| Titel: | Erster Bericht über den V. Internationalen Kongress für angewandte Chemie. | 
| Autor: | Gustav Rauter | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 414 | 
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                        Erster Bericht über den V. Internationalen
                           								Kongress für angewandte Chemie.
                        (Fortsetzung von S. 400 d. Bd.)
                        Erster Bericht über den V. Internationalen Kongress für angewandte
                           								Chemie.
                        
                     
                        
                           Chemische Industrie der anorganischen Produkte.
                           Sektion II.
                           Von weiteren Vorträgen in Sektion II ist zunächst derjenige von C. Weigelt aus Berlin: „Beiträge zur chemischen Selbstreinigung der Gewässer“ zu
                              									erwähnen. Der Vortragende wies darauf hin, dass vielfach bei Berechnungen über eine
                              									etwa eintretende Schädlichkeit von Abwässern ein Verfahren üblich sei, wobei man die
                              									ganze verfügbare Wassermenge des Flusslaufes einfach durch die Menge des Abwassers
                              									dividiere und so die sich ergebende Verdünnung des letzteren berechnet zu haben
                              									glaube. In Wirklichkeit trete jedoch eine derartige Vermischung von Flusswasser und
                              									Abwasser oft erst viele Kilometer unterhalb der Einlaufsstelle des letzteren ein,
                              									während bis dahin Strömungen von ganz verschiedener Beschaffenheit im Flussbett
                              									nebeneinander herliefen. Die in das Flusswasser gelangenden Abwässer bildeten in
                              									Wirklichkeit zunächst einen Halbkegel, dessen Halbmesser in seinem grössten
                              									Querschnitte von der Tiefe des Wassers abhänge, während seine Länge durch die
                              									Stromgeschwindigkeit gegeben sei, sodass er also bei grosser Stromgeschwindigkeit
                              
                              									sich stark verlängere. Von da ab bildet die so eingetretene Mischung von Flusswasser
                              									und Abwasser einen Halbzylinder, der sich nur recht langsam mit dem übrigen Wasser
                              									vermische. Die günstigsten Bedingungen zur Bildung eines möglichst grossen
                              									derartigen Mischungsquerschnittes seien gegeben, wenn man die Abwässer in der Mitte des Stromlaufesdiesem zuführe. Eine hohe
                              									Konzentration der Abwässer wirke verzögernd auf die Durchmischung ein.
                           Abwässer, die anorganische Produkte, insbesondere Säuren gelöst enthielten, könnten
                              									durch entsprechende Verdünnung gänzlich unschädlich werden. Zunächst komme hier die
                              									Säurebindungsfähigkeit der Flusswässer in Betracht, die von deren Gehalt an Kalk und
                              									Magnesia abhänge und nicht zu unterschätzen sei. Diese sei so gross, dass z.B. der
                              									Rhein bei Köln, gleichmässige Verteilung der Abwässer in ihm vorausgesetzt, mehr als
                              									die ganze Schwefelsäureproduktion Europas ohne schädliche Wirkung in sich aufnehmen
                              									könne.
                           Auch die Spree sei imstande, unter diesen, allerdings praktisch nicht zu
                              									verwirklichenden Bedingungen 40000 kg Schwefelsäureanhydrid am Tage aufzunehmen,
                              									ohne sauer zu werden. Tatsächlich könne die Spree indessen bei Einführung des
                              									Abwassers in die Mitte des Flusslaufes 3000 kg Schwefelsäureanhydrid täglich
                              									bewältigen.
                           Ueber die alkalischen Abwässer seien Untersuchungen noch im Gange. In bezug auf
                              									Salzlösungen hat sich der Vortragende namentlich mit dem Einflüsse von Eisensalzen
                              									beschäftigt, und zwar ausgehend von der Tatsache, dass ein Werk am Rhein täglich Abwässer in diesen entlasse, die 80000 kg
                              									Eisenvitriol oder 16000 kg Eisen enthielten. Auch diese bedeutende Menge von Eisen
                              									werde von dem Wasser mit Leichtigkeit bewältigt, indem die säurebindende Kraft des
                              									Wassers im Verein mit dem darin enthaltenen Luftsauerstoff das Eisen alsbald
                              									ausfälle.
                           Das Verhalten der Fische gegen die Einlaufsstellen solcher Lösungen sei
                              									derart, dass auch hier eine Gefahr ausgeschlossen sei, da die Tiere diese Stellen zu
                              									meiden pflegen.
                           Auf die biologische Seite der Selbstreinigung ging der Redner nicht ein, da es ihm
                              									nur darum zu tun war, nachzuweisen, dass gerade die Abwässer chemischer Fabriken
                              									weit weniger schädlich seien, als man annehme, und in den meisten Fällen sogar als
                              									ganz unschädlich bezeichnet werden könnten.
                           Es folgte dann ein Vortrag von F. Fischer aus Göttingen:
                              										„Ueber Wasserreinigungsanlagen“. Der
                              									Vortragende wies darauf hin, dass man Wasser nur dann und insoweit reinigen müsse,
                              									wenn reines Wasser wirklich nötig sei, und die darin enthaltenen Bestandteile dem
                              									Gebrauchszwecke des Wassers entgegenständen. Von dieser Grundforderung aus seien die
                              									Vorschläge und Anlagen zur Wasserreinigung zu beurteilen. Die Vorarbeiten hierzu
                              									hätten sich auf einer möglichst genauen Analyse des betreffenden Wassers aufzubauen,
                              									die viel schwieriger sei, als man denke, und nur von einem wirklichen Fachmann
                              									ausgeführt werden dürfe. Namentlich gelte dies von der Grundlage der ganzen
                              									Untersuchung, nämlich von der Entnahme einer richtigen Durchschnittsprobe, zu
                              									welchem Zwecke man am besten 24 Stunden lang alle 5 Minuten eine Probe des
                              									betreffenden Wassers entnehme. Anderenfalls erhalte man stets falsche und meistens
                              										viel zu hohe Ergebnisse, da man vereinzelte Proben
                              									meist gerade zu einer Zeit entnehme, wo das Wasser besonders unrein sei. Die früher
                              									als allein massgebend betrachtete Bakterienzahl sei glücklicherweise bei der
                              									Beurteilung des Wassers selbst in medizinischen Kreisen wieder etwas in Misskredit
                              									gekommen.
                           Der Redner ging dann kurz auf die Besprechung einzelner Anlagen zur Wasserreinigung
                              									ein und bemerkte, dass das Filtrieren von Wasser nur ein Notbehelf sei, dass dagegen
                              									unter Umständen blosses Absitzenlassen oft gute Dienste tue. Für die Technik komme
                              									einmal die Enteisenung, sodann die Befreiung von Kesselstein bildenden Stoffen in
                              									Betracht. In erster Hinsicht sei eine Durchmischung des Wassers mit Luft zu
                              									empfehlen, wobei diese das darin enthaltene Eisen oxydiert und ausfällt. Neuerdings
                              									werde mitunter auch Zinnoxyd als Reinigungsmittel empfohlen, das auf Hobelspähne
                              									fein verteilt werden solle; jedoch scheint dies nur sehr wenig Eisen bewältigen zu
                              									können. Gegen Kesselstein sei wohl noch immer Soda das am besten geeignete Mittel.
                              									Mit der grossen Zahl zur Reinigung von städtischen Abwässern empfohlener Chemikalien
                              									habe man im allgemeinen noch keine günstigen Erfahrungen gemacht; sogar Ozon könne
                              									nur einen Teil der in dem Wasser enthaltenen Keime vernichten.
                           Sehr interessant waren die Mitteilungen W. C. Heraeus
                              									aus Hanau: „Ueber Quarzglas“. Bekanntlich
                              									besitzt der Quarz ausserordentlich schätzenswerte Eigenschaften in bezug auf
                              									Unangreifbarkeit und Lichtdurchlässigkeit, sodass es nahe lag, geschmolzenen Quarz
                              									zu Glasgefässen zu verarbeiten. Jedoch scheiterten diese Versuche bisher an
                              									folgenden zwei Umständen. Erstens liegt der Schmelzpunkt des Quarzes
                              									ausserordentlich hoch, nämlich bei 1850° C., also höher als Platinschmelzhitze, die
                              									bei 1670° C. liegt; zweitens ändert der Quarz beim Erhitzen seine Eigenschaften
                              									nicht stetig, sondern macht bei 570° C. eine
                              									vollständige molekulare Umwandlung durch, wobei er in Stücke zerspringt. Quarz zu
                              									schmelzen wurde erst möglich, nachdem es dem Vortragenden gelungen war,
                              									Schmelzgefässe aus Iridium herzustellen, welches Metall erst bei 2450° schmilzt. In
                              									solchen Gefässen wird mittels eines Knallgasgebläses eine Temperatur von etwa 2000°
                              									C. aufrecht erhalten; bei 1700° C. wird der Quarz glasig. Das Verarbeiten des
                              									geschmolzenen Quarzes ist ausserordentlich schwierig und stellt sehr grosse
                              									Anforderungen an die Lungenkräfte des Glasbläsers.
                           Auch wird das Arbeiten dadurch erschwert, dass sich bei der hohen Temperatur die mit
                              									dem Glas in Berührung kommende atmosphärische Luft zum Teil unter Bildung von
                              									Untersalpetersäure aus Sauerstoff und Stickstoff zersetzt, sodass die fertigen
                              									Gefässe in ihrem Innern stets derartiges Gas enthalten. Es ist unter diesen
                              									Umständen nicht zu verwundern, wenn, zumal auch der Verbrauch an Sauerstoff für das
                              									Gebläse sehr gross ist, sich fertige Gefässe aus Quarzglas auf etwa 1 M. das Gramm
                              									gestellen, während komplizierte Apparate noch teurer werden.
                           Die Oberfläche des Glases ist wellig; im Innern enthältes zahlreiche Blasen, was
                              									daher rührt, dass es in verhältnismässig sehr dickflüssigem Zustande verarbeitet
                              									werden muss. Diese Umstände schaden seiner Gebrauchsfähigkeit indessen nichts,
                              									vielmehr sind die Vorteile des Quarzglases für manche Zwecke ausserordentlich gross.
                              									Man kann in Tiegeln aus diesem Material Gold und Silber destillieren und hierbei
                              									sogar beide Metalle voneinander trennen. Auch ist es möglich, alle in dem Tiegel vor
                              									sich gehenden Erscheinungen fortwährend zu beobachten. Ferner sind die Quarzgläser
                              									gegen Temperaturschwankungen ausserordentlich unempfindlich, was daher rührt, dass
                              									das Material einen Ausdehnungskoeffizienten besitzt, der nur etwa dem 17. Teil
                              									desjenigen des Platins gleich ist. Man kann glühende Gläser ohne weiteres in Wasser
                              									tauchen, ohne dass sie Schaden erleiden. Drähte aus Iridium lassen sich in
                              									Quarzgläser einschmelzen, und können in Vakuumröhren aus diesem Material zum
                              									Hervorrufen der verschiedensten elektrischen und optischen Erscheinungen benutzt
                              									werden. Da das Quarzglas auch das ultraviolette Licht gut durchlässt, was beim
                              									gewöhnlichen Glas nicht der Fall ist, so kann man mit seiner Hilfe auch dessen
                              									Eigenschaften genauer studieren. Auch zu Thermometern dürfte sich Quarzglas sehr gut
                              									eignen, da zu vermuten ist, dass bei seiner grossen Widerstandsfähigkeit gegen
                              									Temperaturschwankungen die sogenannte Depression des Nullpunktes hier kaum eintreten
                              									wird. Versuche in dieser Beziehung scheinen dies zu bestätigen; doch wird natürlich
                              									für ein abschliessendes Urteil eine längere Erfahrung nötig sein.
                           An diesen Vortrag schloss sich derjenige von W. Hempel
                              									aus Dresden an: „Ueber Schmelzpunktbestimmungen bei
                                    											höheren Temperaturen“. Der Vortragende hat eine Methode
                              									ausgearbeitet, die selbst mit verhältnismässig einfachen Mitteln es gestattet,
                              
                              									Schmelzöfen für sehr hohe Temperaturen in Betrieb zu halten, sowie die darin
                              									herrschenden Temperaturen zu messen und diese Messungen namentlich zur Bestimmung
                              									von Schmelzpunkten zu benutzen. Bei der Konstruktion seines Ofens, der ein
                              									elektrischer Widerstandsofen ist, lag es ihm wesentlich daran, mit geringer
                              									Stromstärke auszukommen, um die Oefen an jede elektrische Leitung anschliessen zu
                              									können. Er schaltet zu diesem Zweck eine Reihe dünner Kohlenstifte hintereinander
                              									und ordnet diese so an, dass sie ein Gestell bilden, in das man den zu erhitzenden
                              									Körper, z.B. einen Tiegel, einsetzen kann. Unter gewöhnlichen Umständen würden nun
                              									die Kohlenstäbe bald verbrennen. Dem wird vorgebeugt, indem man sie mit einem Mantel
                              									umgibt, der seinem wesentlichen Teile nach aus einem Gemisch von Kieselgur und
                              									Kohlenpulver besteht. Die durch diesen Mantel eindringende Luft wird sich hierbei
                              									langsam erwärmen und schliesslich sich in Berührung mit dem Kohlenpulver mit
                              									Kohlenstoff sättigen, sodass sie die Kohlenstäbe nicht verbrennen kann. Beim Beginne
                              									des Versuches wird ferner die Luft aus dem Innern des Apparates durch Leuchtgas
                              									verdrängt. Ausserdem dient der Mantel dazu, die Hitze zusammenzuhalten, sodass der
                              									Verbrauch an Strom möglichst gering ist. Leider kann man mit dieser Konstruktion nur
                              									auf 1650° C. kommen, da bei höheren Temperaturen die Luft dermassen leitend wird,
                              									dass sich ein Lichtbogen bildet. Da bekannt ist, dass unter Druck stehende Luft den
                              									Strom nicht mehr leitet, so versuchte der Vortragende, höhere Temperaturen zu
                              									erzielen, indem er das Innere des Ofens unter 5 Atm. Druck brachte. Jedoch zeigte es
                              									sich, dass bei der hohen Temperatur von 1650° C. auch so stark verdichtete Luft den
                              									Strom ebenso gut leitet, wie wenn sie unter gewöhnlichem Druck stände.
                           Für die Schmelzpunktbestimmung schwer schmelzbarer Körper hat Hempel seinen Apparat daher etwas anders eingerichtet, sodass er auch
                              									höhere Temperaturen zu erreichen gestattet. Hierbei befindet sich der zu schmelzende
                              									Körper zwischen zwei Kohlenstiften in der Mitte des Ofens, der nach oben und unten
                              									durchbohrt ist. Durch die obere Durchbohrung ist ein Kohlenstift durchgesteckt, der
                              									auf dem zu schmelzenden Körper aufruht und im Augenblicke des Schmelzens
                              									herunterfällt. Hierdurch wird eine Klingel in Tätigkeit gesetzt, die dem Beobachter
                              									anzeigt, dass die Temperatur beobachtet werden müsse. Zu letzterem Zweck ist
                              									gegenüber der unteren Oeffnung ein Spiegel angebracht, der das von hier ausströmende
                              									Licht zu einem optischen Pyrometer führt. Da die käuflichen Apparate dieser Art sehr
                              									teuer sind, so hat der Vortragende selbst ein solches konstruiert, das sich als eine
                              									Abänderung des Bunsenschen Fettfleckphotometers darstellt. Als
                              									Vergleichslampe dient nicht eine solche mit Amylacetat, sondern ein gewöhnlicher
                              									Gasschnittbrenner, dessen Grösse nicht reguliert zu werden braucht, da die
                              									Lichtmenge durch Einstellung eines Spaltes vor dem Brenner geregelt wird. Um die
                              
                              									Lichtausstrahlung des auf seine Schmelztemperatur zu prüfenden Körpers stets
                              									gleichmässig zu halten, wird dieser an seiner Unterseite geschwärzt. Die erhaltenen
                              									Werte dürften etwas zu niedrig sein, da der unter dem Apparat angebrachte Spiegel
                              									etwas Licht verschluckt; man fand so den Schmelzpunkt von Magnesia bei 2250°, von
                              									Kalk zu 19000, von Tonerde zu 1880°, von Knochenasche zu 1470°. Eine besonders
                              									schwer schmelzbare Sorte von Meissner j Porzellan zeigte einen Erweichungspunkt von
                              									1850°, während dieser für gewöhnliches Berliner Porzellan bei 1550° lag. Die an
                              									diesen Zahlen vorzunehmende Korrektur dürfte einen Wert von höchstens + 10 v. H.
                              									haben; mit der genauen Ermittlung dieser Grösse ist der Vortragende noch
                              									beschäftigt.
                           Bei dem. zur Schmelzpunktbestimmung dienenden Ofen wurde die Isolierung nicht durch
                              									eine Schicht von Kieselgur und Kohle, sondern durch einen Block aus Rügener Kreide
                              									bewirkt. Indem diese Kreide sich in der Nähe des Ofenherdes teilweise in Kalk und
                              									Kohlensäure zersetzt, absorbiert sie einen Teil der Ofenwärme und wirkt hierdurch
                              									kühlend.
                           Die Anwendungsfähigkeit des Ofens wird sehr vielseitig sein und die Schmelzpunkte und
                              									Erweichungspunkte einer sehr grossen Anzahl von Körpern festzustellen erlauben, bei
                              									denen man bisher auf mehr oder weniger ungenaue Schätzungen angewiesen war.
                           
                        
                           Analytische Chemie.
                           Sektion I.
                           Auch ein Vortrag aus Sektion I des Kongresses betraf einen Gegenstand, der für die
                              									Leser von Dinglers Journal von Interesse ist, und über den wir aus dem Grunde zu
                              									berichten in der Lage sind, weil er gedruckt vorlag. Es handelt sich um eine
                              									Mitteilung von W. Fresenius aus Wiesbaden über den
                              									Nachweis fremder Zumischungen im Portlandzement. Der Vortragende ging davon aus,
                              									dass man ursprünglich alle aus künstlich hergestellten
                              									Rohmaterialmischungen erbrannte Zemente „Portlandzement“, dagegen alle aus
                              										natürlichen Mergeln erbrannte Zemente
                              										„Romanzemente“ genannt habe. Indessen sei man bald dazu gekommen,
                              									festzustellen, dass die hauptsächlichste Ursache der besseren Beschaffenheit des
                              									Portlandzementes darin lag, dass er bis zur Sinterung
                              									gebrannt war, sodass man diesen letzteren Punkt nunmehr der Unterscheidung der
                              									Zemente zu Grunde legte und auch solche aus natürlich vorkommenden Mergeln
                              									hergestellte Zemente als Portlandzement anerkannte, bei denen das Brennen bis zur
                              									Sinterung gesteigert worden war. Ende der siebziger Jahre fingen dann Fabrikanten
                              									an, zu Portlandzement Beimengungen zuzufügen, sodass es nötig wurde, den begriff
                              									Portlandzement normengemäss festzulegen, worauf die Mischerzeugnisse bald wieder aus
                              									dem Handel verschwanden. Wirklicher Portlandzement konnte auch gut durch die Analyse
                              									unterschieden werden, da nur ein Produkt von ganz bestimmter polemischer
                              									Zusammensetzung den Eigenschaften zu entsprechen imstande war, die man an
                              									Portlandzement stellte. Diese Zusammensetzung schwankte zwischen folgenden
                              									Grenzen:
                           
                              
                                 Kalk (CaO)
                                 59-65 v. H.
                                 
                              
                                 Kieselsäure (SiO2)
                                 20-26 „  „
                                 
                              
                                 Tonerde und Eisenoxyd (FeO3)
                                   7-14 „  „
                                 
                              
                                 Magnesia (MgO)
                                   1-3   „  „
                                 
                              
                                 Alkalien (R2O)
                                   0-3   „  „
                                 
                              
                                 Schwefelsäureanhydrid (SO3)
                                   0-2   „  „
                                 
                              
                           Die so beschaffenen Zemente konnten an Beimischungen höchstens 2 v. H. Gips
                              									enthalten, der innerhalb dieses geringen Betrages zur Regelung der Dauer des
                              									Abbindens als erlaubt anzusehen war.
                           Neuerdings sind nun Zemente erzeugt, die sich als Portlandzement mit einem
                              									Zusatz von Hochofenschlacke erwiesen und „Eisen-Portlandzement“ benannt sind.
                              									Bei ihnen hat sich herausgestellt, dass die chemische Analyse nicht genügte, um die
                              									Zumischung zu erkennen, weil die Bestandteile der Hochofenschlacke und diejenigen
                              
                              									des Portlandzementes einander in ihren Mengenverhältnissen ausserordentlich nahe
                              									standen.
                           Es sei nun durchaus erforderlich, eine Beimengung von Schlackenzement im
                              
                              									Zweifelsfalle als solche nachweisen zu können, wobei es ganz gleichgültig sei, ob
                              									diese Zumischung den Zement in seinen Eigenschaften verbessere oder verschlechtere.
                              									In jedem Falle müsse der Käufer genau wissen, was er
                              									bekomme. Dies liege übrigens nicht nur im Interesse des Käufers sowie in demjenigen
                              									der Portlandzement-Fabrikanten, sondern auch in demjenigen der Hersteller des
                              									sogenannten Eisenportlandzementes selber.
                           Der Vortragende habe nun vor längerer Zeit festgestellt, dass dem Portlandzement
                              									neben den oben angeführten Zahlen der chemischen Gesamtanalyse auch noch die durch
                              									folgende Werte gekennzeichneten Eigenschaften eigentümlich seien:
                           
                              
                                 1. Spezifisches Gewicht in ungeglühtem
                                    											Zustande    mindestens
                                 3,00
                                 
                              
                                 2. Spezifisches Gewicht im geglühten
                                    											Zustande    mindestens
                                 3,12
                                 
                              
                                 3. Glühverlust höchstens
                                 3,4 v.H.
                                 
                              
                                 4. Alkalinität der Wasserlössung von 0,5 g    Zement
                                    											nicht über ccm Normalsäure
                                 7,2
                                 
                              
                                 5. Verbrauch an übermangansaurem Kali für 1 g    Zement
                                    											nicht über
                                 2,8 mg
                                 
                              
                                 6. Gehalt an Magnesia nicht über
                                 3 v. H.
                                 
                              
                           Man habe versucht, diese Zahlen auch zur Unterscheidung von Mischungen mit
                              									Hochofenschlacke heranzuziehen und namentlich auf den Mehrverbrauch an
                              									übermangansaurem Kali sein Augenmerk gerichtet. Man sei dabei von der Ansicht
                              									ausgegangen, dass die Hochofenschlacke an reduzierenden Stoffen reicher sei als
                              									Portlandzement, und deshalb mehr übermangansaures Kali zu binden im Stande sei.
                              									Indessen habe es sich gezeigt, dass auch wirklicher Portlandzement höhere Zahlen als
                              									die normalen zeige, wenn er im Drehrohrofen erbrannt sei, da hierbei der fast fertig
                              									gesinterte Zement mit dem eben eintretenden verbrennenden Kohlenstaub
                              									zusammentreffe, und hieraus reduzierende Bestandteile aufnehmen könne.
                           Besser zum Ziele führend schien dann ein Verfahren zur Bestimmung des in dem Zement
                              									enthaltenen Sulfidschwefels zu sein, über welches der Verfasser sich nähere
                              									Mitteilungen zu geben vorbehielt. Mit Hilfe dieses Verfahrens könnte festgestellt
                              									werden, dass im gewöhnlichen Portlandzement höchstens 0,15 v. H. Sulfidschwefel
                              									enthalten sei, während der Gehalt in mit Schlackenmehl gemischtem Zement bis etwa
                              									0,8 v. H. steigen könne. Indessen könne ausnahmsweise auch aus Schlacken
                              									hergestellter wirklicher Portlandzement einen höheren
                              									Gehalt an Sulfidschwefel aufweisen.
                           Schliesslich wurde dann noch der Unterschied im spezifischen Gewicht der
                              									verschiedenen Bestandteile eines Zementes herangezogen, indem man den Zement in
                              									schweren Flüssigkeiten aufschwemmt und nötigenfalls zentrifugiert. Indessen sei auch
                              									dieses Verfahren noch nicht vollkommen durchgebildet, wenngleich es sehr wertvolle
                              									Anhaltspunkte gebe.
                           Der Redner fasste seine Ausführungen dahin zusammen, dass man zur Zeit noch nicht über ein unbedingt sicheres Mittel verfüge, um
                              									Portlandzement von etwaigen Beimischungen quantitativ zu trennen, dass sich dagegen
                              									wohl in allen Fällen erheblicher Zumischung von
                              									Schlackenmehl konstatieren lasse, dass eine solche stattgefunden habe und dass das
                              									Produkt demnach kein reiner Portlandzement sei.
                           
                              Dr. Gustav
                                    											Rauter.