstromdynamo.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 328
                              Tandem-Verbundmaschine von Recke.
                              
                           Die Maschinenbau-Aktiengesellschaft Union arbeitet in
                              									ihren Werkstätten in Essen a. R. mit elektrischem Betrieb von 300 PS und beschäftigt
                              									etwa 500 Arbeiter. Die Thätigkeit des Werkes umfasst den Dampfmaschinenbau im
                              									allgemeinen, für Bergbau- und Hüttenbetrieb, sowie für elektrischen Betrieb,
                              									Expresspumpenbau, Wasserwerke, Eisen- und Metallgiesserei, 
                              									sowie Eisenbau – als Brücken, Dächer, Hallen u.s.w.
                           Im Jahre 1900 betrug der Umsatz 6000 t im Werte von etwa 2600000 M. Das Absatzgebiet
                              									umfasst das Deutsche Reich, Luxemburg und Russland.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 329
                              Fig. 9. Steuerung zum Hochdruckcylinder (System Recke).
                              
                           Die Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. W. Lahmeyer
                              									beschäftigte im Jahre 1900 2000 Arbeiter und 670 Beamte und kehrte an ein alle
                              
                              									Weltteile umfassendes Absatzgebiet 2200 Dynamo und Motoren mit einer Gesamtleistung
                              									von 72000 PS aus.
                           Die von O. Recke in Rheydt ausgestellte liegende
                              									Tandem-Verbundmaschine mit Ventilsteuerung (Fig. 7 bis 10) hat im Hochdruckcylinder 425 mm und im
                              
                              									Niederdruckblinder 650 mm Bohrung bei 800 mm Hub, 135 minutlichen Umdrehungen und
                              									einer Eintrittsspannung von 11 at absolut, und leistet mit Dampfniederschlagung
                              									arbeitend 350 PS. Maschinenrahmen und bajonettförmiger Lager-Balken zeigen auch hier
                              									wieder die starke und kräftige Form, doch hat Recke
                              									seine Geradführung nicht fest und der ganzen Länge nach auf das Grundgemäuer
                              									gelagert, pudern derselben am hinteren Ende nur einen starken Fuss gegeben, während
                              									der eigentliche Balken – vom vorderen Ende der Geradführung ab – wiederum satt
                              									aufliegt und kräftig verankert ist.
                           Auf die Rückwärtsverlegung des Hoghdruckcylinders ist verzichtet und so schliesst
                              									sich derselbe an den hinteren Geradführungsflansch an, auch das Zwischenstück ist
                              									infolgedessen mit zwei seitlichen statt einer oberen Aussparung versehen. Der
                              									Niederdruckcylinder hat eine hintere Kolbenführungsstange erhalten. Sowohl das
                              									Zwischenstück wie der hinten angehängte Niederdruckcylinder sind auf getrennten
                              									Sohlplatten aufgebaut, während im übrigen das jetzt allgemein in gutem Beton
                              									ausgeführte feste Grundgemäuer das alle einzelnen Teile verbindende Ganze
                              									bildet. Auch die Oelfanggrube der Kurbel ist nicht am Rahmenbalken angegossen,
                              									sondern für sich gegen das vordere Ende der Geradführung verschraubt und auf das
                              
                              									Grundgemäuer gelagert; im Anschluss an diese Oelgrube ist die Schutzkappe für die
                              									Kurbel ausgebildet, beide Teile bilden ein durch Mittelflanschen verbundenes Ganze
                              									mit seitlichen kreisrunden Oeffnungen. Die Cylinder liegen beide in den Kammern für
                              									den Arbeitsdampf ihrer Einlassventile, mit welchen sie in einem Stück gegossen sind,
                              									ein Aufnehmer kommt hier daher in Wegfall.
                           An beiden Cylindern werden die zweisitzigen Ein- und Auslassventile nach dem System
                              										Recke gesteuert. Diese Ventilsteuerung arbeitet
                              
                              									zwangsläufig mit von 0 bis 60 v. H. veränderlichen Füllungen.
                           Auf der Steuerwelle der Maschine ist die Exzenterscheibe a (Fig. 9) aufgekeilt. Der Bügel bezw. Ring
                              										b dieses Exzenters steuert das Auslassventil, hat
                              									aber gleichzeitig ein Auge c, von welchem die Bewegung
                              									der Einlassventile abgeleitet wird, indem die elipsenförmige Bewegung dieses Auges
                              									durch den Lenker cd auf den Hebel dfg und mittels Lenker ef
                              									auf den in k festgelegten Doppelhebel ekl übertragen wird.
                           Die Druckstange lm verbindet weiter den Hebel ekl mit dem freien Ende des Rollhebels p, welcher durch Vermittelung des in q fest gelagerten Ventilhebels o das Einlassventil anhebt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 329
                              Fig. 10. Steuerung zum Niederdruckcylinder.
                              
                           Die Bewegung des Reglers wird durch den Winkelhebel r
                              									mittels einer kleinen Zugstange auf die Achse h und den
                              									Hebel hg übertragen, so dass der äusserste Punkt g dieses Hebels bei jeweiliger Reglerstellung als
                              									Stützpunkt 
                              									für die Uebertragung der ganzen Bewegung von dem Exzenterring b auf das Einlassventil dient. Mit dem Regler hebt sich
                              									der Stützpunkt und der Hebel gfd; hierdurch verkürzt
                              									sich die Bewegungsdauer des Rollhebels p samt
                              									Ventilhebel o, die Füllung der Maschine wird also
                              									verringert. Beim Sinken des Reglers tritt der umgekehrte Fall ein, nämlich
                              									Vergrösserung der Füllung.
                           Für diese Anordnung der Steuerung nimmt Recke folgende
                              									Vorteile in Anspruch:
                           1. Gleichbleibende anfängliche Füllung am toten Punkt und nahezu gleichbleibende Voröffnung bei den verschiedenen
                              									Füllungsgraden.
                           2. Ausgehend von der Ventilstange werden die Hebelverhältnisse zwischen derselben und
                              									dem Exzenter bei kleinen Füllungen vergrössert, bei grösseren verkleinert, derart,
                              									dass selbst bei kleinsten Füllungen ein genügender Ventilhub verbleibt, ohne dass
                              									man zu dem Mittel einer unverhältnismässig grossen Voröffnung zu greifen braucht –
                              									ein Verfahren, welches sehr viele der bisherigen zwangläufigen Ventilsteuerungen
                              									bedingen.
                           3. Die Druckübertragung erfolgt unfehlbar in der Mittelrichtung – Seitendrucke,
                              									Neigung zum Ecken oder einseitiger Verschleiss bleibt ausgeschlossen.
                           4. Die Rückwirkung auf den Regler ist gering.
                           Die Steuerung für das Einlassventil des Niederdruckcylinders (Fig. 10), sowie diejenige der Auslassventile an beiden Cylindern geschieht in einfacherer Weise durch
                              									die Exzenterstange und Winkelhebel.
                           Auf die Kurbelwelle der Maschine ist unmittelbar neben dem Schwungrade – welches sich
                              									seinerseits an die Steuerräder nächst dem Kurbellager anschliesst – eine
                              
                              									Gleichstromdynamo der Elektrotechnischen Fabrik Rheydt, Max
                                 										Schorch und Co., aufgebaut, welche 250 K.-W. leistet.
                           Die ganze Anlage soll unmittelbar aus seinem Stromkreis die elektrische Rundbahn
                              									betreiben.
                           Die Maschinenfabrik Rheydt, gegründet 1885, braucht
                              									heute für ihren Betrieb 150 PS, welche eine mit überhitztem Dampf betriebene
                              									Ventildampfmaschine liefert, die Kraftübertragung erfolgt teils elektrisch, teils
                              									durch Wellenleitung. Im Jahre 1900 wurden 250 Arbeiter beschäftigt und 55
                              									vollständige Dampfmaschinenanlagen mit Wellenleitung und Zubehör von zusammen 6500
                              									PS fertiggestellt, während die Eisengiesserei 1000000 kg Gussteile lieferte. Das
                              
                              									Absatzgebiet für das Werk ist Deutschland.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 330
                              Fig. 11.
                              
                           Die von der Maschinenbauanstalt Humboldt in Kalk bei
                              									Köln ausgestellte liegende Tandem-Verbundmaschine (Fig.
                                 										11 bis 13) hat 475 bezw. 750 mm
                              									Cylinderdurchmesser bei 1000 mm Hub und leistet – mit Dampfniederschlagung arbeitend
                              									– 
                              									bei einer Eintrittsspannung von 11 kg/qcm absolut und 90 minutlichen Umdrehungen 400 PSe mit 8 bis 9 v. H. Füllung bezogen auf den
                              
                              									Niederdruckcylinder.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 331
                              Fig. 12. Tandem-Verbundmaschine von Maschinenbauanstalt Humboldt.
                              
                           Der Maschinenrahmen liegt in diesem Fall, ähnlich wie bei Recke, nicht der ganzen Länge nach auf dem Grundgemäuer auf, sondern nur
                              									der eigentliche Balken, hier ebenfalls in Bajonettform gehalten, während die
                              									Geradführung nur an dem Ende, welches den Cylinderflansch aufnimmt, durch einen
                              									kräftigen Fuss abgestützt ist.
                           Humboldt legt ebenfalls den Niederdruckcylinder an den
                              									Rahmen bezw. die Geradführung, verzichtet aber auf die sofortige Unterstützung und
                              									beginnt erst mit der gusseisernen Grundplatte an Vorderkante des Zwischenstücks, an
                              									welch letzteres der Hochdruckcylinder angehängt ist. Zwischenstück und
                              									Hochdruckcylinder sind auf dieser Grundplatte in der Längsrichtung verschiebbar
                              									aufgebaut und können der Ausdehnung durch die Wärme ungehindert folgen.
                           Weder Hoch- noch Niederdruckcylinder sind im vorliegenden Fall geheizt und erfolgt
                              									die Dampfzu- und -abführung beim Hochdruckcylinder mit Rücksicht auf die
                              									Ueberhitzung durch Rohre, die an jeden Ventilkasten einzeln angeschlossen sind und
                              									sich erst ausserhalb der Maschine vereinigen.
                           Hierdurch soll eine einseitige Erwärmung des Cylinders, sowie ein Reissen der
                              									Wandungen vermieden und eine freie Ausdehnungsfähigkeit gefördert werden. Der
                              									Aufnehmer dagegen ist in seinem geraden Teil mit einer sehr kräftigen Röhrenheizung
                              									durch überhitzten Dampf versehen, so dass der Arbeitsdampf aufs neue überhitzt in
                              									den Niederdruckcylinder übertritt. Die aus Stahl hergestellte Kurbel ist auf die
                              									Welle aufgezogen und zur Ausgleichung der hin und her gehenden Massen ist an
                              									derselben ein Gegengewicht vorgesehen, durch welches neben dem Kurbelarm noch ⅓ der
                              									Triebwerksteile ausgewogen werden.
                           Als Steuerung ist bei beiden Dampfcylindern für den Einlass eine auslösende
                              									Ventilsteuerung, Patent Prof. Stumpf (Fig. 13), angeordnet, bei welcher die Auslösung durch
                              									das Zusammenwirken zweier Exzenter hervorgebracht wird, indem das die Auslösung
                              									beeinflussende und lose auf der Steuerwelle sitzende Exzenter von einem Achsenregler
                              
                              									verstellt wird.
                           Letzterer ist auf der Steuerwelle zwischen den beiden Steuerwellenlagern angeordnet.
                              									Gemäss seiner Bauart bewirkt neben der Fliehkraft die Trägheit der umlaufenden
                              									Massen eine Veränderung des Ausschleges, so dass ein ausserordentlich rasches und
                              									genaues Eingreifen bei Belastungsschwankungen die Folge ist.
                           Durch eine entsprechende Vorrichtung ist die Umdrehungszahl der Maschine um 10 %
                              									während des Ganges zu verändern.
                           
                           Die Einlassventile sind mit einem Oelvakuumpuffer verbunden, welcher den Fall
                              									des ausgelösten Steuerungsorgans im Augenblick des Auftreffens auf die Sitzfläche
                              									abbremst.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 332
                              Fig. 13. Ventilsteuerung, Patent Stumpf.
                              
                           Das Eigentümliche der Anordnung besteht darin, dass beim
                              									Anhub des Ventils unter dem Oelkolben ein Vakuum gebildet wird, welches an Stelle
                              									einer Feder die Beschleunigungskraft für den Schluss ergibt. Die Pufferwirkung wird
                              									alsdann durch allmähliche Zusperrung der Durchtrittsöffnungen für das unter dem
                              									Pufferkolben befindliche Oel erzielt. Da das rechtzeitige Eintreten der Drosselung
                              									von aussen während des Ganges ohne jedes Lösen von Muttern u.s.w. auf das Feinste
                              									eingestellt werden kann, so ermöglicht der Puffer selbst bei hoher Umdrehungszahl
                              									der Maschine ein absolut geräuschloses Arbeiten der Ventile.
                           Die Füllung des Niederdruckcylinders kann von Hand während des Betriebes in weiten
                              
                              									Grenzen verstellt werden.
                           Die Auslassventile werden von besonderen Exzentern durch Wälzhebel angetrieben.
                           Die Schmierung aller bewegten Teile geschieht mittels feststehender Tropföler. Die
                              									Steuerwelle läuft in Ringschmierlagern. Für die Hauptlager der Kurbelwelle wird das
                              									Oel durch zwei Umlaufpumpen in fortwährendem Kreislauf gehalten, indem das mittels
                              									Oelfänger gesammelte Oel von neuem durch die Lager hindurch getrieben wird!
                           Zwischen dem Kurbellager und dem um 3010 mm davon abgerückten Aussenlager der
                              									Hauptwelle ist eine als Schwungraddynamo ausgebildete Wechselstrommaschine der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. W. Lahmeyer und
                                 										Co. in Frankfurt a. M., Modell W. T. 500/90 angeordnet.
                           Die Maschinenbauanstalt Humboldt wurde im Jahre 1856
                              									begründet, gehört also zu den ältesten Heimstätten des deutschen Maschinenbaus und
                              									ebenfalls zu denjenigen mit mannigfaltigstem Thätigkeitsgebiet. Die Anstalt baut
                              									nicht nur Dampfmaschinen für Betrieb und Bergbau, Lokomotiven, Dampfturbinen u.s.w.,
                              									sondern auch Dampfkessel, Aufzüge und in weitestem Umfang alle Ausführungen in
                              									Eisen. Für ihre Leistungen wurden der Anstalt 16 Ausstellungsanerkennungen zu teil.
                              									Im Jahre 1900 betrug die Arbeiterzahl 1700 und die Jahreserzeugung 18000000 kg im
                              									Werte von 9000000 M. Diese Erzeugung verteilt sich über die ganze Erde als
                              									Absatzgebiet.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)