| Titel: | Erklärung der Elektrolyse mittels des Kohäsionsdruckes, des Dopplerschen und des Weberschen Grundgesetzes. | 
| Autor: | Rudolf Mewes | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 253 | 
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                        Erklärung der Elektrolyse mittels des
                           								Kohäsionsdruckes, des Dopplerschen und des Weberschen Grundgesetzes.
                        Von Rudolf Mewes, Ingenieur und
                           								Physiker.
                        Erklärung der Elektrolyse mittels des Kohäsionsdruckes, des
                           								Dopplerschen und des Weberschen Grundgesetzes.
                        
                     
                        
                           In der Theorie der Elektrolyse macht sich Dank der zahlreichen Arbeiten, welche
                              									in den letzten Jahren in der „Elektrochemischen Zeitschrift“ von Theoretikern und
                              									Praktikern, wie Dr. Bucherer, Dr. Gross, Professor Dr.
                              										Christy, Max Frank, Dr. Krüger und Dr. Gustav Platner veröffentlicht worden sind,
                              									gegenüber der von Nernst, Ostwald und deren Anhängern
                              									vertretenen Ionentheorie die rein mechanische Auffassungsweise, wie z.B. in der
                              									Schrift von Dr. Platner
                              									„Die Mechanik der Atome“ (Verlag von M. Krayn,
                              									1901) zugleich mit einer wirklich treffenden Kritik der Mängel der Ionentheorie,
                              									insbesondere des Nernstschen materiellen, imponderablen
                              									Elektrons, immer mehr und mehr Bahn; vor allen Dingen wird mit Recht in allen diesen
                              									Arbeiten im letzten Grunde der elektrolytische Vorgang als ein Arbeitsvorgang
                              									mechanischer Art angesehen und daher bei der Behandlung dieses Problems auf die
                              									allgemeine Arbeitsgleichung zurückgegriffen. Bevor jedoch eine derartige rein
                              									mechanische Erklärung der Elektrolyse versucht werden kann, ist es, wie ja auch Platner a. a. O. S. 87 betont, nötig, sich sowohl über
                              									die Beschaffenheit eines Elektrolyten, als auch das Wesen der elektrischen Kraft
                              									sich gründlich zu informieren. Dies hat Platner in
                              									seiner Schrift, wie sich weiter unten zeigen wird, in der Tat gründlich getan.
                           Bevor ich unter Benutzung meiner kürzlich in der „Elektrochemischen
                                 
                                 										Zeitschrift“ veröffentlichten Arbeit hierauf und im Anschluss daran dann auf
                              									das eigentliche Ziel der vorliegenden Arbeit lossteuere, liegt mir ob, die Schwächen
                              									s der Ionentheorie kurz zu kennzeichnen. Ich kann mich, da Herr Platner diese Kritik in so bündiger und leicht
                              									verständlicher Weise a. a. O. gegeben hat, darauf beschränken,die betreffenden
                              									Bemerkungen auf S. 86 und 87 seiner lesenswerten Schrift hier wörtlich
                              									wiederzugeben.
                           Im Anschluss an das sogenannte Ostwaldtsche
                              									Verdünnungsgesetz und die verschiedenen von Rudolphi-van t'
                                 										Hoff und von Nernst gegebenen Formulierungen
                              									dieses Gesetzes führt nämlich Platner folgendes
                              									aus:
                           
                              „Da die Richtigkeit der Nernstschen Formel von
                                 										anderer Seite (Arrhenius) bestritten wird, so ist
                                 										damit auch nichts gewonnen, und das Ostwaldtsche
                                 										Verdünnungsgesetz bleibt nach wie vor ein Schmerzenskind der Theorie.
                              
                           
                              Bei der Auflösung spaltet sich also angeblich ein der Konzentration umgekehrt
                                 										proportionaler Teil der Moleküle des gelösten Stoffes in seine Ionen, zugleich
                                 										erhält jedes Ion, respektive jede Valenz eine Ladung von 96465 Coulomb negativer
                                 										oder positiver Elektrizität. Der Vorgang bei der Elektrolyse soll dann darin
                                 										bestehen, dass die den Elektroden zugeführte Elektrizität sich mit der
                                 										entgegengesetzten der zugewanderten Ionen ausgleicht und letztere unelektrisch
                                 										abgeschieden werden.
                              
                           
                              Auf den ersten Blick mag diese Auffassung viel Bestechendes haben. Bei genauer
                                 										Prüfung erkennt man bald, dass sie unhaltbar ist, sie führt zu einer ganzen
                                 										Reihe von unlösbaren Widersprüchen und Kollisionen mit anerkannten Gesetzen der
                                 										Physik, von denen einige hier erwähnt werden mögen. Sinkt in einer
                                 										konzentrierten Lösung bei der Elektrolyse die Ionenkonzentration infolge der
                                 										Abscheidung an den Elektrolyten, so sollen neue Moleküle sich in geladenen Ionen
                                 										spalten; das heisst doch nichts anderes, als dass im Elektrolyten in der Form
                                 										von Ionenladungen dieselben Mengen von Elektrizität erzeugt werden, wie von der
                                 										stromliefernden Maschine in derselben Zeit, nur von letzterer unter Verbrauch einer
                                 										entsprechenden Menge anderer Energie im Elektrolyten aber aus nichts. Da ein
                                 										hierfür heranzuziehender Energieverbrauch nicht nachweisbar, liegt also ein
                                 										offenbarer Verstoss gegen das Gesetz von der Erhaltung der Kraft vor.
                              
                           
                              Ein Transport der Elektrizität, welche den Elektroden zugeführt wird, durch den
                                 										Elektrolyten hindurch findet nach der Theorie nicht statt. Ein solcher muss aber
                                 
                                 										unbedingt stattfinden, wenn mehrere Elektrolysiergefässe hinter einander
                                 										geschaltet werden oder ein Durchgang der Elektrizität durch mehrere galvanische
                                 										Elemente hindurch vorliegt. Es müssen entweder die Zersetzungen im Widerspruch
                                 										mit dem Gesetze von der Erhaltung der Kraft, d.h. spontan stattfinden oder ein
                                 										Transport von Elektrizität neben den geladenen Ionen angenommmen werden, und wo
                                 										bleibt dann das Faradaysche Gesetz? Die Ionenladung
                                 										ist überflüssig.
                              
                           
                              Die primäre Abscheidung des Wasserstoffes in gewissen Fällen findet keine
                                 										Erklärung. Die ohnehin sehr geringe Dissoziation des Wassers soll nach der
                                 										Theorie bei den Lösungen noch zurückgehen, kann also nicht für diesen Prozess
                                 										herangezogen werden und einen Unterschied machen zu wollen zwischen Ionen,
                                 										welche den Transport der Elektrizität, wohlverstanden der im Elektrolyten
                                 										entstandenen, vermitteln, und denen, welche abgeschieden werden, für diese
                                 										speziellen Fälle machen zu wollen, ist eine durch nichts zu rechtfertigende
                                 										Willkür. Wollte man diese Annahme verallgemeinern, so verlöre die Theorie jeden
                                 										Boden.
                              
                           
                              Warum die angenommene Zersetzung eintritt, wo die dazu nötige Energie herkommt,
                                 										warum die Ionen ihre Ladungen unbegrenzt lange unverändert behalten, weshalb sie
                                 										mit diesen enormen Ladungen nicht kollidieren, weshalb sie dieselben nur an die
                                 										Elektroden abgeben, sind weitere Fragen, auf deren Beantwortung einfach
                                 										verzichtet wird.
                              
                           
                              Das damit die seitherigen wohlbegründeten Anschauungen der Chemiker geradezu auf
                                 										den Kopf gestellt werden, dass die thermochemischen Daten, sowie die Tatsachen
                                 										der Chemie darauf hinweisen, dass bei der Auflösung ganz andere Prozesse als die
                                 										angenommenen stattfinden, wird unbeachtet gelassen. Wie sich die Sache bei
                                 										Lösungen in anderen Lösungsmitteln beim geschmolzenen oder festen Elektrolyten
                                 										gestaltet, bleibt unaufgeklärt. Die Haftintensität (le
                                    											Blanc), Elektroaffinität, das materielle, imponderable Elektron (Nernst) sind die Nothelfer dieser Theorie. Für
                                 										jedes Problem, welches gelöst werden soll, schiessen wie bei den Köpfen der
                                 										Hydra mehrere neue auf. Das ist dann doch ein sicheres Zeichen dafür, dass man
                                 
                                 										mit dieser Theorie auf ein falsches Geleise geraten ist.“
                              
                           Den vorstehenden Ausführungen kann rückhaltlos darin beigestimmt werden, dass eine
                              									brauchbare und einwandfreie Theorie der Elektrolyse nur durch eine allseitige
                              									Erforschung des Wesens der Elektrolyten und der elektrischen Kraft, sowie durch eine
                              									gesicherte Kenntnis der Mechanik der Atome begründet werden kann. Handelt es sich
                              									doch bei der Elektrolyse im Grunde genommen nur um einen Sonderfall der Mechanik der
                              									Atome, nämlich um die Ueberwindung der Cohäsion oder besser des Cohäsionsdruckes der
                              									Atome der Radikale unter einander und gegen einander durch den mittels der
                              									elektrischen Schwingungen erzeugten Gegendruckes. Die wichtigsten zur Lösung des
                              									vorliegenden Problems dienenden Grundgesetze werden in der Schrift von Platner
                              									„Die Mechanik der Atome“, wenn auch nur in nebensächlichen Bemerkungen, klar
                              									und deutlich erwähnt. Da diese Grundgesetze von mir in der elementaren Physik des
                              									Aethers, Teil I und II, und in meinen späteren Arbeiten in der „Elektrochemischen
                                 										Zeitschrift“ eingehend begründet sind, so mag hier nur kurz auf die
                              									betreffenden Sätze aus der Platnerschen Schrift
                              									hingewiesen werden, wobei diejenigen Stellen, welche sich mit den von mir
                              									aufgestellten Grundgesetzen vollkommen decken, durch gesperrten Druck gekennzeichnet
                              									sind.
                           
                              „Was zunächst den Elektrolyten anlangt, so unterscheidet er sich von den bisher
                                 										betrachteten Medien, nämlich Dielektrika und metallischen Leitern, ganz
                                 										wesentlich. Bis auf den Beweis des Gegenteils muss man
                                    											annehmen, dass die Atome der Metalle auch in ihren chemischen Verbindungen
                                    											und sonst ihre charakteristischen Eigenschaften beibehalten, wenn dieselben
                                    											auch durch die äusseren Umstände mehr oder weniger in ihrer Entfaltung
                                    											beschränkt werden können.“
                              
                           Der letzte Satz ist nur eine besondere Anwendung des von mir in Teil I der
                              										„Physik des Aethers“ S. 1 aufgestellten dritten Grundgesetze aller
                              									Materie: „Drittens müssen die Atome ihre sämtlichen Grundeigenschaften unter
                                 
                                 										allen Umständen qualitativ und quantitativ unverändert beibehalten, mögen sie
                                 										sich miteinander vermischen oder auch zu chemischen Verbindungen oder zu
                                 										grösseren Atomkonglomeraten vereinigen“, und unterscheidet sich nur dadurch
                              									von meinen Ausführungen, dass die Beweislast dem Gegner nach dem bekannten Kantschen Rezept zugeschoben wird.
                           Dagegen dürften die nachstehenden Ausführungen erst durch folgerichtige Bezugnahme
                              									auf die Absorptionstheorie der elektrischen Schwingungen (Sellmeiersche Absorptionstheorie) mechanisch vollständig begreifbar
                              									werden: „Nun sieht man aber, wie die Metallatome im gelösten Elektrolyten, im
                                 										geschmolzenen, wo sie mit den verschiedensten anderen Elementen verbunden sein
                                 										können, und endlich auch unter Umständen im festen Elektrolyten sich stets an
                                 										der Kathode sammeln. Es muss dies also eine denselben an sich anhaftende
                                 										Eigentümlichkeit sein, da sie unter so verschiedenen äusseren Bedingungen
                                 										auftritt, keineswegs hat man darin eine besondere Eigenschaft der Lösungen zu
                                 										erblicken. Es beruht dieses Verhalten auf ihrer Fähigkeit, welche auch sonst sie
                                 										zu guten Leitern macht, nämlich wegen ihrer freien Beweglichkeit, die
                                 										elektrische Kraft leicht anzunehmen. Da man nur eine Art der Elektrizität
                                 										anerkennen kann, nämlich die negative, so wird ihnen diese von der Kathode aus
                                 										mitgeteilt.
                           
                              Der Elektrolyt kann demnach für die elektrische Kraft nicht als homogen
                                 										betrachtet werden, vielmehr hat man es mit der gleichmässigen Verteilung von
                                 										leitenden Teilchen in einem Dielektrikum zu tun. Es lässt sich daher hier ein
                                 										mechanisches Prinzip anwenden, welches, in Worten formuliert, etwa lautet: Wirkt
                                 										auf ein System eine Reihe von Kraftimpulsen derartig ein, dass nicht alle
                                 										Kraftpunkte gleichmässig beeinflusst werden, so kommt es zu
                                 										Potentialdifferenzen, und das System arbeitet in sich selbst. Es kommt dadurch
                                 										zu Aenderungen der räumlichen Beziehungen seiner Komponenten, d.h. in diesem
                                 										Falle also bei der Elektrolyse zur Abscheidung bestimmter Bestandteile. Wie ein
                                 										schwingender Körper andere nur unter ganz bestimmten Bedingungen (Resonatoren)
                                 										zum Mitschwingen bringt, so sind auch Bestandteile eines gelösten Elektrolyten
                                 										in ganz verschiedenem Grade befähigt, die elektrische Energie anzunehmen.“
                              
                           Obwohl Platner im Schlussatz das Bild des schwingenden
                              									Körpers zur Erklärung des elektrolytischen Vorganges wählt, verlässt er doch die
                              									damit beschrittene richtige Bahn der Ableitung der Theorie der Elektrolyse aus der
                              									elektrischen Schwingungstheorie und wendet sich nunmehr der mathematischen
                              									Formulierung des richtig erfassten Vorganges durch die an sich nicht strenge Maxwellsche Theorie der Elektrizität zu und gerät
                              									dadurch auf Abwege, welche hier nicht näher berührt werden sollen. Sicher und
                              									schneller wäre er zum Ziele gelangt, wenn er entsprechend dem im Anfang des Buches
                              									genommenen Anlauf durchweg die Wellentheorie seinen Deduktionen zu gründe gelegt
                              									hätte.
                           Zu bewundern ist, dass ihm dabei die Bedeutung des Dopplerschen Prinzipes für die Erklärung der mechanischen
                              									Arbeitsleistungen der Aetherschwingungen nicht entgangen ist, und von ihm gleich auf
                              									Seite 3 und 4 seines Buches in folgenden Worten ganz zutreffend gekennzeichnet wird:
                              										„Für bewegte Massen gewinnt das Dopplersche
                                 										Prinzip eine grosse Bedeutung. Dieses zuerst für Tonquellen festgestellte
                                 										Gesetz, wonach bei Annäherung an eine solche der Ton höher, bei Entfernung
                                 										tiefer erscheint, erklärt sich daraus, dass im ersteren Falle die Anzahl der
                                 										Wellen, welche in der Zeiteinheit das Ohr treffen, grösser, im letzteren kleiner
                                 										ist als im Zustand der Ruhe, und lässt sich natürlich auf jede Art von
                                 										Wellenbewegung anwenden. In der Astronomie dient es bekanntlich dazu, um die Art
                                 										und Schnelligkeit der Bewegung der Himmelskörper spektroskopisch zu
                                 										bestimmen.
                           
                              Dem Einfluss der Bewegung hat für die Elektrodynamik Weber Rechnung getragen in der Formel:
                              
                           
                              c\cdot \frac{m\cdot m^1}{r^2}\,\left[1-\frac{1}{h^2}\,\left(\frac{d\,r}{d\,t}\right)^2+\frac{1}{h^2}\,r\,\frac{d^2\,r}{d\,t^2}\right]
                              
                           
                              Tisserand (Comptes r.,
                                 										Bd. 75) untersuchte die Attraktion nach dieser Formel. Der Ausdruck hat
                                 										lediglich eine empirische Bedeutung, der Wert eines Naturgesetzes kommt ihm nicht zu;
                                 										dieses zu finden bleibt der Zukunft vorbehalten. Mittels der Poggendorfschen Schwerkraftwage lässt sich
                                 
                                 										nachweisen, dass die Gravitation zu ihrer Entwickelung ebenfalls Zeit gebraucht,
                                 										indem ihr Druck abnimmt, sobald der Körper mit einer Beschleunigung nach abwärts
                                 										sich bewegt, sodass bei einer Geschwindigkeit von 11000 m i. d. Sekunde ihre
                                 										Wirkung überhaupt aufhören würde. Sie unterliegt also auch dem Dopplerschen Gesetze.“
                              
                           Nach vorstehenden Ausführungen scheint Herr Dr. Platner
                              									meine Ableitung des elektrodynamischen Grundgesetzes von Weber aus dem Dopplerschen Prinzip nicht zu
                              									kennen; da ihm jedoch meine Schriften, in welchen dies Problem mehrfach behandelt
                              									worden ist, nicht ganz unbekannt sein dürften, so sind wohl gerade die in Frage
                              
                              									kommenden Abschnitte übersehen worden. Nach jenen Entwickelungen ist das
                              									elektrodinamische Grundgesetz nicht ein rein empirisches Gesetz, sondern ein aus der
                              									Vibrationstheorie sich mit Hilfe des Dopplerschen
                              									Prinzipes ergebendes Naturgesetz, dessen Giltigkeit und Strenge sich nicht in
                              									Zweifel ziehen lassen dürfte.
                           Es steht daher nichts im Wege, gerade das elektrodynamische Webersche Grundgesetz auch auf die Atome und deren Anziehung anzuwenden
                              									und so die theoretische Grundlage für eine rein mechanisch vertiefte Theorie der
                              									Elektrolyse zu schaffen. Wie dies mit Hilfe dieses Gesetzes und der oben angeführten
                              									Grundgesetze der Atome unter Zuhilfenahme der Sellmeierschen Absorptionstheorie und der in früheren Aufsätzen abgeleiteten
                              									allgemeinen Zustandsgleichung der Stoffe
                           
                              (p+z)\,(v_t-x)=(p_0+z)\,(v_0-x)\,(1+a)^{T_t-T_0}
                              
                           (siehe „Elektrochemische Zeitschrift, Heft 6–8, 11. Jahrg.
                                 										1899; ferner Jahrg. 1900, Heft 10 u.s.w.) sich ohne besondere Schwierigkeit
                              									ermöglichen lässt, soll nach vorstehenden einführenden Bemerkungen im folgenden
                              									dargelegt werden.
                           Wie aus den Darlegungen in dem ersten Abschnitt der vorliegenden Arbeit hervorgeht,
                              									werden bei der Elektrolyse die zwischen [den einzelnen Atomen der Elektrolyten
                              									wirksamen Kohäsionskräfte durch den Einfluss des elektrischen Stromes überwunden und
                              									nicht nur eine Lockerung bezw. Scheidung der Molekül- und Atomgruppen bewirkt,
                              									sondern diese Trennung wird in der Weise ausgeführt, dass die beiden Bestandteile
                              									des Elektrolyten, wenn man sich auf binäre Verbin düngen zur Vermeidung zu
                              									verwickelter Vorgänge bei der an sich schon schwierigen theoretischen Behandlung
                              									dieses Problemes beschränkt, stets in derselben Weise und Richtung durch die Kraft
                              									des elektrischen Stromes von einander, entgegen der chemischen Bindekraft und bei
                              									gasförmig sich abscheidenden Elektrolytenteilen, auch gegen die Kohäsion der
                              									Radikale der einzelnen Radikale untereinander getrennt werden.
                           Die Grösse der bei der Elektrolyse aufzubrauchenden elektrischen Kraft muss also
                              									imstande sein, nicht nur die Kohäsion der Atome der einzelnen Radikale, sondern auch
                              									die chemische Bindekraft der Radikale untereinander zu überwinden. Die Grösse der
                              									bei der Elektrolyse erforderlichen Kraft richtet sich, entsprechend den zahlreichen
                              									angestellten Versuchen der Elektrochemiker nach dem Faradayschen Gesetze, der elektrolytischen Aequivalente. Man würde daher
                              									ohne weiteres die Grundgleichung der Elektrolyse hinschreiben können, wenn die
                              									Grösse des Kohäsionsdruckes der flüssigen Elektrolytenteile, ferner die Grösse der
                              									chemischen Bindekraft oder des chemischen Druckes der Atomradikale untereinander und
                              									schliesslich auch das Gesetz bekannt wäre, nach welchem die einzelnen Atome der
                              
                              									Elektrolyse, welche entsprechend den neueren Anschauungen über die Konstitution der
                              									Materie Bewegungen bestimmter Art (Vibrationsschwingungen) um ihr Bewegungszentrum
                              									ausführen, sich wechselseitig anziehen.
                           Nun habe ich die Gesetze der Kohäsion bezw. des Molekulardruckes bereits in der
                              										„Physik des Aethers“ aus der Sellmeierschen
                              									Absorptionstheorie hergeleitet und nachgewiesen, dass der Kohäsionsdruck der
                              									verschiedenen Metalle im flüssigen Zustande im engsten Zusammenhange mit dem
                              									Leitungsvermögen derselben für den elektrischen Strom und somit auch mit der
                              									brechenden Kraft steht. Da ich in D. p. J., Bd. 317,
                              									(Arbeit über den elektrischen Widerstand), in einer Tabelle die aus der brechenden
                              									Kraftberechneten Leitungsfähigkeiten mit der beobachteten Oberflächenspannung
                              									oder dem Kohäsionsdruck und dem Leitungsvermögen der kohärierenden Elüssigkeiten
                              									verglichen habe, so kann ich mich hier auf die Bemerkung beschränken, dass die
                              									erhaltenen Zahlen werte trotz einzelner Abweichungen, welche, da die Versuche von
                              									verschiedenen Beobachtern und nicht an völlig gleichmässigen Stoffen angestellt
                              									worden sind, erklärlich sind, den behaupteten gesetzmässigen Zusammenhang unschwer
                              									erkennen lassen.
                           Ausserdem kommt hier noch als wesentlich in Betracht, dass durch die in Wiedemanns Annalen enthaltenen Arbeiten von Pies Bohl der experimentelle Nachweis geführt ist, dass
                              									die Melekularanziehung ebenso wie die allgemeine Massenanziehung mit dem umgekehrten
                              									Quadrate der Entfernung der Moleküle von einander abnimmt, dass also auch für die
                              									Cohäsionskraft der Moleküle das von mir aus dem quadratischen Wirkungsgesetze der
                              									Aeterschwingungen abgeleitete Zwischenvolumengesetz oder das sogenannte räumliche
                              									Kraftbetätigungsgesetz der statischen Schwingungen gültig ist.
                           Es handelt sich aber im vorliegenden Falle darum, zu ermitteln, ob dies
                              									Kraftbetätigungsgesetz der Molekularkräfte auch noch für verschiedene
                              									Temperaturänderungen gültig ist. Mit anderen Worten heisst dies, ob die von mir an
                              									anderer Stelle bereits früher für verschiedene äussere Drucke, bei beliebigen
                              									Volumen und beliebiger Temperatur aufgestellte allgemeine Zustandsgleichung der
                              									Stoffe
                           
                              (p+z)\,(v_t-x)=(p_0+z_0)\,(v_0-x)\,(1+a)^{T_t-T_0}
                              
                           auch wirklich bei Berücksichtigung des Kohäsionsdruckes und
                              									des äusseren Druckes (Gasspannung) für die berechneten und beobachteten Volumina
                              									dieselben Zahlenwerte ergibt. Um dies nachzuweisen, habe ich für Quecksilber
                              									entsprechend der obigen Formel aus den in den Landoltschen Tabellen angegebenen Beobachtungen über Druck, Volumen und
                              									Temperatur eines Gramms Quecksilber die Werte von z,
                              									d.h. die Kohäsionsdrücke mit steigender Temperatur unter Berücksichtigung des Bohlschen Gesetzes berechnet und in der letzten
                              									Zahlenreihe die erhaltenen Werte zusammengestellt. In dieser Tabelle sind auch
                              									zugleich, indem P0 = 0,02 mm, a = 0,00256, log (1 + a) = 0,0011 und
                              										v0
                              									– x = 0,00457, x –=
                              									0,0689831 gesetzt wurde, auch die Volumina für die verschiedenen Temperaturen ohne
                              									Berücksichtigung der Aenderung des Gesamtdruckes durch Aenderung der Spannung der
                              									Quecksilberdämpfe mit steigender Temperatur berechnet worden. Die geringen
                              									Abweichungen der so erhaltenen theoretischen Zahlen von den Beobachtungswerten
                              									beweisen, mit welcher Genauigkeit das auf den Molekulardruck Rücksicht nehmende
                              									allgemeine Zustandsgesetz tatsächlich zutrifft.
                           Der beobachtete Molekulardruck z ist derjenige eines
                              									Gramm Quecksilber in Millimeter Quecksilbersäule, derselbe beträgt für die gewählte
                              									Gewichtseinheit 1 g bei 0° 507 mm, ein Wert, welcher mit dem von Dr. Eugen Dühring nach ganz anderer Methode ermittelten
                              									Werte durchaus nicht stimmt und auch nicht stimmen kann, da ja Dühring nur einen ganz irreführenden Näherungswert nach
                              									einer falschen Methode, deren Darlegung ich hier nicht übergehen kann und zur
                              									Klarlegung des gemachten Versehens unten folgen lasse, ermittelt hat. Aus unten noch
                              									näher zu erläuternden Gründen halte ich den von mir gefundenen Wert für den
                              									richtigeren, zumal derselbe mit den Beobachtungen durchweg übereinstimmende
                              									Rechnungswerte liefert; denn der Kohäsionsdruck kann, wie schon vorweg bemerkt wird,
                              									nicht grösser als die Zug–, Druck–, Biegungs- oder Scheerfestigkeit sein. Die letzte
                              									Zahlenreihe ist aus der allgemeinen Zustandsgleichung
                           
                              (p+z)\,(v_t-x)\,(p_0+z_0)\,(v_0-x)\,(1+a)^{T_t-T_0}
                              
                           dadurch erhalten worden, dass man gemäss den Pies Bohlschen Versuchen
                           z(vt – x) = z0
                              									(v0
                              									– x)
                           gesetzt und die Gleichung nach z
                              									aufgelöst hat. Die so erhaltene Formel lässt ohne weiteres ersehen, dass die
                              									Kohäsion mit steigender Temperatur beträchtlich abnimmt, wie ja auch durch das
                              									Experiment auf anderem Wege bereits längst festgestellt worden ist, während bei
                              									sinkender Temperatur, d.h. also bei erhöhter Warmeabfuhr, die Kohäsion erheblich
                              									zunimmt und bei dem absoluten Nullpunkt ihrem grössten Grenzwerte sich nähert. Als rohes
                              									Annäherungsgesetz kann man daher mit Rücksicht auf das verbesserte
                              									Zwischenvolumengesetz für die Kohäsion die Beziehung aufstellen, dass die Kohäsion
                              									unter gleichen äusseren Drucken der absoluten Temperatur umgekehrt proportional ist.
                              									Hierdurchfindet die geringe Kohäsionskraft der Gase und Dämpfe sofort ihre
                              									Erklärung, insbesondere, wenn man die Schmelz- und Verdampfungswärme, wie es sein
                              									muss, ebenfalls in Rechnung zieht.
                           Tabelle für Quecksilber.
                           
                              
                                 Spannungmm
                                 Temperatur°C.
                                 Volumen1 g Quecksilber inccm
                                    											beobachtet
                                 Volumen1 g Quecksilber inccm
                                    											berechnet
                                 Ausdehnungs-koeffizient
                                 Differenz
                                 Kohäsionsdruck(Zug) J für 1 gmm
                                 
                              
                                   0,0200
                                   0
                                 0,0735532
                                 0,0735532
                                 0,00018170
                                    0,0000000
                                 517
                                 
                              
                                   0,0268
                                   10
                                 0,0736869
                                 0,0736723
                                 0,00018180
                                 – 0,0000146
                                 
                                 
                              
                                   0,0372
                                   20
                                 0,0738207
                                 0,0737944
                                 0,00018181
                                 – 0,0000263
                                 
                                 
                              
                                   0,0530
                                   30
                                 0,0739544
                                 0,0739198
                                 0,00018183
                                 – 0,0000346
                                 
                                 
                              
                                   0,0767
                                   40
                                 0,0740882
                                 0,0740484
                                 0,00018186
                                 – 0,0000419
                                 
                                 
                              
                                   0,1120
                                   50
                                 0,0742221
                                 0,0741802
                                 0,00018189
                                 – 0,0000407
                                 
                                 
                              
                                   0,1643
                                   60
                                 0,0743561
                                 0.0743154
                                 0,00018193
                                 – 0,0000357
                                 
                                 
                              
                                   0,2410
                                   70
                                 0,0744901
                                 0,0744544
                                 0,00018198
                                 – 0,0000275
                                 
                                 
                              
                                   0,3528
                                   80
                                 0,0746243
                                 0,0745968
                                 0,00018203
                                 – 0,0000057
                                 
                                 
                              
                                   0,5142
                                   90
                                 0,0747586
                                 0,0747429
                                 0,00018209
                                 – 0,0000004
                                 
                                 
                              
                                   0,7455
                                 100
                                 0,0748931
                                 0,0748927
                                 0,00018216
                                 + 0,0000188
                                 
                                 
                              
                                   1,0734
                                 110
                                 0,0750276
                                 0,0750464
                                 0,00018224
                                 + 0,0000419
                                 
                                 
                              
                                   1,5341
                                 120
                                 0,0751624
                                 0,0752043
                                 0,00018232
                                 + 0,0000687
                                 
                                 
                              
                                   2,1752
                                 130
                                 0,0752974
                                 0,0753661
                                 0,00018241
                                 + 0,0000996
                                 
                                 
                              
                                   3,0592
                                 140
                                 0,0754325
                                 0,0755321
                                 0,00018250
                                 + 0,00001346
                                 
                                 
                              
                                   4,2664
                                 150
                                 0,0755679
                                 0,0757025
                                 0,00018261
                                 + 0,00001737
                                 
                                 
                              
                                   5,9002
                                 160
                                 0,0757035
                                 0,0758772
                                 0,00018272
                                 + 0,00002170
                                 
                                 
                              
                                   8,0912
                                 170
                                 0,0758394
                                 0,0760564
                                 0,00018284
                                 + 0,00002648
                                 
                                 
                              
                                 11,0000
                                 180
                                 0,0759755
                                 0,0762403
                                 0,00018296
                                 + 0,00003170
                                 
                                 
                              
                                 14,8400
                                 190
                                 0,0761120
                                 0,0764290
                                 0,00018309
                                 + 0,00003739
                                 
                                 
                              
                                 19,9000
                                 200
                                 0,0762486
                                 0,0766225
                                 0,00018310
                                 + 0,00003739
                                 
                                 
                              
                                   242,15
                                 300
                                 0,0776355
                                 0,0787878
                                 –
                                 –
                                 
                                 
                              
                                   797,94
                                 360
                                 0,0784891
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                                 –
                                 241
                                 
                              
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)