| Titel: | Elektrisch angetriebener Luftkompressor. | 
| Autor: | F. Mbg. | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 279 | 
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                        Elektrisch angetriebener
                           								Luftkompressor.
                        Elektrisch angetriebener Luftkompressor.
                        
                     
                        
                           Die Firma Reavell & Co. in Ipswich,
                                 										England, baut seit einiger Zeit Luftkompressoren, deren
                              									Konstruktion, wenn auch durchaus auf englischen Geschmack zugeschnitten, doch auch
                              
                              									für deutsche Ingenieure manches Interessante bieten dürfte. Zwar wollen wir durchaus
                              									nicht den in dieser Maschine ausgedrückten Grundsätzen in jeder Beziehung das Wort
                              									reden, aber es liegen doch viele eigenartige und in sich durchaus richtige Gedanken
                              									der ganzen Maschine zu Grunde.
                           Elektromotoren in den hier notwendigen Grössen lassen sich billig nur dann
                              									herstellen, wenn eine hohe Umdrehungszahl gewählt wird; geschieht der Antrieb vom
                              									Motor aus dabei durch irgend eine Uebersetzung, so geht in dieser ein nicht
                              									unbeträchtlicher Teil der entwickelten Arbeit nutzlos verloren. Eine unmittelbare
                              									Kupplung ist daher in jedem Falle vorzuziehen. Deutsche Werke haben nun die Form der
                              									früheren, langsam laufenden Kompressoren beibehalten, ihr Bestreben ging eigentlich
                              									nur dahin, dasjenige Glied, welches bei hohen Tourenzahlen die grössten
                              									Schwierigkeiten verursachte, die Ventile, zweckentsprechend umzubilden. Die
                              									englische Firma dagegen änderte an der Ventilkonstruktion so gut wie nichts, sie
                              									wählte für diese nur sehr geringen Hub und verhältnismässig grossen Querschnitt;
                              									dagegen beschränkte sie den Hub der Maschine selbst bis aufs äusserste, ordnete, um
                              									eine genügende Leistung zu erhalten, statt eines einzigen grossen, eine Reihe
                              									kleinerer Kompressoren an, und verteilte diese so um die Kurbelachse, dass ein sehr
                              									gleichmässiges Drehmoment zustande kam. Bei dem kleinen Hub wurde selbst bei hohen
                              									Tourenzahlen die Kolbengeschwindigkeit gering und die Beschleunigungskräfte
                              									überstiegen das zulässige Mass nicht. Der kleine Hub drängte aber andererseits zur
                              									Wahl einer zweistufigen Verdichtung, da sonst die gewünschten Drücke von 5 ½ bis 7
                              									Atmosphären sich nicht erreichen liessen. Ausserdem war aber auch diese zweistufige
                              									Verdichtung wiederum zur Erreichung einer hohen Tourenzahl günstig. Es ist nämlich
                              									durch zweckmässige Wahl des Verhältnisses der beiden Kolbenflächen erreicht, dass
                              									der Gestängedruck niemals die Richtung wechselt, wenn er auch natürlich gewissen
                              									Schwankungen unterworfen ist. Selbst wenn im Gestänge ein geringes Spiel vorhanden
                              									ist, wird also der Kompressor ruhig und ohne Schlag laufen und eine Vergrösserung
                              									des toten Ganges wird durch das Arbeiten der Maschine selbst nicht eintreten.
                           Der oben erwähnte Grundsatz der Teilung eines Kompressors in eine Reihe
                              									kleinerer ist auch insofern noch weiter verfolgt, als von demselben Motor zwei genau
                              									gleiche Maschinen angetrieben werden, die zu beiden Seiten des Motors angeordnet
                              									sind. Durch alle diese Mittel ist es ermöglicht, unmittelbare Kupplung mit einem
                              									Elektromotor zu wählen, der allerdings immer noch als ein langsam laufender
                              									bezeichnet werden muss, dessen Umdrehungszahl aber doch weit über der in Deutschland
                              									bei unmittelbarer Kupplung verwandten liegt.Genauere Zahlen hierüber fehlen leider in unserer Quelle: The
                                    											Engineering Times Vol. IX. No. 1. Aeusserlich erhält dann die
                              									ganze Anordnung die in Fig. 1 wiedergegebene Gestalt,
                              									während die innere Konstruktion durch Fig. 2
                              									veranschaulicht wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 279
                              Fig. 1.
                              
                           Wie man sieht, sind die Lager des Elektromotors überhaupt fortgefallen, an beiden
                              									Enden ist seine Welle durch eine starre Kupplung mit den Kurbelachsen der beiden
                              									Kompressoren verbunden. Diese ruhen in je einem Lager, dem man reichliche
                              									Abmessungen gegeben und das man mit Ringschmierung versehen hat. Von der Kurbelachse
                              									aus werden die vier Kolben eines jeden der beiden Kompressoren mittels Schubstangen
                              									in bekannter Weise angetrieben. Die Luft tritt dabei aus dem innersten Teil des
                              									Gehäuses, der die Kurbelachse umgibt und der mit der äusseren Luft in Verbindung
                              									steht, durch Schlitze in den weiteren Teil der Zylinder ein. Sobald diese Schlitze
                              									durch den Kolben verdeckt sind, beginnt die Kompression, die durch Druckventile
                              									hindurch in den Aufnehmer stattfindet. Aus diesem saugt sie der Kolben in den
                              									kleineren Teil des Zylinders und befördert sie in den Hochdruckraum, der in Gestalt
                              									eines viereckigen Ringes das ganze Gehäuse umgibt. Für den kleinen oder
                              									Hochdruckzylinder sind dabei sowohl Saug- wie Druckventile angeordnet, die ebenso
                              									wie die Druckventile am grossen Zylinder natürlich selbsttätig mit Federbelastung
                              									arbeiten, und, wie schon bemerkt, einen ganz kleinen Hub erhalten. Der ganze übrige
                              									Raum, der von dem gusseisernen Kompressorgehäuse umschlossen wird, also der Raum
                              									ausserhalb der Zylinder, soweit er nicht von dem genannten Ringraum oder von dem
                              									inneren mit Luft erfüllten Teile eingenommen ist, wird von Kühlwasser durchflössen;
                              									und ferner ist der Aufnehmer so ausgebildet, dass jeder Hochdruck-Zylinder nicht die
                              									von dem zu ihm gehörigen Niederdruckzylinder geförderte Luft ansaugt, sondern dass diese von dem
                              									Nachbarzylinder geliefert wird und erst angesaugt werden kann, nachdem sie ein vom
                              									Kühlwasser umspültes Kupferrohr durchströmt hat. Da nun auch der erwähnte
                              									Hochdruckringraum von drei Seiten von dem kalten Wasser umgeben ist, so findet also
                              									eine doppelte energische Kühlung def Luft statt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 280
                              Fig. 2.
                              
                           Interessant ist schliesslich noch die Regulierung des Kompressors: in einem
                              									Luftzylinder wird einem federbelasteten Kolben durch die gepresste Luft selbst, die
                              									diesem Zylinder mittels enger Röhrchen aus dem Druckraume zugeführt wird, das
                              									Gleichgewicht gehalten. Die aus dem Zylinder herausragende Kolbenstange ist
                              									unmittelbar mit dem Schalthebel eines Nebenschlussregulierwiderstandes verbunden.
                              									Lässt nun der Druck der Luft im Druckraum nach, weil der Verbrauch ein grösserer
                              									wird, so schaltet sich selbsttätig ein Teil des Widerstandes aus und die Tourenzahl
                              									wächst. Beim Steigen des Luftdruckes tritt natürlich das Entgegengesetzte ein. Die
                              
                              									ganze Reguliervorrichtung ist deutlich in Fig. 1 vorn
                              									am Motor zu erkennen.
                           Es muss zugegeben werden, dass dieses Bild einen äusserst guten Eindruck auf den
                              									Beschauer hinterlässt.Die ganze gedrungene Bauart, die unmittelbare Aufnahnme
                              									aller entstehenden Kräfte im Maschinenbett selbst, die sofort in die Augen
                              									springende Tatsache, dass die Montage an Ort und Stelle eine sehr einfache sein
                              									muss, wenn nicht gar i manchen Fällen sogar ein betriebsfertiger Versand des Ganzen
                              
                              									stattfinden kann, muss unbedingt für sich einnehmen. Allerdings erscheint zunächst
                              									die Zugänglichkeit zu den bewegten Teile nicht überall genügen gewahrt. Aber nach
                              									Entfernung eines der vie Verschlussdeckel am Rande liegen die zu dem betreffenden
                              									Zylinder gehörenden Ventile teils ganz frei, teils sind sie leicht zu erreichen, und
                              									dass das Kurbelgetriebe nach aussen durch einen aufgeschraubten Deckel abgeschlossen
                              									ist, erscheint dem an raschlaufende Kapselmaschinen gewöhnten Engländer eigentlich
                              									selbstverständlich, bietet ja zweifellos auch manche Vorteile.
                           Zum Schlusse bemerken wir noch, dass der im Bild vorgeführte Kompressor etwa 500 cbm
                              									Luft von 7 Atmosphären Ueberdruck in der Stunde zu liefern vermag. Leider fehlen
                              									sonstige Angaben über die Abmessungen, sodass eine Bestimmung der Tourenzahl nicht
                              									ermöglicht ist.
                           
                              
                                 F.
                                    											Mbg.