| Titel: | Die Theorie der Mehrstoffdampfmaschinen. | 
| Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 710 | 
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                        Die Theorie der Mehrstoffdampfmaschinen.
                        Vortrag, gehalten auf der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Karlsbad.
                        Von Dr. K. Schreber, Greifswald.
                        Die Theorie der Mehrstoffdampfmaschinen.
                        
                     
                        
                           M. H.! Die Wasserdampfmaschine verwandelt nur einen ganz geringen Bruchteil des
                              									Heizwertes der verwendeten Brennstoffe in Arbeit, und da die Theorie zeigt, dass
                              									dieser Bruchteil nur noch wenig vergrössert werden kann, so hat man das Prinzip der
                              									Dampfmaschine überhaupt verworfen und sucht auf anderem Wege zu einer besseren
                              									Verwertung der Brennstoffe zu gelangen. Ich erwähne hier nur die
                              									Generatorgasmotoren, welche in den letzten Jahren ganz behütende Erfolge erzielt
                              									haben.
                           Der geringe wirtschaftliche Wirkungsgrad kann aber auch durch die, die Umwandelung
                              									der Wärmeenergie in Arbeit vermittelnde Flüssigkeit, das Wasser, bedingt sein, und
                              									ehe man das Prinzip der Dampfmaschine verwirft, ist es meiner Ansicht nach nötig,
                              									sich die Frage vorzulegen: „Ist Wasser die vorteilhafteste Flüssigkeit zum
                                 										Betriebe von Dampfmaschinen?“ oder mit anderen Worten und gleichzeitig
                              									allgemeiner: „Welche Eigenschaften muss eine Flüssigkeit haben, wenn sie die
                                 										Wärmeenergie der auf offener Rostfeuerung gewonnenen Heizgase möglichst
                                 										vorteilhaft in Arbeit verwandeln soll?“
                           Jede Flüssigkeit, welche in Dampfmaschinen verwendet werden soll, muss gewisse, ganz
                              									allgemeine, durch äussere Umstände gegebene Bedingungen erfüllen: Die Temperatur
                              									kann niemals tiefer liegen als die des Kühlwassers, also 20° bezw. 30°, und darf
                              									niemals die Temperatur übersteigen, welche das Material der Maschinenelemente, bezw.
                              									bei Kolbenmaschinen das Schmieröl vertragen kann, 600° bezw. 400°. Aus Rücksicht auf
                              									die Sicherheit des Kessels und der Dichtungen wird man den Druck nicht über 20 kg/cm2 steigen lassen. In der Praxis des
                              									Wasserdampfkesselbaues betrachtet man jetzt 13 kg/cm2
                              									als obere Grenze des Druckes. Bei Benutzung von Dampfturbinen liegt die Grenze der
                              									Expansion so tief wie möglich; bei Kolbenmaschinen ist man aus mehreren Gründen
                              									beschränkt; die Erfahrung betrachtet 0,5 kg/cm2 als äusserste
                              									untere Grenze der Expansion. Werden Flüssigkeiten benutzt, welche gegen eindringende
                              									Luft oder Kühlwasser empfindlich sind, so ist atmosphärischer Druck die untere
                              									Grenze.
                           Unsere Aufgabe ist es nun, unter den diese Bedingungen erfüllenden Flüssigkeiten
                              									diejenige auszusuchen, welche die günstigste Verwandelung der Wärmeenergie in Arbeit
                              									gewährleistet. Wir können diese Aufgabe lösen mit Hilfe des von der Theorie
                              									gelieferten Ausdruckes für den Wirkungsgrad einer Dampfmaschine mit vollständiger
                              									Expansion:
                           1) \eta=\frac{r_1/T_1\,(T_1-T_0)+q_1-q_0-T_0\,(\tau_1-\tau_0)}{r_1+q_0-q_0}
                           wo q = ∫
                                 											cdt die Flüssigkeitswärme und \tau=\int\,\frac{c\,d\,t}{T} die
                              									Entropie der Flüssigkeit ist.
                           Nehmen wir an, die spezifische Wärme der Flüssigkeit sei konstant, dann ist
                           
                              
                              \eta=\frac{T_1-T_0}{T_1}\,\cdot\,\frac{1+c/r\,T_1-c/r\,\frac{T_1\,T_0}{T_1-T_0}\,log\,\frac{T_1}{T_0}}{1+c/r\,(T_1-T_0)}
                              
                           Der erste Faktor ist der Wirkungsgrad ηc des Carnot'schen Prozesses, welcher zwischen denselben Temperaturen verläuft.
                           Setzen wir voraus, die Temperaturdifferenz des Prozesses, sei nur klein, so dürfen
                              									wir den Logarithmus in eine Reihe verwandeln und die Division mit dem Nenner
                              									ausführen. Wir erhalten dann
                           2) \frac{\eta}{\eta c}=1-c/r\,f\,(T_1,\ T_0)
                           wo f (T1, T
                              									0) eine Funktion ist, welche wesentlich von der
                              									Temperaturdifferenz abhängt, aber auch das Temperaturverhältnis enthält und in ganz
                              									untergeordnetem Grade Glieder mit c/r.
                           Es unterscheidet sich nach dieser Gleichung der Wirkungsgrad einer Dampfmaschine um
                              									so weniger von dem eines Carnot'schen Prozesses, je
                              									kleiner c/r ist. Graphisch heisst das, das Verhältnis
                              									des kleinen dreieckartigen Stückes, welches die linke Grenzkurve einer Flüssigkeit
                              									vom Carnot'schen Rechteck abschneidet, zur ganzen
                              									Arbeitsfläche ist um so kleiner, je steiler die Grenzkurve verläuft und je grösser
                              										r ist.
                           Da der Carnot'sche Kreisprozess, von allen zwischen
                              									denselben Temperaturen verlaufenden Prozessen, den grössten Wirkungsgrad hat, so
                              									wird diejenige Flüssigkeit sich am besten zum Betrieb einer Dampfmaschine eignen,
                              									für welche c/r einen recht kleinen Wert hat. Leider
                              
                              									sind für zu wenig Flüssigkeiten die Werte der spezifischen Wärme und der
                              									Verdampfungswärme bekannt. Man kann aber mit Hilfe theoretischer und empirischer
                              									Regeln den Bruch c/r etwas umformen und erhält dann für
                              									die zu wählende Flüssigkeit die Bedingungen: Geringe Molekelwärme d.h., kleines
                              									Molekelgewicht und kleine spezifische Wärme, hoher kritischer Druck und hohe
                              									kritische Temperatur.
                           Ich habe nun eine nach dem Molekelgewicht geordnete TabelleDieselbe wird in der demnächst erscheinenden ausführlichen Veröffentlichung
                                    
                                    											der Theorie enthalten sein. zusammengestellt, aus welcher
                              									hervorgeht, dass Wasser von allen Flüssigkeiten die günstigste ist.Im Verlaufe der Diskussion bemerkte Herr von
                                       												Bechtolsheim, dass er bei Bearbeitung einer Münchener Preisaufgabe
                                    
                                    
                                    											zu einem gleichen Resultat gekommen ist. Die Arbeit ist aber nicht
                                    											veröffentlicht worden. Die Tabelle zeigt aber ferner, dass man
                              
                              									mit Wasser nur einen Teil des ganzen Temperaturgebietes ausnutzen kann; d.h. man
                              
                              
                              									muss zur gleichzeitigen Anwendung mehrerer Stoffe schreiten.
                           Dass der untere Teil des Temperaturgebietes durch Wasser nicht vollständig ausgenutzt
                              									werden kann, ist schon 
                              									lange bekannt. Die vielen, zuerst von Du Trembley
                              									unternommenen Anläufe, hier eine Verbesserung zu erzielen, haben erst in jüngster
                              									Zeit, durch die Arbeiten Josses zu einem gewissen
                              									Erfolg geführt.
                           Josse benutzt in seiner Maschine Schwefligsäure. Meine
                              									Tabelle lehrt, dass das Aethylamin noch günstiger sei. Der kritische Bruch c/r ist zwar nur wenig kleiner als der bei
                              									Schwefligsäure, so dass der theoretische Wirkungsgrad nur wenig grösser ist, aber
                              									die Lage des Druckintervalles im Temperaturgebiet ist bedeutend günstiger. Der
                              									Siedepunkt liegt bei 19°, und bei 80° haben wir einen Druck von ungefähr 10 kg/cm2; alle Abdichtungen sind also bedeutend
                              									einfacher. Da Aethylamin aus Spiritus und Ammoniak hergestellt wird, so hat
                              									gleichzeitig auch die Landwirtschaft von der Verwendung des Aethylamins einen
                              									Nutzen.
                           Für die höheren Temperaturen ergiebt meine Tabelle als günstigste Flüssigkeit das
                              									Anilin. Dasselbe hat bei 310° einen Druck von ungefähr 10 bis 12 kg/cm2. Es ist also durch Verwendung des Anilins die
                              									obere Temperaturgrenze bis 310° heraufgeschoben.
                           Es hat gar keine Schwierigkeit für noch höhere Temperaturen Flüssigkeiten
                              									aufzufinden, ich habe mich aber vorläufig damit begnügt, bis die Praxis ein
                              
                              									Bedürfnis für noch weitere Stufen zu erkennen giebt.
                           Mit den genannten Stoffen lässt sich nun eine Dreistoffdampfmaschine bilden, welche
                              									durch das Schema dargestellt wird.
                           310° Anilin. 190° Wasser. 80° Aethylamin 20, in welchem jede Flüssigkeit zwischen den
                              									Temperaturen steht, innerhalb deren ihre gesättigten Dämpfe arbeiten. Das Schema für
                              									eine „n“-stoffdampfmaschine zu erweitern, hat
                              									gar keine Schwierigkeiten.
                           Es ist natürlich von grosser Wichtigkeit, zu wissen, welcher Bruchteil des
                              									Arbeitswertes oder im Anschluss an die gewöhnliche Darstellung, welcher Bruchteil
                              									der Wärmeenergie der Heizgase durch eine derartige Maschinenanlage in Arbeit
                              									verwandelt wird.
                           Dazu gehört in erster Linie die Kenntnis der Wirkungsgrade der einzelnen Stufen.
                              									Liegen für die zu benutzenden Flüssigkeiten ausführliche Dampftabellen vor, so kann
                              									man den Wirkungsgrad nach Gleichung 1 berechnen; im anderen Falle muss man sich nach
                              									anderen Hilfsmitteln umsehen. Ein solches bietet Gleichung 2, welche man zu diesem
                              									Zwecke schreibt.
                           
                              \frac{\eta_e-\eta}{\eta_c}=c/r\,f\,(T_1\,T_0)
                              
                           Liegt für das zu benutzende Temperaturgebiet eine Dampftabelle einer Flüssigkeit vor,
                              									welche aus irgend einem Grunde nicht angewendet werden kann, so berechnet man nach
                              									Gleichqng 1 den Wirkungsgrad einer mit dieser Flüssigkeit betriebenen Dampfmaschine.
                              									Macht man dann die Voraussetzung, dass die Glieder mit c/r in f (T1, T0) vernachlässigt werden können, so hat diese
                              									Funktion für beide Flüssigkeiten denselben Wert und man erhält
                           3) \frac{\eta_c-\eta_x}{\eta_c-\eta_w}=\frac{(c/r)_x}{(c/r)_w}
                           wo der Index x die zu benutzende
                              
                              									Flüssigkeit, w die nicht zu benutzende andeutet.
                           Hat man für das zu benutzende Temperaturgebiet keine Dampftabelle, so muss man ηw für ein möglichst
                              									benachbartes gleich grosses Temperaturgebiet ausrechnen und dann in f (T1, T0) auch noch den Einfluss des
                              									Temperaturverhältnisses vernachlässigen; die Gleichung 3 behält dieselbe Form.
                           Wie brauchbar Gleichung 3 ist, erkennt man aus einem Beispiel; für die Dampfmaschine
                              
                              									70° Schwefligsäure 20° ergiebt Gleichung 3 η = 0,135,
                              									während die Tabelle von Zeuner q = 0,132 und die von
                              										Mollier = 0,128 ergiebt. Man darf sich also der
                              									Gleichung 3 mit grossem Vertrauen bedienen.
                           Hat man aus Tabellen oder mit Hilfe der Gleichung 3 den Wirkungsgrad der einzelnen
                              									Stufen festgestellt, so kann man den Wirkungsgrad der ganzen Anlage berechnen.
                           Du Trembley und seine Nachfolger nehmen an, der folgenden Stufe werde
                              									nur die Wärmeenergie zugeführt, welche die vorhergehende nicht in Arbeit verwandelt
                              									hat und erhalten dann für ihre Zweistoffdampfmaschinen
                           H = η1 + (1 – η1) η2 = η2 + (1 – η2) η1
                           Dieses Verfahren mag praktisch berechtigt sein, so lange es
                              									sich, wie hier, um niedrige Temperaturen der Heizgase handelt, bei höheren
                              									Temperaturen derselben ist es falsch. Es wäre genau so, als ob bei einer Anzahl
                              									aufeinander folgender Wasserkraftmaschinen, die untere nur das Wasser aufnehmen
                              									dürfte, welches die obere benutzt hat, ohne sich der Zuflüsse bedienen zu dürfen,
                              									welche im Niveau der oberen entspringen.
                           Dem entsprechend muss man auch die Heizgase, welche vom letzten Element der
                              									Heizfläche des ersten Verdampfers abziehen, dem zweiten Verdampfer zuführen u.s.f.
                              									Man hat sich dabei allgemein die zweiten und die folgenden Verdampfer als
                              									Heizröhrenkessel vorzustellen, in denen durch einen Teil der Heizröhren die noch
                              									weiter auszunutzenden Heizgase strömen, während im anderen Teil sich die Dämpfe der
                              									vorhergehenden Stufe kondensieren.
                           Bezeichnet man die Verdampfertemperaturen der Reihe nach mit t1
                              
                              									t2 u.s.w., die
                              									Temperaturen, mit welchen die Heizgase von der Kesselheizfläche der Verdampfer
                              									abziehen mit t1't2' u.s.w., so ist,
                              									wenn tr die
                              									Rosttemperatur ist und die spezifische Wärme der Heizgase als konstant angesehen
                              
                              									wird, für eine Dreistoffdampfmaschine.
                           4) H=\eta_3+\frac{t_r-t'_2}{t_r-t'_3}\,(1-\eta_3)\,\eta_2+\frac{t_r-t'_1}{t_r-t'_3}\,(1-\eta_3)\,(1-\eta_2)\,\eta_1
                           Diese Gleichung lässt sich leicht verallgemeinern. Macht man von dem Prinzip des
                              									Vorwärmens Gebrauch, und bezeichnet mit t1''t2'' u.s.w. die Temperaturen, mit welchen die
                              									Heizgase vom letzten Vorwärmeelement abziehen, so erhält man den Wirkungsgrad der
                              									Anlage, wenn man in Gleichung 4 an Stelle t1't2' u.s.w. t1''t2'' u.s.w. setzt. Während bei Wasserdampfmaschinen
                              									der Einbau eines Vorwärmers die Anlage stets komplizierter macht, ist das hier nicht
                              									der Fall, da durch die Vorwärmer die Kesselheizflächen der nächsten Stufe gespart
                              									werden, die Verdampfer somit einfacher werden. Man wird deshalb stets die Heizgase
                              									möglichst durch Vorwärmer ausnutzen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 710
                              Fig. 1.
                              
                           Welche Vorteile eine Mehrstoffdampfmaschine bietet, zeigt das Diagramm Fig. 1, dessen Axen Temperatur und Entropie sind.
                           In dasselbe ist zunächst in der Fläche aABb =
                              									361,7 cl die Wärmeenergie eingezeichnet, welche 1 kg Heizgase enthält, 
                              									das auf offener Rostfeuerung entsteht, unter der Voraussetzung, dass vor dem
                              									Rost die Temperatur 20 + 273 und auf ihn 1527 + 273 = 1800° herrscht und dass die
                              									spezifische Wärme der Heizgase unabhängig von der Temperatur 0,24 sei.
                           Aus dieser Wärmeenergie kann man im günstigsten Falle die Arbeit ABC' = 234,0 cl gewinnen. Die Dampfmaschine muss
                              									dazu mit einer Flüssigkeit von ganz bestimmten Eigenschaften betrieben werden. In
                              									der ausführlichen Veröffentlichung meiner Theorie werden dieselben genau beschrieben
                              									werden. Der so zu gewinnende Arbeitswert der Heizgase ist genau derselbe, welchen
                              										Zeuner mit seiner Feuerluftmaschine erhält.
                           Ferner ist eingetragen der günstigste Carnot'sche
                              									Kreisprozess, d.h. derjenige, welcher die grösste Arbeitsmenge liefert. Seine
                              									Arbeitsfläche beträgt c'CDd'
                                 										= 153,8 cl. Es geht die Wärmeenergie aACc mit dem Arbeitswert ACc' in den
                              									Schornstein.
                           Für die Dreistoffdampfmaschine
                           310° Anilin 190° Wasser 80° Aethylamin 20°,
                           welche ich als Beispiel der Mehrstoffdampfmaschine wählte,
                              									habe ich Vorwärmung auch des Aethylamins angenommen, sodass, wie bei der
                              									Dampfmaschine mit idealer Flüssigkeit, die Heizgase bis auf 20° herunter abgekühlt
                              									werden. Die gesamte Arbeitsfläche besteht aus der Summe der Flächen der drei
                              									Stufen.
                           EFGg' + HJKk'
                              									+ ALMm' = 152,7
                           also ⅔ des Arbeitswertes. Die Dreistoffdampfmaschine steht
                              									also in bezug auf den Wirkungsgrad den Turbinen schon recht nahe. Würde man mit noch
                              									einer höheren Stufe arbeiten, wozu nach der vorliegenden Theorie die passendste
                              									Flüssigkeit leicht gefunden werden kann, so würde man mit Dampfmaschinen die
                              									Heizgase ebenso gut ausnutzen, wie mit Turbinen die Wasserkraft.
                           Schliesslich habe ich noch in das Diagramm die alleinstehende Wasserdampfmaschine
                           190° Wasser 40°
                           eingetragen und auch bei dieser möglichste Vorwärmung
                              
                              									vorausgesetzt, sodass die Heizgase bis 40° ausgenutzt werden. Kann die Expansion bis
                              									0,5 kg/cm2 getrieben werden, so ist die gewonnene
                              									Arbeit
                           NOPQR = 91, 7 cl.
                           Die Arbeitsfläche reicht zwar rechts etwas über die der Dreistoffdampfmaschine hinaus
                              									und übergreift auch links die Fläche der Aethylaminstufe um das kleine viereckartige
                              									Stück NL. Dagegen fehlt vollständig die Arbeitsfläche
                              									der Anilinstufe; von der Wasserstufe das Viereck HO, welches bedeutend grösser ist als NL; und schliesslich der grösste Teil der Fläche
                              									der Aethylaminstufe. Beide Flächen verhalten sich wie 5 : 3, sodass also die
                              									Dreistoffdampfmaschine für eine bestimmte Arbeit nur ⅗ der Kohlen verlangt, wie eine
                              									Wasserdampfmaschine. Ich habe mich vorläufig mit dieser Ersparnis begnügt; das
                              									Aufsetzen einer weiteren Stufe, wodurch man leicht auf ½ der Kohlen gelangen könnte,
                              									der Zukunft überlassend.
                           M. H.! Diese Rechnungen sind alle rein theoretisch. Ich habe nun versucht, die
                              									indizierte Arbeit zu berechnen und bin dabei von folgenden Voraussetzungen
                              									ausgegangen. Das Verhältnis der indizierten Arbeit der Wasserdampfstufe zur
                              									theoretischen, den indizierten Wirkungsgrad, setze ich 0,75. E. Meyer hat schon vor einer Reihe von Jahren an Wasserdampfmaschinen
                              									ebenso definierte indizierte Wirkungsgrade beobachtet, welche bis 0,80 steigen und
                              									jetzt ist dieser Wert keine Seltenheit mehr. Ich habe also die Wasserdampfstufe
                              									niedrig eingeschätzt. Für die Aethylaminstufe setze ich, trotz der niedrigeren
                              									Temperatur und der geringeren Temperaturdifferenz 0,70 an und für die Anilinstufe
                              
                              									gar nur 0,60. Die aus der Multiplikation der indizierten mit den theoretischen
                              									entstehenden thermischen Wirkungsgrade, habe ich sämtlich um 4–5 % ihres Wertes nach
                              									unten abgerundet, um etwaigen Temperaturverlusten an den Kondensatorheizflächen
                              									Rechnung zu tragen. In der Praxis werden sich die Linien Eg' und JK
                              
                              									des Diagrammes nicht vollständig decken. Die zur Ueberhitzung der Dämpfe nötige
                              									Wärmeenergie habe ich entsprechend einer in der ausführlichen Veröffentlichung
                              									auseinander zu setzenden Anschauung als nicht in Arbeit zu verwandelnde Energie von
                              									der der Heizgase abgezogen. Dadurch tritt eine Verschlechterung des
                              									Gesamtwirkungsgrades um 10 % seines Wertes ein, entsprechend der Carnotschen Theorie, dass die bei steigender Temperatur
                              									aufgenommene Wärme ungünstig aufgenommen ist. Die Heizgase ziehen mit 180° vom
                              									Aethylaminüberhitzer ab in den Schornstein.
                           Schliesslich habe ich auch noch die Verluste der Feuerung in passendem Verhältnis in
                              									Rechnung gestellt. Die nach diesen, jedenfalls nicht zu günstig gewählten Annahmen
                              									berechnete Dreistoffdampfmaschine verlangt auf dem Rost 2800 cl/PSi an Kohlen,
                              									das sind 0,37 kg/PSi Steinkohlen. Diese Wärmeenergiemenge entspricht, in ein viel
                              									gebrauchtes, aber unvorteilhaftes Mass übertragen, wenn man einen Kesselwirkungsgrad
                              									von 0,75 annimmt, einen Dampfverbrauch von 3,3 kg/PSi.
                           Schröter hat vor kurzem ausführliche Versuche über den
                              									Wärmeverbrauch einer grossen Wasserdampfmaschine veröffentlicht; nehmen wir den
                              									Kesselwirkungsgrad bei Benutzung von überhitztem Dampf zu 0,75, bei gesättigtem zu
                              									0,80, so haben diese Versuche im Mittel ergeben 5000 cl/PSi Kohlenverbrauch. Das Verhältnis des
                              									Kohlenverbrauches in der Praxis 14 : 25 ist also noch günstiger als in der
                              									Theorie.
                           Der Mindestverbrauch von Antrazit in Generatorgasanlagen ist nach den bisherigen
                              									Erfahrungen, welche wohl kaum noch eine Verringerung desselben erwarten lassen, 0,4
                              										kg/PSi = 3200
                              										cl/PSi. Es ist
                              									also schon jetzt die Dreistoffdampfmaschine, auch was die Ausnutzung der Brennstoffe
                              									anbelangt, den Generatorgasanlagen überlegen; abgesehen von den Vorzügen, die sie
                              									als Dampfmaschine hat.
                           Da es nun sicherlich nur geringer Erfahrung auf dem Gebiete der
                              									Mehrstoffdampfmaschinen bedarf, um höhere indizierte Wirkungsgrade zu erzielen, als
                              									ich sie oben angenommen habe, so wird in kurzer Zeit der Kohlenverbrauch dieser
                              									Dempfmaschinen noch weiter heruntersinken, sodass ich wohl auf Grund der hier
                              									vorgetragenen Theorie sagen kann, der einzig rationelle Wärmemotor für Grossbetrieb
                              									ist die Dampfmaschine.