| Titel: | Neue Einrichtungen und Nebenvorrichtungen zur Zugsicherung auf Eisenbahnen. | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 346 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Neue Einrichtungen und Nebenvorrichtungen zur
                           								Zugsicherung auf Eisenbahnen.
                        (Schluss von S. 331 d. Bd.)
                        Neue Einrichtungen und Nebenvorrichtungen zur Zugsicherung auf
                           								Eisenbahnen.
                        
                     
                        
                           
                              
                              VIII. Georg Schreibers selbsttätige Zugsicherung.
                              
                           Eine von Georg Schreiber erdachte und hergestellte
                              									Zugsicherungseinrichtung, welche seit verflossenem Jahre auf der 5,3 km langen
                              									Werksbahn Bannstein-Muttershausen in Lothringen praktisch angewendet wird, erteilt das
                              									Fahrverbot zur Deckung der Züge auf doppeltem Wege, nämlich durch ein sichtbares
                              									Signal mittels einer oder mehrerer, in einer flachen Laterne untergebrachter
                              									Glühlampen und zugleich durch selbsttätiges Auslösen der Lokomotivpfeife oder der
                              									Zugbremse. Zu dem Ende besteht die Ausrüstung jeder einzelnen Blockstelle aus der
                              										Signalvorrichtung im engeren Sinne und einem Stromschliesser. deren wesentliche Anordnung sich aus
                              									der schematischen Skizze, Fig. 11, ersehen lässt,
                              									welche die Anlage einer vollständigen, zwischen der Station A und der Station B durchgeführten
                              									Blockeinrichtung des einen Gleises einer doppelspurigen Eisenbahnlinie
                              									darstellt.
                           Hinsichtlich des Betriebes ist zuvörderst vorausgesetzt, dass sich in einer der
                              									beiden Stationen eine bestimmte Stromquelle, nämlich eine Speicherbatterie b befindet, welche einen Strom von annähernd 120 Volt
                              									und 1 Ampère liefert. Von den beiden Polen gehen zwei Leitungen l1 und l2 aus, welche von A bis B der ganzen Strecke
                              									entlang laufen, und an denen bei den einzelnen Blockstellen die erforderlichen
                              									Abzweigungskabel angeschlossen sind. Die Stromquelle wirdnur dann in Anspruch
                              									genommen, wenn und so lange an einer der Blockstellen das Fahrverbot besteht.
                           Das Einstellen der Signal Vorrichtung auf „Halt“
                              									und „Frei“ geschieht mit Hilfe eines knapp
                              									ausserhalb des Gleises, parallel zum Schienenstrang eingebauten, liegend
                              									angeordneten, kräftigen Solenoides s1, s2, s3 ..., dessen Ankerkern, wenn der
                              									vorerwähnte Strom die Spulen durchfliegst, vermittels einer Verbindungskette und
                              									eines zugehörigen Kettenrades eine wagerechte, zum Gleis senkrecht gerichtete Welle
                              									dreht, wobei durch ein auf dieser Stellwerkswelle sitzendes Kammrad ein Hemmknopf
                              										k1, k2, k3 ... gehoben
                              									und ausserdem durch eine Kegelradübersetzung die Stiellaterne t1, t2, t3 ... um 90°
                              									gedreht wird. Der benannte Hemmkopf hat seinen Platz innerhalb des Gleises und liegt
                              									für gewöhnlich so niedrig, dass sein Kopf von einem drehbaren, in einer Führung
                              									laufenden Bügel, womit jede Lokomotive an ihrem Untergestelle versehen ist, nicht
                              									berührt werden kann; befindet sich jedoch der Hemmkopf infolge der vorgedachten
                              									Solenoidwirkung in der hochgehobenen Lage, so gleitet über ihn der Lokomotivbügel
                              									derart hinweg, dass letzterer nach oben gedrückt wird, demzufolge sein freies Ende
                              									auf einen Winkelhaken einwirkt, der einen zweiten, durch eine Stange mit dem
                              									Dampfpfeifenhebel oder den Anlasshahn der Druckluftbremse verbundenen Doppelhebel
                              									freigibt. Durch das nunmehr niedergehende Gestänge gelangt sonach die Dampfpfeife oder
                              									die Zugbremse in Tätigkeit. Die Rückstellung hat dann der Lokomotivführer mit der
                              									Hand auszuführen, wobei sich unter dem Lokomotivgestelle der Winkelhaken und Bügel
                              									wieder in die Grundstellung zurückbegibt und somit für eine nächste Auslösung neu
                              									vorbereitet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 347
                              Fig. 11.
                              
                           Durch die weiter oben erwähnte Drehung der Stiellaterne t1, t2, t3 ..., deren Lampen gleichzeitig
                              									mit den ihnen parallel geschalteten Solenoidspulen s1, s2, s3 ... Strom erhalten, wird die allenfalls
                              									rot verglaste und durch einen Trichterrahmen gut wahrnehmbar gemachte, nunmehr
                              
                              									erleuchtete Laterne zur Gleisachse senkrecht gestellt, d.h. einem sich etwa der
                              									Signal stelle nähernden Zuge voll zugekehrt. Diese „Haltlage“ des sichtbaren Signals und das
                              									Brennen der Lampen, desgleichen die Auslösestellung des Hemmkopfes hören aber sofort
                              									wieder auf, wenn der Strom im Solenoid eine Unterbrechung erleidet, weil dann eine
                              									auf eine Scheibe der Stellwerkswelle tangential einwirkende Feder die ganze
                              									Signalvorrichtung in die gewöhnliche Grundstellung zurückführt, bei welcher die
                              									unbeleuchtete Laternen Scheibe parallel zum Gleis steht und auch der Hemmkopf so
                              									weit niedergegangen ist, dass er vom Auslösebügel der Lokomotiven nicht erreicht
                              									wird.
                           Zur Steuerung der Stromschlüsse dienen Kontaktvorrichtungen, die aus einem Lagerbocke
                              									bestehen, in welchem eine wagerechte Drehachse ruht, auf welcher die Nabe eines
                              									Daumens d1, d2, d3 ... lose
                              									steckt, welch letzteren in der senkrecht aufrecht gerichteten Lage festzuhalten eine
                              									Kerbfalle und eine Feder f1, f1
                              									f1 ... dauernd
                              									bestrebt sind. Auf derselben Drehachse sitzt auch eine Scheibe x1, x2, x3 ..., mit
                              									welcher der Daumen hinsichtlich der Linksdrehung durch einen einfachen
                              									Mitnehmerbacken und eine tangential wirkende Feder f2, f2
                              									f2 ...
                              									gekuppelt ist. Am Rande der Scheibe x1, x2, x3 ... steht ein Zahn i1, i2, i3 ... vor, sowie eine kürze Speiche z1, z2
                              									z3 ..., gegen
                              									welche sich das als Rolle ausgebildete Ende des kürzeren Armes eines Winkelhebels
                              										h1, h2, h3 ... lehnt,
                              									dessen längerer Arm eine Platte trägt, in die eine Anzahl nach abwärts gerichteter,
                              									angemessen isolierte Kupferstifte eingesetzt ist. So lange sich, wie beispielsweise
                              									auf dem Signalposten II, die Scheibe x1 in ihrer
                              									Ruhelage befindet, welche die Zeichnung ersehen lässt, ist der längere Arm des
                              
                              									Hebels h1 hochgehoben,
                              									wird jedoch der Daumen d1 in der Pfeilrichtung gedreht, dann nimmt
                              
                              									er die Scheibe x1 mit sich und diese fängt sich hierbei mit dem Zahn i1 an dem
                              									hakenförmigen Ende der Klinke n1, so dass sie von dieser festgehalten nicht
                              									mehr in die Ruhelage zurückkehren kann, wenn auch die ablenkende Wirkung auf d1 aufhört und
                              									dieser Daumen seine aufrechte Grundstellung wiedergewinnt. Bei der vorgedachten
                              									Drehung von x2
                              									ist die Speiche z1 nach aufwärts ausgewichen und daher der freigewordene Winkelhebel h1 nach rechts,
                              									bezw. abwärts gekippt, so dass die eingesetzten Kupferstifte in Quecksilbernäpfe 1, 2, 3, 4, 5, 6 ... eingetaucht werden und in dieser
                              									Lage, vermöge welcher sie verschiedene Stromwege herstellen, durch das natürliche
                              									Uebergewicht des Hebels h1 und des Zuges einer Feder f3natürlich eben so lange verharren, als
                              									die Scheibe x1
                              									von der Sperrklinke n1
                              									festgehalten bleibt.
                           Wird jedoch durch die Spulen des Solenoides s'1 ein Strom gesendet, der eine kräftige Einziehung
                              									des Ankerkernes bewirkt, so zieht dieser mittels einer Kette den in einer
                              									Schlittenführung beweglichen und durch die Feder f4 nach links, d.h. nach rückwärts gezogenen
                              									Keil v1 nach rechts
                              									bezw. nach vorwärts, so dass er an den unteren Arm des Sperrklinkenhebels stösst und
                              									diesen ausrückt, worauf die Scheibe x1 dem Zuge der Feder f2 folgend sich in ihre
                              									Grundstellung zurückbegibt, also auch den Hebel h1 hochhebt, mithin die Kupferstifte aus den
                              									Quecksilbernäpfen entfernt und die dort bestandenen Stromwege wieder
                              									unterbricht.
                           Zum Umlegen des Stromschliesserdaumens d1, d2, d3 ... ist jede Lokomotive an ihren beiden
                              									Längsseiten mit je einer sanft gebogenen, 1850 mm langen Gleitschiene ausgestattet,
                              									von denen die eine oder die andere beim Ueberfahren der Kontakt Vorrichtung den
                              									verstärkten und gehärteten Daumenkopf erfasst und so weit niederbeugt, dass er etwa
                              									30 mm tiefer zu liegen kommt als während der Ruhelage. Die Einklinkung der Scheibe
                              										x1, x2, x3 ... erfolgt
                              									jedoch bereits bei einer Daumenkopfbeugung von bios 20 mm und das tiefere
                              									Herabdrücken hat lediglich allfällig vorhandene, kleine Unterschiede in der Lage der
                              									Lokomotivgleitschiene auszugleichen, ohne jeder sonstigen Nebenwirkung. Die einmal
                              									erfolgte Einklinkung der Stromschliesserscheibe kann durch keine weitere Betätigung
                              									des zugehörigen Daumens d1, d2, d3 ... mehr aufgehoben werden und selbst beim
                              									Rückwärtsfahren der Lokomotive wird nur der obere Teil des Daumens leer nach rechts
                              									gedreht, ohne jeglicher Beeinflussung der Scheibe x1, x2, x3 ... Die beiden zur Betätigung der Daumen
                              									bestimmten Gleitschienen der Lokomotiven hängen mit ihrem rückwärtigen Ende drehbar
                              									in einem Gelenksrahmen, während sie am vorderen Ende mit einem Hebelmechanismus in
                              									Verbindung gebracht sind, der mittels einer Schraubenspindel vom Führerstande aus
                              									derart bedient werden kann, dass durch Rechtsdrehen die rechtsseitige, durch
                              									Linksdrehen die linksseitige Gleitschiene gesenkt, d.h. in Dienst gesetzt und
                              									gleichzeitig die andere gehoben, d.h. ausser Wirksamkeit gebracht wird. Ersteres ist
                              									beim Dienste auf zweigleisigen Bahnen die gewöhnliche Grundstellung für Vorwärts-
                              									und Rückwärtsfahren, letzteres die Ausnahmsstellung für die Fahrt mit dem Tender
                              									voraus.
                           Dem in Fig. 11 dargestellten Stromlaufschema liegt die
                              									Voraussetzung zu Grunde, dass das Ausfahrtsignal II in
                              									der Anfangsstation A, ebenso wie das Einfahrtsignal IV vor der Endstation B
                              									dauernd auf Halt stehen und nur für die Zugfahrten auf
                              										freie Fahrt gestellt werden sollen, zu welchem
                              									Behufe in den beiden Stationen die besonderen Handumschalter I und II vorhanden sind, welche von dem
                              									Weichenstellwerk in geeigneter Abhängigkeit stehen, und lediglich von den
                              									Stationsbeamten benutzt werden dürfen. Auf der Streckenblockstelle III – gleichwie auf jeder andern solchen Blockstelle,
                              									falls noch weitere vorhanden sind befindet sich jedoch die Signalvorrichtung für
                              									gewöhnlich in der Lage für Freie Fahrt. So lange von Station A kein Zug abgeht, liegt die Umschalterkurbel u1 in I auf 7; in diesem Falle
                              									steht ersichtlichermassen die Betriebsbatterie b über
                              										10, u1, 7, s1, und 9 dauernd im Schluss und der eingezogene Solenoidkern
                              										a1 hält
                              									demgemäss die Signalvorrichtung in der Haltlage, wie sie z. B, bei IV ersichtlich gemacht ist, fest. Soll aber einem Zuge
                              									die Ausfahrt erlaubt werden, so hat der Stationsbeamte vorher die Schalterkurbel u1 auf 8 umzustellen, d.h. den durch s1 laufenden Strom zu
                              									unterbrechen, demzufolge sich die Signalvorrichtung des Ausfahrt Signals II auf Freie Fahrt, d. i.
                              									in jene Lage einstellt, welche in der Zeichnung dargestellt erscheint.
                           Nunmehr kann der Zug seine Fahrt antreten und derselbe wird, sobald seine Lokomotive
                              									mit der Gleitstange den Daumen d1 umlegt, die selbsttätige Rückstellung des
                              									Ausfahrtsignals auf Halt bewirken, indem der
                              									niederkippende Hauptarm des Winkelhebels h1 durch die eingesetzten Kupferstifte
                              									zwischen den beiden aus Rotguss hergestellten Quecksilbernäpfen 1 und 2 eine leitende
                              									Verbindung vermittelt, vermöge welcher ein Strom von b
                              									über l1, 11, 1, 2, s1
                              									und 9 in die Solenoidspule s1 und in die Lampe t1 gelangt, der die Einziehung des
                              									Ankerkerns a1,
                              									und also die Haltlage der Stiellaterne t1 und des Hemmknopfes k1 bewirkt.
                              									Signalvorrichtung und Stromschliesser haben sonach durch den vorbeigefahrenen Zug in
                              										II dieselbe Lage erhalten, wie sie in der Zeichnung
                              									bei III und IV dargestellt
                              									erscheint. Hinsichtlich dieses Vorganges bleibt nur noch besonders hervorzuheben,
                              									dass der Hebel h1 ausser dem Stromwege zwischen 1 und 2 vermittels eines zweiten Stiftenpaares auch noch die
                              									leitende Verbindung zwischen 3 und 4 herstellt, welch letztere späterhin für die durch den
                              									Zug zu bewirkende Aufhebung des Fahrverbotes von Belang ist.
                           Gelangt der ins Auge gefasste Zug nach III, so muss er
                              
                              									auch hier, um seine Fahrt fortsetzen zu dürfen, die Signallage Freie Fahrt vorfinden, welche er beim Ueberfahren der
                              									Blockstelle ebenso wieder in Halt umwandelt, als vorhin
                              									an der Signalstelle II. Auch diesmal wird durch die
                              									Kupferstifte des niedergekippten Hebels h2 nicht blos der Stromweg 1, 2 sondern zugleich jener von 3 nach 4 hergestellt, von wo ein
                              									Anschlusskabel zur Solenoidspul s'2 weitergeht. Findet sodann der Zug auch an der
                              									Blockstelle IV die Erlaubnis zur Einfahrt vor, so
                              									stellt er daselbst bei der Vorbeifahrt, ganz wie in den vorbesprochenen Fällen, die
                              									Signalvorrichtung auf Halt zurück. Gegen früher besteht
                              									diesmal der einzige Unterschied, dass der Kontakthebel h3 nebst den Verbindungen 1, 2 und 3, 4 mittels
                              									eines dritten Stiftenpaares auch noch einen dritten Strom weg 5, 6 herstellt. Infolge dieses Kontaktes gelangt von
                              										b über l1, 15, 5 und
                              										6 in IV, l3, 3 und 4 in II und 9 ein Strom in Schluss, der in II das Solenoid s'1 erregt, also die Einziehung des Ankerkerns
                              										a'1
                              									bewirkt, sodass der gegen den unteren Arm der Klinke n1 stossende Keil v1 die Hemmung
                              									der Scheibe x1
                              									bei i1 löst und
                              									die letztere durch die Feder f2 in ihre Ruhelage zurückgeführt wird.
                              									Demgemäss geht auch der Stiftenarm des Winkelhebels h1 wieder hoch und die Strom wege
                              										1, 2 und 3, 4 hören in
                              										II auf. Nach diesen Stromunterbrechungun hat also
                              									die ganze Signalvorrichtung nebst dem Streckenstromschliesser in II die Lage für Freie
                                 										Fahrt zurückgewonnen. Der Kontakt 3, 4 ist
                              									ersichtlichermassen lediglich zu dem Zwecke da, die zur Rücknahme des Fahrverbotes
                              									dienende Stromgebung nur genau so lange andauern zu lassen, als zum Vollzuge dieser
                              									Aufgabe tatsächlich geboten erscheint.
                           In gleicher Weise wie der Zug vom Posten IV aus den
                              									Posten II freimacht, würde dies bei allen weiteren etwa
                              									zwischen III und IV
                              									vorhandenen Streckenblockstellen geschehen, derart, dass jeder dieser Posten beim
                              									Befahren durch den Zug den hinter ihm liegenden zweitnächsten Posten entblockt; d.h. sobald ein Zug die erste
                              									Streckenblockstelle erreicht hat, ist er fortlaufend durch je zwei Haltsignale
                              									gedeckt. Die Freistellung der Signalvorrichtung an der Ausfahrtsignalstelle II erfolgt übrigens bei regelrechter Dienstführung
                              									niemals in Wirklichkeit durch den Zug selber, weil der Stationsbeamte in A unmittelbar nach dem Zugabgang seine Umschalterkurbel
                              									auf 7 zurückbringt und auf diese Weise auch seinerseits
                              									die Signalvorrichtung bei II durch einen besonderen
                              									Stromkreis in die Haltlage bannt, der seitens des Zuges nicht unterbrochen werden
                              									kann. Ebensowenig vermag natürlich der Stationsbeamte mit seinem Umschalterdas
                              									Ausfahrtsignal auf Freie Fahrt zu bringen, solange
                              									dasselbe nicht durch den zuletzt abgegangenen Zug vom Posten IV aus regelrecht entblockt worden ist.
                           Wenn der bisher verfolgte Zug endlich in der Station B
                              									einlangt, überfährt er daselbst bei V noch einen
                              									Stromschliesser, dessen Daumen d4 aber keine Rückstellvorrichtung besitzt,
                              									sondern bei seiner Bestätigung durch die Gleitschiene der Lokomotive einfach nur den
                              									Stromweg 5, 6 herstellt, der einen Strom von b über l1, 16, 5 und 6 in V, l4 nach III und hier
                              									über 3, 4, s'2
                              									und 12 gelangen lässt, die Freigabe der
                              									Signalvorrichtung bewirkt. Die Aufhebung des Fahrverbotes an der letzten
                              									Streckenblockstelle geschieht also auch noch durch den Zug, jedoch erst dann,
                              									nachdem er das Einfahrtsignal IV hinter sich auf Halt gebracht und die Station erreicht hat. Die
                              									Erteilung der Erlaubnis zur Einfahrt ist jedoch, wie bereits oben erwähnt wurde,
                              									lediglich dem Stationsbeamten in B vorbehalten, der zu
                              									diesem Behufe die für gewöhnlich auf 18 ruhende, vom
                              									Weichenstellwerk in angemessener Abhängigkeit stehende Umschalterkurbel u2 einen
                              									Augenblick lang auf 19 einstellt und dadurch den Strom
                              									in s3 und t3 unterbricht.
                              									In diesem Falle, wie auch bezüglich der Rückstellung des letzten
                              									Streckenblockpostens erscheint es nicht mehr notwendig, dass die Leitung l5 bezw. l4 den Stromweg
                              										3, 4 in IV bezw. III durchläuft, weil die Unterbrechungen sowohl in IV als in V eben keine
                              									länger dauernde, sondern bloss eine vorübergehende ist.
                           Auf der eingleisigen Industriebahn Bannstein-Muttershausen, wo die Schreibersche
                              									Zugdeckungseinrichtung angewendet ist, gehen von der freien Strecke zwei Zweiglinien
                              									ab, welche durch die auf der Hauptstrecke verkehrenden Züge bei der Einfahrt
                              									selbsttätig abgesperrt und bei der Ausfahrt gleichermassen wieder freigegeben
                              									werden, während umgekehrt durch die auf den Zweiglinien verkehrenden Züge die beiden
                              									Enden der Hauptstrecke durch Haltsignale verschlossen werden. Behufs Durchführung
                              									dieses wertvollen Abhängigkeitsverhältnisses sind ganz ungezwungen die
                              									Stiftenkontakte bezw. Quecksilbernäpfe in den Stromschliessern an den Einfahrt- und
                              									Ausfahrtsignalstellen dazu ausgenützt, stets vier Signale gleichzeitig auf Halt zu bringen, wenn ein Zug abgeht oder ebenso diese
                              									vier Signale wieder gleichzeitig auf Freie Fahrt
                              									zurückzustellen, sobald der Zug die Strecke verlässt. Aehnlich wie diese
                              									Signalkupplung durchgeführt ist, so liesse sich auf einfach fortlaufenden
                              									Eisenbahnstrecken eine entsprechende Vermehrung der Stromschlussteilen in den
                              									Kontakt Vorrichtungen allenfalls auch ganz leicht zur Durchführung einer
                              									elektrischen Vormeldung an Bahnüberwegen oder dergl. oder auch zur Anfügung einer
                              									Rückmelde- oder sonstigen Kontrolleinrichtung ausnützen.
                           Wie die uns vorliegenden Werkzeichnungen für die Einzelteile der geschilderten
                              									Einrichtung ersehen lassen, sind dieselben sachgemäss zweckdienlich und kräftig
                              									konstruiert, sodass sie auf ein pünkliches, richtiges Arbeiten und einen geringen
                              									Unterhaltungsaufwand rechnen lassen. Nichtsdestoweniger besitzt die
                              									Gesamteinrichtung in ihrer derzeitigen Anordnung nur einen die Zugsfahrten
                              									fördernden, nicht aber einen denselben vollkommen sichernden Karakter, weil die
                              									Haltlage der Vorrichtung das Vorhandensein des Stromes erfordert und sich also das
                              									Haltsignal beim zufälligen Reissen massgebender Leitungen oder beim Versagen der
                              									Elektrizitätsquelle selbsttätig in Freie Fahrt
                              									umwandeln würde. Für die Verwendung auf Bahnen mit strengeren Betriebsanforderungen
                              									müsste sonach die besagte Schaltungsform erst dahin abgeändert werden, dass eine an
                              									der Anlage eintretende Störung eben nur das Erscheinen eines ausser gewöhnlichen
                              									oder das Festhalten des ordnungsgemässen Haltsignals, niemals jedoch ein falsches
                              									Freifahrtsignal zur Folge haben kann.
                           
                        
                           
                              IX. Vorrichtung zur Bekämpfung des Glatteises auf
                                 										elektrischen Eisenbahnen mit Dreischienenbetrieb.
                              
                           Der bei den elektrischen Leichtbahnen höherer Ordnung in der Regel als Stromzuführung
                              									benützte dritte Schienenstrang kann hinsichtlich der Stromab gäbe, wie unliebsame
                              									Wintererfahrungen wiederholt gezeigt haben, bei gewissen ungünstigen
                              									Witterungsverhältnissen zu ernsthaften Störungen Anlass geben. Wenn nämlich die
                              									Erdoberfläche durch längere, schwere Fröste stark abgekältet ist und inzwischen in
                              									höheren Luftschichten wärmere Strömungen feuchte Niederschläge hervorrufen, so
                              									überziehen diese, sobald sie auf die erwähnte „dritte Schiene“
                              									gelangen, deren Oberfläche mit einer glasharten Eisschichte, die bei längerer
                              									Fortdauer desselben Witterungsverhältnisses an Dicke stetig zunimmt. So lange die
                              									Eiskroste der stromzuführenden Schiene ganz dünn ist, d.h. lediglich eine zarte Haut
                              									bildet, sind die hierdurch entstehenden Uebergangswiderstände allerdings im
                              									Gesamtbetriebe bereits fühlbar, aber zumeist noch nicht störend, weil gewöhnlich die
                              									Stromabnehmer, wenn die Gleitschuhe zweckmässig angeordnet sind und genügendes
                              									Gewicht besitzen, hinreichen, das Eis abzustreifen. Wird das Glatteis stärker, so
                              									stossen es die Gleitschuhe der Stromabnehmer wohl auch zum Teile ab, allein die
                              									hierbei auftretenden grossen Widerstände verursachen unausgesetzt das Auftreten
                              									starker Lichtbogen und ziehen als weitere Folge davon Materialgefährdungen und
                              									Kraftverluste nach sich, welche schliesslich eine den Zugverkehr unsicher oder
                              									überhaupt unmöglich machende Steigerung erfahren können.
                           Solche Störungen sind schon in früheren Jahren beispielsweise auf den Stadtbahnen in
                              										Chicago, Boston, Brooklyn, Liverpool u.a.
                              									beobachtet worden und Mitte Dezember verflossenen Jahres namentlich auf der New
                              									Yorker Hochbahn lästig zu Tage getreten. Die Eigentümerin der letztgenannten
                              									Metropolitanbahn, die „Manhattan-Company“, hatte
                              									es nämlich versäumt, sich die älteren Erfahrungen zu Nutzen zu machen, d.h. ihre
                              									Linien bezw. ihren Wagenpark mit angemessenen Abwehrmitteln zu versehen, und ihre
                              									Versuche, dem Glatteisübel erst dann, als es bereits eingetreten war, dadurch
                              									abzuhelfen, dass man Leute ausschickte, die den dritten Schienenstrang für die
                              									ungehinderte Stromabgabe mittels Kratzeisen und Kehrbesen reinfegen sollten, haben
                              									zu ganz ungenügenden, ja geradezu kläglichen Ergebnissen geführt. Mit Rücksicht
                              									darauf und – namentlich angetrieben durch die arge Misstimmung des Publikums und der
                              									Tagespresse, welch letztere den Vorfall ausserordentlich scharf verurteilte, fand
                              
                              									sich die Manhattan-Company zur sofortigen Beschaffung
                              									von Stahldrahtbürsten bestimmt, welche bestimmt sind, an den Fahrzeugen befestigt zu
                              									werden und die Beseitigung der Eiskruste auf der Gleitfläche des stromführenden
                              									Schienenstranges selbsttätig zu besorgen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 349
                              Fig. 12.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 349
                              Fig. 13.
                              
                           Nach einem Berichte der Zeitschrift „Electrical World and
                                    											Engineer“ vom 20. Dezember 1902, erhält jeder Treibwagen vor und
                              									hinter seinen beiden Stromabnehmern eine durch Druckluft betätigte Kratzbürste von
                              									der in Fig. 12 und 13
                              									ersichtlich gemachten Anordnung. Auf jeden Treibwagen entfallen also vier und auf den einzelnen Zug, da in jedem derselben
                              									vier Treibwagen eingestellt sind, zusammen sechszehn Kratzbürsten, welche vom
                              									Zugführer im Bedarfsfall gleichzeitig in Dienst gesetzt werden können. Jede dieser
                              									Vorrichtungen besteht aus der aus Hartholz und Stahldrähten hergestellten Bürste b, welche durch Vermittlung eines Bügels und zweier
                              									Bolzenschrauben von einer Kolbenstange k1, k2 getragen wird. Letztere lagert senkrecht
                              									in einem Zylinder c, der mittels einer vierkantigen Mutter m derart an dem Wagenuntergestelle befestigt ist, dass die Längenachse von
                              										b genau senkrecht oberhalb der Längenachse
                              									desstromzuführenden dritten Schienenstranges zu liegen kommt. An k1
                              									k2 sitzt ein
                              									zylindrischer Kolbenboden c1 fest, der sich in den Hohlraum c2 des
                              									Zylinders cc auf- und nieder bewegen lässt. Eine
                              									Spiralfeder f1
                              									gleicht durch ihre Spannung das Gewicht der Bürste samt der Kolbenstange soweit aus,
                              									dass diese in der gezeichneten, hochgehobenen Lage festgehalten bleibt, wobei der
                              									untere Bürstenrand einige Millimeter höher liegt, als die Oberkante der
                              									Stromzuführungsschiene, und also der erstere die letztere nicht berühren kann. Es
                              									ist dies die gewönliche Ruhelage der Bürste, so lange sie nicht wegen
                              									Glatteisbildung in Dienst gesetzt wird.
                           An jede Bürstenhülse schliesst oben bei einer Bohrung a
                              									des Zylinderdeckels d ein Luftleitungsröhrchen an, das
                              									in ein längs des ganzen Zuges geführtes und am Zugsende abgeschlossenes Leitungsrohr
                              									mündet. Letzteres steht im Führerstande des ersten Treibwagens durch einen Hahn – je
                              									nach Einstellung desselben – entweder mit dem Vorratsbehälter für die
                              									Druckluftbremse oder mit der freien Luft in Verbindung, welche Lage natürlich die
                              									gewöhnliche ist und der in Fig. 12 u. 13 gekennzeichneten Grundstellung entspricht. Will der
                              									Zugführer die Kratzbürsten zur Anwendung bringen, so stellt er durch Umlegen des
                              									besagten Hahnes den Weg zur Pressluft her, welche nunmehr auf k2 drückt und
                              									nach geringem Zurückweichen der Kolbenstange auf den Kolbenbock c1 einwirken
                              									kann. Infolge des einseitigen Ueberdruckes in c2 geht c1 samt der Kolbenstange so weit niederwärts,
                              									als es der Absatz im Hohlzylinder c2 gestattet, wonach sich von rechts und
                              									links die federnden Riegel r1 und r2 (Fg. 13) schieben und den Rückgang des Kolbens verwehren, wenn auch der
                              									Zugführer, um nicht überflüssig Druckluft zu verbrauchen, den Anlasshahn wieder in
                              									die Ruhelage zurückstellt. Durch den Niedergang des Kolbens k1k2 wird die Bürste b kräftig auf die Stromleitungsschiene gepresst, somit
                              									in eine Lage gebracht, bei der sie scharf scheuernd auf die Gleitfläche einwirken
                              									und die Beseitigung des Eisüberzuges bewerkstelligen kann. Bis diese Tätigkeit der
                              									Kratzbürsten nicht mehr nötig ist, werden dieselben mit der Hand, nämlich durch
                              									einfaches gleichzeitiges Zurückziehen der Riegelknöpfe r1 und r2 wieder losgelassen, indem dann die verdichtete
                              									Luft im unteren Teil von c2, ferner die Spiralfeder f1 und überdem
                              									noch eine zweite solche Feder f2 gemeinsam den Kolbenboden nebst der
                              									Kolbenstange und der Bürste in die Ruhelage hochheben.
                           Nach älteren Erfahrungen weiss man jedoch, dass die geschilderten selbsttätigen
                              									Kratzbürsten nur in leichteren Fällen, nämlich nur dann ihrer Aufgabe vollkommen
                              									gerecht zu werden vermögen, wenn das Glatteis nicht zu glasartig hart und namentlich
                              									nicht zu fest an der Stromleitungsschiene haftet. Aus diesem Grunde hat die Manhattan-Company für New-York nebst den geschilderten,
                              									pneumatischen Bürsten auch noch zehn besondere Spritzvorrichtungen angeschafft, nachdem es mehrseits beobachtet und
                              									praktisch festgestellt worden ist, dass auf der Stromführungsschiene ein
                              									wiederholtes Befeuchten derselben mit Oel oder mit Salzwasser oder auch nur mit
                              									Meerwasser die Glatteisbildung teils verzögert, mindestens aber derart beeinflusst,
                              									dass die Eiskrusten nicht so gleichartig dicht werden und sich nicht so fest mit der
                              									Schiene verkitten können, als es ohne dieser Vorbeugemassregel vorkommt. Eine solche
                              										Spritzvorrichtung besteht im wesentlichen aus einem
                              									mit der betreffenden Flüssigkeit gefüllten, luftdicht abgeschlossenen Behälter, der
                              									von den Zügen mit geführt und zu dem Ende auf einem der Fahrzeuge, sei es im
                              									Führerstande, sei es an einer äusseren Wagenwand, angebracht wird. Das
                              									trichterförmige Bodenstück des Gefässes trägt zu unters ein oder mehrere haardünne
                              									Ausflussröhrchen, welche genau oberhalb der Stromzuführungsschiene liegen. Im Deckel
                              									des Behälters mündet eine Luftleitung, durch welche, ähnlich wie bei den
                              									Kratzbürsten Vorrichtungen, Pressluft eingelassen werden kann, deren Druck das
                              									gleichmassige Austreten der Flüssigkeit durch die Haarröhrchen, d.h. ein stetes
                              									Bespritzen der stromleitenden Schiene bewirkt.
                           Durch das Zusammenwirken dieser beiden Mittel, nämlich der Spritzvorrichtungen und
                              									der selbsttätigen Kratzbürsten hofft man mit Zuversicht die Glatteisfährlichkeiten
                              									unter allen Verhältnissen in New-York so weit bekämpfen zu können, dass ähnliche,
                              									gröbliche Verkehrsstörungen, wie diejenigen, welche zur Beschaffung den Anlass
                              									gegeben haben, für künftighin nicht mehr zu fürchten stehen.