| Titel: | Vierter Bericht über den V. Internationalen Kongress für angewandte Chemie. | 
| Autor: | Gustav Rauter | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 462 | 
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                        Vierter Bericht über den V. Internationalen
                           								Kongress für angewandte Chemie.
                        Vierter Bericht über den V. Internationalen Kongress für angewandte
                           								Chemie.
                        
                     
                        
                           Bergbau und Hüttenkunde.
                           Sektion IIIa.
                           In Sektion IIIa des Kongresses fand am letzten Tage eine interessante Verhandlung
                              									über Eisenportlandzement statt, die sich an einen Vortrag von H. Passow aus Hamburg über Hochofenschlacke und
                              									Portlandzement anschloss. Was zunächst den Vortrag selber anbetrifft, so wies der
                              									Redner darauf hin, dass bekanntlich in den letzten Jahren
                              									lebhafteAuseinandersetzungen zwischen dem Verein deutscher
                              									Portlandzementfabrikanten einerseits und den Herstellern sogenannten
                              									Eisenportlandzements andererseits stattgefunden; hätten und ging dann auf eine
                              									Schilderung der Eigenschaften des Eisenportlandzements über. Er betonte, dass der
                              									Eisenportlandzement seiner Ansicht nach, sowie nach der Ansicht des Vereins
                              									deutscher Eisenportlandzementwerke tatsächlich nicht als ein Gemisch von Portlandzement mit anderen Materialien, sondern als
                              									ein wirklicher Portlandzement anzusehen sei, da er seiner Hauptmenge nach aus
                              									gewöhnlichem Portlandzement bestehe, und ferner noch 30 v. H. eines anderen,
                              									kalkarmen Portlandzements enthalte. Dass nun aber dieser kalkarme Portlandzement in
                              									der Tat nichts weiter sei, als granulierte Hochofenschlacke, könne seiner
                              									Eigenschaft als derjenigen von wirklichem Portlandzement im übrigen keinen Abbruch
                              									tun. Auch ergebe die mechanische, chemische und mineralogische Prüfung, dass
                              									Portlandzement wie Eisenportlandzement im wesentlichen gleichwertig seien, ja, dass
                              									letzterer in vielen Fällen noch den Vorzug verdiene. Es sei durchaus verfehlt, wenn
                              									behauptet werde, dass man statt Hochofenschlacke dem Portlandzement eben so gut Sand
                              									zusetzen könne. Letzterer sei ein blosser Ballast, nämlich ein sich an dem
                              									Erhärtungsvorgang überhaupt nicht beteiligender Körper, während die granulierte
                              									Hochofenschlacke nach dem Erhärten mit den übrigen Bestandteilen des Zements ein
                              									einheitliches Ganzes bilde.
                           Demgegenüber bemerkte zunächst F. Schott aus Heidelberg,
                              									dass es gänzlich unrichtig sei, die granulierte Hochofenschlacke als kalkarmen
                              									Portlandzement zu bezeichnen. Dies sei ein für Laien berechnetes und zu
                              									geschäftlichen Zwecken erfundenes Schlagwort, entspreche indessen durchaus nicht den
                              									tatsächlichen Verhältnissen, da der Portlandzement einen ganz bestimmten Gehalt an
                              									Kalk aufweisen müsse und, wenn dies nicht mehr zutreffe, eben kein Portlandzement
                              									mehr vorliege. Es sei dies ebenso falsch, als wenn man Portlandzement als eine
                              									kalkreiche Hochofenschlacke bezeichnen wolle, während es doch unmöglich sei, in
                              									Hochöfen eine Schlacke von der Zusammensetzung eines wirklichen Portlandzements zu
                              									erzielen. Wenn wirklich unter Umständen mit sogenanntem Eisenportlandzement gute
                              									praktische Resultate erzielt worden seien, so läge dies daran, dass eben, wie
                              									bekannt, Zement überhaupt nur in den wenigsten Fällen rein verarbeitet werden dürfe,
                              									sondern mehr oder weniger starke Mengen an verschiedenen Zusätzen, z.B. an Sand,
                              									Trass oder auch an Hochofenschlacke erfordere. Diese Zumischungen beizufügen sei
                              									aber durchaus nur Sache des Baumeisters, der für jeden Verwendungszweck die Art und
                              									Menge der Zuschläge je nach den Verhältnissenverschieden bemessen müsse. Wolle
                              									man aber aus Bequemlichkeit durchaus schon fertig gemischten Zement von Fabriken
                              									beziehen, so sei es durchaus unzulässig, derartige Mischzemente als Portlandzement
                              									zu bezeichnen. In der Tat hätten die Eisenportlandzementwerke denn auch! schon die
                              									ursprüngliche Bezeichnung Portlandzement fallen lassen müssen und statt dessen den
                              									Namen Eisenportlandzement gewählt. Indessen sei dieser Name noch zu weitgehend; er
                              									schlage den Namen Eisenzement vor, der ebensowenig wie
                              									Schlackenzement, Romanzement oder dergl. Anlass zu Missverständnissen geben
                              									könne.
                           In der weiteren Diskussion erwiderte H. Passow, dass er
                              									für den Augenblick nicht alle Einwände von F. Schott zu
                              									widerlegen im Stande sei, sich dieses jedoch für später vorbehalte. E. Cramer aus Berlin bemerkte, dass Portlandzement 7
                              									bis 9 v. H. Wasser aufnehme, während Hochofenschlacke beim Erhärten bedeutend
                              									weniger Wasser zu binden vermöge.
                           W. Fresenius aus Wiesbaden wiederholte im Wesentlichen,
                              									was bereits in dem Berichte über seinen Vortrag in Sektion I gesagt ist, nämlich,
                              									dass Portlandzement ein chemisch wohl zu definierender Körper sei, und dass
                              
                              
                              
                              									Mischungen dieses Körpers mit anderen Stoffen mit diesem unter keinen Umständen
                              									verwechselt werden dürften.
                           Es wurde ferner von einem Anhänger des Eisenportlandzements die Behauptung
                              									aufgestellt, dass die zur Eisenportlandzementfabrikation verwendete Schlacke
                              									durchaus von gleichmässiger Zusammensetzung sei, sodass die Eisenportlandzementwerke
                              									stets ein Produkt von genau gleicher Gesamtzusammensetzung liefern könnten. Dagegen
                              									bemerkte F. Schott, dass diese Annahme ein Irrtum sei,
                              									da die angeführten Zahlen für die Zusammensetzung der Hochofenschlacke zwar bei den
                              									einzelnen Werken ziemlich übereinstimmten, dass sie jedoch Jahresdurchschnitte
                              									darstellten und dass innerhalb eines Jahres sehr grosse
                              									Schwankungen vorkämen, die es unmöglich machten, stets ein einheitliches Produkt zu
                              									erzielen.
                           Die Auseinandersetzung würde sich noch lange hingezogen haben; jedoch erlaubte die
                              									kurze Zeit, die zur Verfügung stand, dies nicht. Ein Antrag auf Schluss der
                              									Verhandlung wurde deshalb vom Vorstande gestellt und von der Versammlung
                              									angenommen.
                           
                              Dr. Gustav
                                    											Rauter.