| Titel: | Neuerungen an den verschiedenen Systemen der drahtlosen Telegraphie. | 
| Autor: | Adolf Prasch | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 313 | 
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                        Neuerungen an den verschiedenen Systemen der
                           								drahtlosen Telegraphie.
                        Von Ingenieur Adolf Prasch,
                           									Wien.
                        (Fortsetzung von S. 292 d. Bd.)
                        Neuerungen an den verschiedenen Systemen der drahtlosen
                           								Telegraphie.
                        
                     
                        
                           
                              
                              B. Die Empfangseinrichtung.
                              
                           1. Der Transformator und die Kondensatoren. Der
                              									Transformator des Empfangsstromkreises ist ähnlich wie der Transformator des Senders
                              
                              									eingerichtet. Hingegen erhält der Kondensator dieses Kreises viel geringere
                              									Abmessungen, als der des Senders. Ueber die Bauart der einzelnen Teile dieser
                              									Einrichtungen liegen keine näheren Mitteilungen vor. Fig.
                                 										21 zeigt die Aussenansicht eines derartigen Empfangsstromkreises für
                              									Wellenlängen von 200 m.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 313
                              Fig. 21. Empfangsstromkreis: Transformator und Kondensator.
                              
                           2. Der Fritter. Als Fritter wird der bereits früher
                              
                              									beschriebene Fritter mit polierten Stahlelektroden und zertrümmerten Stahlteilchen
                              									als Frittpulver verwendet. Wiewohl eine Evakuierung des Fritters vielseitig als
                              									vorteilhaft angesehen wird, ist von einer solchen Abstand genommen worden, weil der
                              									Haupt wert darauf gelegt wurde, dass ein einmal unbrauchbar gewordener Fritter
                              									wieder leicht in den Anfangszustand zurückgeführt werden könne, was bei einem
                              									luftleer gemachten, daher nach aussen vollständig abgeschlossenen Fritter unmöglich
                              									ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 313
                              Fig. 22. Der Fritter und seine einzelnen Teile.
                              
                           Trotzdem soll dieser Fritter die gleiche Empfindlichkeit zeigen, wie die besten
                              									luftleer gemachten Fritter, letztereaber an Zuverlässigkeit der Wirkung
                              									übertreffen. Die Empfindlichkeit dieses Fritters soll durch Verwendung gröberen
                              									Stahlpulvers, jedoch nur auf Kosten der genauen Wirkung wesentlich gesteigert werden
                              									können. Somit lässt sich mit einem derartigen Fritter den verschiedensten
                              									Anforderungen Rechnung tragen. Die äussere Ansicht, sowie die Einzelheiten eines
                              									solchen Fritters zeigt Fig. 22.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 313
                              Fig. 23. Anordnung der Empfangsapparate.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 313
                              Fig. 24. Der Hörer.
                              
                           Ein derartiger Fritter arbeitet nach den gemachten Erfahrungen nicht mehr so genau,
                              									wenn seine Elektroden magnetisch geworden sind. Dagegen wird seine Empfindlichkeit
                              									durch einen gewissen schwachen Magnetismus der Elektroden wesentlich erhöht, ohne dass seine
                              									Zuverlässigkeit hierdurch merkbar beeinflusst wird. Hieraus ergab sich die
                              									Möglichkeit einer magnetischen Regulierung des Fritters, durch welche der vorerst
                              									erwähnte Nachteil beseitigt und der Vorteil der geringen Magnetisierung nutzbar
                              									gemacht werden konnte. Diese Regulierung wird durch einen permanenten Ringmagneten
                              									bewirkt, zwischen dessen einander nahe gegenüberliegenden Polen die eine verlängerte
                              									Elektrode desFritters sich befindet. Durch Drehung des Magnetringes lässt sich
                              									nach Belieben und Bedarf entweder der Nord- oder Südpol desselben, dem Elektroden
                              									ende nähern und hierdurch dessen wirksame Endfläche süd- oder nordpolar in jeder
                              									gewünschten Stärke magnetisieren, oder auch vollständig unmagnetisch machen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 314
                              Fig. 25. Gesamtanordnung.
                              
                           Fig. 23 gibt eine äussere Ansicht der gesamten
                              									Empfangsapparate, bestehend aus Fritter, nebst zugehörigem magnetischen Regulator, Relais, als
                              									welches ein empfindliches Dosenrelais benützt wird, und dem Schreibapparate. Die
                              									gleichfalls erforderliche Batterie ist im Inneren des Kästchens untergebracht, auf
                              									welchem die Apparate aufgebaut sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 315
                              Fig. 26.
                              
                           3. Der Hörer. Dieser in Fig.
                                 										24 geöffnet dargestellte Hilfsapparat wird an Stelle des Schreibapparates
                              									dann verwendet, wenn auf eine schriftliche Wiedergabe der einlangenden Zeichen
                              									verzichtet wird. Er gestattet die Aufnahmeder letzteren nur mittels Telephon,
                              
                              									ist aber dafür mindestens dreimal so empfindlich, als der Fritter und arbeitet mit
                              									einer beinahe vollkommenen Sicherheit, so dass auch bei seiner Benutzung durch
                              									geübtes Personal eine Verstümmelung der Nachrichten ausgeschlossen ist. Ausserdem
                              									bedarf dieser Apparat keines Schutzes vor dem Geberfunken, wie dies bei dem Fritter
                              									notwendig ist, und verträgt derselbe wegen seiner einfachen Konstruktion die
                              									unsanfteste Behandlung. Die Konstruktion dieses Apparates ist Herrn Dr. Köpsel zu verdanken, welcher sich überhaupt um die
                              									Weiterentwicklung dieses Systemes der drahtlosen Telegraphie in hervorragendem Masse
                              									verdient gemacht hat.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 316
                              Fig. 27.
                              
                           Da sich durch die grosse Empfindlichkeit dieses Empfängers, die Entfernungen, über
                              									welche noch Nachrichten vermittelt werden können, um das zwei- bis dreifache
                              									vergrössern lassen, so kann derselbe mit Vorteil für die Erreichung grosser
                              									Entfernungenverwertet werden, wenn eben die Niederschrift der Nachrichten durch
                              									einen eigenen Apparat nicht zur Bedingung gemacht wird. Hauptsächlich ist er aber
                              									imstande alle Versuche zur Abstimmung, welche die Wahrung des Geheimnisses
                              									anstreben, zu vereiteln. Da dieser Apparat im Telephon auch die Frequenz des Gebers
                              									zum Ausdruck bringt, so ist man mit seiner Hilfe in der Lage, durcheinander gegebene
                              									Nachrichten verschiedener Geber in der Weise von einander zu trennen, dass
                              									man ihn durch Anwendung geeigneter Resonatoren auf die gesuchte Frequenz
                              									abstimmt.
                           Der Apparat besteht im wesentlichen aus einem an einer Blattfeder befestigten, harten
                              									Stahlplättchen, gegen welches eine Kohlen- oder Stahlelektrode, die meist zu einer
                              									Spitze ausgebildet ist, mittels einer Mikrometerschraube angedrückt werden kann.
                              									Diese Vorrichtung wird nun mit einem Trockenelement und einem Telephon in Reihe
                              									geschaltet und bildet so den gesamten Empfänger, welcher an jede beliebige,
                              									abgestimmte oder nicht abgestimmte Station angeschaltet werden kann. Es hat sich nun
                              									gezeigt, dass man den Druck, mit dem die beiden Elektroden (Stahl und Kohle)
                              									aufeinander pressen, dann bedeutend steigern kann, wenn man die elektromotorische
                              									Kraft des verwendeten Elementes in entsprechender Weise herabmindert. Durch diese
                              									Druckerhöhung wird der Apparat gegen Störungen durch Erschütterungen fast
                              									unempfindlich und wird deshalb jedem Apparate eine Vorrichtung zur Regulierung des
                              									Druckes und der elektromotorischen Kraft des Elementes beigegeben.
                           Seitens der Gesellschaft für drahtlose Telegraphie System
                                 										Prof. Braun und Siemens & Halske werden auch Demonstrationsapparate,
                              
                              									gebaut, die namentlich für die Verwendung an höheren Schulen bestimmt sind. Mit
                              
                              									diesen Apparaten lassen sich alle bei der drahtlosen Telegraphie auftretenden
                              									Erscheinungen in sehr anschaulicher Weise vorführen und würde sich eine Beschreibung
                              									derselben lohnen, wenn nicht allzugrosse Weitschweifigkeit vermieden werden müsste.
                              									Da übrigens genannte Gesellschaft sicher gerne bereit sein wird, die von ihr
                              									herausgegebene Beschreibung der Apparate an Interessenten abzugeben, so sei hiermit
                              									auf diese Beschreibung aufmerksam gemacht.
                           Eine Gesamtanordnung der Einrichtungen; wie solche auf der Hochbahnstation in Berlin
                              									ausgeführt wurde, zeigt Fig. 25.
                           Auf diesem Bilde (Innenansicht) sieht man den Luftdraht von rechts durch das Fenster
                              									an den mittleren Kontakt des Universalumschalters geführt, Die beiden Arme des
                              									Umschalters sind durch ein Hartgummistück verbunden und schalten bei Lage nach
                              									rechts den Empfänger-, und bei Lage nach links den Senderkreis ein. Zum Speisen des
                              									Induktors dient in diesem Falle eine Netzspannung von 110 Volt. Die primäre Spule
                              									des Induktors erhält ihre Unterbrechungen durch den elektrolytischen Wehnelt unterbrecher (unten rechts). Die sekundären
                              									Windungen des Induktors sind zur Funkenstrecke geführt, die sich in einer
                              									Schalldämpfung aus Glas befindet. Die Pole der Funkenstrecke sind je mit einem
                              									Belage der einen Hälfte des zweiteiligen Flaschensystems verbunden. Der untere Belag
                              									der Flaschenhälften erhält seine Verbindung durch eine dicke Spule, deren
                              									Abmessungen aus der Kapazität des Kondensatorsystems und der Länge des Luftdrahtes
                              									berechnet werden. Die in dem Schwingungskreise entstehenden elektrischen
                              									Schwingungen werden von der dicken primären Windung, der dünneren Sekundärwindung im
                              									Oeltransformator aufgezwungen (am Tische links oben). Die freien Windungen der
                              									sekundären Windung führen nun einerseits durch den Umschalter zum Luftdraht und
                              									andererseits zu einer Zinktrommel, die figürlich das Gegengewicht des Luftdrahtes
                              									bildet (rechts unten). Durch Druck auf den Morse taster
                              									werden Funken von kurzer und langer Dauer erzeugt, die sich am Empfangsapparate als
                              									Punkte und Striche darstellen.
                           Der Empfangsapparat besteht wieder aus dem Braunschen Schwingungskreise, der nur in bedeutend kleinerem Verhältnis gebaut
                              									ist. Als Kapazität dient hier ein kleiner Luftkondensator, an dessen äusseren Belag
                              									die primäre Spule angelegt und dessen innerer Belag kurz geschlossen ist. Mit den
                              									Enden der Sekundärspule ist der Fritter verbunden, der seinerseits wieder das Relais
                              									erregt. Das Relais löst den Klopfer und den hierzu parallel geschalteten Morseschreiber aus.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 317
                              Fig. 28. Funkenwagen während der Fahrt.
                              
                           Die ersten von der Gesellschaft ausgeführten Stationen Cuxhaven-Elbe-Leuchtschiff,
                              									welche auch mit der Versuchsstation Helgoland in ständigem Verkehr standen und für
                              									den Lotsendienst praktische Verwendung fanden, haben sich laut Gutachten des
                              									Kommandeurs und Lotseninspektors Kördell, wie aus
                              									seinem amtlichen Gutachten hervorgeht,
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 318
                              Fig. 29. Funkenwagen abgeprotzt und betriebsfertig.
                              
                           vollkommen bewährt und während 6 Monaten des Betriebes
                              									unter allen Witterungsverhältnissen betriebssicher gearbeitet. Die hierbei in
                              									Betracht kommenden Entfernungen waren 32, 33 bezw. 65 km. Im Sommer 1902 wurden an
                              									der Ostsee in den Orten Sassnitz auf Rügen und Gross-Möllen an der pommerschen Küste zwei neue, nur zu
                              									Versuchszwecken bestimmte Stationen errichtet, die gleich nach Vollendung der
                              									Einrichtung auf eine Entfernung von 165 Kilometern zuverlässig mit dem
                              									Schreibapparat arbeiteten. Bei beiden ist, wie aus den Fig.
                                 										26 und 27 zu entnehmen ist, an einem 50 m
                              									hohen Mäste ein Draht von 57 m Länge im Winkel nach oben geführt, der oben in ein
                              									Netz von sechs parallelen Drähten ausläuft.
                           Auch diese Gesellschaft hat fahrbare Telegraphenstationen für militärische Zwecke
                              									geschaffen, die sich bei den letzten deutschen Manövern bestens bewährt haben
                              									sollen. Das Königl. Luftschifferbataillon hatte für diese Zwecke zwei feste und drei
                              									fahrbare Stationen bezogen. Letztere vermochten den schnellsten Bewegungen der
                              									Truppen zu folgen und waren sofort nach Abprotzen betriebsfertig. Der Luftdraht
                              									wurde hierbei bei günstigem Wetter mit Drachen, bei ungünstigem Wetter mit kleinen
                              									Ballons hochgezogen. Das zur Füllung der Ballons erforderliche Gas wurde in eisernen
                              									Flaschen, die unterhalb des Funkenwagens untergebracht wurden, mitgeführt. Den
                              									bisherigen Erfahrungen entsprechend wurden die Funkenwagen in der Form von
                              									Artillerieprotzen gebaut.
                           Im Hinterwagen war der Senderapparat mit Stromquelle, die aus einer von einem
                              									Benzinmotor angetriebenen Dynamo bestand, untergebracht. Im Vorderwagen befanden
                              									sich der Empfänger und die erforderlichen Reserveteile, sowie andere militärische
                              									Gegenstände.
                           Die Fig. 28 und 29
                              									zeigen einen derartigen Funkenwagen während der Fahrt und abgeprotzt und
                              									betriebsfähig hergerichtet.
                           Im Nachstehenden ist ein Auszug aus dem „Militärwochenblatte“ No. 104: „Das
                                 										Kaisermanöver 1902“ gegeben:
                           
                              „Die Funkentelegraphie benutzte das System Braun-Siemens, dass sich ausserordentlich gut bewährt hat.
                              
                           
                              Die fahrbaren Stationen kamen täglich zu ausgiebigster Verwendung. So
                                 										übermittelten sie beim Generalkommando, V. Armeekorps und bei der
                                 										Kavalleriedivision B Befehle und Meldungen zwischen diesen Stellen; ebenso
                                 										vermittelte die vom 10. September ab vom V. zum III. Armeekorps übergetretene
                                 										Station den Befehls- und Nachrichten verkehr zwischen Generalkommando und
                                 										Kavalleriekorps. Mit dem Morseschreibapparat arbeiteten die Stationen noch
                                 										sicher bis auf zwei Tagmärsche, mit dem Hörapparat auf 3–4 Tagmärsche.“
                              
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)