| Titel: | Ueber Zentral- und Oberflächenkondensatoren. | 
| Autor: | Georg W. Koehler | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 450 | 
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                        Ueber Zentral- und
                           								Oberflächenkondensatoren.
                        Von Georg W. Koehler, Regierungsbaumeister in
                           									Ludwigshafen a/Rh.
                        Ueber Zentral- und Oberflächenkondensatoren.
                        
                     
                        
                           Kondensatormaschinen nutzen die Wärme des Dampfes wesentlich besser aus, als
                              									Auspuffmaschinen. So beträgt beispielsweise der Dampfverbrauch einer Maschine von
                              									ungefähr 250 PS Nutzleistung etwa 8 kg, wenn dieselbe mitKondensator arbeitet.
                              									Dieser Wert steigt aber auf fast 10 kg beim Uebergang zum Auspuff betrieb. Die
                              									theoretischen und praktischen Gründe für diese Tatsache sind zu bekannt, als dass
                              									sie an dieser Stelle besonders erklärt werden müssten; nur zwei Punkte sollen hier kurze Erwähnung
                              									finden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 451
                              Fig. 1. Oelabscheider der Maschinen- und Armaturfabrik vorm. Klein. Schanzlin
                                 										u. Becker.
                              
                           Den Masstab für die Leistung einer Dampfmaschine bildet der Flächeninhalt ihres
                              									Dampfdiagramms, d. i. derjenigen geschlossenen Kurve, welche die Spannungen im
                              									Zylinder als Funktion der Kolbenwege wiedergibt. Zur Erzielung einer Fläche
                              									bestimmter Grösse ist bei Kondensatormaschinen ein geringerer Füllungsgrad
                              									erforderlich als bei Auspuffmaschinen; dies allein bildet die Ursache wesentlicher
                              									Dampfersparnisse. Hinzu kommt noch, dass man in vielen Fällen das warme Abwasser des
                              									Kondensators, welches die Verdampfung- und einen Teil der Flüssigkeitswärme des
                              									Dampfes enthält, zur Kesselspeisung verwenden und daher erhebliche Kohlenersparnisse
                              									erreichen kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 451
                              Fig. 2. Luftpumpe Bauart Weiss.
                              
                           Ganz allgemein geschieht die Niederschlagung des Dampfes durch Kühlwasser. Je nachdem
                              									man dieses imKondensator mit dem Abdampfe unmittelbar in Berührung bringt oder
                              									von diesem durch möglichst dünne Zwischenwände trennt, unterscheidet man Einspritzkondensatoren und Oberflächenkondensatoren (Ericsson 1829). Welche dieser beiden Bauarten
                              									die meisten Vorzüge in sich schliesst, lässt sich ohne genaue Berücksichtigung der
                              									jeweiligen örtlichen Wasserverhältnisse nicht entscheiden. Die nachfolgenden
                              									Ausführungen werden zur Beurteilung dieser Frage einige Anhaltspunkte liefern.
                           Diejenigen Fälle, in denen für den Kondensatorbetrieb Wasser von genügender Menge und Reinheit
                              									vorrätig ist, sind leider nicht allzu häufig. Flüsse oder Seen, aus welchen man
                              									weiches Wasser pumpen könnte, befinden sich oft erst in solchen Entfernungen von der
                              									Verwendungsstelle, dass man aus wirtschaftlichen Gründen auf diese Wasserentnahme
                              									verzichten muss. Die Gruben- und Brunnenwässer jedoch besitzen namentlich in
                              									Industriegegenden oft Verunreinigungen, welche sie zur Kesselspeisung untauglich
                              									machen. Wenn das verfügbare Wasser sich als säurehaltig
                              									erweist, so darf man es erst nach gründlichster chemischer Reinigung zur Speisung
                              									des Kessels benutzen; anderenfalls werden dessen Bleche durch die Bildung von meist
                              									schwefelsauren Salzen stark angegriffen, es entstehen in Höhe des Wasserspiegels
                              									hässliche Anfressungen, welche die Gefahr einer Explosion naherücken. Bei salzehaltigem Speisewasser sättigt sich allmählich der
                              									Inhalt des Kessels so stark mit Alkalien, dass diese in immer dickeren Schichten an
                              									den heissesten Stellen ausgeschieden werden, dort den Wasserumlauf behindern und
                              									derart bedenkliche Ueberhitzungen der Feuerbleche verursachen. Wünscht man also
                              									dennoch, beim Vorhandensein von Säuren und Salzen im Wasser, durch Speisung des
                              									Kessels mit Kondensatorwarmwasser Ersparnisse zu erzielen, dann bleibt nur die
                              									Möglichkeit eines Oberflächenkondensators bestehen, welcher den stetigen Kreislauf
                              									einer verhältnismässig geringen, oft teuer bezahlten Wassermenge gestattet; im
                              									Interesse der Schonung des Kessels ist unter solchen Umständen die Anwendung eines
                              									Einspritzkondensators ausgeschlossen, trotzdem dieser meist in der Herstellung
                              									billiger, in der Bedienung bequemer, in der Wirkung gründlicher ist und etwa nur
                              									halb so viel Kühlwasser als jener bedarf b25-30 kg gegenüber 40-50 (kg).
                           Gleich hier möge hervorgehoben werden, dass bei Kondensatoren aller Art das tiefste,
                              									technisch mögliche Vakuum keineswegs auch das wirtschaftlich günstigste ist;
                              									vielmehr gelangt man gerade aus einer sorgfältigen Berücksichtigung der Temperatur
                              									und Menge des Kühlwassers und seiner Beschaffungskosten zu der Ansicht, dass
                              									durchschnittlich eine Luftleere von 80-90 v. H. die besten Ergebnisse liefert.
                           Bei schlechten Wasser Verhältnissen ist also die Anschaffung eines
                              									Oberflächenkondensators allein deshalb empfehlenswert, weil dieser in seinem
                              									Kondensat ein vorzüglich steinfreies Kesselspeisewasser liefert, dem nur geringe
                              									Mengen Frischwasser zugesetzt zu werden brauchen. Letztere aber können zuvor leicht
                              									in irgend einem Wasserreinigungsapparat von schädlichen Beimengungen befreit
                              									werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 452
                              Fig. 3. Schieber zur Luftpumpe von Weiss.
                              
                           Der Wasserdampf, welcher beim Verlassen des Kessels frei von jeder Verunreinigung
                              									war, nimmt auf seinem Wege durch die Dampfzylinder viel Oel In die Auspuff- oder
                              									Vakuumleitung mit; dieses beschmutzt entweder die der Austrittsstelle benachbarten
                              									Gebäude und Dächer oder das Innere des Kondensators. In letzterem Falle wird das
                              									Niederschlagwasser durch die Oelbeimengung zur Kesselspeisung unbrauchbar, weil es
                              									einen zähen Schlammüberzug an der Heizfläche hervorruft, welcher den Wirkungsgrad
                              									der Anlage schwer beeinträchtigen würde. Deshalb soll man in die Abdampfleitungen
                              									stets Oelabscheider einbauen, welche die geschilderten
                              									Misstände beseitigen. Ihre Wirkung beruht meist darauf, dass der Dampf durch
                              									Scheidewände, Einbausiebe u. dergl. zu plötzlichen Richtungsänderungen gezwungen
                              									wird, überdies in dem grossen Raume des Abscheiders seine Geschwindigkeit
                              
                              									verlangsamt, wobei die mitgerissenen Oelteilchen (und etwaiges Wasser) Zeit
                              									gewinnen, vermöge ihrer eigenen Schwere niederzusinken. Fig. 1 zeigt den Querschnitt eines von der Maschinen- und Armaturfabrik vorm. Klein, Schanzlin u. Becker in
                              									Frankenthal-Pfalz ausgeführten, sehr wirksamen Oelabscheiders für Dampfleitungen
                              									jeder Art.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 452
                              Fig. 4. Kondensator mit Riemenantrieb.
                              
                           Alle Kondensatoren saugen im Betriebe aus der Atmosphäre Luft an. Die mit dem
                              									Speisewasser und Einspritzwasser in den Kondensator geführte Luft ist so
                              									unwesentlich, dass man sie kaum zu berücksichtigen braucht. Hingegen dringt durch
                              									die Stopfbüchsen der Niederdruckzylinder und die Verbindungsstellen der
                              									Vakuumleitung stets Luft ein, deren Menge man nach der Weissschen Formel
                           
                              
                              U=\frac{\mu\,D}{1000}
                              
                           berechnen kann. (Darin bezeichnet U die während einer Minute angesaugte Luftmenge in cbm; D die dem Kondensator in einer Minute zugeführte
                              
                              									Dampfmenge in kg; μ = 1,80 –+- 0,01 Z ist eine Vorzahl, welche von der Gesamtlänge Z in m der Dampfleitung
                              									abhängt.) Diese Luft muss nun als der schlimmste Feind eines wirksamen Vakuums
                              									gründlich entfernt werden.
                           Hierzu dienen Luftpumpen verschiedenster Konstruktion. Während man in den meisten
                              									Gewerbezweigen, welche mit einer Absaugung grösserer oder geringerer Luftmengen
                              									arbeiten, Pumpen mit selbsttätigen Ventilen bevorzugt, wendet man bei
                              									Kondensatorluftpumpen in der Regel eine Steuerung des Lufteintritts und –auslasses
                              									durch Flachschieber (Weiss) oder Kolbenschieber (Köster) an. Diese Schieberluftpumpen gestatten, da
                              									alle ihre Bewegungen zwangläufig geregelt werden, durchschnittlich höhere
                              									Umlaufzahlen als Ventilluftpumpen und zeichnen sich durch einen trotz ihrer
                              									grösseren schädlichen Räume recht gunstigen Wirkungsgrad aus.
                           Das Kennzeichen einer Weissschen Luftpumpe (vergl. Fig. 2) bildet der Schieber mit Ueberströmung zwischen
                              									beiden Zylinderhälften: Fig. 3 zeigt über dem
                              									Schieberspiegel den Querschnitt eines solchen Luft Schiebers in der Mittelstellung,
                              									welche einer der Totlagen des Pumpenkolbens entspricht. Hierbei werden auf kurze
                              									Zeit Vorder- und Rückseite des Kolbens miteinander verbunden; dadurch ist der noch
                              									im schädlichen Raume einer Zylinderseite aufgespeicherten Druckluft die Vereinigung
                              
                              									mit der Saugluft der anderen Zylinderseite ermöglicht, die Spannungen gleichen sich
                              									aus, die Druckkurve des Luftdiagramms verläuft deshalb höher und der Lieferungsgrad
                              									der Pumpe wird gesteigert. Es ist hier nicht der Ort, die sonstigen Eigenschaften
                              										Weissscher Luftpumpen klarzulegen, bezüglich
                              									dieses Gegenstandes braucht nur auf andere Quellen hingewiesen zu werden (Z. V. D.
                              									I. 1888 und 1891).
                           Beinahe immer fasst man an Einspritzkondensatoren für einzelne Dampfmaschinen, welche
                              									meist nach dem Gleichstromprinzip arbeiten, Luft- und Mischwasserpumpe zusammen und
                              									betätigt ihren gemeinsamen Kolben mittels irgend eines Gestänges von der Kurbel oder
                              									vom Kreuzkopf aus. Nur selten verlässt man aus triftigen Gründen diese Anordnung; so
                              									können u.a. ungünstige Raumverhältnisse oder der spätere Anbau eines Kondensators
                              									den Ersatz des unmittelbaren Antriebes durch ein Riemen- oder Zahnrädervorgelege,
                              									auch einen besonderen Dampfzylinder notwendig machen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 453
                              Fig. 5. Kondensator mit Simplexdampfzylinder.
                              
                           Zwei Beispiele derartiger unabhängiger Kondensatoren
                              									zeigen Fig. 4 und 5;
                              									erstere stellt einen Riemenkondensator dar, im zweiten Bilde ist ein
                              									Simplexdampfzylinder dem Pumpenzylinder gegenüber an das Zwischenstück geschraubt.
                              
                              									Diese beiden Bauarten bieten den Vorteil, dass man bei häufigen Betriebspausen
                              									(Förder- und Walzenzugmaschinen) gerade während der Anlaufdauer den Gegendruck bis
                              									auf die Luftleere des Kondensators vermindert und so die Zugkraft der Maschine im
                              									gleichen Masse vergrössert. Ausserdem kann man, was ebenfalls in vielen Fällen von
                              									Wert ist, einem unabhängigen Kondensator selbst während des Stillstandes der
                              									Hauptmaschine den Abdampf von Hilfsmaschinen (Pumpen und Ventilatoren, Eis- und
                              									Lichtmaschinen u.s.w.) zuführen. So entsteht gewissermassen ein Zentralkondensator,
                              									welcher einerseits die Wartung der ganzen Anlage vereinfacht und andererseits
                              									infolge seiner Grösse einen besseren Wirkungsgrad ergibt wie mehrere einzelne
                              									Kondensatoren für geringere Leistung.
                           Auf grossen Hüttenwerken ist die Errichtung einer Zentralkondensation mindestens ebenso wichtig wie der Bau einer
                              									Dampfkessel- oder Elektrizitätszentrale. Hier findet man, und das beweist die
                              									Wichtigkeit solcher Anlagen, fast jedes Kondensatorsystem – Einspritz- und
                              									Oberflächenkondensator mit den verschiedensten Abänderungen – vertreten.
                           Je nachdem ein Kondensator vom Kühlwasser und dem Abdampfe in gleich- oder gegen
                              									gerichtetem Sinne durchflössen wird, unterscheidet man Gleichstromkondensatoren und Gegenstromkondensatoren. Die erste Hauptart wird namentlich durch die an
                              									Dampfmaschinen üblichen Einspritzkondensatoren mit nasser Luftpumpe vertreten; hier
                              									bewegen sich Kühlwasser und Abdampf in gleicher Richtung von oben nach unten, und
                              									die tatsächliche Kondensatorspannung pk setzt sich nach dem Daltonschen Gesetze aus der Dampfspannung pd und der
                              									Luftspannung pl
                              									zusammen, so dass
                           pk= pd + pl
                           Anders indess beim Gegenstromkondensator. Dieser trennt die Luft sehr energisch vom
                              									Wasserdampf und führt sie an die höchste und kühlste Stelle des Niederschlagraumes,
                              									dorther saugt die Luftpumpe und die Kondensatorspannung pk sinkt mit Leichtigkeit bis fast
                              									genau auf die der Kühlwassertemperatur gemässe Dampfspannung pd. Die meisten und bekanntesten
                              									Ausführungen solcher Gegenstromeinspritzkondensatoren rühren von F. J. Weiss (Basel) her; ihre Bauart und Wirkungsweise
                              									ist bereits so oft in Zeitschriften und Lehrbüchern geschildert worden, dass es sich
                              									erübrigt, ihnen nochmals eine ausführliche Beschreibung zuteil werden zu lassen.
                              									Ihre Hauptvorzüge beruhen darin, dass sie mit verhältnismässig wenig
                              									Einspritzwasser, selbst bei langen Rohrleitungen von mangelhafter Dichtheit eine
                              
                              									kräftige Luftleere erzeugen und für die Kesselspeisung ein Mischwasser liefern,
                              									dessen Wärmegrad ziemlich dem des Abdampfes im Kondensator entspricht.
                           Neuerdings ist, wie hier erwähnt werden soll, der Weisskondensator durch J. Klein-Frankenthal
                              									(Maschinen- und Armaturfabrik vorm. Klein, Schanzlin &
                                 										Becker) vereinfacht und verbessert worden. Nähere Mitteilungen über diese
                              									äusserst zweckmässige Kondensatorart würden zu weit gehen; Heft 3 des Jahrganges
                              									1903 der Zeitschrift „Glückauf“ (Essen) enthält einen längeren Bericht über
                              									eine solche Zentralkondensation, welche auf Geisheckschacht der Königlichen Grube Heinitz
                              									bei Saarbrücken im Betriebe ist. Dort lagen die Wasserverhältnisse einigermassen günstig:
                              									daraus erwuchs die Möglichkeit, einen Einspritzkondensator anzuwenden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 454
                              Fig. 6. Liegender Röhrenkondensator der Rombacher Hüttenwerke.
                              
                           Die eigentümliche Form der Maschinenräume an Bord der Seeschiffe macht es erklärlich,
                              									dass man hier nur Kondensatoren mit wagerechter Achse unterzubringen imstande ist;
                              									dabei ergibt sich meist eine recht bequeme Führung des Zirkulationswassers, welches
                              									die aussen vom Dampf bespülten Kondensatorrohre durchfliesst. Auch in einer grossen
                              									Zahl ortsfester Betriebe, namentlich im Bergbau und Hüttenwesen, gibt es
                              									Röhrenkondensatoren liegender Bauart; Fig. 6 zeigt
                              									eine solche Anlage auf den Rombacher Hüttenwerken in
                              									Rombach (Lothringen). Der im Bilde leicht kenntliche Kondensator schlägt stündlich
                              									bis zu 30000 kgDampf nieder, dieser steigt durch das rechts unten ersieht liehe
                              
                              									dicke Rohr zum Oelabscheider, durchströmt denselben und gelangt mittels einer kurzen
                              									Zwischenleitung in den Kondensatorraum. Das Kühlwasser wird von dem am linken Rande
                              									teilweise dargestellten Gradierwerk durch die Zirkulationspumpe abgezogen und in den
                              									Kondensator gedrückt. Die Kühlfläche des letzteren ist aus einer Menge Messingröhren
                              									von etwa 2 mm Wandstärke hergestellt, deren Oberflächen dem Dampfe die Wärme
                              									entziehen. Sowohl der Wasserinhalt, als auch das Gewicht der einzelnen Teile des
                              									Kondensators speichern in sich einen Kühlvorrat auf, welcher bei plötzlicher Zufuhr
                              									bedeutender Dampfmengen die unvermeidlichen Schwankungen der Luftleere
                              									verringert.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)