| Titel: | Die Fortschritte im Eisenhüttenwesen in den letzten fünf Jahren. | 
| Autor: | Karl Brisker | 
| Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 446 | 
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                        Die Fortschritte im Eisenhüttenwesen in den letzten fünf Jahren.
                        Von Ingenieur Karl Brisker, Assistent an der k. k. Bergakademie in Leoben.
                        (Fortsetzung von S. 220 d. Bd.)
                        Die Fortschritte im Eisenhüttenwesen in den letzten fünf Jahren.
                        
                     
                        
                           II.
                           Die Fortschritte in der Erzeugung von schmiedbarem Eisen.
                           Das Roheisen ist wegen seiner Eigenschaften für die technische Verwendung
                              									unbrauchbar. Es nimmt im Eisenhüttenwesen die Stellung eines Zwischenproduktes ein,
                              									welches einer weiteren Bearbeitung unterzogen werden muss, um technisch verwertbar
                              									zu werden. Dass man zur Darstellung des schmiedbaren Eisens, wie man technisch
                              									verwendbares Eisen – mit Ausnahme des Gusseisens selbstverständlich –
                              									zusammenfassend nennen kann, diesen Umweg über das Roheisen nehmen muss, bedarf
                              									vielleicht einiger ergänzender Worte. In der That wäre es das Ideal, schmiedbares
                              									Eisen direkt aus dem Erze zu erzeugen. Und wenn wir uns erinnern, dass bis zum 17.
                              									Jahrhundert die Menschheit ihren ganzen Eisenbedarf durch ein direkt aus dem Erze
                              									gewonnenes Eisen deckte, so erscheint der moderne Vorgang dem gegenüber fast als ein
                              									Rückschritt. Doch ganz abgesehen von den Fragen der
                           Tabelle 3.
                           Die Erzeugung der wichtigsten Staaten an schmiedbarem Eisen in den Jahren 1895 bis 1900 in 1000 t (1000000 kg).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 446
                              Staaten; Schweisseisen; Bessemer-; Thomas-; Martin-; Flusseisen; Deutschland und Luxemburg; Oesterreich-Ungarn; Frankreich;
                                 England; Russland; Schweden; Belgien; Vereinigte Staaten von Nordamerika
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 446
                              Staaten; Schweisseisen; Bessemer-; Thomas-; Martin-; Flusseisen; Deutschland und Luxemburg; Oesterreich-Ungarn; Frankreich;
                                 England; Russland; Schweden; Belgien; Vereinigte Staaten von Nordamerika
                              
                           
                           Qualität und der Quantität, welche die heutige Eisenindustrie zu lösen hat, ist
                              									es bisher ganz unmöglich gewesen, den direkten Weg der Eisenerzeugung trotz der
                              									vielen Versuche auch nur annähernd so rationell zu gestalten wie den indirekten. Und
                              									dieses Moment der rationelleren Gewinnung wird sich immer mehr geltend machen, je
                              
                              									grösser jener Teil des Erzzusatzes werden kann, der
                              									heute als Zugabe und Reinigungsmittel bei manchen Prozessen erfolgt. Diese Prozesse,
                              									die wir des näheren noch kennen lernen werden, erzeugen ja einen Teil des Eisens auf
                              									dem direkten Wege, und wenn wir die Menge desselben beurteilen könnten, ergäbe sich
                              									vielleicht der interessante Schluss, dass heute bereits mehr Eisen auf dem direkten
                              									Wege gewonnen wird als jemals zuvor.
                           Die im vorstehenden gegebene Tabelle 3 gewährt eine Uebersicht über die Menge des von
                              									den wichtigsten Staaten erzeugten schmiedbaren Eisens. (Sämtliche Zahlen bedeuten
                              									1000 t à 1000 kg.)
                           Die Zahlen für das Schweisseisen (Puddeleisen) sind leider nur spärliche. Sie
                              									schwanken nur in geringem Masse, nur im Zusammenhang mit der allgemeinen Konjunktur.
                              									Wir können aus ihnen schliessen, dass für gewisse Zwecke das Puddeleisen noch immer
                              									seine bevorzugte Bedeutung hat und der Puddelprozess, wenn er auch quantitativ
                              									gegenüber den anderen weit zurücksteht, noch keineswegs abgethan ist.
                           Bei den Flusseisenprozessen, für die zwar ein besseres, aber immerhin noch genug
                              									lückenhaftes statistisches Material vorliegt, sehen wir ganz deutlich die überall
                              									steigende Bedeutung des Martin-Prozesses und die sinkende des Bessemer-Prozesses.
                              									Beim Thomas- oder basischen Windfrischprozesse ist eine Zunahme der
                              									Produktionsziffern zu bemerken, doch ist dieselbe prozentuell nicht so hoch wie beim
                              									Martin-Betrieb, ein Zeichen, dass der Thomas-Prozess seine Kulminationshöhe
                              									erreicht, wenn nicht schon überschritten hat. Die Zahlen, welche für die Vereinigten
                              									Staaten von Nordamerika angeführt sind, sind wegen des sprunghaften Charakters der
                              									amerikanischen Eisenerzeugung für generelle Schlussfolgerungen nur schwer
                              									verwendbar. Es herrscht dort der Bessemer-Prozess bei weitem vor, eignet sich dieser
                              									ja besonders für schwankende Erzeugungen.
                           Wir werden, um eine Uebersicht über die Fortschritte auf dem Gebiete der
                              									Schmiedeeisenerzeugung gewinnen zu können, zuerst die einzelnen Prinzipien der
                              									Prozesse besprechen, dann die Hilfsmittel für ihre Durchführung und schliesslich die
                              									Erzeugnisse selbst hinsichtlich der Neuerungen behandeln.
                           
                              1. Die verschiedenen Prozesse zur Erzeugung von schmiedbarem Eisen.
                              1. Der Puddelprozess. Beim Puddelprozess kann als
                                 										Neuerung ein auf dem Werke Bonehill zu Hourpes an
                                 										der Sambre eingeführtes Verfahren genannt werden. Dieses arbeitet mit flüssigem
                                 										Roheiseneinsatz. Der Hochofen lässt den Abstich in einen heizbaren Sammelofen
                                 										fliessen. Aus diesem Ofen wird nach Bedarf flüssiges Roheisen entnommen und
                                 										dieses mittels Gabelpfannen in die einzelnen Puddelöfen gegossen. Zur
                                 										Beschleunigung des Prozesses werden Erzzuschläge gemacht. Die Puddelöfen,
                                 										moderne Gasöfen, arbeiten mit teilweiser Regeneration der Abgase. Eine
                                 										beträchtliche Zeitersparnis ist durch den Wegfall der Schmelzzeit des sonst im
                                 										festen Zustand eingesetzten Roheisens gewonnen. Dies dürfte jedoch durch die
                                 										jedenfalls nötige Erhöhung der Bedienungsmannschaft, die ja der Rastzeit während
                                 										des Einschmelzens dringend bedürftig ist, wieder aufgehoben werden, so dass nur
                                 										eine Steigerung der Produktionsfähigkeit pro Ofen durch dieses Verfahren erzielt
                                 										wird, ohne wesentliche Verbilligung des Erzeugnisses.
                              2. Der Bessemer- oder saure Windfrischprozess. Wir
                                 										haben schon bei der Betrachtung der Tabelle gesehen, dass der Bessemer-Prozess
                                 										an Bedeutung verliert. Als Gründe für diese Kurzlebigkeit dieses genialsten
                                 										aller Eisenprozesse sind zu nennen: die höheren Gestehungskosten, welche dieses
                                 										mit vielen mechanischen Hilfsmitteln ausgerüstete Verfahren verursacht und die
                                 										Schwierigkeit der Herstellung eines gleichmässigen Produktes, sowie die
                                 										Unmöglichkeit, eine misslungene Charge zu retten. Die Hauptforderung dieses
                                 										Verfahrens, ein siliciumreiches, daher teureres Roheisen, dessen Phosphorgehalt
                                 										niedrig sein muss, verwenden zu müssen, ist für viele Länder ein Ding der
                                 										Unmöglichkeit, so z.B. sind von deutschen Erzen 90 % für Bessemer-Roheisen
                                 										u.geeignet. Ferner das Produkt selbst betreffend, bereitet der hohe Gasgehalt
                                 										beim Giessen der Blöcke fast unüberwindbare Schwierigkeiten. Nur dort, wo es
                                 										gilt bei stets wechselnder Produktion ein Eisen zu erzeugen, dessen
                                 										Eigenschaften keiner besonderen Gleichmässigkeit bedürfen, also beispielsweise
                                 
                                 										bei Schienenmaterial, bei gewöhnlichem Baueisen u. dgl., ist der
                                 										Bessemer-Prozess vorzüglich am Platz, vorausgesetzt, dass ein billiges und
                                 										hierfür geeignetes Roheisen vorhanden ist, und diesem Umstände verdankt er auch
                                 										seine ausgedehnte Anwendung in den amerikanischen Staaten. In diesem Lande, wo
                                 										der Bessemer-Prozess die grösste Rolle spielt, müssen auch die meisten
                                 										Fortschritte gemacht worden sein. Sie beziehen sich jedoch fast ausschliesslich
                                 										auf die Hilfsmittel zu seiner Durchführung, sollen daher unserer Einteilung
                                 										gemäss erst an späterer Stelle besprochen werden.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 447
                                 Fig. 48. Tropena's Konverter.
                                 
                              Auf einem Gebiete hat der Bessemer-Prozess eine Umgestaltung seines Wesens
                                 										erfahren, auf dem der sogen. Kleinbessemerei.
                                 										Darunter verstehen wir die Anwendung des sauren Windfrischprozesses zur
                                 										Herstellung eines Eisenmaterials für den Stahlformguss und sonstiger
                                 										kleindimensionierter Gegenstände. Es ist interessant zu sehen, dass trotz der
                                 										gerade für diesen Zweck ungeeigneten Eigenschaften des Windfrischeisens
                                 										(Gasgehalt des Produktes) dennoch Erfolge erzielt wurden. Allerdings ist das
                                 										Streben aller dieser Verfahren stets darauf gerichtet, die beim eigentlichen
                                 										Bessemer-Prozesse ungemein rasch und stürmisch sich vollziehenden
                                 										Oxydationsvorgänge möglichst zu verlangsamen. Das wichtigste der neueren
                                 										Verfahren ist das von Tropena (Stahl und Eisen, 1898 S. 183). Der Gebläsewind
                                 										tritt durch eine Anzahl horizontal angeordneter Düsen auf ein Bad von
                                 										geschmolzenem Roheisen. Dadurch wird der Oxydationsvorgang verlangsamt, so dass
                                 										der Prozess kühler geht. Um nun dieser Abkühlung entgegen zu wirken, kann durgh
                                 										eine zweite über der ersten angeordnete Düsenreihe Luft zur Verbrennung des
                                 										gebildeten Kohlenoxydgases eingeleitet werden (Fig.
                                    											48). Der so gewonnene Stahl soll sich sehr ruhig vergiessen lassen und
                                 										sich wegen seines geringen Gasgehaltes besonders für dünnwandige Gussstücke
                                 										eignen.
                              Ein zweiter Konverter von Sherk und Rutter (La Revue Technique, 1898 S. 43) hat fünf
                                 										horizontale Düsen, die so angeordnet sind, dass nur ein Teil des Windes in das
                                 										Metall eintritt, während der Rest über dem Metallbade in den Konverter gelangt.
                                 										Durch Neigen der Birne lässt sich dieses Verhältnis nach Bedarf verändern.
                              3. Der Thomas- oder basische Windfrischprozess. Wir
                                 										hörten, dass der Thomas-Prozess seinen Kulminationspunkt erreicht, wenn nicht
                                 										schon überschritten hat. Immerhin ist er besonders für Deutschland von grösster
                                 										Wichtigkeit, und er wird, da man es gelernt hat, mit ihm ein durchaus
                                 										verlässliches Material zu erzeugen, noch lange seine Bedeutung erhalten. Für
                                 										deutsche Verhältnisse ist bezüglich der Verwendbarkeit eines Prozesses allein
                                 										seine Wirtschaftlichkeit massgebend. Nachdem nun die in Deutschland verhütteten
                                 										Erze ein für den Thomas-Prozess vorzüglich geeignetes Roheisen erzielen lassen,
                                 										durch die Einführung von Mischern, welche das Roheisen des Hochofens dem
                                 										Konverter flüssig übermitteln, das teure Zwischenglied des Kupolofens entfallen
                                 										ist, ferner die Haltbarkeit des Konverters durch die Verbesserung der
                                 										feuerfesten Masse sich erhöht hat, steht dieser Prozess, sofern er in Verbindung
                                 										mit einem Hochofenwerke betrieben wird, was Wirtschaftlichkeit betrifft, an
                                 										erster Stelle. Aber auch die Möglichkeit einer grossen Produktion ist durch die
                                 										Steigerung des Chargengewichtes bis auf 20 t, sowie durch eine Verbindung mit
                                 										einem Blockwalzwerke gewährleistet. 
                                 										Besonders die zuletzt genannte Kombination mit einem Blockwalzwerke ist für
                                 										den Thomas-Betrieb, wie überhaupt für jedes Stahlwerk, sehr vorteilhaft, da
                                 										durch die Möglichkeit, grosse Blöcke giessen zu können, die mit ihrer Gusshitze
                                 										noch weiter verarbeitet werden, sich die Arbeiten in der Giessgrube und die des
                                 										Giessens überhaupt bedeutend vereinfachen und daher billiger sind. Versuche
                                 										durch Teilung des Kalkzuschlages (Scheibler-Prozess) zuerst eine
                                 										phosphorreichere Schlacke zu gewinnen, sind wieder fallen gelassen worden.
                              Die Windfrischprozesse verlieren immer mehr ihre Bedeutung und an ihre Stelle
                                 										tritt der Martin-Prozess. Die Gründe für die Unzulänglichkeit der ersteren sind
                                 										mannigfache. Erstlich verlangen sie zur Durchführung besondere Eigenschaften des
                                 										Roheisens, der Bessemer-Prozess ein siliciumreiches, der Thomas-Prozess ein
                                 										phosphorreiches. Es soll aber jedes Roheisen und in jeder beliebigen Menge
                                 										verarbeitbar sein können. Zweitens handelt es sich immer um die Mitverarbeitung
                                 
                                 										von Altmaterial (Schrott) und zwar gleichfalls in beliebiger Menge, was die
                                 										Windfrischprozesse nicht ausführen können, da bei ihnen der Schrottzusatz ein
                                 										ganz bestimmter, nur geringer Teil sein kann. Schliesslich macht sich auch die
                                 										Qualitätsfrage geltend und auch hierin stehen die genannten Prozesse dem
                                 										Martin-Prozesse nach, welcher den Reinigungsvorgang zwar nicht so rasch, jedoch
                                 										gründlicher und für die verschiedensten Zwecke bis zu den erstklassigen
                                 
                                 										Qualitäten vollkommen entsprechend auszuführen vermag. Dass sich die
                                 										Windfrischprozesse jedoch noch nicht ganz verdrängen liessen, ja sogar heute
                                 										noch in manchen Ländern an der Spitze stehen, verdanken sie ausschliesslich dem
                                 										Umstände, dass sie bedeutend höhere Produktionsziffern ermöglichen. Ein
                                 										Konverter kann 5 bis 6 Martin-Oefen ersetzen und sein Betrieb ist leicht allen
                                 
                                 										Schwankungen in der Produktion anzupassen.
                              4. Martin- oder Flammofenprozesse. Der Ausgangspunkt
                                 										dieser Verfahren ist das Umschmelzen von Alteisen gewesen, das hierbei durch
                                 										geringe Mengen von Zusatzmaterialien von Oxyden zu befreien war. Man lernte
                                 										jedoch bald die Mengen der Zusätze, insbesondere Roheisen und Erze, zu
                                 										vergrössern, um an dem immerhin teuren Altmateriale zu sparen. Gegenwärtig will
                                 										man sich von diesem überhaupt unabhängig machen und den Martin-Prozess zur
                                 										Raffination des Roheisens, unter möglichst grosser Mitverarbeitung der billigen
                                 										Erze benutzen, wobei dann noch das eventuell vorhandene Schrottmaterial
                                 										mitgenommen wird. Wir sehen also eine völlige Umkehrung des zuerst erstrebten
                                 
                                 										Zweckes. Dieses Ziel, Roheisen, Erze und Schrott in ganz beliebigen Mengen und
                                 
                                 										Zusammensetzungen, wie es eben die lokalen Verhältnisse bedingen, im Martin-Ofen
                                 										zu bestem schmiedbaren Eisen umzuwandeln, hat sich die moderne
                                 										Grosseisenindustrie gestellt. Theoretisch, ohne Rücksicht auf die Zeitdauer, ist
                                 										die Durchführung dieser Aufgaben eine verhältnismässig einfache. Allein die
                                 										Zeitdauer des Reinigungsvorganges und die mit ihr eng verbundenen
                                 										wirtschaftlichen Fragen stellen die grossen Schwierigkeiten der Lösung in den
                                 										Weg. Indem wir nun im folgenden die wichtigsten der modernen Martin-Verfahren
                                 										charakterisieren wollen, müssen wir zuerst auf den ihnen allen anhaftenden
                                 										Mangel hinweisen, dass sie lokalen Verhältnissen zu sehr angepasst sind.
                              a) Talbot-Prozess. Das Talbot'sche Verfahren kann unter den Neuerungen als das universellste
                                 										bezeichnet werden. Freilich ist es auch das oberflächlichste, denn nur
                                 										Mittelqualitäten sind mittels desselben selbst an den Orten, wo es zu Haus ist,
                                 										erzeugt worden. Es liegt demselben vor allem daran, die Produktionsziffer
                                 										hochzuhalten. Talbot steigert den Inhalt des
                                 										Martin-Ofens bis auf 130 t, je mehr desto besser! In dem Talbot'schen Ofen befindet sich eine Hauptmasse bereits fertigen
                                 
                                 										Eisens. Auf diesem Bade schwimmt eine hochbasische eisenhaltige Schlacke. Durch
                                 										Eingiessen eines kleinen Teiles ungereinigten Eisens wirkt die Schlacke Si, C
                                 										und P abscheidend auf das Eisen, teils schon während des Durchganges, teils
                                 										während der späteren Berührung mit dem spezifisch leichteren, daher auf dem
                                 										fertigen Eisenbade schwimmenden Teile des ungereinigten Eisens. Von Zeit zu Zeit
                                 										wird ein Teil des fertigen Eisens (etwa 20 %) und der in ihrer
                                 										Oxydationsfähigkeit bereits erschöpften Schlacke abgegossen. Ersterer wird durch
                                 										Roheisen, letzterer durch Erzzuschläge, Walzensinter, Schweissschlacke ersetzt.
                                 										Die Durchführung des Prozesses beruht auf der Anwendung eines kippbaren Martin-Ofens. Als Vorteile dieses
                                 										Verfahrens können angesehen werden, der ununterbrochene Betrieb und die mit ihm
                                 										verbundenen Ersparnisse an Brennmaterial, der infolge der schützenden
                                 										Schlackendecke geringere Abbrand, das hohe Ausbringen von Eisen direkt aus dem
                                 										Erze. Nachteilig erscheint die Forderung, die Badtemperatur stets hochhalten zu
                                 										müssen, was die Verarbeitung von grösseren Zusatzmengen von Schrott
                                 										ausschliesst. Wie schon erwähnt, ist dieses Verfahren nur zur Herstellung
                                 										mittelmässiger Qualitäten verwendbar.
                              b) Bertrand-Thiel-Prozess. Dieser ist einseitiger
                                 										als der Talbot'sche. Er beruht auf dem Verlangen
                                 										nach phosphorreichem Roheisen. Dafür ist die Qualität des zu erzielenden Eisens
                                 										von dem Verfahren unberührt, man kann jede Sorte herstellen. Dieser Prozess
                                 										besteht im wesentlichen darin, dass Schmelz- und Frischarbeit einer Charge nicht
                                 										in einem einzigen Ofen vorgenommen werden, sondern in zwei oder drei Oefen.
                                 										Dieses Zusammenarbeiten wird dadurch ermöglicht, dass die einzelnen Oefen in
                                 										verschiedenen Niveaus liegen, so dass der Inhalt des einen durch eine Rinne in
                                 										den anderen entleert werden kann. Der Ofen zum Fertigmachen der Charge liegt zu
                                 										unterst. Bei der Arbeit mit zwei Oefen wird in dem ersten das Roheisen bei sehr
                                 										hoher Temperatur teilweise vorgefrischt. Wird nun dieses überhitzte Roheisen in
                                 										den zweiten Ofen, in welchem der Schrottzusatz verarbeitet wird, einfliessen
                                 										gelassen, so entsteht eine äusserst scharfe Reaktion, die ein schnelleres
                                 										Fertigwerden der Charge bewirkt. Dadurch erhöht sich die Produktionsfähigkeit in
                                 										der Zeiteinheit und mit ihr verringern sich die Gestehungskosten. Andere
                                 										augenscheinliche Vorteile dieses Verfahrens sind die geringeren
                                 										Ofenerhaltungskosten, da ein Ofen bei geteilter Arbeit nicht so sehr in Anspruch
                                 										genommen wird. Wegen der geringeren Schlackenmengen ist auch die Einwirkung der
                                 										Heizgase eine intensivere. Ausserdem erzielt man bei der Verwendung eines
                                 										phosphorreichen Roheisens eine phosphorreiche Schlacke, also ein sehr gutes
                                 										Nebenprodukt.
                              c) Daelen-Pszczolka-Prozess. Dieses Verfahren ist
                                 
                                 										hervorgegangen aus dem Bestreben, in den Martin-Ofen ein bereits vorgefrischtes
                                 										Roheisen einzusetzen, ähnlich wie es der nunmehr aufgegebene Duplexprozess
                                 										ausführte, welcher den Roheiseneinsatz des Martin-Ofens in der Bessemer-Birne
                                 										vorblies. Um nun das hiermit verbunden gewesene mehrfache Umgiessen zu ersparen,
                                 										also Zeit und Wärme zu gewinnen, ist bei Daelen-Pszczolka ein fahrbarer, sauer zugestellter Konverter in
                                 										Anwendung. Dieser wird beim Hochofen mit flüssigem Roheisen beschickt und durch
                                 										seitlich eingeführten Wind, der womöglich der Hochofenwindleitung entnommen
                                 										wird, vorgeblasen. Dann fährt die Vorfrischbirne, welche trogförmig gestaltet
                                 										ist, damit die Badtiefe nicht zu hoch wird, zum Martin-Ofen und entleert das
                                 										vorgefrischte Material in denselben. Es soll eine Steigerung der
                                 										Produktionsziffer um 20 % erreichbar sein.
                              
                           
                              II. Die Hilfsmittel für die Durchführung der Prozesse.
                              Nicht allein im Wesen der Prozesse liegt die Möglichkeit, die
                                 										Schmiedeeisendarstellung möglichst rationell von statten gehen zu lassen, mehr
                                 										noch kann durch zweckmässige Einrichtung der Hilfsmittel an den Gestehungskosten
                                 										gespart werden. Und auf diesem Gebiete, als dem. leichter zu beschreitenden,
                                 										sehen wir auch viel mehr Fortschritte und Erfolge.
                              Nach zwei Grundsätzen lassen sich die Hilfsmittel für die Stahlerzeugung sondern:
                                 										erstlich in alle jene Vorrichtungen, die sich auf eine zweckmässige Ausnutzung
                                 
                                 										der Wärme beziehen, und zweitens in jene, welche sich auf die Bewegung der den
                                 										Reinigungsvorgang durchschreitenden Materialien erstrecken. Vereint mit beidem
                                 										sehen wir das Bestreben nach möglichster Schonung aller in Betracht kommenden
                                 										Einrichtungen.
                              Was die auf die Wärmeökonomie Bezug nehmenden 
                                 										Neuerungen betrifft, so ist an erster Stelle die allgemeinere Einführung
                                 										der Roheisenmischer zu nennen. Die Verwendung von
                                 										Mischern kann naturgemäss nur dort erfolgen, wo das Stahlwerk in Verbindung mit
                                 										einem Hochofen arbeitet. Ein Mischer ist nichts anderes als ein grosses
                                 										Sammelgefäss für flüssiges Roheisen. Mehrere Abstiche des Hochofens können im
                                 										Mischer im flüssigen Zustande aufbewahrt werden, bis derselbe Teile seines
                                 										Inhaltes an die Konverter oder Martin-Oefen abgibt.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 449
                                 Fig. 49. Kippmischer.
                                 
                              Sie erfüllen jedoch nicht allein den Zweck, die Kosten
                                 										eines abermaligen Einschmelzens des Roheisens zu ersparen, sondern sind auch
                                 										dazu berufen, Unregelmässigkeiten im Gange des Hochofens und solche in der
                                 										Zusammensetzung des Materials auszugleichen. Hochofen und Stahlwerk werden
                                 										dadurch unabhängiger voneinander. Auf amerikanischen Werken sind Mischer
                                 										teilweise heizbar ausgeführt, so zwar, dass zu beiden Seiten an den
                                 
                                 										Drehungspunkten Petroleum durch Dampf eingespritzt wird. Das Fassungsvermögen
                                 										der Mischer wächst stetig. Solche mit 250 t Roheiseninhalt sind keineswegs
                                 										selten. Man kann zwei Gruppen von Mischern unterscheiden: Kippmischer und
                                 
                                 										Rollmischer, je nach der Art wie ihre Bewegung erfolgt (vgl. Stahl und Eisen, 1902 S. 312). Erstere sind in der
                                 										Anlage einfacher, bedürfen aber zu ihrer Bewegung eines grösseren
                                 										Kraftaufwandes. Der in Fig. 49 skizzierte Mischer
                                 										ist für 250 t berechnet und hat eine cylindrische Form mit einer Länge von 8,3
                                 										m, bei einem Durchmesser von 4,6 m. Die Ausmauerung erfolgt am zweckmässigsten
                                 										mit allerbesten Magnesitsteinen. Bewegt wird derselbe mit Hilfe eines
                                 										hydraulischen Plungers, der Schwerpunkt des Mischers muss auch im entleerten
                                 
                                 										Zustande eine Drehung im Sinne der Eingussöffnung bewirken können, die
                                 										Zuleitungsöffnungen des Druckwassers müssen so klein sein, dass im Falle des
                                 										Versagens der Hydraulik ein nur allmähliches Niedergehen des Mischers erfolgen
                                 										kann.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 449
                                 Fig. 50. Rollmischer.
                                 
                              Der in Fig. 50 gezeichnete Rollmischer ruht auf
                                 										zehn Rollen, deren Lager auf vier mit dem Fundament verankerten Kastenträgern
                                 										angeordnet sind. „Zwei Laufkränze und zwei Zahnkränze sind mit dem
                                    											cylindrischen Teil des Mischers verschraubt. Mit Rücksicht auf die im
                                    											Ausgusse enthaltene grössere Eisenmasse ist der Rollkranz nicht
                                    											konzentrisch mit dem Mischer angeordnet, sondern exzentrisch, damit in
                                    											allen Stellungen des Mischers und bei den verschiedenen Füllungen auf der
                                    											Seite des Eingusses das Uebergewicht bleibt, um ihn aufzurichten. Das Kippen
                                    											wird durch einen Elektromotor von 26 PS mittels Schnecke und
                                    											Zahnradvorgelege bewirkt, doch sind auch zwei als Reserve dienende
                                    											oscillierende Plunger angeordnet.“
                              Während bei den Flusseisenprozessen die zur Erzeugung des Stahles nötige
                                 										Wärmemenge durch die im Eisenbade selbst enthaltenen Brennstoffe bestritten
                                 										werden muss, ist beim Martin-Verfahren wegen der längeren Dauer des Prozesses
                                 										diese Wärmemenge nicht aasreichend und es muss durch Heizgase dem Ofen Wärme
                                 										zugeführt werden. Zur Erzeugung dieser Gase dienen Generatoren, deren
                                 										Ausgestaltung auf dem Grundsatze beruht, dass jede Kohle, auch minderwertige,
                                 										zur Erzeugung von Gasen herbeigezogen werden kann. Für die Zuführung der Kohlen
                                 										zu den Generatoren galt es, selbstthätige Beschickungsvorrichtungen anzuwenden,
                                 										die wir hier jedoch nicht näher zu berücksichtigen brauchen, da uns die
                                 										Prinzipien ohnehin von der Materialbewegung beim Hochofen her bekannt sind. Auch
                                 										auf eine Reinigung der Gase wurde Bedacht genommen durch Einschaltung von
                                 										Staubkammern hinter den Gaserzeugern. Je nach der Art des verwendeten
                                 										Brennstoffes ging man mehr oder weniger dazu über, durch Einführung von
                                 										Wasserdampf in die Generatoren die Heizkraft der Gase durch den bei der
                                 										Zerlegung des Wassers freiwerdenden Wasserstoff zu erhöhen. Die Bewegung der
                                 										Gase erfolgt durch die Saugwirkung einer hohen Esse. Für die Wärmeökonomie war
                                 										es nun von grosser Wichtigkeit, eine gute Regelung des Gas- und Luftstromes zu
                                 										erzielen, und insbesondere die zur Vorwärmung desselben dienenden Regeneratoren
                                 										gut auszunutzen. Dies erzielte Schönwälder durch
                                 										die Einführung von Regulierungsklappen in die Gas- und Luftleitungen zwischen
                                 										den Umsteuerungsventilen und den Regeneratoren.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 449
                                 Fig. 51. Martin-Drehofen (System Campbell).
                                 
                              Selbstverständlich ist die Ofenkonstruktion an und für sich für eine richtige
                                 										Wärmeökonomie sehr wichtig. Vor allem muss die Anlage der Regeneratoren so
                                 										erfolgen, dass einerseits die Steine fähig bleiben, die Wärme der Abgase
                                 										aufzunehmen, andererseits der Durchgangsquerschnitt so gewählt werden, dass alle
                                 										Teile der Kammern möglichst gleichmässig an der Wärmeübertragung teilnehmen. Es
                                 										ist daher wichtig, den Eintritt von Staub und Schlacke möglichst hintanzuhalten
                                 										(durch Einschaltung von Staub- und Schlackenkammern), damit die Steine weder
                                 										durch die auflösende Wirkung der Schlacke vorzeitig zerstört werden, noch der
                                 										Staub die Züge verlegen kann. Es ist ferner darauf Rücksicht genommen worden,
                                 										dass eine Entlastung aller höheren Temperaturen ausgesetzten Konstruktionsteile
                                 										stattfindet. Demgemäss hat sich die Lebensdauer der einzelnen Oefen bedeutend
                                 										erhöht, so dass Chargenzahlen von 1000 nichts unerreichbares mehr sind. Die
                                 										wichtigste Neuerung auf dem Gebiete des Ofenbaues in den letzten Jahren ist die
                                 										Einführung der drehbaren Martin-Oefen. Ihre Anwendung ist für den Talbot-Prozess
                                 										unerlässlich, aber auch für alle anderen Verfahren 
                                 										bieten sie bedeutende Vorteile. Sie erstreben, die Schwierigkeiten beim
                                 										Entleerendder Oefen zu beheben. Wir können zwei Gruppen unterscheiden: Rollöfen
                                 										und Kippöfen. Die Einrichtung der ersteren (System Campbell) ist aus Fig. 51 ersichtlich
                                 										(vgl. Stahl und Eisen, 1899 S. 536). Der Ofen dreht
                                 										sich um seine eigene Achse auf vier Ringen von beweglichen Rollen, die auf
                                 										kreisförmigen Bahnen laufen. Es wird von einem horizontal gelagerten
                                 										Druckwassercylinder bewegt. Zwischen den fixen, getrennt liegenden Luft- und
                                 										Gaseintrittsöffnungen und der ovalen gemeinsamen Oeffnung des Ofens ist ein
                                 										Zwischenraum von nur 12 mm, durch welchen kalte Luft einströmen kann.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 317, S. 450
                                 Fig. 52. Kippbarer Martin-Ofen (System Wellmann).
                                 
                              In Fig. 52 ist ein kippbarer Martin-Ofen (System
                                 											Wellmann) skizziert (vgl. Stahl und Eisen, 1899 S. 537). Anstatt der Drehung
                                 										um die eigene Achse wird der Wellmann-Ofen nach vorn gerollt oder gekippt. Sein
                                 										Untergestell ist mit zwei Stahlsegmenten versehen, welche von starken Ständern
                                 										mit horizontaler Oberfläche getragen werden. Das Kippen wird, von zwei
                                 										hydraulischen Cylindern bewirkt. Das Druckwasser wird auf die obere Kolbenfläche
                                 										wirken gelassen, damit der Ofen im Falle eines Versagens der Hydraulik von
                                 										selbst in die normale Lage zurückgeht. Das Ausgiessen besorgt der Ofen durch
                                 										eine mit der Schnauze direkt verbundene Giesspfanne mit zwei durch Stopfen
                                 										verschliessbaren Giesslöchern. Bezüglich der Vorteile in der
                                 										Bewegungsvorrichtung dieser beiden Systeme liesse sich dasselbe sagen, wie bei
                                 										den Mischern, wo wir dieselben Grundsätze angewandt sahen. Für den
                                 										Prozessverlauf und die Materialbewegung sind eine ganze Reihe von Vorzügen
                                 										hervorzuheben. Man kann bei Anwendung eines drehbaren Martin-Ofens jederzeit
                                 										abgiessen und den Abstich unterbrechen. Sehr vorteilhaft ist der Wegfall des
                                 										Abstichloches. Durch die bei feststehenden Oefen bedingte gewaltsame Oeffnung
                                 										dieses Teiles leidet die Zustellung des Herdes beträchtlich. Diese Beschädigung
                                 										des Ofens kommt also hier in Wegfall. Von grösster Wichtigkeit für eine
                                 										Erhaltung des Herdes ist aber der Vorteil der Drehöfen, dass man im stände ist,
                                 										alles Eisen aus dem Ofen abzugiessen, ohne fürchten zu müssen, wie dies bei
                                 										festen Oefen immer der Fall ist, dass in den kleinen Unebenheiten des Herdes
                                 										Eisen zurückbleibt, welches bei der nächsten Charge, wird es vorher nicht
                                 										ausgeschöpft, sich weiter in den Boden einfrisst und schliesslich den Durchbruch
                                 										einer ganzen Charge zur Folge haben kann. Durch das Freiwerden der Luft- und
                                 										Gaseinströmungsöffnungen werden diese der Abnutzung stark unterworfenen Teile
                                 										beim Kippen des Ofens einer Reparatur leichter zugänglich. Alle diese Vorteile,
                                 										die zusammengefasst eine bedeutende Erleichterung beim Arbeiten und eine längere
                                 										Haltbarkeit des Ofens bewirken, wiegen die Nachteile der höheren Anlagekosten
                                 										und der schlechteren Wärmeausnutzung bei weitem auf.
                              Für die Bewegung der Materialien kommen vor allem die Einsatzvorrichtungen in den
                                 										Ofen in Betracht. Das Einführen der flüssigen Materialien ist durch Giesspfanne
                                 										und Rinne leicht zu bewerkstelligen, und was die im festen Zustand
                                 										einzusetzenden betrifft, so ist bei Drehöfen mit Hilfe eines Kranes ebenfalls
                                 										leicht auszukommen. Die feststehenden Oefen bedürfen jedoch einer besonderen
                                 										Vorrichtung zum Einführen des festen Materials. Als beste Lösung dieser
                                 										Aufgabe sei die Einsetzmaschine der Aktiengesellschaft
                                    											Lauchhammer angeführt. Diese Vorrichtung wird durch vier gleiche
                                 										Elektromotoren, entsprechend den vier Bewegungen, welche die Maschine
                                 										auszuführen hat, bewegt. Erstlich ist die ganze Vorrichtung fahrbar, um von
                                 										einem Ofen zürn zweiten zu gelangen. Für das Einsetzen des Materials sind drei
                                 										Bewegungen nötig: das Aufheben der muldenförmigen Behälter, das Vorschieben in
                                 										den Ofen, das Umkehren der Mulde im Ofen, wobei das Material ausgeschüttet wird
                                 										(vgl. Stahl und Eisen, 1897 S. 399, 708; 1900 S.
                                 										996).
                              Die Fortschaffung der in flüssigem Zustande gewonnenen Produkte erfolgt
                                 										gegenwärtig in folgender Weise. Die Konverter oder Martin-Oefen entleeren ihren
                                 										Inhalt in eine Giesspfanne, die so gross ist, dass der ganze Abstich in
                                 										derselben Platz findet. Am Boden der Giesspfanne befinden sich ein oder zwei
                                 										durch einen Stopfen verschliessbare Giesslöcher, deren präzise Oeffnung und
                                 										Schliessung durch einen Hebel, seitlich an der Pfanne angebracht, möglich ist.
                                 
                                 										Für den Fall des Versagens dieser muss am Rande der Pfanne eine Schnauze
                                 										vorgesehen sein, um nötigenfalls über den Rand ausgiessen zu können. Bei den
                                 
                                 										Drehöfen kann die Giesspfanne auch fortfallen und aus dem Ofen direkt in auf
                                 										einem Wagengestell errichtete Gussformen (Coquillen) vergossen werden (sogen.
                                 											Wagenguss). Die Giesspfannen sind nun entweder
                                 										an einem Dreh- oder Fahrkran befestigt oder sie werden in einen Laufkran mittels
                                 										zweier Zapfen eingehängt. Die Verwendung der Dreh- oder Fahrkrane erfordert die
                                 										Anlage einer Giessgrube. Das Arbeiten in derselben bedeutet jedoch ein
                                 										ziemliches Hindernis für eine grosse Produktion und Neuanlagen vollziehen lieber
                                 										das Giessen auf der Hüttensohle oder sogar auf einem erhöhten Platze. Dies setzt
                                 										dann aber die Verwendung eines Laufkranes voraus, der die Giesspfanne mit
                                 										Leichtigkeit auf jedes Niveau zu heben vermag. Als Kraftenergie für die Bewegung
                                 										der einzelnen Krane finden wir bei Drehkranen ausschliesslich Druckwasser, bei
                                 										Fahrkranen Dampf (Lokomotivkrane) und bei Laufkranen Elektrizität angewandt.
                              Die beim Giessen zu beobachtenden Massregeln werden wir bei Besprechung der
                                 										Produkte zu erwähnen Gelegenheit haben. Vergossen wird in gusseiserne Formen
                                 										(Coquillen). Es ist zweckmässig und wird auch jetzt allgemein geübt, möglichst
                                 										grosse und dafür wenige Blöcke zu giessen, diese dafür auf einem an das
                                 										Stahlwerk angeschlossenen Blockwalzwerke noch mit der Gusshitze auf kleinere
                                 										Dimensionen herabzuwalzen. Einerseits, vereinfachen sich dadurch bedeutend die
                                 										Kosten des Vergiessens, andererseits erhält das Material durch die weitgehendere
                                 										mechanische Bearbeitung eine Verbesserung der Qualität. Was die Giessformen
                                 										betrifft, so spielen dieselben im Betriebe eine wichtige Rolle. Ihre Haltbarkeit
                                 										ist ein wesentlicher Faktor der Gestehungskosten. Gute, haltbare Coquillen
                                 										werden, abgesehen von der richtigen Wandstärke, ein Gusseisen besitzen müssen,
                                 
                                 										dessen chemische Zusammensetzung innerhalb folgender Grenzen bleibt: Si 1,6 bis
                                 										3,0 %, C 3,3 bis 4,4 %, Mn 0,5 bis 1,1 %, S 0,075 %, P 0,125 %, Cu 0,125 % (Stahl und Eisen, 1899 S. 10).
                              Solche Coquillen werden 200 bis 300 Güsse aushalten können. Nicht unwesentlich
                                 										ist esl den Abkühlungsverhältnissen der Coquillen mehr Rechnung zu tragen. Es
                                 										ist allgemein gebräuchlich, die heissen Gussformen mit Wasser abzuspritzen, so
                                 										zwar, dass die Arbeiter mit Schläuchen die auf einen Ort zusammengestellten
                                 										Coquillen besprengen. Viel besser dürfte doch die Einrichtung sein, welche ich
                                 										erst auf einem einzigen Hüttenwerke antraf, die heissen Coquillen in ein Bassin
                                 										völlig einzutauchen und sie bis zur Abkühlung darin verweilen zu lassen. Die
                                 										dadurch zwar bewirkte raschere Kühlung hat doch den unzweifelhaften Vorteil der
                                 										Gleichmässigkeit für sich, während bei dem zuerst geschilderten Vorgange die
                                 										Coquille auf der einen Seite völlig gekühlt, auf der anderen noch glühend heiss,
                                 										jedenfalls sehr ungünstige Beanspruchungen erfährt.
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)