| Titel: | Die elektrische Gewinnung von Stickstoffverbindungen aus der atmosphärischen Luft. | 
| Autor: | Ewald Rasch | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 262 | 
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                        Die elektrische Gewinnung von
                           								Stickstoffverbindungen aus der atmosphärischen Luft.
                        Von Oberingenieur Ewald Rasch,
                           									Potsdam.
                        Die elektrische Gewinnung von Stickstoffverbindungen aus der
                           								atmosphärischen Luft.
                        
                     
                        
                           
                              
                              „Die Möglichkeit, Stickstoff und Sauerstoff im elektrischen Funken zu vereinigen,
                                 										ist für die zukünftige Entwicklung der technisch verwertbaren Methoden
                                 										elektrochemischer Gasreaktionen von der allergrössten Bedeutung.“
                              
                           „Es ist sehr auffallend und auf keine Weise zu erklären“, meint Askenasy,Jahrbuch d.
                                          													Elektrochemie, Bd. VIII, S. 420.„weshalb dieser Angelegenheit bisher eine nur geringe Beachtung geschenkt
                                 										wurde.“
                           Die Erklärung für diese Tatsache dürfte darin zu suchen sein, dass die deutsche
                              										ElektrotechnikFür die Amerikaner
                                    											gilt dieser Vorwurf von Askenasy nicht, denn
                                    											sie haben dieses Problem mit grosser Energie und weitschauendem Blick seit
                                    											Längerem aufgenommen. Die mit einem Aktienkapital von 1000000 Dollar
                                    											gegründete „Atmospheric Products Co.“ in
                                    											Jersey City N. J. U. S. hat die Aufgabe, die experimentellen Vorarbeiten für
                                    											eine derartige Fabrik an den Niagarafällen zu erledigen. schon
                              									seit Längerem gressen Aufgaben prinzipieller Natur
                              									anscheinend aus dem Gefühl kaufmännischer oder technischer Unsicherheit heraus aus
                              									dem Wege zu gehen pflegt und sich statt dessen aufdem Boden der überproduktiven Fabrikation sicher zu fühlen
                              									glaubt.
                           Die wirtschaftliche Bedeutung des Problems, Stickstoffverbindungen (Salpetersäure,
                              									Nitrate, Düngemittel etc.) aus der atmosphärischen Luft auf elektrischem Wege
                              									herzustellen, bedarf wohl kaum besonders hervorgehoben werden. Es unterliegt keinem
                              									Zweifel, dass diese Aufgabe zu den bedeutsamsten gehört, welche der modernen
                              									Elektrotechnik bezw. der Elektrochemie zu lösen bleiben.
                           Für Deutschland hat diese Frage noch ein besonderes nationalökonomisches Interesse,
                              									insofern, als sämtliche Verbraucher für Salpeter bis jetzt auf das Ausland, auf den
                              									Chilisalpeter, angewiesen sind.
                           Bereits die – rein theoretische Ziele verfolgenden – experimentellen Arbeiten von Crookes,Chem. News,
                                    												65; 301.
                              									Losanitsch,Jahrb.
                                    											d. Elektrochemie, Bd. 4; 385.
                              									LepelJahrb. d.
                                    											Elektrochemie, Bd. 4; 412; Pogg. Annal.(2) 46 p. 319.
                           
                           SalvadoriGaz.
                                    											chim. ital., 30; II; 389. und Lord Rayleight (1897)Journ. Chem. Soc., 71; 181. deuten darauf hin, dass schon diese
                              									physikalischen Versuche unter Umständen die Unterlage für eine wirtschaftliche
                              									Fabrikation abgeben können.
                           Die bisher ausschliesslich von amerikanischen und englischen Physikern und Chemikern
                              									mitgeteilten Ergebnisse sind mehr qualitativer Natur und lassen lediglich rohe
                              									quantitative Schätzungen zu.
                           Crookescf. Swan, Zeitschr. f. Elektrochem., 7, p. 950. glaubt durch 20000 PS, die
                              									am Niagara zirka 100 M. kosten, 1000 kg Natriumsalpeter gewinnen zu können. Mac Dougald und Howles
                              									erhielten mit derselben Energie rund 10000 kg Salpetersäure. Die ermutigenden
                              									Hoffnungen, die Swancf. Swan,
                                    											Zeitschr. f. Elektrochem., 7, p. 950.
                              									an diese Ergebnisse knüpft, scheinen auch von AskenasyJahrb. d.
                                    											Elektrochem., Bd. VIII, p. 420.
                              									geteilt zu werden.
                           In Freiburg in der Schweiz soll neuerdings übrigens eine Salpetersäurefabrik
                              									entstanden sein, deren v. KowalskiZeitschr. f. Elektrochem., 7, p. 884. Erwähnung tut.
                           Die „Atmospheric Products Companie“ in Jersey
                              									City U. S. arbeitet nach den Patenten von S. Bradley, R. B.
                                 										LovejoyElektrot. Zeitschr.,
                                    											1902; 39; Amerik. Pat. 709687; 1902.
                              									und Johnson.Engl. Pat. 8230; 1901.
                           Das Gemeinsame des Funkenverfahrens besteht in Folgendem.
                           Atmosphärische Luft (20,8 v. H. Sauerstoff, 79,2 v. H. Stickstoff) wird durch
                              									Hochspannungsfunkenstrecken gesaugt. Das Stickstoffmolekul N2 wird bei den hohen Temperaturen
                              
                              									zertrümmert und oxydiert mit dem anwesenden Sauerstoff der Luft nach der
                              									Gleichung
                           N2 +
                              										O2 + 2 . 21600 cal
                              									= 2NO
                           oder
                           N2 + O2 + 50,1 Watt-Std. = 2NO
                           Wie auch aus dieser thermochemischen Gleichung hervorgeht, ist die Oxydation des
                              									Stickstoffes zu Stickoxyd eine endothermische Reaktion,
                              									bei der zur Unterhaltung des Oxydationsprozesses die beträchtliche Energie von 21600
                              									Cal. f. d. Mol. NO aufgewendet werden muss.
                           Für die Umsetzung von C_{N_2} Volumprozenten Stickst off (N2)
                              									und C_{O_2} Volumprozenten Sauerstoff (O2) in CNO Volumprozente Stickoxyd (NO) ist der Gleichgewichtszustand des Reaktionsgemisches
                              									durch das Guldberg Waage Massenwirkungsgesetz gegeben;
                              									und zwar sind die respektiven Volumkonzentrationen C
                           
                              \frac{C_{N_2}\cdot C_{O_2}}{(C_{N_O})^2}=K
                              
                           wobei K die Gleichgewichtskonstante bedeutet, die also für den
                              									Gehalt an Stickoxyd massgebend ist.
                           Die Gleichgewichtskonstante wird mit steigender Temperatur rasch kleiner, d.h. die –
                              									endotherm verlaufende – Oxydation des Stickstoffes zu Stickoxyd nimmt mit steigender
                              									Reaktionstemperatur zu.
                           Diese Gleichgewichtskonstante K der Reaktion ist nun
                              										neuerdingsBerichte d. Deutsch.
                                    											Chem. Ges. 1903, Bd. 2 p. 438 ff von
                              										W. Muthmann und H.
                                 										Hofer ermittelt worden, soweit dies die Schwierigkeit der Temperaturmessung
                              									zulässt.
                           Es werden die in Tab. 1 verzeichneten Werte mitgeteilt.
                           Tab. 1.
                           Gleichgewichtskonstante der Reaktion.
                           
                              
                                 Ver-suchsNo.
                                 GleichgewichtskonstanteK=\frac{C_{N_2}\cdot C_{O_2}}{(C_{NO})^2}
                                 Elek-troden-distanz
                                 Temperatur
                                 
                              
                                 Einzelwerte
                                 Mittelwerte
                                 t
                                 absoluteT = t + 273
                                 
                              
                                 52
                                   100,8    78,8
                                     89,8
                                 10 mm
                                 1825° C.
                                 2098
                                 
                              
                                 63
                                   126,5  111,4
                                   119,0
                                 15   „
                                 1800° C.
                                 2073
                                 
                              
                                 7
                                 1426,0
                                 1426,0
                                 35   „
                                 1590° C.
                                 1863
                                 
                              
                           Die Temperatur der Funkenstrecke wurde nach zwei Verfahren bestimmt. Einmal
                              									diente die von einem Le Chatelierschen Thermoelement
                              									indizierte elektromotorische Kraft als Masstab der örtlichen Temperatur der
                              									Funkenflamme.
                           Die letztere war bei einer Elektrodenentfernung von 40 mm 90 mm hoch
                              									(Platinelektroden von 2 mm Durchmesser; Stromspannung E
                              									= 3400 Volt; Stromstärke J = 0,115 Amp.; Stromverbrauch
                              									= 391 Watt). Im oberen Teile der Flamme zeigte das Thermoelement 900–1000° C., 2 cm
                              									über dem Niveau der horizontal liegenden Pt-Elektroden 1400–1450° C. an.
                           In noch tieferen Teilen der Flamme trat Abschmelzen der Lötstelle des Pt-Pt/Rh-Elementes
                              									ein.
                           Die Bestimmung von Flammentemperaturen durch Thermoelemente ist nun nicht
                              									einwandsfrei, da die Temperatur, welche die mehr oder minder dicke Lötstelle
                              									annimmt, in hohem Grade durch die WärmeleitfähigkeitWärmeleitfähgikeit, die Strahlungsverhältnisse und die Grösse der zu erwärmenden Metallmassen
                              									in schwer übersichtlicher Weise beeinflusst wird. Annähernd richtige Werte von
                              									Flammentemperaturen könnte man erst dann erhalten, wenn die zu erwärmenden, in die
                              									Flamme eingebrachten Metallmassen (Lötstelle, Drähte) den Wert Null haben würden,
                              									oder falls man – nach dem Vorgange von Edward L.
                                 											NicholsPhys. Review Bd.
                                       													10, p. 234, 1900. –
                              									Lötstellen bezw. Drähte von verschiedenem Querschnitt benutzt und aus den
                              									ermittelten Werten die elektromotorische Kraft bezw. die Temperatur für den
                              									Querschnitt und die Masse Null extrapolieren würde.
                           Muthmann und Hofer haben
                              									daher auch ein zweites, prinzipiell einwandfreieres Verfahren angewendet.
                           Durch Le ChatelierZeitschr. f. phys. Chem. Bd. 2, S.
                                    										782. ist der Zerfall des Kohlendioxyds in Kohlenoxyd und Sauerstoff
                              									bei verschiedenen Dissociationstemperaturen durch Versuche festgelegt worden.
                           Bei einem Druck von 0,94 Atm. gelten beispielsweise folgende Werte
                           Es sind dissociiert:
                           
                              
                                 bei 1000° C.
                                   0,066
                                 Vol.-Proz.
                                 
                                    CO
                                    2
                                    
                                 
                              
                                   „  1500°  „
                                   0,82
                                 „       „
                                 „
                                 
                              
                                   „  2000°  „
                                   4,2
                                 „       „
                                 „
                                 
                              
                                   „  2500°  „
                                 20,4
                                 „       „
                                 „
                                 
                              
                           Muthmann und Hofer
                              									bestimmten nun mit Hilfe ihrer Apparatur die Dissociation des Kohlendioxyds durch
                              									die Funkenstrecke bei bestimmter Spannung, Stromstärke und Funkenlänge, berechneten
                              									hieraus nach den Le Chatelierschen Werten die
                              									Temperatur der Funkenstrecke und bestimmten sodann bei genau derselben
                              									Versuchsanordnung die Umsetzung von Stickstoff und Sauerstoff in Stickoxyd.
                           Dieses Verfahren giebt mithin im Gegensatz zu dem thermoelektrischen die integrierte
                              									Mitteltemperatur der Funkenflamme.
                           Auf Grund der so ermittelten Werte für die Gleichgewichtskonstante K (Tab. 1) geben Muthmann
                              									und Hofer folgende Berechnung über die Oekonomie des
                              									Funkenverfahrens unter Zugrundelegung der Werte K =
                              									119; t = 1800, die sie augenscheinlich für die
                              									sichersten halten, für ihre Ausbeute von 3,6 Vol.-Proz. NO.
                           
                              Energiebilanz.
                              
                           
                              
                                 a) 30 g Stickoxyd verbrauchen zur Bildung.
                                 21600 cal
                                 
                              
                                 b) Zur Erwärmung auf 1800°, da die
                                    											mittlere    Molekularwärme von Stickoxyd (oder O2    oder N2) bei konstantem Druck zwischen    0° und
                                    											1800° =7,67 cal ist (nach der    Formel CP = 6,5 + 0,001 T) 7,67 . 1800
                                 13800 cal
                                 
                              
                                 c) Gleichzeitig werden 30\cdot \frac{96,4}{3,6} g Luft um    1800°
                                    											erwärmt. Das sind 804 g Luft.    Nimmt man das Molekulargewicht
                                    											der    Luft zu 29 an, so hat man 27,7 Mole-    kule. Diese
                                    											brauchen zur Erwärmung    27,7 . 13800 =
                                 382260 cal
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Summa=
                                    											0,3954
                                 417660 calKilowatt-Std. (?)
                                 
                              
                           Leider hat sich in diese Berechnung von Muthmann und Hofer ein ziemlich entstellender Rechenfehler
                              									eingeschlichen. Der oben wiedergegebenen Aufstellung gemäss wären zur Bildung von 1
                              									Mol. NO (30 g) insgesamt 417660 cal erforderlich;
                              										dies entspräche
                              									einer elektrischen Arbeit von 0,485 Kilowattstunden,
                              									nicht von 0,3954 Kilowattstunden wie dort angegeben wird.
                           Rechnet man mit Muthmann und Hofer die PS/Std. mit 2 Pfg., so käme nach dieser Richtigstellung das Kilo
                              									Salpetersäure (477 g NO) auf 21,0 Pfg. (nicht 16 Pfg.) zu stehen.
                           Ferner dürfte der dort angegebene Marktpreis von 70 M. für Salpetersäure viel zu hoch
                              									gegriffen sein. In grösseren Mengen dürfte 99prozentige Salpetersäure z. Z. wohl
                              									sicher für 38–40 M. lieferbar sein.
                           Wie man sieht, stellt sich mithin das Verfahren vor der Hand nicht so günstig, wie es
                              									nach der wieder gegebenen Berechnung erscheinen konnte.
                           Vielleicht dürfte bei der obigen Aufstellung für die Positionen b und c eine etwas
                              									strengere Berechnung am Platze sein, welche der Veränderlichkeit der spezifischen
                              									Wärme cp mit
                              									der Temperatur funktionell gerecht wird.
                           Zur Erwärmung (bei konstantem Druck) eines Mols (N2 oder O2) von der
                              									absoluten Temperatur T0
                              									auf die Temperatur T ist die Arbeit
                           A = Tc
                                 										–
                              									T0c0
                           wenn c bezw. c0 die
                              									Molekular wärmen bei T und T0 (für
                              									konstantem Druck bedeuten. Nun ist nach Le Chatelier
                              									für N2 bezw.
                              										O2
                           cp = 6,5 + 0,001 T
                           Wir erhalten somit
                           A = T
                              									(6,5 + 0,001 T) – T0
                              									(6,5 + 0,001 T0)
                           A = 6,5 (T – T0) +
                              									0,001 (T2
                              									– T02) in cal für 1 Mol
                           Hieraus errechnen sich die in der nachstehenden Tabelle für einige Temperaturen
                              									verzeichneten Werte, wenn man als untere Temperatur t0 = 20° C. annimmt.
                           
                              
                                 Temperatur
                                 6,5 (T
                                    											– T0)
                                 0,001 (T2 – T02)
                                 Wärmemengef. d. Molzur
                                    												ErhitzungT0 auf Tcal
                                 
                              
                                 t
                                 absolutT
                                 
                              
                                 1800° C.
                                 2073
                                 11570
                                   4211
                                 15781
                                 
                              
                                 2115° „
                                 2388
                                 13620
                                   5617
                                 17831
                                 
                              
                                 2727° „
                                 3000
                                 17600
                                   8914
                                 16514
                                 
                              
                                 3727° „
                                 4000
                                 24095
                                 15914
                                 40009
                                 
                              
                           Benutzt man für die Temperatur t = 1800° C. den Wert
                              
                              									15781 cal/Mol., so
                              									ändert sich die Berechnung wie folgt
                           
                              
                                 a) Bildungswärme (30 g NO)
                                   21600 cal
                                 
                              
                                 b) Erwärmung von 30 g NO
                                    											von      20° C. auf 1800°
                                   15781 cal
                                 
                              
                                 c) Erwärmung der indifferenten      Luft (27,7 Mol.) =
                                    											27,7.15781
                                 437100 cal
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 in Summa
                                 474481 cal
                                 
                              
                           Zur Bildung von 30 g NO wären somit insgesamt
                              									erforderlich 0,55 Kilowattstd. gegen 0,3954 Kilowattstd. nach der Muthmannschen Angabe.
                           Zur Herstellung von 1 kg Salpetersäure bezw. 477 g NO ist mithin die elektrische Arbeit von 8,745 Kilowattstd. = 12 PS
                              									erforderlich; mithin würde sich 1 kg auf 24 Pfg. stellen.
                           Wir wollen im Weiteren diese beträchtlich ungünstigeren Werte benutzen.
                           Bei Verwendung eines gleichen Gemisches von N und O würden sich die energetischen Gestehungskosten um 25
                              									v. H. verringern; andererseits kämen jedoch die Kosten für die Sauerstoffdarstellung
                              									u.s.w. in Frage, so dass in dieser Richtung hin kaum ein nennenswerter
                              									wirtschaftlicher Vorteil zu erwarten sein dürfte.
                           Ueberraschend ist in der Energiebilanz der hohe Wert, der zur Erwärmung der bei der
                              									Reaktion indifferenten Luft (96,4 v. H. des Gesamtvolum) nötig ist; derselbe macht
                              									etwa das 21 fache der eigentlichen Bildungswärme des Stickoxyds aus.
                           Durch konstruktiven Ausbau des – vor der Hand rein laboratoriumsmässigen – Verfahrens
                              									und der Apparatur kann in der Fabrikation dieser Betrag sicher ganz bedeutendherabgesetzt
                              									werden. Insbesondere kann man durch eine zweckentsprechende Vorwärmung des Ausgangsgemisches bedeutend vorteilhafter arbeiten. In
                              									diesem Falle wird nämlich der Faktor (T-T0) verkleinert.
                              									Ferner kann man für die Vorwärmung der Luft äussere,
                              									billigere Heizquellen benutzen und so die Funkenstrecke bedeutend entlasten.
                           Nimmt man mit Muthmann für die hierbei mögliche
                              									Ersparnis nur 50 v. H. an, so würden die Gestehungskosten für 1 Kilo Salpetersäure
                              									sich auf 13 Pfg. ermässigen. Behält man den Preis von 24 Pfg. bei, so könnte man in
                              									diesem etwa die Gestehungskosten für das weitere Verfahren (Konzentration der Säure
                              									u.s.w.) als eingeschlossen ansehen.Nach Planck erfolgt die Umsetzung von NO in Salpetersäure nach der
                                    											thermochemischen Gleichung2NO
                                    											+ 3O + aq – 2HNO3
                                    											aq = + 73000 caleine Reaktion, bei der also f. d. 1 Mol. NO die beträchtliche Wärme von 36500 cal
                                    
                                    											wieder frei wird.
                           Soweit diese Arbeit, die darüber Aufschluss gegeben hat, dass man bereits mit den
                              									hergebrachten Laboratoriumshilfsmitteln (Glaskolben, Platinelektroden, Korkstopfen,
                              									Funkenstrecke u.s.w.) gegebenenfalls eine Fabrikation aufbauen könnte, die der
                              									Wirtschaftlichkeit nicht zu entbehren braucht.
                           Jedoch nicht hierin liegt das Bedeutsame der Arbeit. Der Wert derselben ist vielmehr
                              									darin zu erblicken, dass es der Technik nunmehr auf Grund der mitgeteilten
                              									Gleichgewichtskonstanten K möglich ist, nach einem Weg
                              									zu suchen, der die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens
                              									zum Ziele hat.
                           Und in der Tat scheint es, als ob zur Ausführung der vorliegenden Gasreaktionen
                              									Hilfsmittel anwendbar sind, die eine hohe Wirtschaftlichkeit des Verfahrens
                              									versprechen.
                           Der die Ausbeute an NO bestimmende
                              									Gleichgewichtskoeffizient
                           
                              K=\frac{C_{N_2}}{C_{O_2}}
                              
                           ändert sich mit der Temperatur nach Massgabe der van't Hoffschen Gleichung der Reaktionsisochore
                           
                              \int\,\frac{d\,K}{K}=+\frac{q}{R}\,\int\,\frac{d\,T}{T^2}
                              
                           wobei R die Gaskonstante = 1,991
                              									und T die absolute Reaktionstemperatur bedeutet.
                           Die Wärmetönung q (43200 cal) geht entsprechend dem
                              									endothermischen Verlauf der Reaktion
                           2NO = N2 + O2 + 2 . 21600
                              									cal
                           negativ in diese Gleichung ein.
                           Ist nun der Gleichgewichtskoeffizient K1 bei einer Temperatur T1 bekannt, so
                              									findet sich nach Integration obiger Gleichung der Gleichgewichtskoeffizient Kx bei der
                              									Temperatur Tx
                              									aus
                           
                              lognat\ K_x=lognat\ K_1+\frac{q}{R}\,\left(\frac{1}{T_x}-\frac{1}{T_1}\right)\,\frac{q}{R}\,\left(\frac{1}{T_x}-\frac{1}{T_1}\right)
                              
                           Kx = K1 · e
                           Setzt man in diese Gleichung die bekannten Werte ein
                           
                              
                                 K1 =
                                    											119 (Nach MuthmannT1 = 1800 + 273 =
                                    												2073R = 1,991
                                 Nach Muthmann und Hofer
                                 
                              
                           so kann man, wie ersichtlich, für jede Temperatur Tx die
                              									Gleichgewichtskonstante Kx und somit die Ausbeute an Stickoxyden
                              									bestimmen.
                           In der nachstehenden Tab. 2 sind einige auf diese Weise berechnete Werte
                              									verzeichnet.
                           Mit diesen Werten für Kx berechnet sich nun ohne weiteres aus der
                              									Beziehung
                           
                              K_x=\frac{C_{N_2}\,C_{O_2}}{(C_{NO})^2}
                              
                           die Konzentration CNO an Stickoxyden aus
                           
                              C_{NO}=\sqrt{\frac{C_{N_2}\,C_{O_2}}{K_x}}
                              
                           
                           Tab. 2.
                           
                              
                                 Temperatur des Reaktionsherdes
                                 GleichgewichtskonstanteKx
                                 
                              
                                 
                                    t
                                    
                                 
                                    T
                                    
                                 
                              
                                   1227° C.
                                 1500
                                 6668
                                 
                              
                                 1727° „
                                 2000
                                   175
                                 
                              
                                 1800° „
                                 2073
                                   119
                                 
                              
                                 2227° „
                                 2500
                                         19,86
                                 
                              
                                 2727° „
                                 3000
                                           4,62
                                 
                              
                                 3227° „
                                 3500
                                           1,62
                                 
                              
                                 3727° „
                                 4000
                                           0,75
                                 
                              
                                 4727° „
                                 5000
                                           0,25
                                 
                              
                           wobei C_{N_2} den Gehalt an Stickstoff (N2), C_{O_2} den
                              									Gehalt an Sauerstoff (O2) in dem Volumen Eins des Ausgangsgemisches, C_{NO} dagegen den
                              									Gehalt an Stickoxyden (NO) in Teilen des Gesamtvolums bedeutet.
                           Bei gleichen Teilen O und N
                              									im Ausgangsgemisch ist
                           C_{N_2}=C_{O_2}=0,5 bezw. c_{N_2}\cdot C_{O_2}=0,25
                              								
                           mithin der Gehalt an Stickoxyd bei einer Reaktionstemperatur
                              										Tx
                           C_{NO}=0,5\cdot \sqrt{\frac{1}{K_x}} (in Volumenteilen).
                              								
                           Bei der atmosphärischen Luft als Ausgangsgemisch ist
                           C_{O_2}=0,208 (Volumteile Sauerstoff)
                           C_{N_2}=0,792 (Volumteile Stickstoff)
                           also
                           
                              C_{O_2}\cdot C_{N_2}=\mbox{ rund }0,16.
                              
                           Hieraus berechnet sich für eine Temperatur des Reaktionsherdes Tx aus der
                              									zugehörigen Gleichgewichtskonstanten Kx (Tab. 2) der Gehalt an
                           Stickoxyd C_{NO}=0,4\,\sqrt{\frac{1}{K_x}} (Volumteile)
                           Tab. 3.
                           
                              
                                 Reaktions-Temperaturt
                                 Gehalt an Stickoxyd NOin Vol.-Proz.
                                 Bemerkung
                                 
                              
                                 Stickstoff-SauerstoffAusgangsprodukt
                                 Atmoph. LuftAusgangsprodukt
                                 
                              
                                 1227° C.1727° „1800° „2227° „2727° „3227°
                                    											„3727° „4727° „
                                     0,61 v. H.    3,77 „   „    4,4   „   „  11,2   „  
                                    											„  23,0   „   „  39,0   „   „  57,6   „   „100,0   „  
                                    											„
                                   0,49 v. H.  3.02 „   „  3,67 „   „  8,96 „   „18,4  
                                    											„   „31,2   „   „46,0   „   „80,0   „   „
                                 Berechnetunter Zugrunde-legung desMuthmannschenWertesK =
                                    											119,0fürt = 1800° C.
                                 
                              
                           Wie die in Tab. 3 verzeichneten Werte und die Kurven der Fig. 1 erkennen lassen, nimmt die Ausbeute an Stickoxyden rasch mit der
                              									Temperatur des Reaktionsherdes zu.
                           Die Ausbeute bei Verwendung eines Stickstoff-Sauerstoffgemisches ist, nur um 20 v. H.
                              									grösser, als die bei Anwendung der atmosphärischen Luft, so dass man praktisch wohl
                              									nur mit dem letzteren Falle zu rechnen braucht.
                           Die Frage, die sich nun aufdrängt, ist die, ob und durch welche Hilfsmittel es
                              									möglich ist, höhere Reaktionstemperaturen; als bisher, in Anwendung zu bringen.
                           Die Ausbeute und die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens würde dann ohne weiteres in
                              									hohem Masse gesteigert werden können.
                           Während die jetzt angewandte Hochspannungsfunkenstrecke ihrer effektiven Temperatur
                              									entsprechend eine Ausbeute von nur 3,6–3,7 v. H. zulässt,Auch die Amerikaner arbeiten mit einer
                                    											Anreicherung von nur 3 v. H.; es entspricht dies einer Temperatur der
                                    											Funkenstrecke von 1727° C., die dem Schmelzpunkte des Platins (Elektroden)
                                    											nahe kommt. würde man bei 2115° C. bereits des Doppelte, bei
                              									4000° C. das Zwölffache zu erwarten haben.
                           Vom Standpunkte der Technik entsteht nun hier die Frage, ob der Associationseffekt
                              									überhaupt oder aber einwirtschaftlicher Associationseffekt lediglich eine
                              									eigenartige spezifische Wirkung des Hochspannungsfunkens ist, und ob man begründeter Weise an den
                              									Hochspannungsentladungen – deren Anwendung stets mit Betriebsschwierigkeiten und
                              									elektrischen Verlusten verbunden ist – festzuhalten gezwungen ist.
                           Dies dürfte nun zu verneinen sein, da die Bildung des Stickoxyds eine reine
                              									Temperaturfunktion zu sein scheint, die nur von der Temperatur des Reaktionsherdes
                              									abhängt.
                           „Der Wechselstromlichtbogen“
                              									betonen Muthmann und Hofer,
                                 											„stellt einen heissen Raum dar, der von einem kalten umgeben ist ...“
                                 										„Wir erwähnen noch ausdrücklich, dass wir die Reaktion als reine Wärmewirkung
                                    											auffassen, wie dies ja auch durch unsere Versuche mit Kohlensäure sehr
                                    											wahrscheinlich gemacht wird.“Berichte d. Deutsch, chem. Ges., Bd. 2, S. 448. 450;
                                    									1903.
                           In der Tat dürfte der einzige Grund der zur Wahl von Hochspannungsentladungen zu nötigen scheint, lediglich darin zu finden
                              									sein, dass bei Starkstromentladungen mit grösserer
                                 										Energiedichte und Temperatur die aus Metallen bestehenden Elektroden,
                              									selbst wenn man das teuere Platin wählt, abschmelzen
                                 										würden, Kohleelektroden jedoch infolge der reduzierenden Eigenwirkung der
                              									glühenden Elektroden bezw. der hocherhitzten Kohlenoxydgase den Oxydationsprozess
                              									des Stickstoffes verhindern bezw. rückläufig machen würden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 265
                              Fig. 1.
                              
                           „Mit anderen Worten es fehlt uns“, wie J.
                                 										GruszkiewiczJ. Gruszkiewicz:„Ueber eine neue Cyanwasserstoff-Synthese“, Zeitschr. f. Elektroch.,
                                    											1903, Bd. 4, S. 83ff. bemerkt, „zur
                                 										Zeit eine richtige, wirtschaftlich arbeitende, elektrische Stromverteilung zu
                                 										diesem Zweck, doch ist die Erfindung derselben die Sache einer nicht allzu
                                 										fernen Zukunft.“
                           Es kommt mithin bei der Lösung des Problems darauf an. für den Reaktionsherd Wärme
                              									gener atoren anzuwenden, welche die Erzeugung höchster Temperaturen gestatten und
                              									bei diesen nicht angegriffen werden.
                           Verfasser hat nun für pyrochemische Gasreaktionen dieser Art, und insbesondere auch
                              									für den vorliegenden Sonderfall der Salpetersäuredarstellung, als Reaktionsherd
                              									bezw. als Wärmegeneratoren elektrisch erhitzte Widerstände bezw. Elektroden aus
                              									Leitern zweiter Klasse in Vorschlag gebracht.E. Rasch:„Eine neue Methode zur Ausfährung pyrochemischer Reaktionen“.
                                    											Zeitschr. f. Elektrochemie. 1903. Bd. 8, S. 162
                                    											ff.
                           Während man bei der Funkenstrecke mit Rücksicht auf den Schmelzpunkt der
                              									Elektrodenmetalle an eine begrenzte Maximaltemperatur gebunden ist – im Dauerbetrieb-
                              									wohl kaum höher als 1800° C.Die Anwendung von
                                    											Platin-Elektroden (Schmelzpunkt 1775° C.) hat für einen fabrikatorischen
                                    											Grossbetrieb in Anbetracht des hohen Preises und der beträchtlichen
                                    											Zerstäubung der Elektroden durch Funkenstrecken keine Aussicht. Muthmann und Hofer
                                    											bedurften wenigstens bei ihren Versuchen einer steten Nachregulierung- der
                                    											Elektroden (2 mm Durchmesser), die auf einen relativ beträchtlichen
                                    											Platinverlust schliessen lässt. – kann man beispielsweise bereits
                              									mit Glühkörpern aus Metalloxyden (Magnesia, Thoroxyd, Zirconoxyd) wie sie auch Nernst in der nach ihm benannten Glühlampe verwendet.
                              									Temperaturen erreichen, welche die der Funkenstrecke um mehrere hundert Grad
                              										übersteigen.Unmittelbar nach dem
                                    											Ausschalten einer Nernstlampe macht sich die
                                    											Anwesenheit nitroser Dämpfe durch den charakteristischen Geruch
                                    											bemerkbar.Leitet man über einen Nernstglühkörper einen
                                    											feuchten Luftström, so kann man deren Anwesenheit durch
                                    											Jodkaliumstärkepapier nachweisen.
                           Die Temperatur von Elektrolytglühkörpern ist von O.
                                 										LummerO. Lunnner:„Ziele der Leuchttechnik“, Elektr. Zeitschr., Bd. 23, Heft 35 u. 36, S. 787 ff. u. 806
                                    										ff. durch bolometrische Bestimmung des Energiespektrums an Nernstlampen bestimmt worden; dieselbe bewegt sich
                              									zwischen T = 2200 bis T =
                              									2450.
                           Bei dieser Temperatur hätte man nach den früheren Ausführungen bereits die doppelte Ausbeute gegenüber dem Funkenverfahren zu
                              									erwarten. Es erscheint überdies nicht ausgeschlossen, dass durch Verwendung
                              									zweckmässig gewählter katalysatorischer Metalloxyde, insbesondere von solchen mit
                              									mehreren Oxydationsstufen, eine zeitliche Beschleunigung des Reaktionsvorganges
                              									erzielt werden kann.
                           Weit höhere Temperaturen und Energiedichten kann man jedoch nach einem weiter
                              									gehenden Vorschlage von mir für die Zwecke pyrochemischer Reaktionen nutzbar machen,
                              									wenn man sich eines Verfahrens bedient, das Verfasser zur Erzeugung von elektrischen
                              									Lichtentladungen für die Zwecke der Beleuchtung angegeben hatE. Rasch:„Ein neues Verfahren zur Erzeugung von elektrischem Licht.“
                                    											Elektrotechn. Zeitschr. 1901, 7; ferner D. R.-P. 117214 vom 19. März 1899 u.
                                    											D. R.-P. 187788 vom 28. März 1899. (1899).
                           Wie ich nämlich nachgewiesen habe, kann man zwischen festen oder flüssigen Elektroden
                              									aus Leitern zweiter Klasse (Oxyden, Salzen u.s.w.) stabile, selbständige,
                              									elektrische Entladungen, sei es in freien Gasen, sei es im Vakuum, unterhalten,
                              									sofern man die Initialentladung durch Erwärmung der Elektroden oder durch
                              									Funkenstrecken erzwingt. Zur Unterhaltung dieser lichtbogenähnlichen Entladungen
                              									sind relativ niedrige Spannungen (40 Volt) hinreichend, jedoch kann man
                              									selbstverständlich auch höhere Betriebsspannungen anwenden.
                           Man kann mithin in allen Fällen, bei denen man zur Zeit für pyrochemische Zwecke auf
                              									elektrische Entladungen
                           Tab. 4.
                           Energiebilanz für die Bildung von 1 Mol (NO)
                           
                              
                                 Temperatur
                                    											desReaktionsherdes
                                 Ausbeutepin v. H.
                                 bErwärmungvon 1 Molvon 20 C auf T
                                 Indifferente Luftin
                                    											Molen=\frac{100-p}{p}\cdot \frac{M_{NO}}{M_{Luft}}
                                 cErwärmungder indifferenten Luftauf T
                                 aBildungswärmefür1 Mol NO
                                 (a + b + c)Gesamtsummeder aufgewendetenEnergie pro1 Mol NO
                                 
                              
                                 t
                                 T
                                 
                              
                                 1800° C.
                                 2073
                                   3,65
                                 15781 cal
                                 27,7
                                 437100 cal
                                 21600 cal
                                 452881 cal
                                 
                              
                                 2115° „
                                 2388
                                   7,30
                                 17831   „
                                 13,2
                                 236000   „
                                 21600   „
                                 253831   „
                                 
                              
                                 3727° „
                                 4000
                                 46,00
                                 40009   „
                                       1,215
                                   48600   „
                                 21600   „
                                   98609   „
                                 
                              
                           Bemerkung: M_{NO} Molekulargewicht des Stickoxyds = 30.
                           M_{Luft} Molekulargewicht der atm. Luft = 29.
                           zwischen Elektroden mit reduzierenden Eigenwirkungen und
                              									Nebenerscheinungen angewiesen ist, mit grösserer Aussicht auf Erfolg Elektroden aus
                              									Leitern zweiter Klasse in Anwendung bringen, denen diese Nebenerscheinungen nicht
                              									anhaften. Elektroden aus schwer verdampf baren Metalloxyden (Magnesia, Thoroxyd,
                              									Zirkonoxyd, Aluminiumoxyd u.s.w.) gestatten überaus grosse Energiedichten und
                              									brennen bei den normalen Lichtbogenspannungen.Selbstverständlich lassen sich
                              									jedoch auch zwischen Elektroden dieser Art – die man bis zu gewissem Grade als
                              									chemisch unangreifbar betrachten kann – elektrische Hochspannungsentladungen
                              									unterhalten.
                           Schliesslich kann man auch zwischen geschmolzenen Leitern zweiter Klasse (Metallsalze
                              
                              									u.s.w.) durch geeignete Anordnung der Elektrodengefässe und der Stromzuführungen
                              									vorzügliche Lichtbogenentladungen unterhalten. Es braucht wohl kaum erwähnt zu
                              									werden, dass man in diesen Fällen den Gasdruck und die Dampfspannung beliebig
                              									verändern kann, und dass die feuerflüssigen Salzelektroden oder dergl. bei der
                              									chemischen Reaktion sich nicht notwendig indifferent zu verhalten brauchen. Ja, es
                              									lassen sich Fälle denken, in denen die Elektrodenmasse an dem elektrochemischen
                              									Vorgang sich mit Vorteil chemisch beteiligen kann.
                           Aus den photometrischen Messungen an diesem eigenartigen Lichtbogen zwischen
                              									glühenden Leitern zweiter Klasse bezw. aus dem hohen photometrischen Nutzeffekt
                              									desselben lässt sich schliessen, dass derselbe im Stande ist, Temperaturen zu
                              									erzeugen, die vor der Hand zu den höchst erreichten zu zählen sind und jedenfalls
                              									die des Kohlelichtbogens – dessen Anwendung für die vorliegende Gasreaktion seiner
                              									reduzierenden Eigenwirkung halber ausgeschlossen ist – noch übertreffen.
                           Nimmt man jedoch für diesen Lichtbogen des Verfassers lediglich die Temperatur des
                              									Kohlelichtbogens (T = 4000) an, so ergibt sich aus den
                              									obigen Ueberschlagsberechnungen, dass bei dieser Temperatur 46,0 v. H. der
                              									atmosphärischen Luft in Stickoxyde umgewandelt werden können.
                           Benutzt man nun das Berechnungsschema wie vorhin als Grundlage für eine
                              									Ueberschlagsrechnung, die sich auf die Reaktionstemperaturen t = 2115 Grad C. (Elektrolytglühkörper) und t
                              									= 3727 Grad C. (Lichtbogen zwischen Elektrolytelektroden) erstreckt, so erhält man
                              									die in der nachstehenden Tab. 4 verzeichneten Werte.
                           Hieraus finden sich für den gesamten Energieverbrauch in elektrischem Mass die Werte
                              									der Tab. 5.
                           Tab. 5.
                           
                              
                                 Herstellungs-verfahren
                                 Tempe-ratur
                                    											desReaktions-herdes
                                 Totaler Energie-verbrauch,
                                    											elektr.
                                 Preisfür 100
                                    											kgSalpeter-säure
                                 Bemerkungen
                                 
                              
                                 für1 MolNO
                                 für 1 kgSalpeter-säure
                                 
                              
                                 Kilowattstunden
                                 
                              
                                 Chilisalpeter-Schwefelsäure
                                 –
                                 –
                                 –
                                 39 M.
                                 Marktpreis
                                 
                              
                                 Funken-Ver-  fahren Muth-  mann und  HoferRasch
                                    												Wider-  standserhitzRasch
                                    											Licht-  bogenerhitz.
                                 1800°
                                    											C.2115°  „3727°  „
                                 0,5500,3190,1391
                                 8,735,072,21
                                 24 M.(14 M.)(6,10
                                    											M.)
                                 Kostenfür denelektrischenEnergieverbrauch
                                 
                              
                           NB. 477 g
                              									NO entsprechen theoretisch 1 kg
                              									Salpetersäure.
                           Diese Ueberschlagszahlen können natürlich nicht den Anspruch auf grosse Sicherheit
                              									erheben und sollen auch die Ausbeute lediglich der Grössenordnung nach
                              									vorausbestimmen; jedoch wird durch sie ein neuer Weg vorgezeichnet, auf dem
                              									voraussichtlich eine wirtschaftliche Lösung des vorliegenden Problems zu erwarten
                              									ist.
                           Als überaus erwünscht würde ich es bezeichnen, dass die Gleichgewichtskonstante K der Stickstoffoxydation, deren Wert vor der Hand als
                              									wenig sicher angesehen werden muss, einer Neubestimmung unterworfen werde.
                           Für diesen Zweck wird man vorteilhaft als Reaktionsherd einen Glühkörper aus Leitern
                              									zweiter Klasse verwenden. Die Temperatur desselben lässt sich in relativ sehr
                              									genauer Weise durch die neueren optisch photometrischenMethoden (Pyrometer Wanner„Ueber einen Apparat zur photometrischen Messung hoher
                                          													Temperaturen“. Phys. Zeitschr. 3; S.
                                       												105 ff. 1901., Holborn und Kurlbaum„Ueber ein neues
                                       												optisches Pyrometer“. Berl. Akad. Ber. 1901. S. 712 ff.
                              									oder dergl.) bestimmen und durch Vorschaltwiderstande bequem regulieren.
                           Eine derartige Untersuchung würde nicht nur eine wichtige Frage der theoretischen
                              									Chemie beantworten, sondern auch die Unterlagen für weitere technische Arbeiten von
                              									hoher volkswirtschaftlicher Bedeutung bilden.