| Titel: | Moderne Dampfkesselanlagen. | 
| Autor: | O. Herre | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 514 | 
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                        Moderne Dampfkesselanlagen.
                        Von O. Herre, Ingenieur und Lehrer in
                           									Mittweida.
                        (Fortsetzung von S. 505 d. Bd.)
                        Moderne Dampfkesselanlagen.
                        
                     
                        
                           Bei den bisher behandelten Kesselsystemen mit geteilten Wasserkammern befanden
                              									sich die letzteren an beiden Enden der Rohre; die geteilten Wasserkammern sind aber
                              									auch bei Kesseln mit Zirkulationsröhren in Anwendung, bei welchen dann die Kammern
                              									nur an einem Röhrende vorhanden sind.
                           Der wichtigste Kessel dieser Art ist der Niclaussekessel, der insbesondere als Marinekessel eine sehr bedeutende
                              									Verbreitung gefunden hat.Schiffbau 1901, No.
                                    											23 und:M, sowie 1902 No. 1 und 2. Niclaussekessel von Carl Züblin,
                                    											Charlottenburg.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 513
                              Fig. 265. Niclaussekessel.
                              
                           Fig. 265 zeigt einen Querschnitt des Kessels. Von dem
                              										Dürrschiffskessel unterscheidet sich der Niclaussekessel zunächst durch die Anwendung von
                              
                              									Einzelkammern, die nur je zwei vertikale Rohrreihen vereinigen, und dann durch
                              									verschiedene wichtige Einzelheiten.
                           Fig. 266 zeigt die bisher am meisten benutzte
                              									Einzelkonstruktion des Rohrelementes. Das äussere Rohr a wird aus weichem Stahl gefertigt und erhält innerhalb der Wasserkammer
                              									eine eigentümliche Verlängerung b, die sogenannte
                              									Laterne. Letztere ist durch Gewinde bei c mit dem Rohr
                              
                              										a verbunden. Die Dichtung in den Kammerwänden
                              									erfolgt durch konische Flächen bei c und d. Da die Bohrung bei d
                              									etwas weiter als bei c hergestellt werden muss, so übt
                              									derDampf einen Druck aus, der das Rohr nach vorn heraus zudrängen sucht. Dieser
                              									Druck wird jedoch, wie Versuche bewiesen haben, durch die Reibung in den
                              									Dichtungsflächen aufgenommen; doch sind auch Sicherungen durch Bügelverschlüsse nach
                              										Fig. 265 vorhanden. Der Konus bei d ist mit dünner Wandstärke ausgeführt, um eine gewisse
                              									Federung zu ermöglichen. Die Herstellung der Dichtungsflächen muss eine sorgfältige
                              									sein, wenn in beiden Dichtungsflächen zugleich sicheres Anliegen eintreten soll. Die
                              									sorgfältige Herstellung aller Teile ist aber auch schon deswegen notwendig, weil ein
                              									gegenseitiges Auswechseln der Teile möglich sein muss.
                           Das Material der Laterne ist Temperguss. In die Laterne ist mittels Gewinde das
                              									Kopfstück e für das Einhängerohr f eingeschraubt. Dieses Kopfstück führt sich mit dem
                              									Ringe, in dem das Einhängerohr befestigt wird, in der Zwischenwand der Laterne. Das
                              									Einhängerohr wird aus dünnem, weichem Stahlblech zusammengefalzt und führt sich
                              									hinten in einer entsprechenden Verengung des Aussenrohres. Letzteres wird durch eine
                              
                              									Ueberwurfmutter g geschlossen, die zugleich die Führung
                              									des Rohrendes in der hinteren Wand des Kessels übernimmt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 513
                              Fig. 266. Rohrelement zum Niclaussekessel.
                              
                           Das Material der Wasserkammern ist Temperguss. Die Seitenwandungen sind wellenförmig
                              									ausgebildet, um die einzelnen Abteilungen möglichst nahe zu bringen. Die innere
                              
                              									Scheidewand der Wasserkammer wird mit der Kammer aus einem Stück hergestellt. Unten
                              									sind die Wasserkammern durch kleine Rohrstutzen mit einander verbunden. Hierdurch
                              									ist ein Ausblasen der Kammern bezw. die Entfernung von Schlamm ermöglicht.
                           Die Verbindung der Kammern mit dem Oberkessel ist in Fig.
                                 										267 dargestellt. Die Kammern haben oben einen Flansch, der zur Aufnahme
                              									von 4 Schrauben A und B
                              									dient, welche mit konischen Flächen in der verstärkten Bauchplatte des Oberkessels
                              									eingelassen sind. Durch das Anziehen dieser Schrauben wird der Oberkessel gegen
                              									einen Doppelkonus und dieser gegen die Kammer gepresst. Die Wasserkammer pagt mit
                              									einer trichterförmigen Fortsetzung in den Oberkessel hinein, damit der im Trichter
                              									aufsteigende Dampf das Wasser an dem Eintritt, in die Kammer möglichst wenig
                              									hindert.
                           Der Oberkessel ist mit einem Schlammfänger für das eintretende Speisewasser
                              									versehen (Fig. 268). Das Speisewasser tritt in einen
                              									Behälter aus 4 mm dünnem Blech ein, gibt hier die Unreinigkeiten in einen
                              									Schlammsack ab, indem das Wasser veranlagst wird, eine ab- und aufsteigende Bewegung
                              									auszuführen, bevor es in den eigentlichen Wasserraum des Oberkessels eintreten kann.
                              									Die Schlammniederschläge können durch einen Hahn abgelassen werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 514
                              Fig. 267. Verbindung der Kammern mit dem Oberkessel.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 514
                              Fig. 268. Speisewassereinführung am Niclaussekessel.
                              
                           Der Niclaussekessel ist am meisten in der französischen
                              									Kriegsmarine verbreitet, doch haben auch die übrigen Seestaaten mehr oder weniger
                              									ausgedehnte Versuche mit diesem Kessel vorgenommen. In der deutschen Marine sind die
                              									beiden Kreuzer „Freya“ und „Gazelle“ mit Niclaussekesseln ausgerüstet. Die Kesselanlage für S. M. Kreuzer II. Kl.
                              									Freya besteht aus 12 Kesseln mit je 18 Kammerelementen. Jedes Element umfasst 17
                              									Rohre. Die gesamte Heizfläche beträgt 2400 qm, die gesamte Rostfläche 72 qm,
                              									infolgedessen ist das gegenseitige Verhältnis 33,3 : 1. Die Konstruktion des
                              									Rohrelementes weicht etwas von der Darstellung Fig.
                                 										266 ab.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 514
                              Neue Rohrkonstruktion des Niclausse kessels.
                              
                           Bei den ersten Probefahrten im Jahre 1898 ergab die nachträgliche Kesselrevision,
                              									dass einzelne Laternen gebrochen waren. Die Firma Niclausse-Paris war nun allerdings der Meinung, dass diese Erscheinung auf
                              									eine fehlerhafte Montage und nicht etwa auf die Konstruktion des Kessels oder auf
                              									die Verwendung von Temperguss zurückzuführen sei, da über ähnliche Unfälle seitens
                              									der anderen Marinen nicht geklagt worden sei. Das Reichsmarineamt ordnete jedoch den
                              									Ersatz der Laternen durch solche aus Stahl ohne Schweissnaht an. Bei den
                              									wiederholten Probefahrten im Oktober 1900 verlief bei der „Gazelle“ alles
                              									gut; bei der „Freya“ tratjedoch ein Rohrbruch ein, der glücklicherweise
                              									niemand verletzte.
                           Als Erklärung nahm man Wassermangel an, der dadurch herbeigeführt wurde, dass die
                              									Stege der Laternen bei der „Freya“ in der senkrechten Achse, und nicht, wie
                              									bei der „Gazelle“, um 45° gegen die Wagerechte geneigt lagen.
                           Nachdem man die Lage der Laternen entsprechend abgeändert hatte, konnten die Versuche
                              									im Januar 1901 wieder aufgenommen werden, die nun zufriedenstellend verliefen.
                           Die geäusserten Bedenken gegen die Verwendung von Temperguss veranlasste die Firma
                              										Niclausse im Jahre 1900 eine neue Rohrkonstruktion
                              									zur Einführung zu bringen. Bei derselben ist die Laterne nach den Fig. 269-271 aus
                              									einem Stück mit dem Rohr, also aus Stahl, gefertigt.
                           Das vordere Ende des Rohres A ist aufgestaucht und wird
                              									bei a zu einem Konus gepresst, der in die vordere
                              									Oeffnung der Wasserkammer passt. Auf der inneren Seite des aufgestauchten Teiles
                              									wird konisches Gewinde geschnitten zur Aufnahme des Verschlussdeckels c. Den Konus b erhält man
                              									durch warmes Auftreiben des Rohres A. Aus dem vollen
                              									Rohr werden nun die vier Oeffnungen für den Wasserdurchgang ausgeschnitten. An der
                              									Stelle, wo die Laterne die Mittelwand durchdringt, ist das Rohr stark ausgeweitet,
                              									um die Oeffnung möglichst zu schliessen und um das Durchströmen des entwickelten
                              									Dampfes in den vorderen Teil der Wasserkammer zu verhindern. Das Rohr ist hinten
                              									durch eine Mutter d mit konischem Gewinde
                              									abgeschlossen.
                           Das neue Rohr bietet, gegenüber dem alten Modell, bemerkenswerte Vorteile, da es aus
                              									einem Stück und aus gezogenem Stahl besteht. Es ist somit ein Bruch irgend eines
                              									Teiles sozusagen ausgeschlossen. Da das neue Rohr auf seiner ganzen Länge denselben
                              
                              									inneren Durchmesser hat, so ist die Reinigung desselben bedeutend leichter, wie
                              									früher. Die alten Gusslaternen verhinderten, infolge des mittleren vorspringenden
                              									Ringes, das Einbringen einer Rohrbürste von gleichem Durchmesser, wie das Rohr.
                              									Ferner ist die Fabrikation der Laternen nicht mehr abhängig von der Erzeugung eines
                              									besonderen Spezialgusses. Die Herstellungskosten der neuen Rohre sind nicht viel
                              									teurer und der Gewichtsunterschied beträgt ungefähr 1 kg f. d. Rohr zu gunsten des
                              									neuen Rohres.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 514
                              Neue Konstruktionen der Wasserkammern des Niclausse kesseis.
                              
                           Die Wasserkammern sind ebenfalls geändert, (Fig. 272 u. 273), indem
                              									dieselben nur aus Stahl ohne Naht angefertigt werden. Ihre Form ist jetzt vierkantig
                              									und glatt, im Gegensatz zu den früheren Kammern mit wellenförmigen Seitenwänden. Die
                              									konischen Dichtungsflächen werden mit einer hydraulischen Presse in die Vorder- und
                              									Rückwand eingebracht. Boden und Scheidewand werden seitlich eingenietet. Die Bolzen
                              									für die Bügel werden teilweise zur Versteifung bis zur gegenüberliegenden Wand
                              									durchgeführt und eingeschraubt. Somit wäre die Verwendung von Temperguss für die
                              									Herstellung der Niclaussekessel völlig umgangen.
                           Durch diese Aenderungen sind die verschiedenen Vorwürfe, welche den Niclausse kesseln gemacht worden sind, völlig beiseite
                              									geschafft. Der einzige Unfall, mit dem man etwa noch rechnen müsste, ist derjenige,
                              									dass ein Rohr platzen könnte. Ein Unfall, vor dem kein Kessel sicher ist, sei es
                              
                              									infolge Materialfehlers, sei es aus Wassermangel oder schlechter Feuerführung.
                              									Unfälle bei den Wasserkammern sind bis jetzt nicht bekannt.
                           Beim Kessel von Adamson der Firma Adamson, Vickers & Maxim in Sheffield werden auch,
                              									wie beim Niclaussekessel zwei senkrechte Rohrreihen in
                              									einer Wasserkammerabteilung vereinigt. Die Wasserkammern werden nach Fig. 274 u. 275
                              									mit Flanschen an
                              									den Oberkessel b angeschraubt. Der Querschnitt der
                              									Wasserkammern nimmt von unten nach oben zu.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 515
                              Kessel von Adamson.
                              
                           Das äussere Rohr g (Fig. 276) wird mittels
                              									Konus m der Kammerwand f
                              									befestigt. Das Rohr g trägt die Laterne l, die mit den Oeffnungen n (Fig.
                                 										277) versehen ist. Die Laterne wird in der Zwischenwand c der Wasserkammer gehalten und nimmt mit dem Trichter
                              										i das Einhängerohr h
                              									auf. Letzteres stützt sich am hinteren Ende des äusseren Rohres (Fig. 278 u. 279) durch
                              									zwei elastische Bügel p und die Kalotte o ab. Das Aussenrohr g ist
                              									hinten in sich halbkugelförmig geschlossen; das Ablassen des Wassers und die
                              									Reinigung der Rohre wird daher einige Schwierigkeiten bereiten. Der Kessel ist mit
                              									einem Ueberhitzer versehen, dessen Rohrelemente in derselben Weise, wie die
                              									Wasserröhren, konstruiert sind.
                           Die Firma J. Joya in Grenoble (Isere) baut ihre
                              									Wasserrohrkessel entweder mit einer Wasserkammer, oder, wie die Fig. 280-284 zeigen,
                              									mit geteilten Kammern. Die Befestigungsweise der Rohre und die Ausbildung der
                              									Verschlüsse hat eine grosse Aehnlichkeit mit der Konstruktion beim Dürrkessel. Fig. 282 zeigt ein
                              									Rohrelement. Das Aussenrohr wird nur mit einem einfachen Konus in der Kammerwand
                              									befestigt; hinten wird das Rohr durch einen Deckel mit Gewinde verschlossen. Das
                              									Einhängerohr ruht mit einem Trichter in der Zwischenwand der Kammer. Der
                              									Kammerverschluss entspricht fast genau dem bekannten inneren Glockenverschluss von
                              										Dürr.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 515
                              Rohrelement des Kessels von Adamson.
                              
                           Die Verbindung des Oberkessels mit den Kammern erfolgt ähnlich wie beim Niclaussekessel mit Hilfe von doppeltkonischen Ringen
                              									durch Schrauben. Fig. 282-284 lassen die
                              									Konstruktion deutlich erkennen. Zu bemängeln wäre, dass der Querschnitt für die
                              									Wasserzirkulation zu klein erscheint, ein Nachteil, der übrigens auch dem Niclaussekessel und vielen anderen Wasserrohrkesseln
                              									zur Last gelegt werden muss.
                           Der Oberkessel (Fig. 280 u. 281) besteht aus einem
                              									Querkessel zum bequemen Anschluss der Kammern und auseinem Langkessel. Die
                              									Speisung erfolgt durch den Dampfraum in das hintere Ende des Oberkessels. Hier wird
                              									durch ein Querblech eine Schlammkammer gebildet. Das Wasser fliesst durch ein Rohr
                              									nach vorn und wird durch ein Querrohr den Wasserkammern zugeführt.
                           Eine Eigentümlichkeit zeigen die Wasserkammern insofern, als bei ihnen die
                              									Scheidewand nicht ganz bis unten geführt ist. Gewiss soll auf diese Weise einem
                              									Wassermangel in den unteren Rohren vorgebeugt werden, doch muss die Wasserbewegung
                              									hierdurch eine bedenkliche Störung erfahren.
                           An dieser Stelle muss auch die Konstruktion des Kessels von P. Borrot, des Direktors der Fabrik der Société
                                 										anonyme des Chaudronneries du Nord de la France, angeführt werden. Dieser
                              									Kessel, der durch seine eigenartige Konstruktion bei seiner erstmaligen Ausstellung
                              									in Paris 1900 besondere Aufmerksamkeit erweckte, ist in Fig. 285-289 dargestellt.
                           An dem weiten Oberkessel, welcher als Wasser- und Dampfreservoir dient und in der
                              									üblichen Weise mit Sicherheits- und Wasserstandsarmatur ausgerüstet ist, sind
                              									seitlich unter 45° Neigung je sechs geschweisste, kastenförmige Wasserkammern
                              									aufgenietet, welche unten geschlossen sind und gleichzeitig als Träger des
                              									Oberkessels dienen. Jede Wasserkammer trägt an der Bodenplatte in zwei Reihen 12
                              									Stück 80 mm weite Fieldrohre mit Zirkulationseinsatz,
                              									welche durch den konischen Einsatz in der gefrästen Bodenplatte dichten. Dies bildet
                              									für sich ein Element von 5 qm Heizfläche. Die Rohre je zweier gegenüberliegender
                              									Elemente kreuzen sich unter einem rechten Winkel über dem Feuerungsraume und bilden
                              									in demselben ein engmaschiges Netz zur Aufnahme der Wärme.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 515
                              Kessel von Joya.
                              
                           Die gewölbten, geschweissten Enden der Fieldrohre sind
                              									mit je einem Reinigungspfropfen versehen und liegen ausserhalb des Feuerungsraumes,
                              									vor Wärmeaufnahme geschützt und zur Reinigung zugänglich.
                           
                           Es wird dadurch auch verhindert, dass die unvermeidlich dort sich ansammelnden
                              									Splitter und Ablagerungen ein Durchbrennen des Rohres zur Folge haben könnten, wie
                              									dies sonst so häufig bei den gewöhnlichen Fieldrohren
                              									eintritt.
                           Das Speisewasser wird vorn in den Oberkessel in eine Schlammkammer eingeführt. Die
                              									Wasserkammern werden entweder, nach Fig. 288, aus
                              									Stahlguss hergestellt, oder, nach Fig. 289, aus
                              									Blechen zusammengeschweisst.
                           Ein Vorzug der Wasserkammern ist der weite Anschlussquerschnitt am Oberkessel. Dieser
                              									Querschnitt ist etwa halb so gross, wie der gesamte Querschnitt der Wasserrohre,
                              									während bei den meisten anderen Kesseln dieser Querschnitt nur ⅙ bis ⅛ des
                              									Rohrquerschnittes beträgt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 516
                              Verbindung der Wasserkammern mit dem Oberkessel am Kessel von Joya.
                              
                           Um die Ausstrahlungsverluste zu beschränken, sind die äussersten Rohre vertikal
                              									gestellt.
                           In den leeren Räumen, die sich durch die Kreuzung der Rohre im Feuerraum ergeben,
                              									sind Dampfrohre eingebaut, um den Dampf zu trocknen, bezw. schwach zu
                              									überhitzen.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 516
                              Fig. 285. Borrotkessel.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 516
                              Borrotkessel der Société des Chaudronneries du Nord de la France.
                              
                           Bei dem allgemeinen Bestreben der Dampfkesselkonstrukteure, eine möglichst wirksame
                              									Heizfläche zu schaffen, fehlt es auch nicht an Versuchen, den Wasserrohrkessel mit
                              									dem Feuerrohrkessel zu vereinigen. Im allgemeinen haben diese Versuche noch kein
                              									günstiges Ergebnis geliefert, was wohl darin liegen mag, dass beide Grundtypen sehr
                              									gleichartige Vorzüge und Nachteile besitzen, sodass durch ihre Vereinigung wohl eine
                              									neue Type mit gesteigerten Vorteilen aber i auch mit gleichfalls gesteigerten
                              									Nachteilen entstehen muss. Fast alle jetzt gebräuchlichen, kombinierten Kessel
                              									verdanken ihre Beliebtheit dem Umstande, dass durch die Vereinigung die Nachteile
                              
                              									der Grundtypen gegenseitig ausgeglichen werden, ohne dass ihre Vorzüge Schaden
                              
                              									leiden. Dies kann aber nur erreicht werden, wenn Typen von vielfach verschiedenen
                              									Vorzügen und Nachteilen kombiniert werden. So liefert z.B. der Flammrohrkessel mit
                              									dem Feuerrohrkessel eine sehr brauchbare Vereinigung, ebenso gilt dies von der
                              									Vereinigung des Walzenkessels mit dem Wasserrohrkessel. Dagegen kann von einer
                              									Vereinigung des Wasserrohrkessels mit dem Feuerrohrkessel, so weit die bisher
                              
                              									bekannt gewordenen Lösungen eine Beurteilung zulassen, kein wesentlicher Fortschritt
                              									erwartet werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 517
                              Fig. 288. Wasserkammer aus Stahlguss für den Borrotkessel.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 517
                              Fig. 289. Geschweisste Wasserkammer für den Borrotkessel.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 517
                              Kessel von Delpuette.
                              
                           Fig. 290 und
                              										291
                              									zeigen den Kessel von Delpuette. Die Wasserkammern
                              									werden hier durch wagerecht liegende Röhren a gebildet.
                              									Dieselben sind durch senkrechte Wasserröhren von 80 mm Durchmesser miteinander
                              									verbunden. Die Wasserröhren werden von engen Feuerröhren durchzogen. Die oberen
                              									Sammelrohre a sind mit der prismatischen Kammer c verbunden, welche den Oberkessel bezw. den
                              									Dampfsammlervertritt. Die unteren Sammelrohre a
                              									sind an den Schlammsammler d angeschlossen. Die Enden
                              									der Sammelrohre sind mit einem Konus von aussen in die
                              									Rohrwand eingesetzt und werden durch einen Bolzen mit der gegenüberliegenden Wand
                              									verankert, eine Konstruktion, die nicht frei von Bedenken ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 517
                              Kessel von Hallett.
                              
                           Die Sammelrohre sind etwas flachgedrückt, um das Einwalzen der Wasserröhren besser
                              									bewirken zu können. Der Dampfsammler und der Schlammsammler sind vorn durch ebene
                              									Platten abgeschlossen, die durch Schrauben befestigt sind. Auch diese
                              									Befestigungsart wäre nur bei kleineren Kesseln mit geringer Spannung zu
                              									rechtfertigen; sie ist wahrscheinlich gewählt worden, um die ausserordentlich
                              									schwierige Innenreinigung etwas zu erleichtern. Wie der ringförmige Raum der
                              									Wasserröhren gereinigt werden kann, ist nicht zu erkennen. Ein häufiges Durchbrennen
                              									der Rohre muss daher erwartet werden, denn die senkrechte Lage der Rohre wird das
                              									Ansetzen des Kesselsteines nicht ganz verhindern können. Am meisten gefährdet sind
                              									natürlich die unteren Sammelrohre a1 einmal wegen der kritischen Lage für das
                              									Ablagern des Kesselsteines und dann wegen der unmittelbaren Nähe des
                              									Feuerherdes.
                           Die Röhren b sollen zur Dampfüberhitzung dienen, doch
                              									ist nicht zu erkennen, wie der Dampf veranlasst wird, diese Röhren zu durchströmen.
                              									Ausserdem verhindern diese Röhren infolge ihrer Lage das Einführen einer Rohrbürste
                              									in die Feuerröhren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 517
                              Fig. 294. Rohrelement des Kessels von Hallett.
                              
                           Wenn sich auch die hier angeführten Bedenken gegen einzelne Konstruktionsdetails
                              									vielleicht beseitigen lassen, so sind die grundsätzlichen Bedenken gegen die ganz
                              									Anordnung doch so bedeutende, dass der Kessel kaum Aussicht auf eine grössere
                              									Verbreitung haben dürfte.
                           Eine bessere konstruktive Durchbildung zeigt der im Grundsatz ähnliche Kessel von Hallett-London (Fig. 292 bis 294). Die Reinigung des Kessels von aussen und innen
                              									kann hier genügend sorgfältig vorgenommen werden, da die Feuerrohre mit der
                              									Rohrbürste zugänglich sind und auch ein vollständiger Ausbau der Rohre vorgenommen werden
                              									kann. Die unterste Rohrreihe hat keine Feuerröhren, um die Wasserkühlung zu
                              									verstärken. Die Führung der Heizgase kann durch Klappen geregelt werden. Die
                              									Wasserkammern würden zweckmässiger ganz geschweisst hergestellt.
                           Es sei noch erwähnt, dass auch die Firma N. Roser
                              									kombinierte Wasser- und Heizrohrkessel baut, diese aber nur in seltenen Fällen zur
                              									Anwendung bringt.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)