| Titel: | Eine vereinfachte Steuerung für Schieberkompressoren. | 
| Autor: | Karl Weidmann | 
| Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 353 | 
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                        Eine vereinfachte Steuerung für Schieberkompressoren.
                        Von Karl Weidmann.
                        Eine vereinfachte Steuerung für Schieberkompressoren.
                        
                     
                        
                           In manchen Fällen, z.B. wenn der Raum eines Kompressors möglichst beschränkt
                              									werden soll oder aus anderen konstruktiven Gründen, empfiehlt es sich einen
                              									Antriebsmechanismus für die Steuerung auszuführen, bei dem die Grundschieberstange
                              									mit einem Exzenterbügel verbunden ist, der zugleich durch einen Hebelmechanismus den
                              									Expansionsschieber bewegt. In Fig. 1 ist dieser
                              									Mechanismus schematisch dargestellt. Die Punkte a, b
                              									und c sind starr miteinander verbunden und zwar sind es
                              									Punkte des Exzenterbügels; c ist der Mittelpunkt des
                              									Exzenters, in b ist der Bügel durch den Hebel
                              									\overline{e\,d} gelenkig unterstützt und in a greift die
                              									Grundschieberstange an. Der Expansionsschieber ist mit dem Punkte d, dem Endpunkte des in e
                              									mit dem Rahmen gelenkig verbundenen Hebels \overline{e\,d}, durch eine Stange verbunden.
                              									Die Bewegung des Punktes a hat gegen die des Punktes
                              										d bei der angegebenen Drehrichtung eine Voreilung,
                              									deren Grösse abhängt von der Länge \overline{b\,c} und dem Abstand des Punktes a von der durch die Wellenmitte gelegten Horizontalen.
                              									Im folgenden soll eine kinematische Untersuchung gegeben werden, die es ermöglicht,
                              
                              									in einfachster Weise diese Voreilung, die ja für die Konstruktion des Schiebers
                              									bekannt sein muss, zu bestimmen und auch eine gegebene Voreilung durch richtige Wahl
                              									der variablen Faktoren zu erreichen. Im Anschluss hieran soll dann eine mit diesem
                              									Mechanismus bewegte Steuerung betrachtet werden, bei der noch eine weitere
                              									Vereinfachung getroffen wurde.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 353
                              Fig. 1.
                              
                           Die Punkte a, b und c (Fig. 1) sind, wie oben gesagt, starr miteinander
                              									verbunden. Wenn also c auf einem Kreisbogen und b auf einer geraden Linie geführt wird – die Bewegung
                              									von b soll annäherungsweise als geradlinig angenommen
                              									werden –, so beschreibt Punkt a elliptische Bahnen.
                              									Diese genau zu bestimmen wäre für die Praxis bedeutungslos und wir wollen uns daher
                              									nur darauf beschränken, zu untersuchen, bei welcher Lage des Punktes c der Punkt a seine
                              									Endlage in Bezug auf die horizontale Bewegung erreicht, weil damit ohne weiteres der
                              									Voreilwinkel zwischen a und d gefunden ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 353
                              Fig. 2.
                              
                           In der Hauptsache ist der Mechanismus ein Kurbelgetriebe, bei dem \overline{c\,f} die
                              									Kurbel, und \overline{c\,b} die Kurbelstange darstellt, deren Endpunkt b geradlinig geführt wird. Wir können also die
                              									augenblickliche Bewegung der Stange \overline{c\,b} so auffassen, als ob sie sich um
                              									einen Punkt P, den Pol, drehe, der gefunden wird, indem
                              									man auf die augenblickliche Bewegungsrichtung der beiden Punkte c und b Senkrechte
                              									errichtet, die sich in dem Pol P schneiden. Der
                              									augenblickliche Drehpunkt hat natürlich für jede Lage der Stange \overline{c\,b} eine
                              									andere Lage und in Fig. 2 ist die Polbahn, d.h. die
                              									Bahn, auf der der Pol sich bewegt, für einen Teil der Kurbelbewegung gezeichnet. Wie
                              									die Figur erkennen lässt, wandert der Pol von der Unendlichkeit bis in den Punkt b selbst, während die Kurbel eine Viertelkreisbewegung
                              									ausführt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 353
                              Fig. 3.
                              
                           Da der Punkt a mit der Stange \overline{b\,c} starr verbunden
                              									ist, so dreht er sich ebenfalls in jeder Lage um den augenblicklichen Pol und zwar
                              									geht seine Bewegung von der durch a gezogenen
                              									Senkrechten nach links, wenn der Pol über der durch a
                              									gezogenen Horizontalen liegt (vgl. Fig. 2), dagegen
                              									nach rechts, wenn der Pol unter dieser Horizontalen liegt (vgl. Fig. 3). Bewegungsumkehr, d.h.
                                 										die Endlage in Bezug auf die horizontale Bewegung des Punktes a, tritt also dann
                                 										ein, wenn der Pol durch die durch a gezogene Horizontale hindurchtritt
                              									(vgl. Fig. 4).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 353
                              Fig. 4.
                              
                           Der Kurbelwinkel δ, der dieser Lage entspricht, ist dann
                              									der Voreilwinkel des Punktes a gegen c und damit gegen d, da
                              										a seine Endlage bei diesem Winkel schon erreicht
                              									hat, während c bezw. d
                              									dieselbe erst erreicht, wenn der Kurbeltrieb in die gestreckte Lage übergegangen
                              									ist. Wenn also ein bestimmter Voreilwinkel δ verlangt
                              									wird und z.B. die Entfernung der beiden Horizontalen i
                              									gegeben ist, so findet man die Länge der Kurbelstange \overline{c\,b} ohne weiteres,
                              									indem man den Winkel δ an die Horizontale \overline{g\,h}
                              									anlegt und von dem Schnittpunkt P des einen Schenkels
                              									mit der im Abstande i parallel zu dieser gezogenen
                              									Geraden \overline{k\,l} eine Senkrechte auf die Horizontale \overline{g\,h} fällt. Diese
                              									Senkrechte bestimmt die Lage des Punktes b auf 
                              									
                              									\overline{g\,h}. Wie aus der Figur ersichtlich, ist der Voreilwinkel δ' bei der anderen Endlage des Punktes c etwas grösser als δ;
                              									jedoch ist dieser Unterschied so unbedeutend, dass sich sein Einfluss auf die
                              									Dampfverteilung durch nachherige Einstellung des Schiebers ausgleichen lässt. Ebenso
                              									ist es unwesentlich, dass der Punkt b nicht auf einer
                              									geraden Linie, sondern auf einem Kreisbogen geführt wird, da der Einfluss dieser
                              									Kreisbewegung auf die Grösse von δ bezw. δ' nur gering ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 354
                              Fig. 5.
                              
                           Sollte der Voreilwinkel δ bei sonst gegebenen Faktoren
                              									zu gross werden, so können wir noch das Hilfsmittel anwenden, dass wir den Punkt b nicht in der durch die Wellenmitte liegenden
                              
                              									Horizontalen führen, sondern in einer über dieser liegenden Bahn, die dann nicht der
                              									ursprüngliche Winkel δ, sondern der kleinere Winkel δ1 den Voreilwinkel
                              									zwischen der Bewegung der beiden Punkte a und d darstellt (vgl. Fig.
                                 									4).
                           Auf die Grösse des Voreilwinkels ist es ohne Einfluss, wo der Punkt a auf der Horizontalen \overline{k\,l} liegt. Wir können ihn
                              									also so legen, dass der Ausschlag in vertikaler Richtung möglichst klein wird, was
                              									dann der Fall ist, wenn der Punkt a bei seiner Bewegung
                              									durch die durch b gelegte Senkrechte mit gleichem
                              									Ausschlag nach beiden Seiten hindurchtritt, wie in Fig.
                                 
                                 										4 dargestellt ist. In diesem Falle ist die Bewegung desselben nahezu
                              									geradlinig und wenn die Schieberstange genügend lang ist, so dass dieselbe vermöge
                              									ihrer Elastizität einen derartig kleinen Ausschlag zulässt, so kann sie ohne
                              									Zwischengelenk mit a verbunden werden. Da der Punkt d ebenfalls bei grosser Länge von \overline{d\,e} nur eine
                              									verschwindend kleine Vertikalbewegung ausführt, können wir ihn ebenfalls ohne
                              									Zwischengelenk mit der Schieberstange verbinden. Die Elastizität der Schieberstangen
                              									kann nötigenfalls noch dadurch erhöht werden, dass an einer Stelle der runde
                              									Querschnitt in einen flachen Rechteckquerschnit übergeführt wird, dessen kleine
                              									Seite in der Richtung der oben erwähnten geringen Vertikalbewegung liegt.
                           Hierdurch wird die Konstruktion bedeutend vereinfacht, da die teueren und dem
                              									Verschleiss ausgesetzten Zwischengelenke wegfallen. Eine weitere Vereinfachung der
                              									Schiebersteuerung, wie sie von der Maschinenfabrik Paul
                                 										Hoffmann und Co. in Eiserfeld i. W. ausgeführt wird, besteht darin, dass
                              									der Luftschieber mit dem Expansionsschieber der Dampfsteuerung durch dieselbe
                              
                              									Schieberstange bewegt wird. Um zu erkennen, wann eine solche gemeinsame
                              									Bewegung dieser beiden Schieber möglich ist, müssen wir zunächst auf die
                              									Wirkungsweise der Luftschieber etwas näher eingehen.
                           Durch den Schieber eines Kompressors soll Beginn und Ende des Saugens sowie die
                              									Ueberströmung, d.h. die beim Hubende herzustellende Verbindung zwischen beiden
                              									Cylinderseiten gesteuert werden, während die Verbindung des Cylinders mit der
                              									Druckleitung durch ein selbstthätiges Rückschlagventil geregelt wird. Zur
                              									Ueberströmung werden beide Kanäle des Cylinders durch einen Raum im Schieber, und
                              									zwar entweder durch einen besonderen Kanal oder durch den unter dem Rückschlagventil
                              									liegenden Druckraum miteinander verbunden, und da dieselbe während eines
                              									Kurbelumganges 2 mal und zwar immer nach einem halben Kurbelumgang erfolgen soll, so
                              									muss der Schieber so konstruiert sein, dass er in seiner Mittellage beide Kanäle
                              									miteinander verbindet. Ein derartiger Schieber muss also gegen die Kurbel um nahezu
                              									90 ° versetzt sein, da die Ueberströmung beim Hubwechsel des Kolbens stattfinden
                              									soll. Wenn diese Versetzung genau 90 ° beträgt, so beginnt die Ueberströmung kurz
                              									vor der Totlage und schliesst ebensoviel nach derselben. Es empfiehlt sich jedoch,
                              									die Ueberströmung erst in der Totlage beginnen zu lassen. Kurz nach beendeter
                              									Ueberströmung soll die eine Cylinderseite, von der die Ueberströmung ausging, mit
                              									dem Saugraum verbunden werden und so lange verbunden bleiben, bis die folgende
                              									Ueberströmung von der anderen Cylinderseite her stattfindet. Hiernach ergibt sich
                              									das in Fig. 5 angegebene Schieberdiagramm. Hieraus
                              									bekommen wir ohne weiteres die negative Ueberdeckung i
                              									und den Winkel δ, um den die Exzentrizität von der oben
                              									erwähnten 90°-Lage abweichen muss. Die Ueberdeckungen e
                              									haben den Zweck zu verhüten, dass der Saugraum mit dem Druckraum verbunden wird.
                           Wir können zwei Grundtypen von Schiebern unterscheiden, wie Fig. 5a und b zeigt. Bei dem einen ist der
                              									innere Hohlraum des Schiebers Druckraum, bei dem anderen Saugraum. Bei ersterem wird
                              									durch den äusseren Hohlraum gesaugt, bei letzterem gedrückt. Zu dem Typus Fig. 5b gehört auch der Burkhardt- und Weiss-Schieber
                              										(Fig. 5c), nur dass hier die Ueberströmung nicht
                              									durch den Druckraum selbst, sondern durch einen unter diesem liegenden besonderen
                              									Kanal bewirkt wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 354
                              Fig. 6.
                              
                           Nach der Art des Schiebers richtet sich die Stellung des Exzenters zur Kurbel. Da
                              									nach erfolgter Ueberströmung die Cylinderseite, in der der Kolben steht, mit dem
                              									Saugraum verbunden werden muss, so muss, wenn durch den äusseren Raum des Schiebers
                              									gesaugt wird, dieser während einer Viertelumdrehung in derselben Richtung laufen wie
                              									der Kolben, d.h. er muss hinter dem Kolben hereilen. Wird dagegen durch den inneren
                              									Raum des Schiebers angesaugt, so muss er, wenn der Kolben die Totlage passiert hat,
                              									in entgegengesetzter Richtung laufen wie dieser, d.h. hinter ihm hereilen. Der erste
                              									Schieber (Fig. 5a) muss also um 90° – δ vor dem Kolben, der zweite (Fig. 5b und c) um 90° + δ hinter dem Kolben hereilen.
                           
                           Wie bekannt, muss der Grundschieber einer Dampfsteuerung vor dem Kolben eine
                              									Voreilung von 90° + α haben, wobei a im allgemeinen 30 bis 40° beträgt. Die Exzentrizität
                              
                              									eines Meyer- oder Rider-Expansionsschiebers muss gegen die des Grundschiebers um
                              									einen Winkel β versetzt sein, der gewöhnlich zwischen
                              									40 und 70° liegt, und zwar muss der Expansionsschieber vor dem Grundschieber
                              									hereilen, wenn er mit aussen steuernden Kanten ausgeführt wird, dagegen hinter
                              									demselben, wenn er mit inneren Kanten steuert. Wenn wir nun z.B. ∢ α = 35° machen, so dass der Grundschieber um 90 + 35°
                              									vor dem Kolben hereilt, und bei innen steuernden Kanten des Expansionsschiebers ∢
                              										β = 45° wählen, so dass also der Expansionsschieber
                              									hinter dem Grundschieber um 45° und vor dem Kolben um 90 + 35 – 45 = 90 – 10°
                              									hereilt, so können wir durch ein Exzenter und sogar bei geeigneter Konstruktion
                              									durch eine Stange den Expansionsschieber und einen Luftschieber vom Typus Fig. 5a bewegen, da bei diesem eine Voreilung um
                              									90–10° vor dem Kolben eine richtige Ueberströmung und Steuerung ergibt.
                           In Fig. 6 ist die Steuerung, wie sie von obengenannter
                              									Firma ausgeführt wird, dargestellt. Aus der Zeichnung geht auch die Konstruktion und
                              									Wirkungsweise des Luftschiebers, der diese Kombination möglich machte, hervor. Es
                              
                              									braucht wohl kaum erwähnt zu werden, dass auch in dem Falle, dass der
                              									Expansionsschieber durch ein besonderes Exzenter bewegt wird, eine Verbindung des
                              									Expansionsschiebers mit dem Luftschieber durch den Wegfall eines Exzenters samt
                              									Bügel und Gelenk eine nicht unwesentliche Vereinfachung bedeuten würde.