| Titel: | Die Entwicklung der Glasblasemaschine. | 
| Autor: | Wendler | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 105 | 
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                        Die Entwicklung der
                           								Glasblasemaschine.
                        Von Dr. Wendler,
                           									Charlottenburg.
                        Die Entwicklung der Glasblasemaschine.
                        
                     
                        
                           In den letzten Jahren hat die Frage des maschinellen Glasblasens auch in
                              									Deutschland praktische Bedeutung gewonnen. Die Zahl der im Gebrauch befindlichen
                              									Maschinen vermehrt sich beständig und ebenso das Interesse, welches die Technik,
                              
                              									insbesondere die Glastechnik, dieser Maschine zuwendet. Nicht gering ist die Zahl
                              									derer, welche von der Einführung der vorhandenen Maschinen in der Praxis berührt
                              									werden, sowie derer, welche die Bemühungen um die Verbesserung des maschinellen
                              									Glasblasens fortsetzen. Beiden mag es vielleicht erwünscht sein, an dieser Stelle
                              									einen Ueberblick über das bisher auf diesem Gebiete Geleistete zu erhalten. Ein
                              									solcher Ueberblick ist unseres Wissens in einigermassen vollständiger Form bisher
                              									nicht gegeben worden, und auch durch Zurückgreifen auf die Quelle, d.h. die
                              									Patentlitteratur, bei deren ganz beträchtlichem Umfange, nicht leicht zu
                              									gewinnen.
                           Wie gross die auf diesem Gebiete geleistete, erfinderische Arbeit ist, mag daraus
                              									entnommen werden, dass die ersten Versuche das Problem des Glasblasens zu lösen,
                              									mindestens 30 Jahre zurückliegen. Wie gross die zu überwindenden Schwierigkeiten
                              									sind, davon redet ferner die Thatsache, dass selbst in Amerika, das in der
                              									Ausbildung der neuen Technik die Führung ergriffen, die industrielle Ausbeutung des
                              									neuen Arbeitsverfahrens noch nicht ein Jahrzehnt alt sein dürfte, dass vielmehr das
                              									Handwerk des Glasblasens bis in die letzte Zeit der Mechanisierung, die fast alle
                              									Gebiete der Technik ergriffen, im Grossen Ganzen Widerstand geleistet hat.
                           Die nachstehende Uebersicht soll eine Art Entwickelungsgeschichte, natürlich nur in
                              									grossen Zügen, zu geben versuchen, indem die augenblicklich im Gebrauch oder in der
                              									Einführung befindlichen verschiedenartigen Maschinen möglichst bis in ihre Anfänge
                              									zurück verfolgt werden sollen. Da für die ältere Litteratur eine übersichtliche
                              									Registrierung nicht vorliegt, so mag vielleicht ein hier als erster bezeichneter
                              
                              									Versuch nicht der wirklich allererste sein. Wohl aber dürfte die dargestellte
                              									Entwickelung der Wirklichkeit entsprechen.
                           Vergegenwärtigen wir uns in aller Kürze die Herstellung eines Glashohlkörpers durch
                              									den Glasbläser. Durch wiederholtes Eintauchen der Pfeife in das geschmolzene Glas
                              									wird eine zur Herstellung des zu erzeugenden Glaskörpers ausreichende Menge Glases
                              									aufgenommen (das Aufnehmen). Darauf wird durch kurzes Einblasen von Luft in den
                              										„Glasposten“ die innere Höhlung vorgebildet; die Glasblase wird an der
                              									Pfeife in eine flache schalen artige Form, die Motz, eingelegt, und ihr durch
                              									Drücken, Drehen, Stauchen und Ausziehen und ähnliche Handgriffe, unter immer
                              									wiederholtem kurzen Einblasen, eine vorläufige Gestalt gegeben, welche als
                              										„Külbel“ bezeichnet wird (die Motzarbeit). Soll ein Körper von
                              									langestreckter, z.B. Flaschenform, erhalten werden, so lässt man das Külbel unter
                              									seinem eigen Gewicht, unterstützt durch Schwingen der Pfeife, sich strecken. Ausser
                              									der vorläufigen Formgebung hat diese Zwischenarbeit den sehr wichtigen Zweck, die
                              									Wandstärke und die von der Temperatur abhängige Dehnbarkeit des glühenden Glases auf
                              									der ganzen Umfläche des Külbels so auszugleichen, dass bei der dritten Arbeitsstufe,
                              									dem Fertigblasen, ein Glaskörper von möglichst gleichmässiger Wandstärke und ohne
                              									innere, aus ungleicher Abkühlung entspringende Spannungen erhalten wird. Diese
                              									dritte Arbeitsstufe besteht nun einfach darin, dass das Külbel in eine Form mit den
                              
                              									endgiltigen Abmessungen eingehängt und darin bis zur Ausfüllung der Form aufgeblasen
                              									wird.
                           Unter den Maschinen, welche die Nachbildung des eben beschriebenen, grosse
                              									Handfertigkeit und körperliche Ausdauer voraussetzenden Arbeitsvorganges bezwecken,
                              									kannman drei Hauptgruppen unterscheiden: 1. die Fertigblasemaschinen, 2. die
                              									Press- und Blasemaschinen und 3. die Giess- und Blasemaschinen oder
                              									Flaschenblasemaschinen. Die Maschinen der ersten Gruppe führen nur die dritte der
                              									oben unterschiedenen Arbeitsstufen, das Fertigblasen, aus. Ihre Entwickelung sei
                              									zunächst verfolgt.
                           Die ältesten Versuche, Glas mit mechanischen Mitteln fertig zu blasen, beschränken
                              									sich darauf, das Fertigblasen mit der Kraft der Lungen zu ersetzen durch Blasen
                              									mittels Pressluft. Sie sind wahrscheinlich noch erheblich älter als die
                              									amerikanische Patentschrift 89 127 aus dem Jahre 1869, in welcher vorgeschlagen
                              									wird, eine Pressluftleitung um den Ofen zu legen und an jedem Arbeitsplatz ein mit
                              									Ventil versehenes Mundstück von solcher Einrichtung abzuzweigen, dass beim Einsetzen
                              									der Pfeife (an welcher das fertig bearbeitete Külbel hängt) in das Mundstück das
                              									Oeffnen des Ventils und das Fertigblasen durch die eindringende Pressluft bewirkt
                              									wird.
                           Etwas weiter geht ein recht unbeholfen aussehender Versuch des englischen
                              									Glastechnikers Armstrong (Britische Patentschrift 16268
                              									von 1886), der mehrere Glasbläserpfeifen an einem durch den Glasbläser zu
                              									handhabenden (also z.B. auch in den Ofen einzuführenden!) Gestell in solcher Weise
                              									vereinigt, dass sie mit einer Kurbelscheibe gemeinschaftlich von Hand gedreht und
                              									aus einer Luftkammer des Gestells, welche durch einen Schlauch mit der
                              									Pressluftleitung verbunden wird, gemeinschaftlich mit Luft gespeist werden können.
                              									Wenn derselbe Erfinder, um dem Glasbläser das schwerfällige Gestell wenigstens
                              									während des Blasens aus der Hand zu nehmen, in der deutschen Patentschrift 46704,
                              									ein besonderes Gerüst vorsieht, in welches das mit Glas beschickte Pfeifengestell so
                              									eingesetzt werden kann, dass jede Pfeife sich oben an eine Pressluftdüse und unten
                              									an eine Form anschliesst, so stellt auch diese Fertigblasemaschine mit mehrfacher
                              									Wirkung kaum mehr als ein Kuriosum vor.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 105
                              Fig. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 105
                              Fig. 2.
                              
                           Die erste, klar gedachte Fertigblasemaschine, mit einfacher Wirkung und in der
                              									einfachsten Gestaltung, dürfte die von Rylands und Stoner (brit. Patentschrift 1431 von 1887) sein. Wenn
                              									das Külbel an der Pfeife 2 (vgl. Fig. 1) zum Fertigblasen bereit ist, wird die
                              									zweiteilige Form T mit dem Handhebel 6 aufgeklappt, das Külbel in dieselbe eingehängt und
                              									mittels des Tritthebels 3 die Ventildüse S mit dem Gummimundstück S1 auf das obere Ende der Pfeife
                              									aufgesetzt. Das ödere Ende der Pfeife stosst das Ventil S6 auf, sodass die durch P1 zugeführte
                              									Pressluft in die Pfeife und den Glaskörper eintritt. Die Feder x hebt nach vollendeter Blasarbeit die Düse S wieder an. Dass die Zeitersparnis mit dieser
                              									Vorrichtung nicht erheblich sein kann, leuchtet ohne weiteres ein, da letztere im
                              									Grunde nichts weiter ist, als das vorher längst bekannte Formtretwerk, vereinigt mit
                              									der Pressluftzuführung. Man kann daher wohl sagen, dass diese Maschinenart erst
                              									praktisch brauchbar wurde, als der Amerikaner Owens
                              									1894 sie für mehrfache Wirkung einrichtete (am. Pat. 534840). Wir übergehen die
                              
                              									erste etwas primitive, aber schon alle wesentlichen Merkmale des Typus aufweisende
                              									Erscheinungsform dieser Maschine, da sie bald durch eine besser durchdachte
                              									desselben Erfinders ersetzt wurde, die auch in Deutschland Owens und Libbey geschützt wurde. (D. R.-P.
                              									91512, am. Pat. 548588.) P (Fig. 2) sind die Glasbläserpfeifen, welche mit Glas beschickt in die
                              									Presluftdüsen Q3 eingesteckt werden, sodass das Külbel am unteren Pfeifenende von der
                              									zugehörigen Form J umschlossen werden kann. Dabei wird
                              									die Pfeife am Knauf 26 von einer Gabel am Arm N gehalten. Die Pressluft wird durch die Leitung t, den oberen hohlen Teil der Welle B und den Arm Q zur Düse
                              										Q3 geführt,
                              									Mehrere Sätze der bisher beschriebenen Teile, hier z.B. vier, sind an der sich
                              									drehenden Welle B so angeordnet, dass sie im Kreise
                              									umlaufen und dass die Arbeitsbewegungen der Blasevorrichtungen während des
                              									Kreislaufs selbstthätig erfolgen. Links wird die mit Glas beschickte Pfeife
                              									eingehängt, worauf eine exzentrische Anlaufschiene b2 das Schliessen der Form G veranlasst und eine Anlaufschiene T das Ventil U1 öffnet, welches den Durchgang der Pressluft von
                              									dem Arm Q nach Q3 beherrscht. Hierdurch erfolgt das
                              									Aufblasen des Glaskörpers, während die Form Vorrichtung den hinteren Halbkreis
                              									durchläuft, Gleichzeitig erfährt die Düse Q3, welche drehbar in der Muffe Q2 steckt,
                              									durch Abwälzen des Zahnrades oder der Reibungsrolle R
                              
                              									an der Fläche S Umdrehung, sodass auch Pfeife und
                              									Glaskörper in der Form J gedreht werden. Rechts
                              									angekommen, wird die Form durch die Anlaufschiene n
                              									geöffnet. Der Formträger H, welcher bei d an der Achse B angelenkt
                              									ist und mit einer Rolle k auf der Bahn m läuft, gleitet nun auf einer Senkung von m so nieder, dass die Form J in den Wassertrog A eingetaucht und
                              									abgekühlt wird. Während dessen ist in den drei anderen Blasevorrichtungen der Reihe
                              									nach je ein Werkstück in Arbeit genommen.
                           Die Fertigblasemaschinen sind im späteren vielfach abgeändert und verbessert worden,
                              									und zwar in erster Linie durch die schon genannten Erfinder, denen sich neuerdings
                              									noch der Amerikaner Colburn mit einer Reihe neuer
                              									Konstruktionen angeschlossen hat. Die Verbesserungen beziehen sich einmal auf die
                              									Luftzuführung, welche man der Art des Blasens durch den Glasbläser feiner anzupassen
                              									sucht, indem man die Pressluft nicht in gleichmässigem Strom, sondern in abgestufter
                              									Weise zuführt, Ferner hat man die Vielzahl der Sätze von Blasevorrichtungen in
                              									verschiedener Weise zu einer mehrfachen Maschine zusammen geordnet, Originell ist
                              									eine neuere Konstruktion von Colburn (amerik. Patent
                              									620642 von 1899, D. R.-P. 120423 von 1901), bei welcher alle einzelnen
                              									Arbeitsvorgänge aufs Genaueste der besonderen Art des herzustellenden
                              									Glasgegenstandes angepasst werden können.
                           Die Maschine (Fig. 3) ist auf einem fahrbaren Gestell
                              									aufgebaut, welches vom Motor a fortbewegt und dabei mit
                              									dem Handrad b gesteuert werden kann. Infolge der
                              									oblongen Gestalt des Gestells können mehrere Maschinen, ohne sich zu hindern, vor
                              									nebeneinanderliegenden Ofenplätzen aufgestellt werden. Das Ende, an welchem die
                              									Pfeife mit dem fertig bearbeiteten Külbel c eingehängt
                              									wird, ist dem Ofen zugekehrt, am äusseren Ende wird die fertige Flasche d entnommen. Ihre Fertigstellung vollzieht sich während
                              									der Fortbewegung der Blase- und Formmechanismen von c
                              									nach d. Es laufen nämlich auf endlosen Geleisen der
                              									Plattformen e und f Wagen
                              										g um, welche durch Stangen h paarweise verbunden und vom Motor a durch
                              									Seil triebe i, k in Umlauf versetzt werden. Die unteren
                              									Wagen g tragen rasch kreisende Schablonen v, welche zusammen mit dem Formboden w die Form des sich ausdehnenden Glaskörpers begrenzen;
                              									unter dem Einfluss einer den unteren Geleisen parallelen Anlaufschiene weichen sie
                              									auf der Fahrt von c nach d
                              									und während desKreisens vor dem sich allmählich aufblasenden Glaskörper
                              									zurück.
                           Von der sich drehenden Welle x aus. wird den oberen
                              									Wagen durch Schläuche l Pressluft und durch mit l verbundene Leiter elektrische Energie zugeführt. Die
                              									Pressluft wird den Muffen m zugeführt, welche das obere
                              									Ende der Pfeifen y aufnehmen; der Pressluftstrom wird
                              									durch ein bei c und d
                              									mittels Anschlags selbstthätig geöffnetes und geschlossenes Ventil beherrscht. Die
                              									elektrische Energie wird dem Motor n zugeführt, welcher
                              									die Pfeifenmuffe m unmittelbar und die Schablonen auf
                              									dem unteren Wagen durch die Achse o dreht. Längs des oberen Geleises laufen drei
                              
                              									Anlaufschienen, von denen die eine p den Rheostaten q steuert und dadurch die Umdrehungsgeschwindigkeit des
                              									Motors, also auch des Glaskörpers und der Schablonen (gegensinnig zum Glaskörper
                              									kreisend) in geeigneter Weise während eines Blas Vorganges ändert. Die zweite
                              									Anlaufschiene hebt die Muffe m nebst Pfeife allmählich
                              									an, da der Glaskörper während des Blasens auch in der Länge wächst. Die dritte
                              									Anlaufschiene endlich steuert ein Entlastungsventil, welches einen bemessenen Teil
                              									der Pressluft aus der Muffe m zu entlassen gestattet,
                              									sodass der Druck der dem Glaskörper zuströmenden Pressluft geändert werden kann, in
                              									gleicher Weise, wie der mit dem Munde blasende Glasmacher in gewissen Fällen
                              									stossweise oder mit sonst abgestufter Kraft bläst. Alle Anlaufschienen sind leicht
                              									auszuwechseln, falls ein anderer Gegenstand geblasen werden soll, welcher
                              									abweichende Steuerungen erfordert. Die leeren Wagen durchlaufen einen Tunnel r, in welchem sie durch einen Wasserregen gekühlt
                              									weiden. Der Kühlwasserbehälter s wird durch eine Pumpe
                              										t fortlaufend aus dem Sumpf u gespeist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 106
                              Fig. 3.
                              
                           Von Colburn rühren auch neuere Konstruktionen von
                              									Maschinen mit einfacher Wirkung her, sowie solche, bei denen mehrere Einzelmaschinen
                              									mit gemeinschaftlichem Antrieb, aber besonderer Ausrückung in Reihe zu einer
                              									mehrfachen Maschine zusammen geordnet sind, die also von je einem vor und hinter der
                              									Keine hin- und hergehenden Arbeiter beschickt bezw. entleert werden. Fig. 4 zeigt nach der Zeitschrift Scientific American
                              									(Jahrg. 1902) eine im Betriebe befindliche Maschine der in der Patentschrift 91512
                              									beschriebenen Art. Aus dem Umstände, dass die englischen (und deutschen) Patente für
                              
                              									die neueren Colburnschen Maschinen von einer englischen
                              									Gesellschaft, Automatic Glass Blowing Patents Syndicate
                              
                              									in West Bromwich, genommen wurden, scheint hervorzugehen, dass auch in England die
                              									Einführung dieser Maschinen in die Praxis ins Werk gesetzt ist oder werden soll. In
                              									Deutschland scheint ein mehr als versuchsweiser Gebrauch nicht stattgefunden zu
                              									haben. Wegen der
                              									niederen Arbeitslöhne dürfte der in Deutschland bestenfalls mögliche Gewinn kein so
                              
                              									beträchtlicher werden wie in Amerika. Dies hängt mit dem Wesen der
                              									Fertigblasemaschinen eng zusammen, dass sie eben nur den letzten und kürzeren Teil
                              									der Blasearbeit übernehmen können.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 107
                              Fig. 4.
                              
                           Anders bei der zweiten Gruppe von Maschinen, den Press- und
                                 										Blasemaschinen, welche den Glaskörper aus der geschmolzenen, noch formlosen
                              									Glasmasse unmittelbar herstellen, allerdings in einer von der Mundbläserei weit
                              									abweichenden Weise. Die gesamte Handarbeit bis zur Gewinnung des zum Aufblasen
                              									fertigen Külbels wird durch einen Pressvorgang ersetzt; das gepresste Külbel, wenn
                              									man diese Bezeichnung auf den Zwischenkörper anwenden darf, wird an der Mündung
                              									durch einen Deckel, Stempel oder dergl. mit Pressluftzuführung abgeschlossen und nun
                              									das gepresste Külbel in die durch eine Fertigform vorgestellte vollendete Gestalt
                              									aufgeblasen. Dies der G rundgedanke aller Press- und Blasemaschinen, welcher sich,
                              									wie man sieht, aus einer älteren Arbeitsweise, dem Glaspressen entwickelt hat. Einer
                              									der frühes ten, wenn nicht der erste in der Litteratur niedergelegte Versuch einer
                              									solchen Maschine ist die in der amerikanischen Patentschrift 139993 von 1873
                              									beschriebene Maschine der Amerikaner James S. und Thomas B.
                                 										Atterbury in Pittsburg, der man die Abstammung von der Glaspresse noch
                              									anzusehen vermeint. Fig. 5 zeigt die Anordnung für
                              									Herstellung eines Kruges mit Henkel. In die Fertigform A wird ein falscher Boden B von unten
                              									eingeschoben, welcher den Halsteil der Form unten abschliesst. In den so gebildeten
                              									Raum wird geschmolzenes Glas x eingebracht, der übliche
                              									Pressring C aufgesetzt und durch dessen Oeffnung der
                              									Pressstempel D niedergeführt, sodass Hals und Henkel
                              									des Kruges gebildet und das überschüssige Glas an dem Zwischenkörper einen dicken
                              									Boden bildet. Darauf wird der Boden B entfernt und
                              									jener Glasboden in der Form A zum Bauch des Kruges
                              									ausgeblasen, was aber, wie noch später begreiflich werden wird, praktisch nur
                              									schwierig auszuführen ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 107
                              Fig. 5.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 107
                              Fig. 6.
                              
                           Einen Schritt weiter thut Arbogast, ebenfalls in
                              									Pittsburg 1881 (amerik. Patent 260819), indem er das Pressen in derForm A vornimmt (vergl. Fig.
                                 										6), danach diese Form und den Pressstempel C
                              									entfernt und den nunmehr frei in der Halsform B
                              									hängenden Zwischenkörper mit einer besonderen Fertigform umschliesst, auf die obere
                              									Mündung einen Blasestempel aufsetzt und mit der durch letzteren zugeführten
                              									Pressluft den Zwischenkörper aufbläst. Der Fortschritt liegt darin, dass der
                              									Glaskörper durch den Press Vorgang bereits seiner ganzen endgiltigen Erstreckung
                              									nach so weit vorgebildet wird, dass die durch Blasen zu bewirkende Volumenzunahme
                              									eine möglichst geringe und nach allen drei Richtungen möglichst gleiche ist oder
                              									sich in der Hauptsache auf die ausladenden Teile des fertigen Glasgefässes
                              									beschränken kann. Da die Pressluft auf alle Teile der durch Pressen hergestellten
                              									Külbel w a n d mit gleicher Kraft wirkt, wird die an jeder Stelle erzielte
                              									Ausdehnung von dem Zähigkeits- bezw. Temperaturgrade der Glaswandung abhängen. Es
                              									ist klar, dass eine gleichmässige Wärmeverteilung um so leichter eintreten wird, je
                              									geringer und je gleichmässiger die durch Pressen hergestellte Dicke der Glaswandung
                              									ist und dass eine ungleichmässige Ausdehnung umsoweniger zur Entstehung dünner
                              									Wandstellen in dem die Fertigform ausfüllenden Glaskörper führen kann, je geringer
                              									der Betrag der Ausdehnung beim Blasen überhaupt ist. Zu beachten ist bei dem Arbogastschen Vorschlag noch die Trennung von Kopf- und
                              									Körperform, welche für eine grosse Anzahl späterer Konstruktionen typisch geworden
                              									ist. An der Kopfform wird der Zwischenkörper während des Austausches der
                              									Körperformen gehalten. Diese Anordnung einer besonderen Kopfform führt immerhin zu
                              									Mehrarbeit bei der Bedienung, und bei rasch arbeitenden Maschinen mit mehrfacher
                              									Wirkung zu einer Verwickelung des Baues, indem ausser der Press- und Blaseform noch
                              									eine dritte, nötigenfalls in vielfacher Anzahl an einer Maschine anzuordnen,
                              									fortzubewegen, zu öffnen und zu schliessen ist u.s.f.
                           Eine Unzahl von Varianten beziehen sich auf die möglichst zweckmässige und handliche
                              
                              									Zusammenordnung dieser drei Formen mit Press- und Blasewerkzeugen. Aber gerade die
                              									verbreitetsten Systeme weisen eine andere, von dem Engländer Windmill (brit. Patentschrift 8526 v. J. 1886) vorgeschlagene Einrichtung
                              									auf (Fig. 7). Die Pressform a ist von unten in die Fertigform b
                              									eingeschoben, deren oberer Rand in einer Nut l2 den Kopf des entstehenden Glaskörpers
                              									aufnimmt. Nachdem die Pressform von oben mit geschmolzenem Glase beschickt, durch
                              									Niederdrücken des Stempels k die Pressung vollzogen und
                              									der Stempel wieder entfernt ist, wird die Pressform durch den Handhebel d nach unten aus der Fertigform herausbewegt, in
                              									welcher nun der gepresste Glassack frei hängt, gehalten durch den in der Nut l2 sitzenden
                              									Rand. Es ist nur noch nötig, den Boden s so zu
                              									verschieben, dass er die Fertigform b unten abschliesst
                              									und oben einen Deckel mit Pressluftzuführung aufzusetzen, um den Glaskörper durch
                              									Blasen zu vollenden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 108
                              Fig. 7.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 108
                              Fig. 8.
                              
                           In der eben geschilderten, von Windmill angegebenen
                              									Weise ist auch die in Deutschland bereits ziemlich verbreitete Press- und
                              									Blasemaschine des Amerikaners BlueAnm. Ein näheres Eingehen auf die Bluesche Maschine unterbleibt, weil diese
                                    											Maschine demnächst in einem besonderen Aufsatze behandelt wird.
                              									eingerichtet (Deutsche Patentschrift 102845, erschienen 1899). Nach dem Windmillschen Gedanken ist auch eine beträchtliche
                              									Anzahl von Maschinen mit mehrfacher Wirkung konstruiert worden. Vielfach findet sich
                              									die Einrichtung, eine Mehrzahl von Pressformen und von Blaseformen auf je einem sich
                              									drehenden Tische kreisen zu lassen. Die Tische stehen so, dass ihre Umfange sich
                              									berühren. An dieser Berührungsstelle wird je eine Press- und eine Blaseform zur
                              									Zusammenarbeit in der oben geschilderten Weise gebracht. Es sind auch völlig
                              									selbstthätig arbeitende Maschinen dieser Art konstruiert worden. Die Fig. 8 und 8a zeigen
                              									eine von dem Amerikaner Pyle herrührende, selbstthätig
                              									arbeitende Maschine (Oesterreichische Patentschrift 4812). Fig. 8
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 108
                              Fig. 8a.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 108
                              Fig. 9.
                              
                           ist eine Draufsicht. Fig. 8a
                              									ein Schnitt nach xx der Fig. 8. a ist der die Bläseformen, b der die Pressformen, tragende Tisch; jener dreht sich
                              									im Uhrzeiger-Sinne, dieser entgegengesetzt, c (c1, c2) sind die 6 Blaseformen, d
                                 										(d1)
                              									die 6 Pressformen,
                              									welche mit Ohren e auf je zwei senkrechten
                              									Führungsstangen auf und ab verschiebbar sind. Wenn bei f eine mit Glas beschickte Pressform unter einer Blaseform steht, befindet
                              									sich die Pressform über einem Druckluftzylinder g (Fig. 8a), welcher in diesem Augenblicke angehoben wird
                              									und die Pressform in die in Fig. 8a gezeichnete
                              									Stellung im Innern der Blaseform c emporhebt. Der
                              									Pressvorgang erfolgt also bei dem von Windmill (s. o.)
                              									angegebenen Zusammenspiel der Press- und Blaseform, aber in andrer eigenartiger
                              									Weise. Zunächst senkt sich nämlich von oben eine der Kernformen h in die Pressform ein, wird in dieser Stellung
                              									verriegelt und nun erfolgt die Pressung, indem in den Zylinder g (Fig. 8a) Druckluft
                              									eingeführt wird, sodass durch den Kolben h ein
                              									beweglicher Einsatz i, welcher bis dahin auf dem Grunde
                              									einer zylindrischen Vertiefung k des
                              									Pressformunterteils aufsass, empor gestossen und durch diesen Einsatz das Glas um
                              									den Formkern h herumgepresst wird. Die Arbeit mit der
                              									Maschine verläuft in der Weise, dass die bei d1 stehende Pressform mit Glas beschickt
                              									wird, welches von der Pfeife durch die scheerenartige Vorrichtung l abgeschnitten wird. l
                              									wird durch einen Tritthebel bewegt, welcher gleichzeitig die Riemenscheibe m mit der Welle n kuppelt
                              									und dadurch die Maschine einrückt. Die Tische a und b machen jeder eine ⅙ Umdrehung, bleiben stehen; die
                              									Pressform d steigt auf, der Kern h geht nieder, die Pressung wird durch den Einsatz i bewirkt. Darauf hebt sich h während g, niedersinkend, den gepressten
                              									Zwischenkörper mit dem Randwulst in einer Nut o der
                              									Blaseform aufgehängt zurück lässt. Die Maschine rückt sich nun selbst aus, wird aber
                              									durch Einschneiden von Glas in die nächste Pressform bei d1 wieder eingerückt, sodass der
                              									Zwischenkörper in der Blaseform um einen weiteren ⅙ Kreis nach c1 wandert,
                              									dort durch die deckeiförmige Mündung p der
                              									Pressluftleitung q oben abgeschlossen
                              									undaufgeblasen wird, nachdem eine Bodenform r die
                              									Blasform unten abgeschlossen hat. Beim dritten Einrücken wandert die Form mit dem
                              									fertigen Glasgefäss nach c2, wobei sie während der Ueberführung geöffnet wird. In der Stellung a2 wird das
                              									Glasgefäss von einem Greifer (nicht dargestellt) erfasst, aus der Form
                              									herausgeschwenkt und so dem Einträger dargeboten. Bei jedem Einrücken der Maschine
                              									beginnt ein Glasgegenstand seine Laufbahn, schreitet die Bildung der angefangenen um
                              									eine Stufe fort. Ausser dem Aufnehmen des geschmolzenen Glases, dem Abtragen des
                              									fertigen Glases und dem Einrücken nebst Einschneiden bedarf die Maschine keines
                              									weiteren Eingriffes von Hand.
                           Die Vereinfachung der Press- und Blasemaschinen, besonders solcher für Handbetrieb,
                              									ist noch weiter in der Weise I angestrebt worden, dass man den Presstempel mit einem
                              									Kanal I versah, der während des Pressens verschlossen bleibt, nachher aber einem
                              									Pressluftstrom Durchgang in das Innere des eben gepressten Külbels gewährt, der also
                              									Press- und Blasestempel zugleich ist. Fig. 9 zeigt
                              									eine neuere Konstruktion dieser Art (britische Patentschrift 13818 v. J. 1900).
                              									Nachdem die Pressform a mit Glas beschickt, wird die
                              									Fertigform b darumgelegt und der Pressstempel c mit dem Handhebel d
                              									nieder geführt. Hierbei wird der Zwischenkörper e
                              									geformt und die Feder f gespannt, welche durch den
                              									Hebel g die rohrförmige Pressform a auf der Führung h
                              									niederschnellt, nachdem das Gestänge i eine
                              									Verriegelung k zurückgezogen, sodass der Zwischenkörper
                              									auf dem Kopf der Führung h aufsteht und seine Wandungen
                              									frei in dem Hohlraum der Fertigform liegen. Gleichzeitig ist das Pressluftventil l geöffnet worden. Wird nun der Stempel c wieder angehoben, so vermag die durch m zuströmende Pressluft den Knopf n abwärts zu drücken und den Zwischenkörper
                              									auszublasen.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)