| Titel: | Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für Kohle, Erze und Koks. | 
| Autor: | Georg v. Hanffstengel | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 341 | 
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                        Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für
                           								Kohle, Erze und Koks.
                        Von Georg v. Hanffstengel, Ingenieur in
                           									Stuttgart.
                        (Fortsetzung von S. 324 d. Bd.)
                        Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für Kohle, Erze und
                           								Koks.
                        
                     
                        
                           
                              
                              C. Fördermittel für den Transport in wagerechter oder
                                 										schwach geneigter Richtung.
                              
                           Für wagerechte Förderung werden, soweit es sich um Einzeltransport in kleineren
                              									Mengen handelt, schmalspurige Bahnen benutzt, auf denen Wagen von selten mehr als
                              									500 bis 600 kg Inhalt verkehren. Zum Betriebe dient Menschenkraft, elektrische oder
                              
                              									Dampflokomotiven, Seil oder Kette. In manchen Fällen kann man auch das Gewicht der
                              									Ladung als Triebkraft ausnutzen. Das Geleise wird auf ebener Erde oder, wenn der
                              									Boden frei bleiben soll, erhöht verlegt. Im letzteren Falle empfiehlt es sich
                              									indessen häufig, statt eines zweischienigen Geleises eine einfache Schiene
                              									anzuwenden, an welcher der Wagen senkrecht nach unten hängt. (Schwebebahnen.)
                              									Massive eiserne Schienen kommen aber hierfür nur dann in Betracht, wenn in
                              									geringenEntfernungen Stützpunkte angebracht werden können, bei grösseren
                              									Spannweiten ist man auf Drahtseil als Tragorgan angewiesen. Bei der Wahl des einen
                              									oder anderen Systems spielen die Geländeverhältnisse eine wichtige Rolle.
                           Ueber einzelne der genannten Transportmittel, insbesondere über Gleisbahnen mit
                              									Antrieb durch Seil und Kette, ist schon ausführliche Litteratur vorhanden. Wenn hier
                              									trotzdem auch auf diese Förderungsarten kurz eingegangen wird, so geschieht es aus
                              									dem Grunde, weil jene Werke ziemlich umfangreich sind und daher für den, der sich
                              									schnell über das Wesen und die Anwendbarkeit der verschiedenen Systeme einen
                              									Ueberblick verschaffen will, unzweckmässig erscheinen. Für genaueres Studium werden
                              									an den betreffenden Stellen die Litteraturnachweise gegeben.
                           Die üblichen Bezeichnungen für die verschiedenen Bahnsysteme sind sehr wenig
                              
                              									bezeichnend. So pflegt man für Schwebebahnen mit Seil als Tragorgan den Namen
                              										„Drahtseilbahnen“ zu gebrauchen, ein Ausdruck, der ebensogut auf
                              									zweischienige Bahnen mit Seilantrieb passt. Im letzteren Falle spricht man indessen
                              									gewöhnlich von „Seilförderung“. Hier sollen die Bezeichnungen
                              										„Gleisseilbahnen“ und „Luftseilbahnen“ durchgeführt werden. Für
                              									Schwebebahnen mit fester Schiene mag der übliche Name „Hängebahnen“ bleiben,
                              									einerlei, ob der Antrieb mechanisch – mit Seil – oder durch Menschenkraft
                              									erfolgt.
                           
                              
                                 Allgemeines über Gleisbahnen.
                                 
                              Bahnen mit zweischienigem Gleise finden vorzugsweise Anwendung in Gruben für die
                                 										Förderung unter und über Tage, ferner für die Versorgung von Kesselhäusern,
                                 										Gaswerken oder Hochöfen und als Hochbahnen zur Beschüttung von Lagerplätzen. Die
                                 										Spurweite beträgt in der Kegel 500 bis 600 mm.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 318, S. 341
                                 Fig. 240. Muldenkipper von Koppel.
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 318, S. 341
                                 Fig. 241. Feststellvorrichtung für Muldenkippen von Koppel.
                                 
                              Der Transportwagen muss haltbar, leicht zu bewegen und bequem zu entleeren sein.
                                 										Sehr häufig werden, namentlich für Kohlentransport, eiserne Muldenkipper
                                 										verwandt, deren Ausführung nach Arthur Koppel,
                                 										Düsseldorf, Fig. 240 wiedergebt. Der Wagen ist in
                                 										allen Teilen kräftig gebaut. Die Räder, deren Achsen in Rollenlagern laufen,
                                 										bestehen aus Stahlguss, der Rahmen ist aus ⊏Eisen so gebogen, dass er gegen
                                 										Zusammenstösse möglichst grosse Widerstandsfähigkeit bietet. Er trägt zwei zu
                                 										Wiegebahnen ausgebildete Böcke, auf denen sich an der Mulde befestigte Eisen
                                 										abrollen. Die Mulde ist aus Stahlblech genietet und am oberen Rande von einer
                                 										runden Handleiste eingefasst, die bequemes Anfassen gestattet und das ganze
                                 
                                 										Gefäss versteift.Wichtig ist die Feststellvorrichtung, die unbeabsichtigtes
                                 										Kippen der Mulde zu verhüten hat. Sie besteht bei der Konstruktion von Arthur KoppelD. R. P. 116280. aus zwei einander diagonal
                                 										gegenüberliegenden drehbaren Handgriffen nach Fig.
                                    											241. Wird der Griff losgelassen, so fällt er von selbst in die
                                 										punktierte Stellung, und die zum Drehpunkt exzentrische Fläche a legt sich gegen den Bund des Walzeisens und
                                 										verhindert es, sich nach oben zu drehen. Wird auf einer Seite der Handgriff in
                                 										die gezeichnete Stellung gehoben, so löst sich die Zunge und die Mulde kann nach
                                 										der anderen Seite kippen, aber nie dahin, wo der Arbeiter steht. Beim
                                 										Zurückkommen stellt sich die Mulde von selbst wieder in der richtigen Lage fest,
                                 										indem sie die Zunge zurückschlägt. Die Nase b
                                 										verhindert ein Ueberschlagen des Handgriffes.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 318, S. 341
                                 Fig. 242. Vorderkipper von Koppel.
                                 
                              Die Hauptabmessungen des abgebildeten Wagentyps sind folgende:
                              
                                 
                                    Spurweite mm
                                    500
                                    500
                                    500
                                    600
                                    600
                                    600
                                    
                                 
                                    Inhalt cbm
                                    ⅓
                                    ½
                                    ¾
                                    ½
                                    ¾
                                    1
                                    
                                 
                                    Gesamte Rahmenlänge
                                    1560
                                    1700
                                    1860
                                    1700
                                    1860
                                    2055
                                    
                                 
                                    Grösste Muldenbreite
                                    1090
                                    1280
                                    1470
                                    1280
                                    1470
                                    1500
                                    
                                 
                                    Höhe v. Schienenober-   kante bis Oberkante  
                                       												Mulde
                                    1000
                                    1015
                                    1170
                                    1060
                                    1195
                                    1275
                                    
                                 
                                    Radstand (von Mitte zu   Mitte Rad gemessen)
                                    450
                                    550
                                    550
                                    550
                                    550
                                    650
                                    
                                 
                                    Raddurchmesser
                                    300
                                    300
                                    300
                                    300
                                    300
                                    350
                                    
                                 
                              Auf geringeren Steigungen kann man die Wagen durch einen gegen die Räder
                                 										gepressten Knüppel bremsen, in anderen Fällen kommen Spindelbremsen zur
                                 										Verwendung.
                              Für Ladungen unter ⅓ cbm werden die Wagen einfacher und billiger ohne gebogene
                                 										Rahmeneisen hergestellt. Für 1 bis 1 cbm Inhalt baut die Firma eine noch
                                 										kräftigere Form mit 600 bis 750 mm Spurweite. Diese Wagen sind vor allem für
                                 										Lokomotivbetrieb bestimmt und daher mit durchgehender, abgefederter Zugstange
                                 										versehen.
                              Unter gewissen Verhältnissen kann es vorteilhaft sein, Vorderkipper nach Fig. 242 zu verwenden. Die Bauart ist im
                                 										wesentlichen die gleiche wie bei den Seitenkippern, nur sind Mulde und Achsen
                                 										gegeneinander um 90° versetzt. Sollen die Wagen sich nach allen Seiten entleeren
                                 										lassen, so wird das Obergestell mit der Mulde drehbar auf das Untergestell
                                 										gesetzt, in der Weise, dass es von vier kleinen Laufrollen getragen und durch
                                 										einen Mittelzapfen geführt wird. Dadurch entsteht der sogenannte Rundkipper.
                              Die Wagen werden häufig so eingerichtet, dass sich die Mulde durch einen Kran vom
                                 										Gestell abheben lässt. Sie erhält dann Füsse zum Aufsetzen und Oesen, in welche
                                 										die Kranhaken eingehängt werden. An vielen Stellen werden auf diese Weise
                                 										Schiffe entladen, indem der Kran die Gefasse in das Schiff
                                 										hinunterlässt und die vollgeschaufelten Mulden wieder auf ihre Gestelle setzt.
                                 										Stehen genügend Wagen und Schaufler zur Verfügung, so geht die Arbeit sehr
                                 										schnell von statten, da das Abheben und Aufsetzen nur wenig Zeit beansprucht.
                                 										Gegenüber Greiferbetrieb besteht der Vortheil, dass die Kohle nicht gestürzt
                                 										wird, doch sind natürlich viel Arbeitskräfte erforderlich. Eine andere Form
                                 										eines Kippwagens gibt Fig. 243 wieder. Arthur Koppel stellt diesen Wagen unter dem Namen
                                 										Schnabelrundkipper her. Der Kasten ist an einer Drehscheibe gelenkig befestigt
                                 										und kann nach allen Seiten geschwenkt und entleert werden. Er ist viel weniger
                                 										breit als die Mulde, und daher bei beschränktem Kaum, z.B. in Gruben, besser
                                 										brauchbar.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 318, S. 342
                                 Fig. 243. Schnabelrundkipper von Koppel.
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 318, S. 342
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 318, S. 342
                                 
                              Statt durch Kippen kann man den Wagen auch in der Weise bequem entleeren,
                                 										dass man ihm einen schrägen Boden gibt und das Material seitlich abrutschen
                                 										lässt. Fig.
                                    											244 gibt die Skizze eines Sattelwagens, dessen Inhalt auf beiden
                                 										Seiten des Geleises niederfällt; man baut die Wagen aber auch mit einseitiger
                                 										Entleerung. Das Fördergut fällt bei dieser Form nicht so weit über die Schienen
                                 										hinaus, wie beim Muldenkipper, das Geleise wird also leichter verschüttet.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 318, S. 342
                                 Fig. 245. Kesselhauswagen von Gebr. Koettgen.
                                 
                              Fig. 245 gibt einen in Kesselhäusern viel
                                 										benutzten Wagen wieder, aus dem die Kohle unmittelbar verfeuert wird. Derselbe
                                 										hat breite Räder und soll auf dem glatten Fussboden gefahren werden, natürlich
                                 										kann man ihn ebenso gut mit Schienenrädern versehen. Die Abbildung ist dem
                                 										Kataloge von H. Köttgen & Co., Berg.-Gladbach,
                                 										entnommen. Eine zweirädige Kokskarre derselben Firma ist in Fig. 240 dargestellt. Sie ist wegen des grossen
                                 										Raddurchmessers leicht zu bewegen und wird in ähnlicher Ausführung, z.B. für das
                                 										Heranschaffen des Materials zu Hochofenschrägaufzügen benutzt.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 318, S. 342
                                 Fig. 246. Kokskarre von Gebr. Koettgen.
                                 
                              Grubenwagen für Kohle werden in der Regel auf allen Seiten geschlossen gebaut,
                                 										ohne besondere Vorrichtung zum Entleeren, da bei dem rauhen Betriebe möglichst
                                 										kräftige, dauerhafte Konstruktion notwendig ist und das Ausstürzen auf
                                 										einfachste Weise durch die weiter unten beschriebenen Kreiselwipper geschieht.
                                 										Vielfach findet man noch hölzerne Wagen mit rechteckigem Querschnitt, die
                                 										billiger sind als eiserne. Die letzteren haben aber den Vorzug grösserer
                                 										Haltbarkeit, ausserdem kann man ihnen leichter durch Biegen der Seitenbleche
                                 										einen Querschnitt geben, der den Platz zwischen den Kadern besser ausnutzt, als das
                                 										Rechteck. Endlich nehmen ihre Wände bei dem beschränkten Raum in den
                                 										Förderstrecken weniger Platz weg. Der Wagen wird aus Blech und Formeisen
                                 										genietet, neuerdings verwenden auch einzelne Firmen gepresste Bleche, um ohne
                                 
                                 										Einbusse an Steifigkeit das Gewicht zu verringern. Im Durchschnitt beträgt das
                                 										Eigengewicht eiserner Grubenwagen 60 v. H. der Nutzlast.
                              Fig. 247
                                 										bis 249
                                 										geben Querschnitte der gebräuchlichsten Formen für hölzerne und eiserne Wagen.
                                 											Fig. 250 stellt eine Ausführung von Arthur Koppel dar.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 318, S. 343
                                 Fig. 250. Grubenwagen von Koppel.
                                 
                              Zum Entleeren der Gruben wagen werden allgemein Kreiselwipper nach Fig. 251 benutzt. In der vorliegenden Ausführung
                                 										besteht der Wipper aus zwei kreisförmig gebogenen ⊏Eisen, die sich auf fest
                                 										gelagerten Rollen abwälzen und durch 4 Winkel mit einander verbunden sind. Das
                                 										eine Paar < Eisen bildet das Geleise, das andere greift über den Band des
                                 										Wagens und hält ihn in der Kippstellung fest. Das Gewicht ist so verteilt, dass
                                 										bei gefülltem Wagen der Schwerpunkt des Ganzen etwas oberhalb, nach der
                                 										Entleerung unterhalb des Mittelpunktes liegt. Infolgedessen hat der Wipper,
                                 										nachdem der Arbeiter eine der beiden federnden Riegelstützen gelöst hat, die
                                 										Neigung, selbsttätig umzukippen, um sich nach der Entleerung wieder
                                 										aufzurichten, sodass der Mann die Bewegung nur einzuleiten braucht. Nach
                                 										vollendeter Drehung schnappen die Riegel ein und der leere Wagen wird durch den
                                 										nächstfolgenden beladenen herausgestossen.
                              Verbesserungen an dieser einfachen Vorrichtung haben den Zweck, die
                                 										Drehgeschwindigkeit durch maschinellen Antrieb so zu regeln, dass der Wipper vor
                                 										dem Ausschütten sich langsam bewegt, damit die Kohle ruhig fällt und geschont
                                 										wird, während im übrigen die Bewegung möglichst rasch vor sich gehen soll. Fried. Krupp, Grusonwerk, Magdeburg-Buckau, baut
                                 										einen solchen Kreiselwipper (Patent Ulrich-Frantz),
                                 										dessen Laufrollen zu Beginn der Bewegung durch eine Riemenscheibe mit
                                 										Reibkupplung langsam gedrehtwerden. Nach erfolgter Entleerung rückt sich
                                 										die Kupplung selbsttätig aus und der Wipper kehrt unter dem Einfluss eines
                                 										Beschleunigungsgewichtes schnell in die aufrechte Lage zurück.
                              Die Firma Riggs Coal Tippler, London, bringt einen
                                 										auch in Deutschland patentierten Wipper in den Handel, der durch einen
                                 										Kurbelmechanismus besonderer Konstruktion getrieben wird und sich nur während
                                 										der Entleerung, also während eines ganz geringen Teiles der Drehung, langsam im
                                 
                                 										übrigen aber bei beim Vor- und Zurückschwingen sehr rasch bewegt.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 318, S. 343
                                 Fig. 251. Kreiselwipper von Koppel.
                                 
                              Als Betriebsmittel für Gleisbahnen kann Menschenkraft heutzutage nur noch in
                                 										Betracht kommen, wenn die Entfernungen sehr gering sind. Daher ist z.B. in
                                 										Gruben die Schlepperförderung allgemein verlassen und an ihre Stelle zunächst
                                 										Pferdeförderung getreten. Auch diese wird nach und nach durch maschinelle
                                 										Förderungen abgelöst. Am weitesten verbreitet sind Bahnen mit endlosem Seil oder
                                 										Kette als Zugmittel, weil sie einfach im Betriebe und wegen der Annäherung an
                                 										ununterbrochene Arbeitsweise sehr leistungsfähig sind. Lokomotivforderung wird
                                 										sich empfehlen bei sehr grossen Entfernungen, oder wenn das Geleise von Wagen
                                 										gekreuzt wird und daher freigehalten werden muss. Man verwendet in solchen
                                 										Fällen Dampf–, Benzin- oder elektrische Lokomotiven mit Oberleitung bezw.
                                 										Akkumulatoren. Wird das Fördergut nur bergab gefördert, so lässt sich in vielen
                                 										Fällen die Triebkraft überhaupt sparen, indem man die Einrichtung so trifft,
                                 										dass die beladenen abwärtsgehenden Wagen die leeren zur Füllstelle aufwärts
                                 										ziehen, ein Prinzip, das auch bei senkrechten Aufzügen zuweilen Anwendung
                                 										findet.
                              Die wichtigeren Systeme von Gleisbahnen sollen im folgenden Abschnitt besprochen
                                 										werden.
                              
                                 
                                    (Fortsetzung folgt.)