| Titel: | Schwefel im Eisen. | 
| Autor: | Ernst Schott | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 46 | 
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                        Schwefel im Eisen.
                        Schwefel im Eisen.
                        
                     
                        
                           Der schädliche Einfluss, den bereits geringe Mengen von Schwefel auf Eisen
                              									ausüben, und der Einfluss des Mangans, diesen Einfluss zu schwächen, haben H. Le
                                    											Chatelier und M. Ziegler veranlagst
                              									zu einer Reihe von Studien, deren Ergebnisse in dem Bulletin de la Société
                                    											d'Encouragement vom 30. September 02 S. 396 u. f.
                              									veröffentlicht sind.
                           Kristallisiertes Schwefeleisen findet man in der Natur als Pyrit, FeS2, der beim
                              									Erhitzen schon bei ziemlich niedriger Temperatur mehr als die Hälfte seines
                              									Schwefelgehaltes abzugeben vermag. Diese Art Schwefeleisen findet sich in
                              									technischen Eisensorten nicht vor. Technisch gewinnt man Schwefeleisen, das als
                              									Ausgangsprodukt für die Darstellung von Schwefelwasserstoff in Laboratorien dient,
                              									indem man Schwefel oder Pyrit mit metallischem Eisen zusammenschmilzt.
                           Niedere Sulfide des Eisens herzustellen hat man vielfach versucht, doch hat man nach
                              									neueren Untersuchungen immer Gemenge von Schwefeleisen mit metallischem Eisen
                              									erhalten.
                           Die chemische Untersuchung von geschmolzenem Schwefeleisen, wie man es bei den
                              									Händlern chemischer Produkte erhält, ergab eine Zusammensetzung desselben nach
                              									folgenden Molekularverhältnissen FeS0,75 – FeS0,8. Beim Lösen des feingepulvertenMaterials in
                              									Bromwasser blieb ein Rückstand, der je nach dem jeweiligen Ausgangsmaterial
                              									verschieden gross war.
                           Die metallographische Untersuchung liess schon auf der ungeätzten Schlifffläche
                              									erkennen, dass in dem Handelsschwefeleisen 3 verschiedene Bestandteile auftreten, 1.
                              									gelbe Körner, die die Hauptmasse ausmachen und Schwefeleisen sind, 2.
                              									metallglänzende Gefügeteile, die sich als metallisches Eisen auswiesen, 3. ein
                              									perlitartiger Körper, der sich zwischen die gelben Körner, seltener zwischen das
                              									metallische Eisen einlagert und aus Lamellen von Schwefeleisen und einem weiteren
                              									Bestandteil, welcher nach späteren Angaben eine Eisensauerstoffverbindung ist,
                              									besteht.
                           Das gewöhnliche Schwefeleisen giebt bei 950° eine leichtflüssige Schmelze. Während
                              
                              									des Schmelzens wird eine gewisse Menge Gas frei und nach dem vollständigen Schmelzen
                              									bleibt infolgedessen ein Rückstand, der bis zu 10 v. H, ausmachen kann. Die
                              									Gasentwicklung macht sich auch in den Schmelzkönigen in Form von Hohlräumen
                              									bemerkbar. Wenn man nun das Sulfid durch Alkalisalzschmelzdecken vor Oxydation
                              									schützt, so erhält man einen blasenfreien Regulus, der jedoch im erstarrten
                              									Zustande an feuchter Luft langsam, hei Berührung mit Wasser sofort zu Pulver
                              									zerfällt. Auf diesen Zerfall folgt langsame Oxydation, die sich durch
                              									Gewichtszunahme der Masse verrät, und mit der Dauer zunimmt, wie nachstehende Werte
                              									zeigen:
                           
                              
                                 Anzahl der Tage:
                                 3
                                 5
                                 10
                                 20
                                 29
                                 40
                                 
                              
                                 Gewichtszunahme i. H.
                                 2,77
                                 4,41
                                   5,65
                                   6,69
                                   7,70
                                   8,44
                                 
                              
                           Es hat sich ein Gemenge von Eisensesquioxyd und Schwefel gebildet, das auch noch
                              									Eisenoxydulsulfat und Kochsalz (wahrscheinlich von der Schmelzdecke) enthält.
                           Die Ausdehnung durch Erwärmung wurde bei verschiedenen Temperaturen bestimmt. Zu
                              									diesem Zwecke wurden Stäbchen aus Schwefeleisen hergestellt und deren Ausdehnung
                              									verglichen mit der von Porzellanstäbchen, wobei sich folgende Ausdehnungen in
                              									Hundertteilen der ursprünglichen Länge ergaben:
                           
                              
                                 Temperaturen:
                                 120
                                 190     240
                                 265
                                 400
                                 650
                                 
                              
                                 Längenzunahme:
                                 0,09
                                 0,00 – 0,06
                                 0,00
                                 0,35
                                 0,85
                                 
                              
                           Die Verfasser geben noch weitere Untersuchungen in dieser Richtung an, deren
                              									Ergebnisse in der Quelle durch Schaulinien wiedergegeben sind.
                           Bei der Erhitzung giebt Pyrit Schwefel ab und zwar um so mehr, je höher die Probe
                              									erhitzt wurde. Das Ergebnis eines der veranstalteten Versuche ist wie folgt
                              									angegeben:
                           
                              
                                 
                                 Erhitzt auf
                                 
                              
                                 
                                 1200°
                                 1500°
                                 
                              
                                 Eisen
                                   61,5
                                   79
                                 
                              
                                 Schwefel
                                   35,5
                                   21,7
                                 
                              
                                 Unlöslicher Rückstand
                                     3,6
                                     0,3
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––
                                 
                              
                                 Zusammen
                                 100,6
                                 101,0
                                 
                              
                                 Aequivalentformel
                                 
                                    FeS
                                    1,01
                                    
                                 
                                    FeS
                                    0,48
                                    
                                 
                              
                           Bei 1200° erhält man ein Produkt, das am beständigsten ist und von den Verfassern als
                              									Protosulfid (protosulfure) bezeichnet wird, Es zeigt unter dem Mikroskop fast
                              									ausschliesslich den erwähnten gelben Bestandteil im Gefüge, der dem geschmolzenen
                              									Schwefeleisen eigentümlich ist. Bei höherer Temperatur erhält man schwefelärmere
                              									Produkte, die bisher als Subsulfide bezeichnet wurden; sie erweisen sich aber
                              									metallographisch als Gemenge des eben genannten Protosulfids mit metallischem Eisen.
                              									Der Gehalt an dem perlitartigen Gefügebestandteil, der eingangs erläutert wurde,
                              									nimmt mit wachsender Erzeugungstemperatur ab und wird bei etwa 1500° beinahe
                              									Null.
                           Erhitzt man das Sulfid an der Luft, so oxydiert sich ein Teil des Schwefels zu
                              									schwefliger Säure, während das Eisen in eine Oxydstufe übergeht. Dieses mengt sich
                              									dem noch vorhandenen Schwefeleisen bei und man erhält ein Produkt, das dem
                              									käuflichen Schwefeleisen sehr nahe steht oder demselben gleich zu erachten ist.
                              									Darin kommt alsdann auch der in dem Handelsprodukte beobachtete graue Gemengteil des
                              									perlitartigen Körpers vor, der demnach aus Eisenoxydul besteht. Behandelt man dieses
                              									Produkt mit Brom, so erhält man ebenso wie beim käuflichen Schwefeleisen bedeutende
                              									Mengen unlöslichen Rückstandes wie folgendes Beispiel zeigt:
                           
                              
                                 Schwefel
                                 10,61%
                                 
                              
                                 Eisen
                                 27,89%
                                 
                              
                                 Unlöslicher Rückstand
                                 61,24%
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 Zusammen
                                 99,74%
                                 
                              
                           Der graue Bestandteil scheint jedoch nicht gleichmässig zusammengesetzt zu sein, da
                              									sich auf demselben beim Aetzen mit Kupfersulfat metallisches Kupfer ausscheidet. Die
                              									Verfasser sehen es als ein Gemenge von Eisenoxydul mit metallischem Eisen an, worin
                              									letzeres so fein verteilt ist, dass man es mit den gebräuchlichen mikroskopischen
                              									Vergrösserungen nicht dem Auge wahrnehmbar machen kann, oder, wenn man diese Deutung
                              									nicht als zulässig erachtet, es stellt eine feste Lösung von metallischem Eisen in
                              									Eisenoxydul dar, die die Eigenschaften beider in sich vereinigt.
                           Auf diese Einschlüsse wirkt im geschmolzenen Zustande des Schwefeleisens Wasserstoff
                              									und Schwefelwasserstoff reduzierend.
                           Beim Erhitzen kann man Schwefeleisen zur Dissociation bringen und zwar Schwefeleisen
                              									als solches nach der Reaktionsgleichung
                           2FeS = 2Fe +
                                 										S2,
                           wobei der Schwefel als solcher gasförmig entweicht, es
                              									kann aber auch zur Reaktion des im käuflichen Schwefeleisen enthaltenen Oxyduls
                              									kommen, wobei nach der Reaktionsgleichung
                           FeS + 2FeO = 3Fe + SO2
                           schweflige Säure frei wird.
                           Beobachtet man den Erstarrungsvorgang des ternären Gemisches FeS–FeO–Fe, wie es das käufliche Produkt darstellt, so bemerkt man zuerst
                              									die Ausscheidung von metallischem Eisen, in Form hexagonaler Krystalliten, dann
                              									scheiden sich nach einander die anderen beiden Bestandteile aus und es bleibt eine
                              									Mutterlauge, das Eutectikum, das schliesslich sich als perlitartiger Körper,
                              									bestehend aus Schwefeleisen und dem Oxydul, das in sich metallisches Eisen, wie
                              									erwähnt, aufnimmt.
                           Eine interessante Widerlegung erfahren bisher allgemein als gültig angenommene
                              									Versuche der englischen Forscher Campbell und Prof. Arnold in Sheffield. Diese haben durch bisher nicht
                              									wiederholte Versuche nachzuweisen gesucht, dass der Schwefel bzw. das Schwefeleisen
                              									imstande seien, durch das Eisen hindurchzuwandern, ohne dass sie in beträchtlichen
                              									Mengen in dem Metall zurückgehalten würden. Die Verfasser haben nun diese Versuche
                              									in den verschiedensten Weisen sorgfältig wiederholt. Hierbei hat sich
                              									herausgestellt, dass bei allen diesen Versuchen, bei denen der Schwefel, ebenso wie
                              									bei Campbell und Arnold,
                              									in dem Hohlraum eines verschraubten Eisenblöckchens mit dem Metall einer höheren
                              									Temperatur ausgesetzt wurde, der Hauptteil oder die gesammte Menge des Schwefels
                              									durch die winzigen Zwischenräume der aufs sorgfältigste hergestellten
                              									Verschraubungen entweicht, bei der hohen Temperatur also überhaupt nicht oder nur
                              									zum geringsten Bruchteil mit dem Eisen in Reaktion tritt. Die Erhitzungen haben auf
                              									die von den früheren Autoren angewandte Weise und auch, zur Vermeidung jeglicher
                              									Oxydation in geschmolzenem Kochsalzbad stattgefunden, es ist aber jedesmal fast kein
                              									Schwefeleisen entstanden, sondern immer das gleiche Ergebnis erzielt worden. Sobald
                              									die Möglichkeit vorhanden war, dass sich der Schwefel oxydieren konnte, entstand
                              									schweflige Säure, die bei der hohen Temperatur eine hohe Spannung hatte und sich,
                              									wenn irgend angängig, einen Ausweg suchte, besonders bildete sich aber schweflige
                              									Säure in beträchtlichen Mengen, wenn man, wie Campbell
                              									Oxydsulfid anwandte, – welches praktisch ein Gemenge von Schwefeleisen mit
                              									Eisenoxydul ist.
                           Die weiteren Untersuchungen beider Forscher beziehen sich auf den Zustand des
                              									Schwefels in kohlenstoffarmen Eisensorten, die besonders hergestellt wurden. Die
                              
                              									erste Reihe Proben wurde nach dem Goldschmidtschen
                              									Verfahren durch Aluminium aus einem Gemisch von Eisenoxyd und Calciumsulfat
                              									gewonnen, wobei beabsichtigt war, dass die Schmelzkönige 1–5% Schwefel enthalten
                              									sollten. Die erhaltenen Schmelzen entsprachen jedoch nicht ganz den berechneten; wie
                              									sich auch durch die Analysen, die deswegen jedesmal angestellt wurden,
                              									herausstellte. Das zweite Verfahren bestand darin, dass man Schwefeleisen mit
                              									metallischem Eisen in Acetylen-Sauerstoff-Gebläse, in welchem man bei reduzierender,
                              									neutraler oder oxydierender Flamme fast gleichhohe Hitzegrade (4000 Grad nach Angabe
                              									der Verf.) zu erzielen vermag, zusammenschmilzt. Die auf beide Arten erhaltenen
                              									Schmelzkönige zeigten ähnliches Aussehen. Schon bei den niedrigen Gehalten an
                              									Schwefel erkennt man auf den polierten Stücken rundliche Flecken von Schwefeleisen,
                              									das mit wenig eutektischer Mischung vermengt erscheint, diese Flecke nehmen bei den
                              									höheren Schwefelgehalten an Grösse zu und bilden netzartige Nester, deren
                              									Schmelzpunkt zu 950° angegeben wird und die sowohl in der Kälte als besonders bei
                              									höheren Temperaturen schädliche Einwirkungen auf die Eigenschaften des Eisens
                              									ausüben.
                           Fünfprozentige alkoholische Pitrinsäurelösung ätzt besonders das Schwefeleisen in
                              									solchen Schmelzen stark an.
                           Da es den Hüttenleuten bekannt ist, dass Mangan in besonders hohem Masse die
                              									schädlichen Einflüsse des Schwefels auf das Flusseisen aufzuheben vermag, haben die
                              									beiden Forscher auch darüber Versuche angestellt. Aus ihnen geht hervor, dass der
                              									Schmelzpunkt des Schwefelmangans wesentlich höher als der des Schwefeleisens und,
                              									wie sie mitteilen, auch über denen des Mangans und Eisens liegen.
                           Das Schwefelmangan ist im Mangan selbst sehr wenig löslich. Diese Unschmelzbarkeit
                              									und Unlöslichkeit machen das Schwefelmangan demnach besonders geeignet zur Entschwefelung des Eisens.
                              									Die über diesen Prozess angestellten Versuche haben nun aber nicht ganz genau diese
                              									Angaben bewahrheitet, da sich der Schwefel in den nach den obenerwähnten Methoden
                              									gewonnenen Schmelzkönigen auf das Mangan und das Eisen gleichzeitig verteilte, es
                              									ist aber bei der geringen Grösse der Schmelzkönige wahrscheinlich, dass die dabei
                              									auftretende rasche Abkühlung eine grosse Rolle spielte. Jedenfalls ist es von
                              									Wichtigkeit, diese Versuche an Blöcken zu wiederholen, die den Verhältnissen der
                              									Praxis entsprechen.
                           Zum Schlusse sprechen die beiden Forscher über den Einfluss des Schwefels auf
                              									Nickeleisenlegierungen, in denen ein Schwefelgehalt besonders schädliche Einflüsse
                              									auszuübenvermag. Es ist ein Schwefelnickel bekannt, das die Zusammensetzung NiS hat. Das ebenfalls bekannte Subsulfid NiS2 erwies
                              									sich, da NiS nicht von Aetzmitteln angegriffen wird,
                              									während das dabei anwesende Metall Aetzung zeigt, als ein inniges Gemenge von NiS und metallischem Nickel-Ferronickel mit 25% Nickel
                              									und 1% Mangan, zeigt den Schwefel an Mangan gebunden, wie aus der der Arbeit
                              									beigegebenen Photographie hervorgeht.
                           Die Arbeit ist durch viele Lichtbilder erläutert und bezieht sich nicht auf
                              									kohlenstoffhaltige Legierungen, wie sie in der Praxis zumeist und meist mit
                              									wesentlich anderen Abkühlungsverhältnissen dargestellt werden, wodurch natürlich
                              									auch andere Verhältnisse sich in den dabei zu erzielenden metallographischen
                              									Ergebnissen abspiegeln werden.
                           
                              Ernst
                                    											Schott.