| Titel: | Deutsche Schiffahrtsgesellschaften. | 
| Autor: | E. A. | 
| Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 337 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Deutsche Schiffahrtsgesellschaften.
                        Deutsche Schiffahrtsgesellschaften.
                        
                     
                        
                           Folgende Zusammenstellung gibt Aufschluss über die in New York in den letzten 3
                              
                              									Jahren von den verschiedenen Dampferlinien gelandeten Fahrgäste.
                           
                              
                                 Name derDampferlinien
                                 1901
                                 1900
                                 1899
                                 
                              
                                 Ka-jüten
                                 Zwi-schen-deck
                                 Ka-jüten
                                 Zwi-schen-deck
                                 Ka-jüten
                                 Zwi-schen-deck
                                 
                              
                                 Norddeutscher    LloydHamburg-AmerikaWhite StarCunardAmerik. LinieAnchorFranzösischeRed StarHolländ.-AmerikaAtlantic TransportAllan StateSkandinavischeItalienischeLa VelocePrinceEmprezza (Lissa-    bon)Portugies (Oporto)Campania Trans-    atlanticaFabre
                                 22960209771816717783121107647727962415595419423869475384931581061045333
                                 1013847856030483199431251122888359613279325966–1114440824690135051244518142607175114165
                                 2657723657149482000016435769387955590555937492727962286–2478526–136
                                 921437224529370227511684422687306432594031003–1399483817265–13847210015653–2442
                                 199941453412741190451439861966124431541452657164775280–25114080–35
                                 752914059825r08208531134119296228832012018111–124734658838–1424413691515–14104
                                 
                              
                                 Gesamtzahl der     Fahrgäste
                                 128143
                                 438868
                                 137852
                                 403491
                                 107415
                                 303762
                                 
                              
                                 567011
                                 541343
                                 411177
                                 
                              
                                 Anzahl d. Fahrten
                                 887
                                 838
                                 826
                                 
                              
                           Unsere zwei grossen Schiffahrtsgesellschaften stehen demnach zur Zeit an der Spitze
                              									des Weltverkehrs. Zu bemerken ist hierbei noch, dass die Zahl der im Jahre 1901 vom
                              										Norddeutschen Lloyd von Bremen und Italien aus nach
                              									den Vereinigten Staaten überhaupt beförderten Fahrgäste in den Kajüten 23982, im
                              									Zwischendeck 128580, zusammen 152562 Köpfe beträgt, die entsprechende Zahl für 1900
                              
                              									stellt sich auf 139341.
                           Welche Bedeutung die beiden Seeplätze Hamburg und Bremen für den deutschen Seeverkehr
                              									haben, erhellt am besten aus folgenden Zahlen. Vom Gesamttonnengehalt aller
                              
                              									deutschen Schiffe entfallen
                           
                              
                                 1443976
                                 Reg.-t
                                 oder
                                 51
                                 v. H.
                                 auf
                                 Hamburg,
                                 
                              
                                   833860
                                 „
                                 „
                                 30
                                 „
                                 „
                                 Bremen.
                                 
                              
                           Wird der Tonnengehalt in Dampfertonnen und Seglertonnen getrennt, so kommen
                              									auf
                           
                              
                                 HamburgBremen
                                 1186470  617291
                                 Reg.-t„
                                 oder„
                                 5428
                                 v. H.„
                                 des Dampfer-tonnengehaltes,
                                 
                              
                           von dem Seglertonnengehalt entfallen auf Hamburg 40 v. H., auf
                              									Bremen 31 v. H.
                           Die Hamburg-Amerika-Linie schloss das vergangene Jahr
                              									mit 20000000 M. ab, davon wurden 14500000 M. für Abschreibungen, Versicherungs- und
                              									Neubautenrücklage verwendet.
                           Der Norddeutsche Lloyd beziffert seinen Ueberschuss auf
                              									23064000 M. Davon gehen ab für Zinsen und Generalunkosten 3889000 M., so dass der
                              
                              									Beinertrag sieb auf 19175000 M. stellt, hiervon sollen 11829000 M. für
                              									Abschreibungen und 2266000 M. für die Rücklage verwendet werden, für den
                              									Gewinnanteil kommen 4800000 M., für Zuschüsse an den Aufsichtsrat 112000 M., für
                              
                              									Kassen und Stiftungen 167000 M. zur Verwendung.
                           Beide grossen Gesellschaften erhöhen den Bestand ihrer Geschäftsanteile von je
                              									80000000 M. auf je 100000000 M., und zwar hatte der Norddeutsche Lloyd bereits im vorigen Jahr die Erhöhung um 10000000 M.
                              									beschlossen, zu der jetzt neue 10000000 M. hinzutreten; ausserdem arbeitet der Lloyd mit einer Anleiheschuld von 49150000 M. Die
                              									Hamburger Gesellschaft bietet den alten Teilnehmern die neuen Anteilscheine zur
                              									Höhe, von 104 für Hundert an, und zwar einen neuen Anteil auf vier alte.
                           Die Deutsche Levante-Linie legte vor kurzem eine 4½ v.
                              									H.-Anleihe in Höhe von 1500000 M. auf, die sofort mehrfach überzeichnet war, ein
                              									Zeichen für das Vertrauen zu unseren deutschen Schiffahrtsunternehmungen.
                           Die Dampfschiffahrtsgesellschaft „Hansa“ in Bremen erhöhte den Bestand der Geschäftsanteile von
                              									15000000 M. auf 18000000 M.
                           Wie günstig übrigens zur Zeit die Verhältnisse für die Beförderung von Fahrgästen
                              									liegen, mag folgende Zusammenstellung darthun. – Die Auswanderung von Hamburg aus
                              									betrug in den Monaten Januar und Februar
                           
                              
                                 im Jahre
                                 1902
                                 1901
                                 1900
                                 1899
                                 1898
                                 
                              
                                 Kopfzahl
                                 16221
                                 6869
                                 10828
                                 6868
                                 2620
                                 
                              
                           Die Hamburg-Amerika-Linie beförderte im Monat Februar
                              									auf sieben Dampfern 720 Kajüten- und 8404 Zwischendeckfahrgäste, zusammen 9124
                              									Köpfe.
                           Dazu kommt, dass die jüngsten Verhandlungen der deutschen, amerikanischen und
                              									englischen Schiffahrtsgesellschaften, die wesentlich eine Abgrenzung der einzelnen
                              									Arbeitsfelder bezweckten – so bleiben die Vergnügungsfahrten nach dem Mittelmeer in
                              									den Händen der deutschen 
                              									Gesellschaften, während der Norden (Schweden und Norwegen u.s.w.) den
                              									Amerikanern und Engländern überlassen bleibt, auch sollen die Fahrten nach
                              									englischen und amerikanischen Häfen nicht vermehrt werden –, auch dahin geführt
                              									haben, dass über die Beförderung der Zwischendeckfahrgäste eine Einigung im Preis
                              									erzielt ist, demzufolge die Hamburg-Amerika-Linie den
                              									Preis um 10 M. für den Kopf, auf 160 M. erhöhte; es ist also die Beförderung
                              									augenblicklich sehr lohnend.
                           Für die Beförderung in den Kajüten scheint es zu keiner Einigung gekommen zu sein,
                              									und dürfte solche auch Wohl kaum erreicht werden.
                           Andererseits verlautet, dass die von Morgan geleitete
                              									Dampfschiffahrts-Vereinigung, deren Grundvermögen 170000000 Doll. beträgt – von
                              
                              									welchen 60000000 Doll.dauf 6 v. H. Vorzugsanteile, 60000000 Doll. auf Stammanteile
                              									und 50000000 Doll. auf eine Anleihe, verzinslich mit 4½ v. H. entfallen –, mit
                              									unseren zwei deutschen Gesellschaften über die Gestaltung des Betriebes ein Abkommen
                              									getroffen haben, denen jetzt eine Vereinigung englisch-französischer
                              									Schiffahrtsgesellschaften, darunter die Cunard-Linie
                              									und die Compagnie générale transatlantique im
                              									Wettbewerb entgegentreten.
                           Zu den Unternehmungen, auf welche viel Hoffnung; gesetzt wird, gehört auch der von
                              									der Hamburg-Amerika- und der Deutschen Levante-Linie gemeinsam eingerichtete unmittelbare Verkehr
                              									zwischen der Levante und Amerika.
                           Am 20. März wurde der Dienst mit einem Levante-Dampfer ab Odessa über Konstantinopel,
                              									Piräus, Patras-Malta-Algier eröffnet, später soll auch Beirut und Alexandrien
                              									angelaufen werden.
                           Der Verkehr nach Südamerika wird von der Hamburg-Amerika-Linie (die gebräuchlich gewordene Bezeichnung für die Hamburg Amerikanische Paketfahrt-Akt.-Ges.) und der Hamburg Südamerikanischen Linie gemeinsam betrieben und
                              									soll namentlich der Verkehr auf dem Amazonenstrom von Juli d. J. ab ganz besonders
                              									entwickelt werden, um den Gummimarkt über Hamburg mit seinem bedeutenden Hinterland
                              									in entsprechender Weise auszubauen.
                           In diesem Jahre sind von den genannten Gesellschaften bereits zwei beachtenswerte
                              									Verfrachtungen zu verzeichnen.
                           Einmal brachte der Dampfer „Silvia“ die grösste Ladung Kaffee (130136 Sack), welche bisher von
                              									Brasilien aus in ein Schiff verladen wurde; sodann verliess der Dampfer „Pontos“ am 17. Januar d. J. den Hafen von „Bahia Blanca“ (Argentinien) mit der bisher grössten Ladung Wolle
                              									(10803 Ballen).
                           Die Südamerika-Linie hat ihre Fahrten Genua-La Plata
                              									nach kaum einjähriger Thätigkeit wegen ungenügender Frachten wieder einstellen
                              									müssen.
                           Andererseits zeigen aber die über die Einwanderung in Argentinien bekannt gewordenen
                              									Angaben, dass von der Levante aus der grösste Teil der Einwanderer in dieses Land
                              									kommt.
                           Im Jahr 1901 wurden 160582 Köpfe in Argentinien gelandet, darunter waren 125981
                              									Einwanderer, und entfallen wiederum 58314 auf Italien, 18066 auf Spanien, 2788 auf
                              									Frankreich, 2742 auf Oesterreich, 2159 auf Syrien und 2086 auf Russland.
                           Die Gewinnverteilung seitens der einzelnen deutschen Schiffahrtsgesellschaften stellt
                              									sich folgenderweise:
                           
                              
                                 
                                 1901
                                 1900
                                 
                              
                                 
                                 v. H.
                                 v. H.
                                 
                              
                                 Hamburg-Amerika-LinieHamburg-Südamerika-LinieDeutsche Australische-LinieKosmos-LinieDeutsche Levante-LinieWestafrika-Linie
                                 Hamburg
                                   6,0  8,0  8,012,0  7,0  6,0
                                 10,010,012,015,010,0  8,0
                                 
                              
                                 Norddeutscher LloydHansa-SchiffahrtsgesellschaftNeptun-SchiffahrtsgesellschaftArgo-Schiffahrtsgesellschaft
                                 Bremen
                                   6,0  8,0  7,0  3,0
                                   8,512,012,0  8,0
                                 
                              
                           Ganz besondere Beachtung und Anerkennung verdient das Bestreben des Norddeutschen Lloyd um die Ausbildung eines tüchtigen
                              									Nachwuchses für die Stellen der Maschineningenieure und Seeoffiziere, worauf die
                              									Sicherheit so vieler Menschenleben begründet ist.
                           Für erstere ist folgende Einrichtung getroffen. Junge Leute mit der Berechtigung zum
                              									einjährig-freiwilligen Militärdienst – als Grad der Vorbildung – können sich beim
                              										Lloyd melden und werden vorerst als Zöglinge
                              									deutschen Werften, auf welchen Lloyd-Schiffsmaschinen gebaut werden, überwiesen.
                           Nach dreijähriger Thätigkeit in den Maschinenwerkstätten solcher Werfte, treten
                              									dieselben in den Schiffsbetrieb des Lloyd über. Zweimal
                              									wird die Berufsthätigkeit durch einen je einjährigen Besuch einer technischen
                              									Lehranstalt unterbrochen.
                           Nach dem ersten einjährigen Besuch wird die reichsgesetzlich vorgeschriebene Prüfung
                              									für Maschinisten II. Klasse bestanden und daran anschliessend der Grad des
                              
                              									Unteringenieurs beim Lloyd erworben; nach dem zweiten
                              
                              									einjährigen Besuch wird die reichsgesetzlich vorgeschriebene Prüfung für
                              									Maschinisten I. Klasse bestanden und daran anschliessend der Grad des Ingenieurs
                              									beim Lloyd erworben.
                           Für die Heranbildung der Seeoffiziere, deren Tüchtigkeit so viel zu dem weltbekannten
                              									Rufe des Norddeutschen Lloyd beigetragen hat, wurde im
                              									Jahre 1898 ein eigenes Kadettenschulschiff, die „Herzogin Sophie Charlotte“, in Dienst gestellt.
                           Aus den Erfahrungen konnte der Schluss gezogen werden, dass namentlich die
                              									seemännischen Eigenschaften der Zöglinge – ebenfalls junge Leute mit entsprechender
                              									Schulbildung – auf einem derartigen Schiffe ganz hervorragend gefördert und in
                              									Zukunft reiche Früchte tragen werden. Um daher die Möglichkeit zu besitzen, bei
                              									verringerter Zöglingszahl die Ausbildung des einzelnen noch mehr zu fördern, wurde
                              									bei der Rickmers'schen Werft in Bremerhaven ein zweites
                              									Kadettenschulschiff, eine viermastige Bark von 4400 Registertonnen in Auftrag
                              									gegeben, welche am Dienstag, den 22. April, glückligh von Stapel lief. Bei der
                              									Taufe, welche die Tochter des Werftbesitzers, Sabine
                                 
                                 
                                 										Rickmers, im Auftrage der Patin, der Herzogin Cäcilie von
                              									Mecklenburg-Schwerin, vornahm, erhielt das Schiff den Namen „Herzogin Cäcilie“. Seine Indienststellung wird
                              
                              									etwa Mitte Juni d. J. stattfinden und wird es dann seine erste Ausfahrt nach der
                              
                              									Westküste Amerikas antreten.
                           Kurz erwähnt sei hier noch, dass das Bestreben, sich durch Aufkaufen von
                              									Anteilscheinen Einfluss auf unsere deutschen Schiffahrtsgesellschaften zu
                              									verschaffen, namentlich wohl seitens Amerikas und nicht zum
                                 										Vorteil Deutschlands hervorgetreten ist. Die Hamburg-Amerika-Linie erwägt auch bereits die nötigen Satzungsänderungen,
                              									um solchen Bestrebungen einen Riegel vorzuschieben und alle anderen Gesellschaften
                              									werden ein Gleiches thun müssen, denn der deutsche Staat und seine sich mächtig
                              									entwickelnde Seemacht kann nicht dulden, dass Schiffahrtslinien, die durch grosse
                              									Zahlungen für staatliche Leistungen (Subsidien) gefördert wurden und auf deren Hilfe
                              									im Falle politischer Verwickelung gerechnet werden muss, unter fremden – nicht
                              									deutschen und also allenfalls deutschfeindlichen – Einfluss gelangen.
                           Dies muss verhindert werden und wenn zu dem Ende eine Verstaatlichung zwangsweise
                              									durchgeführt werden müsste.
                           In England sind zur Zeit durch Vertrag vom 4. Februar d. J. drei grosse
                              									Schiffahrtsgesellschaften – die White Star-Linie, die
                              										Dominion-Linie mitsamt der ihr zugehörigen Mississippi-Dominion-Dampfschiffsgesellschaft und die
                              										Leyland-Linie – mit zwei amerikanischen
                              									Schiffahrtsgesellschaften in Morgan's Hand vereinigt
                              									und mit der Cunard-Linie werden zwecks freundschaftlichen Zusammenarbeitens – wie es Mac Iver im englischen Unperhaus bezeichnete –
                              									Verhandlungen geführt. Das Grundvermögen der Vereinigung beträgt 480000000 M.,
                              									sodann wird eine Anleihe von 200000000 M. aufgenommen.
                           
                              E. A.