| Titel: | Zweiter Bericht über den V. Internationalen Kongress für angewandte Chemie. | 
| Autor: | Kurt Arndt | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 427 | 
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                        Zweiter Bericht über den V. Internationalen
                           								Kongress für angewandte Chemie.
                        Zweiter Bericht über den V. Internationalen Kongress für angewandte
                           								Chemie.
                        
                     
                        
                           Elektrochemie und physikalische Chemie.
                           Sektion X.
                           Den ersten Vortrag hielt Professor J. Traube (Berlin)
                              									über einen „Versuch über die kritische Dichte“,
                              									der durch Herrn Gustav Teichner vorgeführt wurde und
                              									folgenden Gegenstand betraf: Komprimiert man ein Gas stark, so kann es verflüssigt
                              									werden, wenn man seine Temperatur unterhalb einer Grenze hält, die z.B. für
                              									Kohlensäure bei 31°C. liegt. Oberhalb 31° C, der kritischen Temperatur, kann Kohlensäure durch keinen noch so hohen Druck
                              									verflüssigt werden. Füllt man ein dickwandiges Glasrohr zum Teil mit flüssiger
                              									Kohlensäure, schliesst das Rohr und erwärmt es, so verschwindet bei 31 °C. die
                              									Trennungsfläche zwischen Flüssigkeit und Gas, der sogenannte Meniskus, und der Inhalt der Möhre erscheint gleichförmig. Man nimmt an,
                              									dass bei der kritischen Temperatur der Unterschied zwischen Flüssigkeit und Gas
                              									verschwindet, dass die Dichte von Flüssigkeit und Gas bei dieser Temperatur gleich
                              									ist.
                           Teichner projizierte nun auf einen Wandschirm das Bild
                              									eines solchen Röhrchens, das zur Hälfte mit Tetrachlorkohlenstoff, einer aus 4
                              									Atomen Chlor und 1 Atom Kohlenstoff bestehenden, leichtflüchtigen Flüssigkeit
                              									gefüllt war, und erwärmte langsam auf die kritische Temperatur, in diesem Falle 280°
                              									C. In der Röhre befanden sich kleine Glasballons von verschiedenem spezifischen
                              									Gewichte. Nachdem der Meniskus verschwunden war, sah man die meisten Kügelchen an
                              									der Stelle, wo der Meniskus verschwand, sich ansammeln. Eis waren also auch bei der
                              									kritischen Temperatur, ja noch erheblich über ihr, Dichteunterschiede im Rohr
                              									vorhanden.
                           An diesen hübschen Versuch knüpfte Traube theoretische
                              									Erörterungen, in denen er im Gegensatz zu den üblichen Anschauungen keinen scharfen
                              
                              									Unterschied zwischen den Begriffen Flüssigkeit und Gas (unterhalb der kritischen
                              									Temperatur) annimmt, sondern Flüssigkeit als Lösung von Gasteilchen
                              										(„Gasonen“) in Flüssigkeitsteilchen („Fluidonen“), und umgekehrt
                              									gesättigten Dampf als Lösung von Fluidonen in Gasonen ansieht. Er berechnet, dass
                              									bei gewöhnlicher Temperatur in der Flüssigkeit 10 v. H. Gasonen enthalten sind.
                           In der anschliessenden, kurzen Diskussion bestritt Professor Tamman (Göttingen) die Notwendigkeit einer solchen neuen Theorie und
                              									erklärte die beobachtete Erscheinung durch die grosse Veränderlichkeit der Dichte in
                              									der Nähe der kritischen Temperatur.
                           Sehr interessant war der nun folgende Vortrag von Professor Dr. W. Kernst (Göttingen) „Ueber
                                    											Dampfdichtebestimmungen bei sehr hohen Temperaturen“.
                           Ich habe kürzlich in dieser ZeitschriftD. p.
                                    											J. 1903, 318, S. 416. über Versuche
                              									mit elektrolytischen Glühkörpern berichtet und erwähnt, dass Rasch aus solchen Körpern, d.h. den Erden, wie sie in der Nernstlampe als Leuchtkörper dienen, einen elektrischen
                              									Widerstandsofen konstruiert hat.
                           Auch Nernst ist dazu gelangt, eine kleine Röhre aus
                              									solchen Substanzen, und zwar aus einer Mischung von Zirkon und Yttriumoxyd, als
                              									elektrischen Ofen zu verwenden. Der von ihm vorgeführte Ofen hat freilich sehr
                              									kleine Abmessungen, weil Material Schwierigkeiten bisher die Ausführung in grösserem
                              									Masstabe verhinderten. Als Zuleitungen dienen Platinelektroden. Nachdem durch
                              									Erhitzen mit einer Gasflamme die Substanz leitend geworden war, wurde ein Strom von
                              									110 Volt und 2-4 Amp. hindurchgeschickt, der das Röhrchen zu blendender Weissglut
                              									erhitzte. Das Ende eines hineingehaltenen, dicken Platiniridiumdrahtes
                              									schmolzsofort zu einer kleinen Kugel. Aus der Lichtausstrahlung berechnet Nernst die Temperatur im Innern des Ofens zu 2500°
                              									C.
                           Etwas grössere Abmessungen hat ein anderer, von Nernst
                              									vorgezeigter elektrischer Ofen, der aus einem weiten Rohre von Iridium besteht, dem
                              									an Elektroden aus Platin ein sehr starker Strom zugeleitet wird. Die obere Zuleitung
                              									wird aus biegsamem Kupferband gebildet, weil sich das Iridiumrohr beim Erhitzen
                              
                              									erheblich ausdehnt. Um auf die höchste, ohne Gefährdung des Apparates erreichbare
                              									Temperatur zu erhitzen, das sind 1950° C, wird aus einem Transformator ein Strom von
                              									1000 Amp. und 2-3 Volt entnommen. Zur Verminderung von Wärmeverlusten ist der Ofen
                              									mit Magnesia und Asbest umpackt.
                           Diesen Ofen benutzt Nernst, um Dampfdichtebestimmungen
                              									bei 1950° C. auszuführen.
                           Dampfdichtebestimmungen haben für den Chemiker grossen
                              									Wert, weil nach der von Avogadro 1811 aufgestelltenaufgegestellten und später allgemein angenommenen Hypothese alle Gase in gleichem Volumen
                              									bei gleichem Druck und gleicher Temperatur gleichviel kleinste, selbständig
                              
                              
                              									existierende Teilchen (die man Moleküle nennt) enthalten. Demgemäss verhalten sich
                              									die Gewichte der Moleküle verschiedener Stoffe in gasförmigem Zustande wie die
                              									spezifischen Gewichte der Gase, d.h. wie die „Dampfdichten“. Bezieht man auf
                              									ein bestimmtes Gas z.B. Sauerstoff, (dessen Molekulargewicht = 32 gesetzt wird), so
                              									erhält man aus der Dampfdichte das „Molekulargewicht“ der betreffenden Substanz im Gaszustande. Kennt
                              									man nun aus chemischen Analysen das relative Gewicht eines Atomes des betreffenden Stoffes, so ergibt sich auch, wieviel Atome das
                              									Molekül des betreffenden verdampften Stoffes bilden.
                           Als Gefäss, in dem die zu untersuchenden Substanzen verdampft werden, dient ein
                              									länglich birnenförmiges Gefäss von Iridium, an das ein
                              									engeres Platinrohr angeschweisst ist. Dieses Gefäss wird in das Iridiumrohr
                              									eingesenkt und auf 1950° C. erhitzt, dann die abgewogene Substanz hineingebracht und
                              									das entwickelte Gasvolumen bestimmt. Durch ein von Wasser durchströmt es Kupferrohr
                              									wird der obere Teil des Apparates gekühlt, so dass ein Gummischlauch angesetzt
                              									werden kann.
                           Da Iridium äusserst spröde ist und sich nur bei 1)1 endender Weissglut einigermassen
                              									bearbeiten lässt, so ist die Herstellung der beschriebenen Apparate ein neuer,
                              									schöner Erfolg, den die berühmte Firma Heraus in Hanau
                              
                              									errungen hat.
                           Freilich sind auch die Abmessungen dieses Iridiumglühofens bescheiden und nur sehr
                              									kleine Substanzmengen können in der Iridiumbirne verdampft werden, weil der
                              									Rauminhalt der Birne nur wenige Kubikzentimeter beträgt und die Stoffe in Dampf form
                              									einen sehr grossen Raum einnehmen, zumal bei so hoher Temperatur.
                           Kaum mehr als 1 Milligramm oder weniger Substanz verwandte Nernst zu seinen Dampfdichtebestimmungen.
                           Um so winzige Gewichte noch genau zu bestimmen, konstruierte sich Nernst eine besondere Wage. Um einen kurzen, haarfeinen
                              									Quarzfaden als Achse schwingt ein langer Glasfaden als Wagebalken, dessen rechter
                              									Arm am Ende ein Häkchen trägt, während der linke Arm schräg nach unten gebogen ist
                              									und mit seiner Spitze als Zeiger vor einer Skala spielt. Die Wage wird derart
                              									geaicht, dass man in das Häkchen ein bekanntes Gewicht hängt und den Ausschlag an
                              									der Skala beobachtet. Als solche Normal gewichte benutzt Nernst Bügel aus feinem Draht, die ⅕ mg wiegen. Die zulässige
                              									Höchstbelastung der Wage beträgt nur 2 mg, die Empfindlichkeit 1/1000 mg. Letztere ist also 100mal
                              									grösser als die der üblichen chemischen Wagen, auf denen doch ein kleiner
                              									Papierschnitzel schon einen grossen Ausschlag verursacht. Die zur Vergasung
                              									bestimmten Substanzmengen werden in winzigen Eimerchen aus Platin oder seltenen
                              									Erden abgewogen. Trotz ihrer Zierlichkeit ist die Wage so gut transportabel, dass
                              									sie Nernst ohne Schaden auf seinem Automobil von
                              									Göttingen nach Berlin mitnehmen konnte.
                           Mit diesen Apparaten erhielt Nernst unter anderen
                              									folgende Zahlen. Als er 0,1961 mg Wasser vergaste, berechnete sich aus dem
                              									gemessenen. Dampfvolumen ein Molekulargewicht (17,1), das kleiner ist, als der
                              									Formel des Wassers (H2O = 2 + 16 = 18) entspricht. Er schliesst
                              									daraus, dass Wasserdampf bei 1950° C. sich schon ein wenig zersetzt. Den gleichen
                              									Schluss ergaben die Messungen für Kohlensäure.
                           Sehr interessant ist das Ergebnis bei Schwefel, dessen Dampfdichte bei 1950° das
                              									Molekulargewicht 36-38 entspricht; da das Atomgewicht des Schwefels = 32 ist, so
                              									folgt, dass Schwefel dampf bei dieser hohen Temperatur grossenteils in Atome
                              									zerfallen ist.
                           Schon die Versuche des berühmten Chemikers Viktor Meyer,
                              									der selber viel Dampfdichtebestimmungen bei möglichst hoher Temperatur anstellte,
                              									lehrten, dass, je höher die Temperatur, um so einfacher die Moleküle der Stoffe
                              									aufgebaut sind, eine Erfahrung, die durch die neuen Versuche von Nernst eine wertvolle Bestätigung erfährt.
                           Dr. O. Fröhlich (Berlin) berichtete „über einen neuen elektrischen Widerstandsofen“. Er
                              									beschränkte sich darauf, ausführlich die Anforderungen zu erörtern, die man an
                              									Konstruktion und Wirtschaftlichkeit eines elektrischen Widerstandofens stellen muss;
                              									nähere Angaben aber über das Material, aus dem er seinen Ofen aufbaut, verweigerte
                              									er aus patentrechtlichen Gründen. Auch die Besichtigung des Ofens lohnte sich
                              
                              									infolgedessen nicht sehr. Das Material besteht aus grossen weissen Platten, der
                              									Strom wird ihm durch eingeschmolzene. Kohlenstäbe zugeführt. Hoffentlich entsprechen
                              									die Leistungen des Ofen den vom Erfinder gehegten Erwartungen. Sollten genauere
                              									Angaben später zu erlangen sein, so behalte ich mir vor, in dieser Zeitschrift
                              									weiter über die Sache zu berichten.
                           Prof. Dr. F. W. Küster (Clausthal) sprach über:
                              										Dissoziationsdruck von Sodalösungen“. Aus diesem Vortrage sei erwähnt,
                              									dass es dem Vortragenden nach seiner Angabe gelang, aus Sodalösung (Soda =
                              									kohlensaures Natron Na2CO3), die auf 90°
                              									erwärmt war, etwa die Hälfte ihrer Kohlensäure zu entfernen, indem er sie in eine 7
                              									m lange Silberrohrspirale füllte und monatelang kohlensäurefreies Gas
                              									hindurchstreichen liess.
                           Doppelkohlensauren Salzen,
                              									den Bikarbonaten, (z.B. doppelkohlensaurem Natron, Na H CO3) lässt sich bekanntlich sehr leicht Kohlensäure
                              									entziehen; so kann, wie auch in der Diskussion erwähnt wurde, aus hartem Wasser, der
                              									als doppelkohlensaurer Kalk (Calciumbikarbonat), in Lösung befindliche Kalk durch
                              									Einleiten von Luft als unlöslicher (einfach) kohlensaurer Kalk [Calciumkarbonat CaCO3) ausgefällt werden. Eine Lösung von Natriumbikarbonat
                              									gibt beim Kochen Kohlensäure ab; Küster hatgezeigt dass
                              									die Zersetzung unter besonderen Umständen noch erheblich weiter getrieben werden
                              									kann.
                           Professor Guntz (Nancy) zeigte Bariummetall, dass er durch Erhitzen von Bariumamalgam gewonnen hatte.
                              									Ebenso wie im Kupfervitriol, dem schwefelsauren Kupfer, das Kupfer, so ist im
                              									Schwerspat, dem schwefelsauren Baryt, das Bariummetall enthalten. Dieses Metall ist
                              									ebenso wie das des Kalks, das Calcium, schwer abzuscheiden, weil es sich leicht mit
                              									dem Sauerstoff der Luft verbindet. Beim Barium kommt noch die Schwierigkeit hinzu,
                              									dass es sich mit der Kieselsäure sehr leicht verbindet, also Porzellangefässe
                              									angreift; auch mit Wasserstoff verbindet es sich.
                           Um Bariumamalgam zu gewinnen, leitet man einen elektrischen Strom durch eine wässrige
                              									Lösung von Chlorbarium; dann scheidet sich am negativen Pol Barium aus, das sofort
                              									das Wasser zersetzen würde, wenn man nicht als negativen Pol eine Quecksilberschicht
                              									anwendet, in der das Bariummetall als Amalgam gelöst wird. So erhielt Guntz eine 3 prozentige Lösung von Barium in
                              									Quecksilber. Durch Abdestillieren des Quecksilbers in besonders
                              									konstruierten,luftleer gepumpten Retorten konnte er stufenweise 10 prozentiges,
                              									60 prozentiges, 95 prozentiges Amalgam und schliesslich Bariummetall erhalten, dass
                              									nur noch 0,8 v. H. Quecksilber enthielt. Das erhaltene schwere Metall ist
                              									silberweiss.
                           In seinem Vortrage: „Ueber elektrische Masseinheiten“ berichtete Professor Nernst (Göttingen) über die Vorschläge der Deutschen Bunsengesellschaft für angewandte physikalische
                                 										Chemie (früher Deutschen elektrochemischen
                                 
                                 										Gesellschaft), die eine einheitliche Festsetzung der Zeichen für häufig
                              									vorkommende Begriffe, wie Zeit, Temperatur, Leitfähigkeit usw. bezwecken. Im
                              									Anschluss daran gab Ch. Marie (Paris) den Bericht der
                              									auf dem Pariser Kongress im Jahre 1900 ernannten Masseinheitenkommission, der manche
                              									Meinungsverschiedenheiten enthüllt. Gegen die Vorschläge der Bunsengesellschaft sprach Prof. Dr. A. A.
                                 										Noyes (Boston, Mass.), der ein ganz neues in sich abgeschlossenes und
                              									folgerichtiges System der Bezeichnung durch Buchstaben für zweckmässiger hält und
                              									die Einsetzung einer internationalen Kommission beantragt, die ein solches System
                              									ausarbeiten soll. Dieser Antrag von Noyes wurde mit
                              									grosser Mehrheit abgelehnt und die von der Deutschen Bunsen
                                 										gesellschaft zusammengestellte Tabelle angenommen, mit der Massgabe, dass
                              									ihre Benutzung zwar nicht erzwungen, wohl aber allen Fachgenossen angelegentlichst
                              									empfohlen werden soll. Hiernach sollen künftig folgende Buchstabenbezeichnungen
                              									gelten:
                           
                              Variable.
                              
                           
                              
                                 
                                    p, P
                                    
                                 gewöhnlicher und osmotischer Druck.
                                 
                              
                                 
                                    v
                                    
                                 Volumen.
                                 
                              
                                 
                                    T
                                    
                                 abs. Temperatur.
                                 
                              
                                 
                                    Θ
                                    
                                 Celsiustemperatur.
                                 
                              
                                 
                                    t
                                    
                                 Zeit.
                                 
                              
                                 
                                    δ
                                    
                                 Dichte.
                                 
                              
                                 Δ
                                 Dampf dichte, bezogen auf Luft.
                                 
                              
                                 Π0, φ0, ϑ0
                                 kritische Grössen (Druck, Volum, Temp.)
                                 
                              
                                 
                                    Π, φ, ϑ
                                    
                                 reduzierte Zustandsgrössen (Druck, Vol., Temp.)
                                 
                              
                                 
                                    Q
                                    
                                 Wärmemenge.
                                 
                              
                                 
                                    U
                                    
                                 innere Energie.
                                 
                              
                                 
                                    a
                                    
                                 Atomgewicht (0 = 16).
                                 
                              
                                 
                                    M
                                    
                                 Molekulargewicht (O2 = 32).
                                 
                              
                                 
                                    c
                                    
                                 spez. Wärme.
                                 
                              
                                 cp, cv
                                 spez. Wärme bei konst. Druck, bezw. Volum.
                                 
                              
                                 
                                    
                                       Cp = c
                                       p
                                       M
                                       
                                    
                                    C
                                    v
                                    = c
                                    v
                                    M
                                    
                                 Molekularwärme bei konst. Druck, bez. Volum.
                                 
                              
                                 
                                    N
                                    
                                 Brechungskoeffizient.
                                 
                              
                                 
                                    ϰ
                                    
                                 Leitfähigkeit in reziproken Ohm f. d. cm-Würfel.
                                 
                              
                                 
                                    η
                                    
                                  Konzentration (gr.-Aequivalente f. d. ccm).
                                 
                              
                                 
                                    A=\frac{\kappa}{\eta}
                                    
                                 Aequivalentes Leitvermögen.
                                 
                              
                                 
                                    Λ
                                    ∞
                                    
                                 Aequivalentes Leitvermögen bei unendlicher         Verdünnung.
                                 
                              
                                 
                                    γ
                                    
                                 Dissoziationsgrad.
                                 
                              
                                 
                                    K
                                    
                                 Gleichgewichtskonstante des Gesetzes der
                                    											chem.        Massenwirkung.
                                 
                              
                                 
                                    E
                                    
                                 Spannung.
                                 
                              
                                 
                                    W
                                    
                                 Widerstand.
                                 
                              
                                 
                                    I
                                    
                                 Stromintensität.
                                 
                              
                                 
                                    ε
                                    
                                 Einzelpotential, Zersetzungsspannung.
                                 
                              
                                 
                                    ε
                                    h
                                    
                                 Potential gegen eine normale Wasserstoff-        elektrode.
                                 
                              
                                 
                                    ε
                                    c
                                    
                                 Potential gegen eine normale Calomelelektrode.
                                 
                              
                           
                              Konstante.
                              
                           
                              
                                 
                                    R
                                    
                                 Gaskonstante auf 1 Mol bezogen.
                                 
                              
                                 
                                    A
                                    
                                 mechan. Wärmeaequivalent, 41.98 . 106
                                    											erg         auf die 15° – gr – cal.Valenzladung (96540 Coulombs f.
                                    											d. gr – Aequi-         valent).
                                 
                              
                           
                              Abkürzungen un Text.
                              
                           
                              
                                 2nH2SO4
                                 usw. für zweifach aequivalent normale Schwefel-    säure usw.
                                 
                              
                                 
                                    H, Cl', Ba
                                    
                                 usw. für einfach positiv geladenes H-Jon,
                                    											ein-    fach negativ geladenes Cl-Jon,
                                    											doppelt    positiv geladenes Ba-Jon
                                    											usw.
                                 
                              
                           Der nächste Vortrag: „Ueber die Spaltung des
                                    											Kohlenoxyds“ von Privatdozent Dr. Rudolf
                                 										Schenck (Marburg) behandelt den Zerfall des Kohlenoxyds in Kohle und Kohlensäure
                              									bei Gegenwart fein verteilter Metalle, insbesondere von Eisen und von Nickel und
                              									teilte viele Zahlenbelege über die Geschwindigkeit der Reaktion mit, aus denen sich
                              									aber kein klares Bild über den eigentlichen Verlauf der Zersetzung gewinnen lässt.
                              									In der Diskussion wird auf verschiedene Fehlerquellen, die in der Versuchsanordnung
                              									beruhen, aufmerksam gemacht.
                           Dann sprach Ingenieur L. Ancel (Paris) über: „Sur les variations de resistance électrique, sous
                                    											l'influence de la lumière, des corps autres que le selenium (par exemple
                                    											noir de fumée etc.)“ Das dem Schwefel verwandte chemische Element
                              									Selen hat die merkwürdige Eigenschaft, dass seine Leitfähigkeit für den elektrischen
                              									Strom durch Belichtung bedeutend erhöht wird. Diese Eigenschaft hat man zu einer Art
                              									Telephonie ohne Draht verwertet, indem man das Licht eines elektrischen
                              									Scheinwerfers, dessen Lichtbogen durch Töne in Schwingungen versetzt ist, auf eine
                              										„Selenzelle“ fallen lässt, die mit einem Telephon zusammen in den
                              									Stromkreis einer galvanischen Batterie geschaltet ist. Der Widerstand des Selens
                              									ändert sich dann in gleichem Masse wie die Belichtung, damit auch der Strom, der das
                              									Telephon durchfliesst und zum Tönen bringt.
                           Eine solche Uebertragung auf mehrere Kilometer wurde z.B. vor zwei Jahren der
                              									Naturforscherversammlung in Hamburg vorgeführt und gelang ausgezeichnet.
                           Ancel versuchte das Selen durch andere Stoffe zu
                              
                              									ersetzen und untersuchte auch Russ, der sich bedeutend weniger empfindlich als Selen
                              									zeigte. Dagegen ist die Empfindlichkeit einer mit Russ bedeckten Selenschicht
                              									grösser als die jedes der Körper einzeln.
                           Zur theoretischen Erklärung nimmt Ancel an, das Licht
                              									wirke ähnlich wie elektrische Wellen auf den „Kohärer“ in der Telegraphie
                              									ohne Draht.
                           Erwärmung erhöht gleichfalls die Leitfähigkeit berusster Selenschichten, während auf
                              									Tellur und Metallfolie die Wärme entgegengesetzt wie das Licht wirkt.
                           Die Vorträge von Privatdozent Dr. Max Bodenstein
                              									(Leipzig) und Professor Dr. Guido Bodländer
                              									(Braunschweig) über die „Chemische Kinetik der
                                    											Kontaktschwefelsäure“ behandeln die theoretische Seite eines
                              									gegenwärtig in grossem Masstabe in der Technik ausgeübten Verfahrens. Ein grosser
                              									Teil der konzentrierten Schwefelsäure des Handels wird nämlich nicht mehr nach dem
                              									alten Bleikammer verfahren, sondern durch Ueberleiten von schwefliger Säure und Luft
                              									über erhitztes fein verteiltes Platin und Auflösen des entstandenen
                              									Schwefelsäureanhydrids gewonnen.
                           Auch hier begegnet die theoretische Verwertung der experimentellen Zahlenergebnisse
                              									Schwierigkeiten, sodass in der Diskussion die prinzipielle Frage aufgeworfen wurde,
                              									ob überhaupt die geltenden Gesetze auf derartige Probleme angewandt werden
                              									dürfen.
                           Professor Dr. G. Zingelis (Athen) machte interessante
                              									Mitteilungen „Ueber die chemischen Reaktionen bei den
                                    											höchsten Temperaturen und Ihre industrielle Anwendung“.
                           Während Goldschmidt in seinem bekannten
                              									Schweissverfahren dem verbrennenden Aluminium den nötigen Sauerstoff durch
                              									beigemengtes Eisenoxyd liefert, verbrennt Zingelis
                              									Aluminiumpulver durch Zuleiten eines reichen Stromes von Sauerstoffgas. Bei der
                              
                              									entstehenden enormen Hitze, die der des elektrischen Ofens vergleichbar ist,
                              
                              									schmilzt Tonerde und verdampft; das gleiche Schicksal erleiden Magnesia und Kalk.
                              									Platin verdampft sofort. Leitet man Stickstoff über das hocherhitzte Aluminium, so
                              
                              									bildet sich seine Stickstoff-Verbindung Aluminiumnitrid. Wegen der bei dieser
                              
                              									Vereinigung verbrauchten Wärme kühlt sich das Aluminium ab, sodass von neuem
                              									Sauerstoff zugeführt werden muss, um die nötige hohe Temperatur zu erhalten. Durch
                              									abwechselndes Zuleiten von Sauerstoff und Stickstoff kann man ein Drittel des
                              									Aluminiums in die Stickstoffverbindung überführen.
                           E. Solvay (Brüssel) entwickelte in seinem Vortrage: „Sur une formule rélative à la gravité, appicable aux
                                    											phénomènes de diffusion“ interessante Anschauungen, in denen er die
                              									Kraft, die zwischen Lösungen von verschiedener Konzentration wirksam ist, mit den
                              									Gesetzen, die für die Wirkung der Schwerkraft gelten, in Beziehung bringt.
                           In der Diskussion erinnerte Bredig an die alten Versuche
                              									von Gay-Lussac, der Salzlösung in eine senkrechte, 2 m
                              									langeRöhre füllte, um zu prüfen, ob unter dem Einfluss der Schwerkraft am
                              									unteren Ende der Flüssigkeitssäule die Konzentration des Salzes grösser würde. Er
                              									erhielt ein negatives Resultat; nach neueren Berechnungen ist der Einfluss der
                              									Schwerkraft zu klein, als dass er sich experimentell nachweisen liesse. Dagegen
                              
                              									konnte Bredig Aenderungen der Konzentration durch die
                              										Zentrifugalkraft nachweisen, als er ein Gemisch des
                              									schweren Jodwasserstoffgases mit dem äusserst leichten Wasserstoffgas
                              									zentrifugierte. Bei etwa 2000 Umdrehungen in der Minute wurde in einem 15-18 cm
                              									langen radial angebrachten Glasrohr nach 1 ½ Stunden ein Konzentrationsunterschied
                              									von 3 v. H. gefunden. Haben die Gase nahe gleiche Dichte, wie z.B. Sauerstoff und
                              									Stickstoff, so kann man vielleicht durch Anwendung des Gegenstromprinzips eine
                              									gewisse Scheidung erreichen. Das würde eine Lösung des vielfach angestrebten
                              									Problems bedeuten, Sauerstoff aus der Luft durch Zentrifugieren zu gewinnen.
                           Professor Dr. G. Bredig (Heidelberg) sprach über: „Die Anwendungen der elektrischen Endosmose und die damit
                                    											zusammenhängenden Erscheinungen des kolloidalen Zustandes“.
                           Es ist eine altbekannte Erscheinung, dass bei Elektrolysen, wenn Anodenflüssigkeit
                              									und Kathodenflüssigkeit durch ein Diaphragma, z.B. eine poröse Tonzelle, getrennt
                              									sind, ein Niveauunterschied zu beiden Seiten des Diaphragma auftritt, weil
                              									Flüssigkeit durch die poröse Wand vom Strome hindurchgeführt wird. Diese „elektrische Endosmose“ hat mit der „Ionenwanderung“, die z.B. aus
                              									Kaliumchloridlösung Kaliumionen an die Kathode führt und dort die Flüssigkeit
                              									alkalisch macht und Chlorionen an die Anode bringt, wo Chlorgas entweicht, nichts zu
                              									tun; im Gegenteil macht sie sich bei Nichtleitern, wie Alkohol und Terpentinöl,
                              									besonders stark geltend.
                           Auch mit dem osmotischen Druck hat diese Erscheinung
                              									nichts zu schaffen, der durch eine halbdurchlässige Membran nur Wasser, nicht aber
                              									z.B. im Wasser gelösten Zucker hindurchlässt; bei der elektrischen Endosmose dagegen
                              									braucht die Zusammensetzung der übertretenden Lösung sich nicht zu ändern.
                           Als „scheinbare elektrische Endosmose“ bezeichnet
                              										Bredig einen Vorgang, den er am frisch
                              									ausgeschnittenen Darm der Seegurke (Holothurie)
                              									beobachtete, als er ihn mit Seewasser gefüllt in ein Gefäss setzte, dass auch mit
                              									Seewasser zur gleichen Hohe gefüllt war. Nach einiger Zeit fand sich, dass alles
                              									Seewasser aus dem Inneren des Darmes ausgetrieben war. Tötete man aber den Darm
                              									durch Chloroform, so blieb diese Erscheinung aus.
                           Anschliessend an den Vortrag von Bredig führte Dr. Graf Schwerin (Höchst) Versuche vor „Ueber praktische Anwendungen der elektrischen
                                    											Endosmose“. Er schlämmte Alizarin, Thon und Torf in Wasser auf und
                              									leitete in diese Suspensionen den Strom ein. Dann klärte sich die Flüssigkeit an der
                              									Kathode und an der Anode setzte sich eine ziemlich trockene Masse an.
                           Auf die Anfragen von Arndt und Nernst gibt Dr. Graf Schwerin an, dass der
                              									Torf schliesslich noch 65-70 v. H. Wasser enthält, und dass nur ein kleiner
                              									Bruchteil des Stromes zur nebenhergehenden Wasserzersetzung verbraucht wird.
                           In einem kurzen Vortrage: „Zur physikalischen Chemie des
                                    											Weines teilte Professor Dr. G.
                                 										Magnanini (Modena) mit, dass er auf physikalisch-chemischem Wege gegipsten
                              									Wein auf die Anwesenheit von saurem schwefelsaurem Kali geprüft habe. Es beobachtete
                              									hierzu die Veränderung von Zuckerlösungen bei Zusatz von gegipstem Wein oder
                              									Schwefelsäure oder saurem schwefelsaurem Kalium. Diese Veränderung lässt sich mit
                              									dem Polarisationsapparat bequem verfolgen. Da sie bei Zusatz von gegipstem Wein viel
                              									langsamer vor sich geht, als bei Zusatz der entsprechenden Menge von saurem
                              									schwefelsaurem Kali oder von Schwefelsäure, so schliesst Magnanini, im Gegensatz zu der üblichen Annahme, dass kein saures
                              									schwefelsaures Salz im gegipsten Wein enthalten ist.
                           Dr. C. Monti (Turin) berichtete de la concentration des solutions par congélation et de la production du froid
                                 										par l'action des solutions concentrées sur la glace (neige).
                           Um den Gehalt von Wein zu erhöhen, liess er Wasser aus ihm ausfrieren. Zu seiner
                              									Ueherraschung fand sich, dass der gefrorene Anteil an Alkohol und anderen Stoffen
                              									reicher war, als
                              									die zurückgebliebene Flüssigkeit. Liess er ganz gefrieren, so wanderten in dem
                              									erhaltenen Eisblock die gelösten Stoffe allmählich nach unten, sodass oben reines
                              									Eis hinterblieb. Durch Wiederholung des Verfahrens konnte Monti 80 v. H. des Wassers als reines Eis ausscheiden. Der Geschmack des
                              									Weines leidet durch das Gefrieren nicht. Entsprechend lässt sich das Verfahren auf
                              									andere Lösungen anwenden. In der Diskussion wird bestätigt, dass auch der Geschmack
                              									von Bier durch Gefrieren nicht zu leiden braucht, dass im Gegenteil das Gefrieren
                              									zur Konservierung von Münchener Bier benutzt wurde.
                           Der letzte Vortrag, über den hier berichtet sei, war der von Dr. Werner von Bolton (Charlottenburg): „Ueber
                                    											das Leuchten der Ionen“. Leitet man durch eine Elektrode von
                              									geringem Querschnitt einen starken Strom in eine Flüssigkeit, so bildet sich eine
                              									Dampfschicht um die Elektrode und es treten Lichterscheinungen auf. Im Wehnelt Unterbrecher findetdieses Prinzip eine
                              									wichtige Anwendung. Der Vortragende benutzt diese Anordnung zur Erzeugung
                              									lichtstarker Spektra der in den Lösungen enthaltenen Metalle. Ferner zeigt er, dass
                              									eine Bogenlichtkohle, die als Anode langsam in erwärmte Schwefelsäure getaucht wird,
                              									eine glatte, glänzende Oberfläche erhält.
                           In der Diskussion wird bestritten, dass es sich um ein „Leuchten der Ionen“
                              									handele; es glühe mechanisch zerstäubte Substanz.
                           Ueber die elektrochemischen Vorträge, die rein technische Gegenstände behandeln, wird
                              									von anderer Seite in dieser Zeitschrift berichtet werden. Das rege Interesse, mit
                              									dem die stets zahlreich anwesenden Mitglieder der Sektion X den vielen Vorträgen
                              									folgten, die zum Teil in französischer und englischer Sprache gehalten wurde,
                              									beweisst, wie grosse Bedeutung dem jüngsten Zweige der Chemie, der
                              										„physikalischen Chemie“, zukommt.
                           
                              Dr. Kurt
                                    											Arndt.