| Titel: | Idee zu einem Indikator. | 
| Autor: | Elemèr Meitner | 
| Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 610 | 
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                        Idee zu einem Indikator.
                        Von Elemèr Meitner, Ingenieur in Budapest.
                        Idee zu einem Indikator.
                        
                     
                        
                           In der technischen Praxis erscheint gar oft die Notwendigkeit zur Aufnahme von
                              									Diagrammen. Die Form derselben gibt uns über qualitative Umstände irgend einer
                              									Erscheinung Aufschlüsse; andererseits benötigen wir bei Untersuchung quantitativer
                              									Verhältnisse den Flächeninhalt des Diagrammes.
                           Wir teilen die Diagramme in zwei Gruppen. In die eine gehören die Diagramme
                              									derjenigen Erscheinungen, deren einzelne Phasen sich wiederholen, demzufolge wir in
                              									ihren Diagrammen nach Ablauf einer gewissen Zeit zum Ausgangspunkte zurückkehren. In
                              									solchen Fällen erhalten wir eine geschlossene Kurve, wie z.B. bei den
                              									Indikatordiagrammen der Dampfmaschinen. In anderen Fällen interessiert uns nur ein
                              									gewisser Teil der Erscheinung und wir erhalten eine nicht in sich geschlossene Kurve
                              
                              									von begrenzter Länge, die keine Fläche bestimmt. Um in diesem Falle eine Fläche zu
                              									erhalten, treffen wir die Vereinbarung, dass dieselbe durch die Kurve, durch die
                              									lotrechten Koordinaten der Endpunkte derselben auf eine Gerade, und durch letztere
                              									selbst gebildet wird. – Als Beispiel einer solchen kann uns ein gelegentlich einer
                              									Festigkeitsprobe aufgenommenes Diagramm dienen. Es ist selbstverständlich, dass wir
                              									die durch eine in sich geschlossene Kurve gebildete Fläche auch so betrachten
                              									können, als wäre sie die Differenz zweier auf letzterwähnte Art entstandenen
                              									Flächen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 610
                              Fig. 1.
                              
                           Den numerischen Wert der Flächen bestimmen wir entweder durch ein annäherndes
                              									Verfahren oder mittels eines Planimeters. Die Pünktlichkeit der Bestimmung ist
                              									hierbei natürlich sehr individuell, auch ist die Aufnahme von vielen Diagrammen mit
                              									grösseren Umständen verbunden. Im folgenden wollen wir das Prinzip eines
                              									Indikators darlegen, der nebst dem Diagramm auch die numerische Grösse des
                              									Flächeninhalts desselben unabhängig vom Beobachter gibt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 610
                              Fig. 2.
                              
                           Der Apparat besteht aus zwei Cylindern. Auf dem ersten (I) erscheint das Diagramm auf solcher Art, wie bei den bekannten
                              
                              									Indikatoren. Die Winkelgeschwindigkeit des zweiten (II)
                              									steht in einem bestimmten Verhältnisse zum ersten Cylinder, welches wir mit
                              									einfacher Uebersetzung erreichen können. Ein Rad (III)
                              									bleibe in fortwährender Berührung mit dem Cylinder II
                              									und sei mit seiner Achse \overline{A\,B} um eine senkrecht zur letzteren stehende Achse
                              									\overline{b\,b} drehbar.
                           Die Länge der Radachse sei a. Der Punkt A der 
                              									Radachse bewegt sich harmonisch mit der das Diagramm zeichnenden Bleispitze.
                              									Wir nehmen an, dass der Punkt A der Radachse in
                              									gleicher Höhe mit der Bleispitze stehe, B hingegen mit
                              									der Grundlinie \overline{x\,x}. Die der elementaren Länge FG
                              
                              									des Diagrammes entsprechende Fläche ist FGHE.
                           Ist
                           
                              FE = y
                              
                           
                              EH = dx,
                              
                           so ist
                           dF = ydx = FGHE . . . . 1)
                           dx = Rdα . . . . . 2)
                           wobei R der Radius und dα der Drehwinkel des Cylinders I ist.
                           EF = y = AA'.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 611
                              Fig. 3.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 611
                              Fig. 4.
                              
                           Aus dem rechtwinkeligen Dreieck A A' B ist ersichtlich,
                              
                              									dass
                           A A' = AB cos δ = a cos δ =
                                 										y.
                           Dem Winkel dα des Cylinders I entspricht der Winkel dβ des Cylinders II.
                           
                              dβ = kdα,
                              
                           k ist das Umsetzungsverhältnis.
                           Durch den Cylinder II wird auch das Rad III in Bewegung gebracht; die Grösse derselben ist von
                              									der Stellung der Achse AB abhängig und ist durch die in
                              									die Bewegungsrichtung des Rades fallende Komponente der Bewegung des Cylinders II bestimmt. Wenn r der
                              									Radius des II. und ρ der Radius und dy die gleichzeitige Verdrehung des Rades III ist, so ist
                           ρdy = rdβ cos δ = r k cos δ
                                 										dα . . . 6)
                           Da jedoch
                           d\,\alpha=\frac{d\,x}{R} . . . . . . 2')
                           cos\,\delta=\frac{y}{a} . . . . . . 4'
                           so folgt
                           \rho\,d\,\gamma=r\,k\,\frac{y}{a}\,\frac{d\,x}{R}=\frac{k\,\cdot\,r}{a\,R}\,d\,F . . . . . 7)
                           
                              d\,\gamma=\frac{k\,r}{a\,R}\,\frac{1}{\varrho}\l,d\,F
                              
                           \frac{k\,r}{a\,R\,\rho}=m ist konstant,
                           so haben wir
                           dγ = mdF . . . . . . . 6')
                           Aus dieser Gleichung sehen wir, dass die elementare Verdrehung des Rades III mit der elementaren Fläche des Diagramms im
                              									Verhältnis steht, folglich
                           
                              \int\limits_{\gamma_0}^\gamma\,d\,\gamma=\int\limits_{F_0}^F\,m\,d\,F
                              
                           (γ – γ0) = m (F – F0) . . . . . 8)
                           Gleichung 8) belehrt uns über die Art der Ablesung. Wir merken uns die Stellung γ0 des Rades III vor der Aufnahme und lesen die Stellung γ nach der Aufnahme des Diagramms ab. γ – γ0 ist mit dem
                              									Flächeninhalte proportional.
                           Wir bemerken, wenn der Punkt A nicht stets in gleicher
                              									Höhe mit der Bleispitze, sondern zur selben in einem bestimmten Verhältnisse ist,
                              									dann ist
                           a cos δ = λ y,
                           wobei λ konstant ist und nur auf
                              									die Konstante m des Apparates einen Einfluss hat.
                           Es ist leicht einzusehen, dass wir in sich geschlossene Diagramme gerade so
                              									aufnehmen; der Apparat zeigt dann den Flächeninhalt, entstanden aus der Differenz
                              									zweier Flächen. Bemerkt muss werden, dass es sich gleich bleibt, wo wir die
                              									Grundlinie \overline{x\,x} annehmen.
                           Soll die Fläche thatsächlich als die Differenz zweier positiver Flächen gebildet
                              									sein, so müssen wir die Grundlinie tiefer aufnehmen, was wir bei dem Apparate durch
                              
                              
                              									Senken des Punktes B erreichen können.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 611
                              Fig. 5.
                              
                           Ein Nachteil des bisher besprochenen Apparates ist, dass wir bei geschlossenen Kurven
                              									den Ausgangs- und Endpunkt derselben nicht abschauen können. Dieses ist besonders
                              									dann der Fall, wenn wir fortgesetzt auf einmal mehrere Diagramme aufnehmen. Zur
                              									Beseitigung dieses Mangels suchen wir einen Modus, laut welchem die Aufnahme vom
                              									Ablesen unabhängig gemacht wird und zwar so, dass wir durch nachträgliches Messen
                              									einer Länge oder eines Winkels das numerische Resultat erhalten können. Als Beispiel
                              									eines solchen Apparates erwähnen wir folgende Einrichtung:
                           Die Verlängerung der Achse AB besitzt eine Schnecke c, welche ihre Drehung dem Rade 1 mitteilt. Das Rad 1 dreht mittels der Räder
                              										2 und 3 die Scheibe
                              										IV, welche mit einem Spiegel t versehen ist, welcher den aus der Lichtquelle P entstandenen Lichtstrahl f in der Richtung s auf die lichtempfindliche
                              									Platte L wirft. Die Mitte der Scheibe IV und P fallen in die
                              									geometrische Achse bb.
                           Durch diese Weise erhalten wir eine Linie, welche die Bewegung der Scheibe IV charakterisiert. Um jedoch das Aufeinanderfallen der
                              
                              									Bewegungslinien auf der Platte L zu verhüten, welcher
                              									Fall z.B. bei nachmaliger entgegengesetzter Drehung der Scheibe IV erfolgen würde, bewegen wir die Platte L in der Richtung der Senkrechten bb, wodurch unsere Lichtpunkte in eine neuere Distanz
                              									zum Mittelpunkt O fallen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 611
                              Fig. 6.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 611
                              Fig. 7.
                              
                           Die durch die Kreisbewegung des Spiegels t und durch die
                              									Bewegung der Platte L erhaltene Kurve zeigt Fig. 6 und 7. Fig. 7 zeigt eine Kurve, welche die Drehung der
                              									Scheibe IV in beiden Richtungen wiedergibt.
                           Wenn wir die Grundlinie genug tief gewählt haben, und zwar so, dass sie die Fläche
                              									nicht schneidet, so erhalten wir zwei Kurven. In diesem Falle ist die Fläche gleich
                              									einer Differenz zweier positiven Flächen, wie wir dies schon erwähnt haben. Der
                              									einen entspricht S0
                              									S1, der anderen S1
                              									S2. Der Flächeninhalt
                              									des Diagramms steht mit dem Winkel ϑ im Verhältnis
                           
                              \underset{S_0\,S_1}{\frown}-\underset{S_1\,S_2}{\frown}=\vartheta.
                              
                           Dieses wollen wir beweisen. Der Punkt S (Fig. 6) sei ein zu beliebiger Zeit bestimmter Punkt.
                              									Der Vektor SO dreht sich um O, seine Grösse ändert sich mit der Bewegung der Platte L. Der Punkt S folgt der
                              									Bewegung der Scheibe IV. In derselben Zeit, in welcher
                              									der Punkt S die Kurve S0
                              									S1 beschreibt, verdreht
                              									sich die Scheibe IV um den Winkel α (S0
                              									OS1
                              									∢). Die senkrechte Bewegung der 
                              									Platte L übt auf die Grösse dieses Winkels
                              
                              									keinerlei Einfluss. Wir beobachten daher nur die Bewegung der Scheibe IV. Die Bewegung des Hades III kennen wir aus früher Beschriebenem und wissen wir, dass
                           dγ = mdF . . . . . . . 6')
                           Die Drehung der Scheibe IV ist dϑ .
                           Die Schnecke c, die Räder 1 2
                                 										3 sichern eine ständige Verbindung zwischen III und IV. Die Scheibe IV nimmt an jeder Bewegung der Achse A B teil, denn selbst wenn wir annehmen, dass sich die
                              									Achse nicht dreht, sondern nur neigt, so bleibt die Schnecke c und mit ihr die Räder 1 2 zwar im relativen
                              									Stillstand zu einander, doch drehen sie das Rad 3 in
                              									dem Masse als sich die Achse AB neigt oder hebt. Die
                              									Verdrehung der Scheibe IV ist
                           dϑ = ndγ + dδ,
                           wo n das Umsetzungsverhältnis
                              									ist. Mit Betracht der Gleichung 6') ist
                           
                              dϑ = nmdF + dδ
                              
                           nm = m'
                           
                              \int\limits_{\vartheta_0}^{\vartheta_1}\,d\,\vartheta=m'\,\int\limits_0^F\,d\,F+\int\limits_{\delta_0}^\delta\,d\,\delta
                              
                           ϑ = ϑ1 – ϑ0 = m'F + (δ1
                              									–δ0).
                           Daraus ist zu ersehen, dass ϑ proportional zur Fläche
                              										F ist, falls
                           (δ1
                              									–δ0) = 0 δ1
                              									=δ0,
                           d.h. falls der Punkt A der oszillierenden Achse
                              										AB zur Ausgangsstelle zurückkehrt. Bei
                              									gewchlossenen Diagrammen wird dieser Bedingung Genüge geleistet, demzufolge kann der
                              									Winkel ϑ in Eig. 7 als Mass einer umschriebenen Fläche
                              									gelten.
                           Bei der hintereinander folgenden Aufnahme von Diagrammen erhalten wir auf der Platte
                              										L eine Reihe von Kurven (Fig. 8).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 612
                              Fig. 8.
                              
                           Das Flächenmass der Diagramme ist ϑ1
                              									ϑ2
                              									ϑ3 ..., denn diese
                              									Winkel sind zu denselben proportional, und wenn wir die Konstante bestimmt haben, so
                              									erhalten wir die Fläche mittels Winkelmessung. Wenn wir den Mittelwert von einigen
                              
                              									Diagrammen suchen, so brauchen wir nur den Winkel S0
                              
                              									OSn ∢ mit der Anzahl
                              									der Wendepunkte n zu dividieren, und erhalten
                              									denselben.
                           Nachträglich betonen wir nochmals, dass die eingangs erwähnte Linie \overline{x\,x} tief
                              									gelegen sein muss, da es vorkommen kann, dass wir bei der Aufnahme eines einzigen
                              									Diagramms einige Wendepunkte erhalten.