| Titel: | Moderne Dampfkesselanlagen. | 
| Autor: | O. Herre | 
| Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 790 | 
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                        Moderne Dampfkesselanlagen.
                        Von O. Herre, Ingenieur und Lehrer in Mittweida.
                        (Fortsetzung von S. 264 d. Bd.)
                        Moderne Dampfkesselanlagen.
                        
                     
                        
                           C. Feuerrohrkessel.
                           Die Anlage von Röhrenkesseln empfiehlt sich, wenn auf einem kleinen Raum eine grosse
                              									Heizfläche untergebracht werden muss, wenn wegen häufiger Unterbrechung des
                              									Betriebes ein möglichst leichtes Anheizen erforderlich ist und wenn das Speisewasser
                              									wenig Schlamm und Kesselstein absetzt.
                           Bei nicht gutem Speisewasser ist möglichst dafür zu sorgen, dass dasselbe vor dem
                              									Eintritt in den Kessel gereinigt wird, denn die Innenreinigung der Röhrenkessel ist
                              
                              									wegen der vielen eng zusammen liegenden Röhren nicht leicht auszuführen. Bei den
                              									einfachen Feuerröhrenkesseln mit Unterfeuerung würden sich Schlamm und Kesselstein
                              									besonders stark auf der Feuerplatte ablagern, so dass die letztere bald schadhaft
                              									werden würde.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 789
                              Feuerrohrkessel des Ottensener Eisenwerkes.
                              
                           Mit Rücksicht auf die Grösse des Wasserraumes stehen die Feuerrohrkessel in der Mitte
                              
                              									zwischen den eigentlichen Grosswasserraumkesseln, nämlich den Walzen- und
                              									Flammrohrkesseln einerseits und den Kesseln mit kleinem Wasserraum, den meisten
                              									Wasserröhrenkesseln, andererseits.
                           Die einfachen Feuerröhrenkessel, sowie die Röhrenkessel mit Feuerbüchse, die
                              									Lokomobilkessel, stehen hierbei den Wasserröhrenkesseln am nächsten, während die
                              									kombinierten Feuerröhrenkessel mehr als Grosswasserraumkessel anzusehen sind.
                           Dies wird auch auf die Wahl des Kesselsystems von Einfluss sein. Die kombinierten
                              									Feuerröhrenkessel, die in der Regel durch die Verbindung eines Walzen- oder
                              									Flammrohrkessels mit einem Feuerröhrenkessel gebildet werden, eignen sich
                              									naturgemäss nur für grosse Heizflächen, beanspruchen aber einen geringeren Raum als
                              									Doppelflammrohrkessel oder kombinierte Walzen bezw. Batteriekessel und stehen
                              									den letzteren in den Vorzügen des grossen Wasserraumes kaum nach. Die kombinierten
                              									Feuerröhrenkessel können daher auch bei Anlagen Verwendung finden, wo die
                              									Dampfentnahme grösseren Schwankungen unterworfen ist.
                           Der einfache Feuerröhrenkessel ist für kleinere Heizflächen am Platze. Die Fig. 98–101 zeigen
                              									einfache Feuerrohrkessel nach der Ausführung des Ottensener
                                 										Eisenwerkes (vormals Pommée und Ahrens)
                              									Oltona-Ottensen, und zwar beziehen sich die Fig. 98 und 99 auf die
                              									kleinere Ausführung des Kessels bis zu 45 qm Heizfläche ohne Oberzuggewölbe, die
                              										Fig.
                                 										100 und 101 dagegen auf die grössere Ausführung des Kessels bis zu 150 qm
                              									Heizfläche mit Oberzuggewölbe.
                           Die Kessel werden in der Regel mit Planrostunterfeuerung ausgerüstet. Bei den Fig. 98 und
                              										99
                              									bildet daher der Unterzug den ersten Feuerzug, die Feuerröhren bilden den zweiten
                              									und die Seitenzüge den dritten Feuerzug. Bei den Fig. 100 und 101 wird im
                              									dritten Zuge noch der Dampfraum bestrichen, was hier zulässig ist, da durch die
                              									grössere Anzahl der Feuerrohre die Heizgase derartig abgekühlt werden, dass ein
                              
                              									Erglühen der dampfberührten Heizfläche ausgeschlossen ist.
                           Zur bequemen Innenreinigung wird zwischen den beiden Röhrenbündeln ein genügend
                              									breiter freier Raum gelassen. Ferner werden in der Domdecke wie auch am Vorderboden
                              									Mannlöcher angeordnet. Auf das Mannloch im Vorderboden wird bei den Kesseln von mehr
                              									als 45 qm Heizfläche (Fig. 100 und 101) ein
                              									300/400 mm weiter Stutzen genietet, welcher durch das Mauerwerk reicht und bezweckt,
                              									dass das Einsteigen in den Kessel von aussen her ohne Berühren der Feuerzüge
                              									geschehen kann. In der Wasserstandshöhe wird am Vorderboden der Kessel von mehr als
                              									25 qm Heizfläche ein gleichfalls durch das Mauerwerk reichender Stutzen angebracht,
                              									der bei den Kesseln bis 45 qm Heizfläche 200/400 mm, bei den grösseren Kesseln
                              									250/500 mm Weite besitzt und daher gestattet, die Wasserstandsanzeigevorrichtungen
                              									daran unmittelbar zu befestigen. Die Länge der beiden Stutzen ist 700 mm.
                           Von den Feuerröhren, welche 95 mm Durchmesser besitzen, wird eine genügende Anzahl an
                              									beiden Enden mit Gewinden versehen und in die Kesselböden, zur gegenseitigen
                              									Verankerung derselben, eingesetzt.
                           Als normale Leistungsfähigkeit dieser Kessel soll man nicht mehr als 12 bis 15 kg
                              									Dampf pro Quadratmeter wasserberührter Heizfläche und Stunde annehmen, jedoch kann
                              										
                              									dieses Quantum bei stärkerer Inanspruchnahme auf kürzere Zeit bedeutend erhöht
                              									werden. (Nähere Angaben enthält d. Tab. S. 791.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 790
                              Feuerrohrkessel mit Oberzuggewölbe des Ottensener Eisenwerkes.
                              
                           Eine Spezialität des Ottensener Eisenwerkes ist die
                              									Anfertigung von Schiffskesseln mit Feuerröhren nach den Fig. 102–104 Dieser
                              									Kessel wurde in doppelter Ausführung für den in Bremerhaven gebauten Dampfer „Sophie Rickmers“ verwendet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 790
                              Schiffskessel mit Feuerröhren des Ottensener Eisenwerkes.
                              
                           Jeder der beiden Kessel hat eine Heizfläche von 231 qm und eine Rostfläche von 7,2
                              									qm, die in drei nach dem System Pommée geschweissten
                              									Flammrohren von je 1,2 m Durchmesser untergebracht ist. Der Mantel hat 4,7 m
                              									Durchmesser und 35 bezw. 35,5 mm Blechstärke. Für den Mantel wurde
                              									Siemens-Martin-Flussstahl von 44 kg Minimalfestigkeit verwendet. Die Längsnähte sind
                              									mit Doppellaschen von 27 mm Stärke vierreihig nach Fig. 104 genietet und
                              									zwar hydraulisch. Die Rundnähte sind dreireihig überlappt genietet. Die Nieten
                              									haben 37 mm Durchmesser und werden mit 5,5 kg/qmm beansprucht.
                           Die drei Flammrohre münden in je eine Heizkammer von 750 mm Breite, deren Wände durch
                              									zahlreiche Stehbolzen mit dem Mantel bezw. mit dem hinteren Stirnboden verankert
                              									sind. Die mit einfachem Kreis angedeuteten Stehbolzen haben 33 mm, die mit doppeltem
                              									Kreis angedeuteten 41 mm Kerndurchmesser.
                           
                           Liegende Röhrenkessel für Unterfeuerung des Ottensener Eisenwerks.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 791
                              Ohne Oberzuggewölbe; Mit Oberzuggewölbe; Wasserberührte Heizfläche in qm; Durchmesser in mm; Länge in mm; Anzahl der Siede-
                                 u. Anker-Röhren, Stück; Durchmesser des Dampfdomes in mm; Höhe des Dampfdomes in mm; Annähernde Gewichte der Kessel ohne Zubehör
                                 in kg bei Atm.; Annähernde Gewichte der feinen und groben Armater, in seemässiger Verpackung kg
                              
                           Von den Heizkammern führen 314 Feuerröhren von 89 mm äusserem Durchmesser nach vorn;
                              									hiervon sind 120 Ankerröhren mit 7,5 mm Wandstärke, während die übrigen nur 38,25 mm
                              									Wandstärke besitzen. Die Ankerröhren sind in Fig. 102 durch stärkere
                              									Kreise gekennzeichnet. Der Arbeitsdruck des Kessels beträgt 13,5 atm. Die beiden
                              									ebenen Stirnböden haben 25 bezw. 23 und 22 mm Stärke. Wo sie nicht durch die
                              									Feuerröhren bezw. durch die Flammrohre verankert sind, werden sie durch kräftige
                              									Stahlanker von 69 mm Durchmesser versteift. Die ebenfalls ebenen Decken der
                              									Heizkammern werden durch kräftige Deckenträger versteift. Die ganze Länge eines
                              									Kessels beträgt 3,5 m und das Gewicht etwa 60000 kg.
                           Bei dem grossen Durchmesser von 4,8 m und dem erheblichen Gewicht machte der
                              									Transport der beiden Kessel mit der Eisenbahn oder mit einem Kesseltransportwagen
                              									grosse Schwierigkeiten. Man entschloss sich daher, einen anderen, eigenartigen
                              									Transport zu wählen.
                           Zuerst wurden die beiden Kessel ähnlich einer Strassenwalze durch die Stadt Altona
                              									nach dem Elbufer gerollt; hierselbst wurden sie gegen das Wasser abgedichtet, vom
                              									Elbstrand ins Wasser gerollt und hierauf, im Wasser schwimmend, mittels
                              									Schleppdampfers nach Hamburg unter den Riesenkrahn bugsiert, woselbst die Kessel in
                              									bereitstehende Leichter gesetzt und alsdann dem Bestimmungsorte Bremerhaven
                              									zugeführt wurden.
                           Bei der achtstündigen Probefahrt lieferten die beiden Kessel Dampf von 13 Atm. für
                              									1584 PSi. Das Gewicht der Armatur, Garnitur, Rauchkammer und Bekleidung beträgt für
                              									einen Kessel etwa 10000 kg.
                           Der Feuerröhrenkessel eignet sich infolge seiner geringen Raumbeanspruchung und
                              									infolge seines relativ kleinen Gewichtes vor allen Dingen für alle beweglichen
                              									Kesselanlagen, für Schiebebühnen, Schwenk- und Hebevorrichtungen und besonders für
                              									Lokomobilen.
                           Die ersten Lokomobilen wurden in England gebaut. Bei dem Bedürfnis der Landwirtschaft
                              									nach einem billigen und bequemen Krafterzeuger, fand die Lokomobile auch in
                              									Deutschland eine schnelle Verbreitung. Die naturgemässe Folge war die Entwickelung
                              									des deutschen Lokomobilbaues, die bald zu einer Ueberflügelung des englischen
                              									führte.
                           Wenn nun auch dieses erfreuliche Ergebnis hauptsächlich durch die Verbesserung an der
                              									Lokomobildampfmaschine, nämlich durch die Einführung der Expansionsregulierung an
                              									Stelle der Drosselung, durch die Verwertung der Verbundwirkung bei hoher
                              									Dampfspannung, durch den Einbau des Zylinders in den Dampfraum u.s.w. erreicht
                              									wurde, so kommen doch auch Verbesserungen am Lokomobilkessel in betracht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 791
                              Dampfkessel mit ausziehbarem Röhrensystem von Wolf.
                              
                           In dieser Beziehung sind vor allen Dingen die zuerst von Hoppe-Berlin eingeführten zylindrischen Feuerbüchsen zu erwähnen, welche
                              									jede besondere Verankerung überflüssig machen und auch die Möglichkeit lassen, das
                              									ganze Röhrenbündel ausziehbar zu gestalten.
                           Die früher allgemein und jetzt noch in England vielfach gebräuchlichen prismatischen
                              									Feuerbüchsen haben allerdings auch ihre Vorteile, die in dem grossen Feuerraum, in
                              									der grossen direkten und daher sehr wirksamen Heizfläche und in der tieferen Lage
                              									des Schwerpunktes zu suchen sind. Die zuerst erwähnten Vorteile werden bei
                              									geringwertigem Brennstoff willkommen sein, während die tiefere Lage des
                              									Schwerpunktes bei fahrbaren Lokomobilen einen günstigen Einfluss gewinnt.
                           Dem gegenüber sind aber auch schwerwiegende Nachteile anzuführen.
                           Die prismatische Feuerbüchse muss wegen der ebenen Wände viel stärkere Blechdicken
                              									erhalten. Die Wände sind ausserdem durch Stehbolzen und Deckenträger zu verankern,
                              									was nicht nur teuer ist, sondern auch die Innenreinigung fast unmöglich macht. Die
                              									Feuerthür liegt gewöhnlich sehr hoch, was die Beschickung erschwert. Der Rost kann
                              									nicht gut übersehen werden, die Schlacke lässt sich schwer entfernen.
                           Bei zylindrischen Feuerbüchsen kommt jede Verankerung in Wegfall; die Reinigung des
                              									Kessels ist bequem ausführbar 
                              									und wird durch die Ausziehbarkeit des Röhrensystems noch weiter erleichtert.
                              									Bei Verwendung eines Reserveröhrensystems kann auch jede grössere
                              									Betriebsunterbrechung infolge der Kesselreinigung vermieden werden. Der Rost bleibt
                              									leicht zugänglich, kann gut übersehen und abgeschlackt werden.
                           Einen Dampfkessel mit ausziehbarem Röhrensystem nach den Ausführungen von R. Wolf, Magdeburg-Buckau, zeigen die Fig. 105 und 106. Dieser
                              									Kessel ist mit Einmauerung versehen. Die Heizgase werden nach dem Verlassen der
                              									Heizröhren in zwei gemauerte Seitenzüge geführt, wo sie den Kesselmantel
                              									bestreichen. Fig. 107 zeigt denselben Kessel ohne
                              									besondere Einmauerung, nur mit Wärmeschutzmasse bekleidet. Das Röhrensystem ist
                              
                              									herausgezogen gezeichnet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 792
                              Fig. 107. Dampfkessel mit ausziehbarem Röhrensystem von Wolf.
                              
                           Die vordere Stirnwand wird mit Kopfschrauben und Muttern mit dem vorderen
                              									Winkeleisenring verbunden. Die hintere Stirnwand des Röhrensystems ist mit
                              									Stiftschrauben versehen, die in die hintere Stirnwand des Kessels eingeschraubt
                              									werden. Die Längs- und Rundnähte des Mantels sind zweireihig und überlappt
                              									genietet.
                           Die Firma Heinrich Lanz, Mannheim, baut Lokomobilkessel,
                              									bei denen die Feuerbüchse durch ein Wellrohr gebildet wird. Ueber die Vorteile der
                              									Wellrohre wurde schon bei der Besprechung der Flammrohrkessel das Wichtigste
                              									erwähnt. Beim Lokomobilkessel ist noch hervorzuheben, dass infolge der grösseren
                              									Elastizität des Wellrohres die Befestigungsstellen der Heizröhren weniger durch die
                              									Wärmeausdehnungen zu leiden haben. Auch bei dem Kessel von Lanz ist das Röhrensystem ausziehbar.
                           Fig. 108 stellt einen ausziehbaren Lokomobilkessel mit
                              									Treppenrostvorfeuerung für Braunkohle dar, der für die Cons.
                                 										Grünberger Gruben, Grünberg i. Schl., von A.
                                 										Leinweber und Co., Gleiwitz, geliefert wurde.
                           Der Kessel hat 40 qm Heizfläche, ist für 8 atm. Ueberdruck gebaut und ist ohne
                              									Einmauerung nur mit Bekleidung der Mantelfläche montiert. Der Treppenrost ist 1,955
                              									m lang und 1 m breit, der Schlackenrost kann vorgezogen werden. Die Feuerbrücke
                              									steigt senkrecht auf und auch das Deckengewölbe des Feuerraumes sucht nicht die
                              									oben entwickelten Heizgase auf den Rost herunter zu drücken, sondern liegt
                              
                              									horizontal. Da der Heizkanal bis zur Feuerbüchse genügend lang ist, so wird
                              									jedenfalls eine vollkommene Verbrennung der Kohlenwasserstoffgase erreicht werden,
                              									bevor die Abkühlung an den Heizflächen eintritt. Für die Haltbarkeit des
                              									Treppenrostes ist diese Art der Flammenhaltung im Feuerraum vorteilhaft, für die
                              									Verbrennung würde sie aber bei kürzeren Kanälen nachteilig werden können.
                           Die Feuerbüchse hat 1 m Durchmesser und 15 mm Wandstärke; die beiden Rohrwände sind
                              									25 mm stark und durch vier 1½zöllige Rundanker versteift; es sind 70 Rohre von 70 mm
                              									äusserem Durchmesser eingezogen. Der Mantel hat 1,55 m Durchmesser, 12,5 mm
                              									Wandstärke und ist aus drei Schüssen zusammengesetzt. Die Stirnböden haben 22 mm
                              
                              									Stärke und sind oben durch aufgenietete -Eisen versteift. Das ausziehbare
                              									Rohrsystem wird vorn durch 70 Kopfschrauben von 1 Zoll Stärke, hinten durch 48
                              									Stiftschrauben von ⅞ Zoll Stärke befestigt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 792
                              Fig. 108. Ausziehbarer Lokomobilkessel von Leinweber.
                              
                           Beim Ausziehen des Röhrensystems ist es natürlich auch notwendig, den oberen Teil der
                              									feuerfesten Mauerung zu entfernen. Um diese Arbeit zu erleichtern und auch um die
                              									Haltbarkeit der frei stehenden Mauerung zu erhöhen, ist dieser Teil mit Eisenblechen
                              									eingekleidet, so dass ein Abheben und Beiseitesetzen des Mauerkörpers leichter
                              									ausgeführt werden kann. Zum Schutze gegen Wärmeausstrahlung ist das feuerfeste
                              									Gewölbe noch mit Wärmeschutzmasse umgeben. – Für grosse Heizflächen und besonders
                              
                              									für Anlagen mit wechselnder Dampfentnahme wird der Feuerröhrenkessel mit den
                              									üblichen Grosswasserraumkesseln kombiniert. Gewöhnlich liegt der
                              									Grosswasserraumkessel, ein Walzen- oder Flammrohrkessel, unten, der
                              									Feuerröhrenkessel oben. Die entgegengesetzte Anordnung findet meistens nur
                              									Anwendung, wenn die Feuerung relativ hoch gegenüber dem Kessel liegt, da man die
                              									Feuerung gern unmittelbar mit dem Grosswasserraum kombiniert und den Heizrohrkessel
                              									mehr in den zweiten oder gar dritten Feuerzug legt.
                           Da der Feuerrohrkessel wegen der Biegungsbeanspruchung der dünnen freiliegenden
                              
                              									Heizröhren nicht sehr lang gebaut werden kann, so wählt man auch die Länge der damit
                              									kombinierten Grosswasserraumkessel nicht sehr gross; infolgedessen nehmen die
                              									kombinierten Feuerröhrenkessel in der Höhe meisst einen bedeutenden, in der Länge
                              									dagegen nur einen geringen Raum ein. Allerdings ist vor oder hinter dem Kessel noch
                              									ein genügender Raum freizulassen, der das Reinigen der Feuerröhren ermöglicht.
                           
                           Die Vereinigung eines Walzenkessels mit einem Feuerrohrkessel ist in den Fig.
                                 
                                 										109–110 dargestellt. Es handelt sich hierbei um eine Kesselanlage, die von
                              										W. Fitzner, Laurahütte, für die Karsten-Centrum-Grube der Schlesischen Aktien-Ges. für
                                 										Bergbau und Zinkhüttenbetrieb in Lupine gebaut wurde. Die wichtigsten
                              									Verhältnisse dieser Anlage sind im folgenden zusammengestellt und zwar beziehen sich
                              									sämtliche Angaben auf einen Kessel:
                           
                              
                                 Heizfläche
                                 216,5  qm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                     4,6    „
                                 
                              
                                 Verdampfungs-Oberfläche
                                   22,2    „
                                 
                              
                                 Gesamter Rohrquerschnitt
                                     0,86  „
                                 
                              
                                 Wasserraum
                                   27,2 cbm
                                 
                              
                                 Dampfraum einschl. Dampftrockner
                                   10,6    „
                                 
                              
                                 Dampfspannung
                                     9      kg
                                 
                              
                                 Verhältnis von Rostfläche zur Heizfläche
                                    1 : 47
                                 
                              
                                 Verhältnis von Rohrquerschnitt zur Rostfläche
                                    1 : 5,3
                                 
                              
                           Der Unterkessel ist ein einfacher Walzenkessel von 2 m Durchmesser und 17 mm bezw. 16
                              									mm Wandstärke, gewölbten Böden von 26 mm Dicke und mit zwei Stutzen versehen, von
                              									denen der vordere zur Befestigung der Wasserstandsanzeiger, der hintere als
                              									Schlammsammler und zum Abblasen des Kessels dient.
                           Da der Kessel als Doppeldampfraumkessel gebaut ist, so ist sowohl der Unter- wie der
                              									Oberkessel mit besonderer Speiseleitung versehen. Das gemeinsame Speiserohr steigt
                              										(Fig.
                                 										109) aus der Flurhöhe des Kesselhauses heraus und verzweigt sich bei B. Die Leitung für den Unterkessel geht hier durch das
                              									Mauerwerk und dringt in den Kessel bis an das hintere Ende ein. Hierdurch soll
                              									einerseits die Wasserzirkulation im Unterkessel gefördert werden, indem das kältere
                              									Wasser hinten heruntersinkt, das wärmere Wasser dagegen vorn über der Feuerplatte
                              									emporsteigt; andererseits soll jedoch auch die Schlammabscheidung in die Nähe des
                              									Schlammsackes gelegt und möglichst von der Feuerplatte ferngehalten werden. Der
                              
                              									hinten angesammelte Schlamm kann dann durch öfteres Abblasen entfernt werden.
                           Der Unterkessel ruht vorn mit dem Wasserstandsstutzen auf dem im Mauerwerk
                              									eingelassenen ⌶-Träger; ausserdem wird der Kessel durch fünf Winkeleisenträger, die
                              
                              									oben auf den Mantel aufgenietet sind und seitlich auf eingemauerte Eisenbahnschienen
                              									aufliegen, getragen.
                           Der Oberkessel hat 2,4 m Durchmesser und 18 mm Wandstärke; die gewölbten Böden haben
                              									auch hier 25 mm Stärke. Am vorderen Boden sind zwei Stutzen eingenietet; der obere
                              									als Wasserstandsstutzen, der untere als Entwässerungsstutzen.
                           An dieser Stelle sei gleich auf einen Uebelstand hingewiesen, der sich bei der
                              									Anbringung des Entwässerungsstutzens an Feuerröhrenkessel häufiger bemerkbar
                              									macht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 793
                              Walzenkessel mit Feuerrohr kombiniert von Fitzner.
                              
                           Da bei diesen kombinierten Kesseln gewöhnlich beide Rohrböden und der untere
                              									Teil des Mantels von den Heizgasen bestrichen werden, so ist es schwer, den an
                              									tiefster Stelle befindlichen und sich leicht mit Schlamm füllenden
                              									Entleerungsstutzen der Einwirkung der Heizgase zu entziehen. Bei Flammrohrkesseln
                              									wird man den Stutzen vorn anbringen, da sich hier der Stutzen leicht ausserhalb der
                              									Feuerzüge anordnen lässt. Bei Feuerröhrenkesseln ist es das beste, wenn auch nicht
                              									das billigste, einen Stutzen von grosser Weite mit einem Rohrboden zu vernieten und
                              									den Stutzen durch das Mauerwerk zu führen, um ausserhalb das Entwässerungsventil mit
                              									der Leitung anschliessen zu können, wie es aus den Fig. 109 und 110 zu
                              
                              									ersehen ist. Entschliesst man sich jedoch, die Anordnung nach Fig. 111 zu wählen, so ist für eine gute konstruktive
                              									Durchbildung und Ausführung der Verbindung und für eine entsprechende Einmauerung zu
                              									sorgen, besonders wenn die Konstruktion im ersten oder zweiten Zuge liegt.
                              									Anderenfalls ist man vor Unglücksfällen nicht sicher, wie dies aus nachstehendem
                              									Bericht hervorgeht, der in der Zeitschr. des Bayer.
                                 										Dampfkessel-Revisions-Vereins, 1898 Nr. 4 veröffentlicht wurde:
                           
                              „Ein liegender Heizröhrenkessel mit Unterfeuerung (Fig.
                                    											111) entleerte sich eines Tages während des Betriebes ohne
                                 										vorausgegangene Anzeichen binnen kurzer Zeit; das mit lautem Getöse in den
                                 										ersten Feuerzug brausende Kesselwasser löschte das Feuer auf dem Rost sofort
                                 										aus, wodurch wenigstens ein weiterer, durch Wassermangel bedingter Schaden nicht
                                 										entstehen konnte. Glücklicherweise befand sich der Kesselwärter zur kritischen
                                 										Zeit nicht in nächster Nähe des Kessels, weshalb er vor dem Verbrühen durch das
                                 										heisse Kesselwasser bewahrt blieb.“
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 793
                              Fig. 111.
                              
                           Bei näherer Untersuchung des Kessels zeigte sich, dass das im ersten Feuerzug
                              									befindliche, am hinteren Ende des Kesselmantels angeschraubte kupferne Ablassrohr
                              									aus seiner Flansche herausgedrückt worden war und durch die dadurch frei gewordene
                              									Oeffnung die eingangs erwähnte Entleerung erfolgte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 317, S. 793
                              Fig. 112.
                              
                           Wie aus Fig. 112 ersichtlich, war die betreffende
                              									Flansche nicht unmittelbar auf das Rohrende selbst aufgelötet, sondern 
                              									auf einen schmalen Bund, der durch Lötung und Umbordung des Rohrendes an
                              									letzterem befestigt war. Zur Erzielung einer ebenen Dichtungsfläche war ausserdem
                              									noch am Kesselmantel selbst eine Flansche aufgenietet, mit welcher die Rohrflansche
                              									verschraubt war. Diese Verbindung, welche infolge der Zwischenflansche vom
                              									Kesselmantel schon ziemlich abstand und schon deshalb vom Kesselwasser nur wenig
                              									gekühlt wurde, war ohne jeden Schutz der unmittelbaren Einwirkung der hier noch sehr
                              									heissen Heizgase ausgesetzt, was um so bedenklicher ist, als eine Kühlung von innen
                              									wegen des im Rohr sich ansammelnden Schlammes und Kesselsteins allmälig aufhören
                              
                              									muss.
                           Hieraus erklärt sich zur Genüge, dass infolge dieser starken Erhitzung das Lot
                              									zwischen der Flansche f und dem Bunde b (Fig. 112)
                              									herausschmelzen und die Trennung erfolgen konnte.
                           Derartige Rohrleitungen in den Feuerzügen sind überhaupt zu vermeiden, was in den
                              									meisten Fällen ohne Schwierigkeit möglich ist und bei dem fraglichen Kessel z.B. nur
                              									ein Versetzen des Ablassrohres nach dem vorderen Boden erfordert hätte. Auch aus
                              									anderen Gründen, wie Zerstörung des Kupfers durch die in den Heizgasen vorhandene
                              									schweflige Säure, leichtes Aufgehen gelöteter Rohrnähte, Herausbrennen von
                              									Verpackungen und dergl., sind derartige Ausführungen verwerflich. Sind solche aber
                              
                              									einmal vorhanden, oder nicht zu umgehen, so muss das Ablassrohr durch Mauerwerk vor
                              									der Einwirkung der Heizgase zuverlässig geschützt werden.
                           Der Oberkessel (Fig. 109 bis 110) wird von 126
                              									Siederöhren mit 95 mm äusserem Durchmesser durchzogen. Beide Kessel sind durch einen
                              									900 mm weiten Stutzen miteinander vernietet. Der Stutzen gehört zu) Wasserraum des
                              									Oberkessels und wird von zwei Rohrleitungen durchdrungen. Die weitere Rohrleitung
                              									von 200 mm Lichtweite verbindet beide Dampfräume; die engere Leitung von 121 mm
                              									äusserem Durchmesser dient als Ueberlaufrohr, so dass gewöhnlich nur in den
                              									Oberkessel gespeist zu werden braucht. Der Oberkessel ist neben den üblichen
                              									Wasserstandsanzeigern noch mit einem Schwimmer versehen, der auf einen drehbaren
                              									Zeiger wirkt. Die Speiseleitung mündet bei C in den
                              									Röhrenkessel.
                           Der Oberkessel ruht hinten mit dem Mantel auf dem eingemauerten ⌶-Träger und ist
                              									ausserdem in ähnlicher Weise wie der Unterkessel durch Eckwinkel, die am Mantel
                              									angenietet sind, unterstützt.
                           Der Planrost liegt unter dem Unterkessel; der Aschenfall kann vom Kanal D aus in bereitstehende Wagen entleert werden. Die
                              									Reinigung der unteren Rostspalten erfolgt jedoch vom Heizerstande aus durch die
                              									Aschenfallthüren. Der Flugaschenfang E kann vom Kanal
                              
                              										D aus gereinigt werden, auch können von hier aus
                              									die Feuerzüge befahren werden. Die Heizgasführung ist folgende:
                           Erster Zug: Mantel und hinterer Boden des Unterkessels.
                           Zweiter Zug: Mantel und vorderer Boden des Oberkessels.
                           Dritter Zug: Die Feuerröhren.
                           Im Fuchs ist ein Dampftrockner eingebaut, dessen Wirkung freilich nicht sehr
                              									bedeutend sein kann. Der erzeugte gesättigte Dampf hat eine Temperatur von rund 180°
                              									C. Die Heizgase, welche in den Fuchs treten, dürften aber bei der relativ grossen
                              									Heizfläche gegenüber der Rostfläche (47 : 1) stark abgekühlt sein, so dass keine
                              									erhebliche Temperaturdifferenz zur Wirkung kommen kann. Aber wenn auch eine grössere
                              									Temperaturdifferenz vorhanden wäre, so würden doch bei dem kompakten Dampftrockner
                              									nur die äusseren Dampfschichten eine gewisse Trocknung erfahren. Bekanntlich ist man
                              									bei der Konstruktion der Dampfüberhitzer bemüht, den Dampf in viele dünne Bündel zu
                              									zerlegen, weil sonst die Wärmeaufnahme des Dampfes eine sehr geringe ist.
                           Schliesslich wäre es auch günstiger gewesen, den Dampf bis nach unten in den
                              
                              									Dampftrockner einzuführen. Da die beiden Stutzen für den Ein- und Ausgang des
                              									Dampfes hoch oben ausserhalb der Heizung und einander direkt gegenüber liegen, so
                              									wird bei der hohen Dampfgeschwindigkeit der Dampfstrahl mit dem mechanisch
                              									beigemischten Wasser einfach durch den oberen Teil des Dampftrockners hindurchgehen
                              									und von dem unteren geheizten Dampfsack nur wenig Wärme empfangen. Es ist sogar
                              									nicht ausgeschlossen, dass die herausragenden, wenn auch gut verkleideten Flächen
                              									des Dampftrockners mehr Wärme nach aussen abgeben, als ihnen von unten bei der
                              									geringen Wärmeleitfähigkeit des Dampfes zugeführt wird. Wahrscheinlich wäre es
                              									günstiger gewesen, die Fuchswärme durch einen röhrenförmigen Speisewasservorwärmer
                              									auszunutzen, wenn man auf diesen Gewinn nicht überhaupt zu Gunsten der
                              									Schornsteinwirkung verzichten wollte.
                           Die Reinigung der Heizröhren erfolgt durch Thüren von der auf dem vorderen Teil des
                              									Unterkessels ruhenden Bühne.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)