| Titel: | Die Kartenschlagmaschine für französischen Feinstich. | 
| Autor: | M. R. Köhler | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 530 | 
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                        Die Kartenschlagmaschine für französischen
                           								Feinstich.
                        Von M. R. Köhler.
                        Die Kartenschlagmaschine für französischen Feinstich.
                        
                     
                        
                           Wenn wir unter den verschiedenen Systemen der mit Schnurenwerk versehenen
                              									Kartenschlagmaschinen Umschau halten, so müssen wir gestehen, dass seit dem Erbauen
                              									der ersten Maschine dieser Art sehr wenig nennenswerte Fortschritte in ihrer
                              									weiteren Ausbildung gemacht worden sind. Den Franzosen gebührt die Ehre, diejenigen
                              									gewesen zu sein, welche die erste wesentliche Umgestaltung dieser wichtigen
                              									Hilfsmaschine hervorbrachten. Mit dieser Neukonstruktion sollten natürlich zugleich
                              
                              									auch Verbesserungen ins Leben treten, deren praktischer Wert bisher in den
                              									verschiedenen Industriezentren Deutschlands und des Auslandes eine sehr
                              									verschiedenartige Beurteilung fanden. Abgesehen von den beiden französischen
                              									Feinsticharten, dem Vinzenci- und dem Verdolstich selbst, welche eben so gut wie jede andere
                              									Neuerung auf maschinellem Gebiete auf Freunde und Gegner stiessen, suchte und fand
                              									man bei der Aufnahme dieser neugestalteten Schlagmaschinen in der Praxis Mängel
                              									verschiedener Art.
                           Der Kernpunkt aller dieser Untersuchungen und Erörterungen gipfelt in der
                              									aussergewöhnlichen Feinheit des Stiches, welcher die Veranlassung zu feinen,
                              									empfindlichen Organen in diesen Maschinen wurde.
                           Betrachten wir nun fragliche Schlagmaschinen, so finden wir, dass bei ihnen mit den
                              									Grundsätzen der alten und der ersten deutschen Konstruktion völlig gebrochen worden
                              									ist. Obgleich die ursprüngliche Bauart sehr weit verbreitet ist, so ist sic doch
                              									nicht überall bekannt. Zum Verständnis der französischen Konstruktion müssen wir die
                              
                              									alte in ihrem Hauptteile erläutern (Fig. 1). Sie
                              									diente ursprünglich dem Lyoner (Chemnitzer) Grobstich, wie ihn Altmeister Jacquard geschaffen hat, fand Aufnahme beim Wiener und
                              									englischen Feinstich, sowie dem Conglomerat der Elberfelder, Schweizer und mit
                              									Knotenschnuren, an Stelle von hölzernen oder eisernen Schwängen (Platinen),
                              									arbeitenden englischen Brüsselmaschinen. Erst vor etwa 9 Jahren wurde sie auch für
                              									den Vinzenci stich in Chemnitz umgemodelt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 529
                              Fig. 1.
                              
                           Bei dieser Bauart werden die Stössel S (Fig. 1), welche die Löcher in der Jacquardkarte erzeugen, so in Tätigkeit gesetzt, dass
                              									sie positiv wirken. Die Stössel S, wovon bei dem Lyoner
                              									Grobstich 8 für 400 und 12 für 600 Maschine, bei dem Schweizer und Elberfelder
                              									Sondergrobstich 10, dem Wiener Feinstich 16 in der senkrechten, sogenannten kurzen
                              									Reihe übereinander gelagert sind, tragen kleine Nasen bezw. Knöpfe K. In geordneter Folge sind diese Stösselwiederum
                              									eingeschichtet in senkrechte, flache, eiserne Platinen P, welche ihrerseits Einschnitte aufweisen, die im Ruhezustande der
                              									Platinen P den Stösselknöpfen K gegenüberstehen. An den
                              									Platinen P sind selbstverständlich oben die nach den
                              									Sempern und der Kopiermaschine führenden Schnuren befestigt, in welch erstere das
                              									Muster eingelesen ist. Wird nun die Schnur vor dem Schlagen des Kartenblattes
                              									entweder mittels des Sempers von Hand oder mit Hilfe der Kopiermaschine hoch
                              
                              									gezogen, so geht mit der Platine P auch ihr ausgesparter Einschnitt in die Höhe und
                              									die Knöpfe K können sich an die Platine selbst anlegen.
                              									Die Stössel S sind am geschärften, –vorderen Ende in
                              									einer Führungsplatte f gelagert, der eine zweite Platte
                              										f1 mit genau
                              									denselben Bohrungen gegenübersteht. In den Zwischenraum Z wird das zuschlagende Kartenblatt eingelegt. Es erfolgt mittels
                              									Umdrehung einer Kurbel bezw. vermöge von Exzentern und Hebelübersetzung von vorn ein
                              									Druck auf die beiden Führungsplatten f und f1. Dieselben bewegen
                              									sich wagerecht in Coulissenführung mit dem zwischen ihnen gelagerten Kartenblatt
                              									gegen die Stössel. Diejenigen Stössel, welche nicht lochen sollen, werden durch das
                              									Blatt zurückgedrängt. Ihre Knöpfe können in die Einschnitte der Platinen P eintreten
                              									und so dem Kartenblatt ausweichen, dagegen treten nunmehr die Stössel der
                              									hochgezogenen Platinen P in die Tätigkeit des Lochens
                              									ein, da sich ihre seitlichen Nasen gegen die hochgezogenen Platinen stemmen Nachdem
                              									sämtliche Platinen wieder eingefallen und die etwa sitzengebliebenen durch einen
                              									oberhalb derselben angebrachten Rechen R in ihre
                              									Ruhelage, dem tiefsten Standpunkte, niedergedrückt worden sind, nachdem ferner ein
                              									neues Kartenblatt eingelegt und der nächste Zug erfolgt ist, wiederholt sich das
                              									Spiel solange, bis das ganze Muster geschlagen ist. Die Platinen P bis P7 sind zur Sicherung ihrer senkrechten Lage zwischen
                              									2 eiserne Gitterroste G und G1 gelagert. Die Stössel S, welche in ihrem hinteren Ende übrigens ebenfalls mit
                              									Einschnitten in einem Führungs- und Ordnungsgitter laufen, werden mittels der vollen
                              									Platte f2 von
                              									hinten in ihre alte vordere Stellung zurückgebracht.
                           Ganz anders verhält sich dieses Spiel der Stössel bei der französischen
                              									Neukonstruktion für oben genannte Feinsticharten. Während die Stössel bei der
                              									deutschen Schlagmaschine im Ruhezustand bereits positiv feststehend ihren Standpunkt zum
                              									Lochen der Karte einnehmen und erreicht haben, ist dies bei der französischen
                              									Schlagmaschine nicht der Fall. Hier kennzeichnet sich der wesentliche Unterschied.
                              									Bei letzterer Bauart müssen sie nach erfolgtem Semperzug zunächst erst einen kurzen
                              									Weg beschreiben, bevor sie bereit sind, in die Tätigkeit des Lochens selbst
                              									einzutreten; dies hat seine guten Gründe.
                           Wir müssen hier zunächst die Veranlassung kennzeichnen, aus welcher diese
                              									Neukonstruktion hervorging. Das Einlesen der Muster, das sogen. Levieren, ist eine
                              									mühsame, zeitraubende, kostspielige und nur im Verlaufe von mehreren Jahren zu
                              									erlernende Arbeit. Die neuzeitliche Weiterentwicklung der Kunstweberei in den
                              									letzten 25 Jahren hat im Verein mit dem raschlebigen Kaufmannsgeiste das Bestreben
                              									schnellster Produktion gezeitigt, aber auf der andern Seite auch Gewebe, welche in
                              									ihrem inneren Aufbau so vielerlei verschiedene Bindungen und eine so verwickelte
                              									Technik aufweisen, dass nur die geübtesten und gewandtesten Liseure imstande sind,
                              									die Levierarbeit fehlerfrei zu verrichten. Die Stoffe und Muster, welche wir hierbei
                              									im Gedächtnis führen und die man volkstümlich mit dem unkorrekten Ausdruck
                              										„Gobelinstoffe“ bezeichnet, die aber in ihrer Technik mit Gobelins
                              									garnichts gemein haben, sind mehrfache, verbundene Gewebe mit partienweise
                              									wechselnden Bindungsarten, aber gewöhnlich ohne etwaige, figurmässig gesetzte
                              									Einzelbinder. Sie erfordern seitens der Levierer die aufmerksamste geistige
                              									Tätigkeit. Es entstand also das praktische Bedürfnis, auf Mittel und Wege zu sinnen,
                              									um diese schwierige, kostspielige und zeitraubende Arbeit zu vereinfachen und die
                              									geistige Tätigkeit des Levierers in eine rein mechanische umzuwandeln. Dies war der
                              									leitende Grundgedanke zu der Neukonstruktion. Dass dieses Ziel vollkommen erreicht
                              									sei, kann niemand behaupten. Es ist das einfach unmöglich, wie wir im weiteren sehen
                              									werden.
                           Fig. 2 zeigt einen schematischen Längsschnitt
                              									einer solchen neuen Maschine. Z ist der eingelesene und
                              									eingehängte Semper (Zampel), W die ihn anstreckende
                              									Walze, D sind Gitter bezw. Harnischbretter, welche das
                              									ganze Semperwerk in Ordnung zu halten bestimmt sind. R
                              									sind Roste mit eingelagerten Laufrollen, in deren Nuten die einzelnen Semperschnuren
                              										Z laufen; G sind
                              									Glasroste, die demselben Zwecke dienen. X sind Gewichte
                              									(Bindeisen) zum Anstrecken der Semperschnuren Z1, um letztere in ihrer Lage straff zu
                              									erhalten bezw. um sie in ihre Ruhelage nach geschehener Arbeit, also nach dem
                              									erfolgten Zuge zurückzubringen. X2 sind Sempergewichte, welche das Heben der
                              									Stössel S durch Anstrecken der Stösselschnuren Z1 besorgen;
                              									gleichzeitig dienen sie aber als Bindeeisen für die Jacquardmaschinen B und C und bringen deren
                              									Platinen in ihren tiefsten Stand, in die Ruhelage zurück. Die Pfeile zeigen die
                              									Bewegungsrichtungen, während sämtliche Maschinen arbeiten und eine Semperschnur
                              
                              									gezogen wird, wovon in Fig. 2 der Uebersichtlichkeit
                              									wegen nur eine einzige mit ihren zugehörigen Rollen und ihrem Stössel gezeichnet
                              									ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 530
                              Fig. 2.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 530
                              Fig. 3.
                              
                           A, B und C sind drei
                              									Jacquardmaschinen; P, P1 und P2
                              									deren Schwingen (Platinen). Die Haken der Platinen P
                              									von Jacquardmaschine A stehen nach hinten, also
                              									entgegengesetzt, als gewöhnlich; L, L1 und L2 sind deren Jacquardzylinder; b, b1 und b2 die
                              									aufgelegten Bindungskarten, K ihre Kordeln. X1 sind
                              									Bindegewichte für die Schwingen P der Maschine A, die dazu bestimmt sind, die Schwingen beim Einfallen
                              									der Maschine A in ihren tiefsten Stand zurückzubringen.
                              									Sie verfolgen also genau denselben Zweck, wie, die Harnischeisen einer Jacquard
                              									Vorrichtung, sind aber infolge Raummangels nur kurz und stark geformt. f sind kurze Zugfedern, dieselben sind zwischen die
                              									Bindeeisen X1 und die
                              									Stösselschnuren Y eingeschaltet, um die
                              									Längenunterschiede der Schnuren Y bei erfolgendem
                              
                              									Auftritt der Jacquardmaschine A
                              									auszugleichen, da die Maschine A mehr hebt, als der Weg
                              									der Stössel beträgt. Ausserdem sollen die Stösselschnuren Y vor Brach, und die Stössel vor seitlicher Verbiegung geschützt werden.
                              									Da der Messerkasten und mit ihm die Platinen P der
                              									Maschine A beim Hube diesen grösseren Weg zurückzulegen
                              									haben, als die durch sie bindungs- oder mustergemäss hochgezogenen Stössel, so
                              									können die Schnuren Y nicht straff angeschnürt
                              									werden.
                           S sind die bei diesem Systeme lotrecht angeordneten
                              									Stössel, welche zum Lochen der Karte dienen. Ihre Form zeigt Fig. 3 in einem zusammengehörigen Paare in der zum
                              									Schlagen fertigen Stellung. Sie besitzen drei Ausschnitte. Der oberste Ausschnitt I
                              									dient lediglich ihrer Führung in einem Kamme N1, welcher von vierkantigen Eisenzähnen
                              									gebildet wird. Die Stössel sind reihenweise auf diesen Kamm geschichtet und zwar
                              									immer je zwei kurze Reihen zu je 16 Stössel auf einen Zahn. Der oberste Ausschnitt I
                              
                              									entspricht in seiner Länge dem vollen Wege, welchen das Stössel bei seinem Hube zu
                              									beschreiben hat. Die Höhe der Zähne dieses oberen Führungskammes N1 ist
                              									natürlich eine viel geringere. Sie beträgt 8 mm, sodass das Stössel sich 22 mm in
                              									der Senkrechten bewegen kann, und zwar im Beginn der Arbeit zunächst nach abwärts.
                              									Nach dem unteren, also dem halbrund ausgeschliffenen, geschärften Ende des Stössels
                              									zu, befinden sich zwei weitere Ausschnitte II und III von je 13 ½ mm Länge mit einem
                              									festen Zwischenraum von 8 mm. Das Stössel ist ferner oben, in der Mitte und unten am
                              									Arbeitsende, durch gelochte Platten geführt, welche in ihrer Teilung genau dem
                              									Stiche der Jacquardmaschine entsprechen müssen. Der
                              									Platte O gegenüber ist die im Stich genau gebohrte
                              									Schlagplatte M gelagert. Auf diese letztere wird das zu
                              									schlagende Kartenblatt gelegt. Der ganze Arbeitsgang der Maschine ist nun der
                              										folgende:Wir wollen hierbei
                                    											des leichteren Verständnisses wegen zunächst auf den Zweck der 3 Jacquardmaschinen A,
                                       												B und C nicht eingehen.
                           Sobald eine Schnur des Sempers Z gezogen wird, heben
                              									sich ihre zugehörigen Gewichte X und X2, die nach
                              									dem Stössel S führende Stösselschnur Z1 wird locker,
                              									das Stössel S fällt zufolge seines eigenen Gewichtes
                              									herab, tritt in der Platte O soweit vor, dass sein
                              									geschärftes Ende mit der unteren Fläche der Platte O in
                              									einer Ebene liegt. Nunmehr zieht der Kartenschläger einen bis jetzt noch nicht
                              									erwähnten, zweiten eisernen Kamm N mittels eines
                              									Handgriffes durch die Stössel hindurch, dessen vierkantige Zähne in den Ausschnitt
                              									II der Stössel passen. Nicht völlig eingefallenen Stosseln wird gegebenen Falles mit
                              									der Hand nachgeholfen, verbogene werden ausgerichtet. Ist Alles in Ordnung und der
                              									Rechen N hindurchgezogen, so ist hiermit das Muster des
                              									betreffenden Zuges und Blattes durch diesen Kamm N
                              									gesichert aufgelesen. Die Stössel, welche zur Arbeit kommen sollen, stehen starr, da
                              									der Kamm N während des Schlagaktes mit der Hand
                              									festgehalten und durch ein besonderes Exzenter nebst Hebelzuhaltung in seiner
                              									zweiten Stellung gesichert ist, die erst wieder freigegeben wird, wenn der Schlag,
                              									vorüber ist. Derselbe erfolgt durch einen Hebeldruck. Während dieser Tätigkeit
                              									bewegt sich die in Gleisen geführte, niedere Schlagplatte M mit dem Kartenblatte nach oben und presst das letztere an die obere
                              
                              									Platte O an. Letztere nimmt die aufwärts gerichtete
                              									Bewegung auf, da auch sie beiderseitig in Gleisen gleitet, die naturgemäss
                              									gefallenen und durch den Kamm N festgehaltenen Stössel
                              									treten hervor und durchstossen die Karte, während die vorher nicht gefallenen
                              									Stössel oben blieben und die Karte gar nicht berühren.
                           Wir kommen nun zu dem Zweck der 3 Jacquardmaschinen, und
                              									zwar zunächst zur Maschine A. Dieselbe soll ebenso wie
                              									die anderen 2 Maschinen B und C Ersparnisse an Patronier- und Levierarbeit dadurch bringen, dass z.B.
                              										in der Patrone nur die Figur in einer Farbe, ohne jede
                                 										Bindung gemalt und auch nur diese Figur voll leviert wird. Das Einpressen
                              									der erforderlichen Bindungen besorgen die Maschinen.
                           Dies hat natürlich seine Grenzen, die ziemlich enge sind. Nehmen wir als einfachstes
                              									aller Beispiele an, es wäre ein Jacquardstoff
                              									auszuführen, dessen Figur in 4 bindigem Kettenköper, und dessen Grund in 4 bindigem
                              									Schussköper herzustellen wäre, so würde man nur die Figur voll, ohne
                              									jedeBindung patronieren, nur die Figur levieren, auf Maschine B eine 4 bindige Schussköperkarte, und auf Maschine A eine 4 bindige Kettenköperkarte auflegen, da letztere
                              									infolge ihrer umgekehrten Haken negativ wirkt. Bei dem Ziehen jedes Zuges müssen die
                              									Maschinen A und B
                              									aufgetreten und dann ausgepresst werden. Maschine B
                              									veranlasst, dass durchaus also im Grunde und in Figur 4bindiger Schussköper
                              									geschlagen wird. In der Figur stört dies nicht, da die Figur sowieso bereits voll
                              									genommen und gezogen war, infolgedessen auch der durch Maschine B gelassene dreifache Schussbindergrad (Weiss und × in
                              									Patrone I) aufgehoben ist. Der für den Schussgrund zur Wirkung kommende
                              									Kettenköpergrad (Schwarz in Patrone I) fällt aber mit den genommenen Kettenbindern
                              									der Figur zusammen, da diese voll gezogen war. Die Leseweise für die Bindungskarte
                              									von Maschine B muss demnach lauten: „Schwarz
                                 										genommen!“ – Diejenige für die Bindungskarte zu Maschine A aber: „Schwarz und Weiss genommen!“ – Die
                              									Maschine A trifft infolgedessen nur die Auslese in der
                              									Figur. Sie zieht jeden vierten vom Semperzuge her bereits genommenen Stössel = ⊠
                              									zurück, so dass er nicht mit fallen und lochen kann. Im Grunde stimmen die Binder
                              									auch wieder, denn: „× auf Maschine B gelassen,“
                              									ist gleichwertig mit: „× auf Maschine A gelassen =
                                 										hochgezogen.“
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 531
                              Fig. 4.
                              
                           Hieraus ist bereits zu ersehen, wie die Technik der Stoffe beschaffen sein muss und
                              									wie die Bindungen einzurichten sind, deren Karten auf diesem Wege hergestellt werden
                              									sollen.
                           Selbstverständlich müssen die Bindungskarten in der richtigen Binderfolge aufgelegt
                              									werden. Ist der Anfang richtig und setzen die Karten regelmässig fort, so muss das
                              									ganze Muster richtig ausfallen. Bei dieser Methode des Kartensschlagens gilt für
                              									Gewebe mit einer Kette und einem Schuss der Grundsatz: „Die Bindungen für Grund
                                 										und Figur müssen so gewählt werden, dass sich die einzelnen Binder, die im
                                 										Gewebe den Bindungseffekt erzeugen, nicht begegnen und gegenseitig
                                 										aufheben.“ Diese negative Wirkungsweise kann aber andererseits wiederum bei
                              									anderen Stoffen, z.B. mehrfachen verbundenen Hohlgeweben dazu benützt werden, um die
                              									Gewebe mittels einzelner bestimmter Bindergrade zu verbinden. Auf keinen Fall dürfen
                              									die durch Maschine B und C
                              									erzeugten Binder durch diejenigen von Maschine A
                              									sämtlich aufgehoben werden.
                           Im allgemeinen müssen die Bindungen so zu einander gestellt sein, wie es das Beispiel
                              									von Patrone I zeigt. Auch der Grad der Bindungen muss in diesem Falle und aus obigem
                              									Grunde bei Köper nach ein und derselben Richtung laufen, eine Beschränkung, welche
                              									nicht jeder Stoff des vollen, richtigen Ausfalles wegen gestattet. Wir erinnern
                              									hierbei nur an Kleiderstoffe, Decken u. dergl., wobei rechts- und linksdrähtige Garne in
                              									Frage kommen, deren beabsichtigter Effekt hierbei verloren gehen würde.
                           Patrone II zeigt ein Beispiel für 4- und 8bindigen Köper, Patrone III ein solches für
                              
                              									8bindigen Atlas, bei dem aber bereits Schuss- und Kettatlas im Grade entgegengesetzt
                              									laufen. Patrone IV zeigt ein demonstrativeres Beispiel von 12 bindigem Schussatlas
                              									in Verbindung mit 4bindigem Kettenflechtköper und Patrone V mit VI ein solches für
                              									verbundenes zweifaches Hohlgewebe, Nachfolgend die Dispositionen zu Beispiel
                              									III-V:
                           Beispiel III:
                           Voraussetzung: 1 Kette und ein Schuss.
                           Grund des Gewebes: 8bindiger Kettatlas.
                           Figur des Gewebes: 8bindiger Schussatlas.
                           Patrone: Figur voll gemalt ohne Bindung.
                           Leseweise für die Figurpatrone: Grund alles genommen.
                           Wirkung beim Schlagen: Ganzer Grund kommt voll, Figur bleibt
                              									alles.
                           Bindungskarten:
                           Maschine A: 8bindiger Kettatlas =
                              									Weiss und Schwarz genommen.
                           Maschine B: 8bindiger Schussatlas =
                              									Schwarz genommen.
                           Beispiel IV:
                           Voraussetzung: 1 Kette, 1 Schuss.
                           Grund des Gewebes: 4bindiger Kettflechtköper.
                           Figur des Gewebes: 12bindiger Schussatlas.
                           Patrone: Figur voll gemalt ohne Bindung.
                           Leseweise für die Figurpatrone: Grund alles genommen.
                           Wirkung beim Schlagen: Ganzer Grund kommt voll, Figur bleibt
                              									Alles.
                           Bindungskarten:
                           Maschine A: 4bindiger
                              									Kettenflechtköper = Weiss und Schwarz genommen.
                           Maschine B: 12bindiger Schussatlas =
                              									Schwarz genommen.
                           In den bisher erläuterten Fällen kann ebensowohl Maschine B wie Maschine C benutzt werden, da dieselben
                              									in ihrer Wirkung ganz gleich sind. Sie wirken beide positiv, wie der direkte
                              									Semperzug auf die Stössel ein, während Maschine A
                              									negativen Effekt erzeugt und die Stössel am Schlagen verhindert.
                           Die ganze Methode ist natürlich durchaus nicht auf so einfache Gewebe beschränkt. Sie
                              									lässt sich ganz vorteilhaft auch bei mehrkettigen und mehrschussigen Waren anwenden.
                              									Siehe:
                           Beispiel V/VI für 3 Maschinen:
                           Fig. V ist ein Teil der Figurpatrone
                             „  VI ist die Patrone für die Bindungen.
                           Voraussetzung: Verbundenes zweifaches Hohlgewebe, Ober- und
                              									Unterware in Leinwand bindend mit flottliegenden Schussfiguren, 1 Ober- und 1
                              									Unterschuss. Rechte Warenseile im Webstuhle unten.
                           Zeichnung: In waffelmassiger Regel gezeichnet.
                           Jacquard Vorrichtung: 1200\overset{r}{=} Maschine, französische Feine
                              									(1320 Platinen), gerade durch galliert und gereiht.
                           Einteilung der Maschine (im Stuhle):
                           I. Chor Grundkette: Platine 1, 4, 7, 10, 13 usw., bis Platine
                              									1260.
                           II. Chor Futterkette: Platine 2, 5, 8, 11, 14 usw., bis Platine
                              									1260.
                           III. Chor Steppkette: Platine 3, 6, 9, 12, 15 usw., bis Platine
                              									1260.
                           Reserve: Platine 1261–1300 = glatter Rand
                                 „            „     1301–1320 = Leiste
                           Einlesung der Figurpatrone: In der vollen Maschine Schwarz
                              									genommen.
                           Vorschrift für den Kartenschläger: Jeden Zug zweimal ziehen.
                           Disposition für die Bindungskarten: (Leseweise von Patrone
                              									VI.)
                           
                              
                                 
                                 Grundkette= WeissI. ChlorMaschine B= Plat. 1, 4, 7, 10usw.
                                 Futterkette= SchwarzII. ChlorMaschine
                                    												C= Plat. 2, 5, 8, 11usw.
                                 Steppkette = ⊠III. ChorMaschine A= Plat. 3, 6, 9, 12usw.
                                 
                              
                                 1. Schusslinie1. Schuss
                                    											=Grundschuss
                                 Weiss u. Schwarzgenommen
                                 Alles genommen
                                 ⊠ und ⊡genommen, daMaschine Anegativ arbeitet
                                 
                              
                                 1. Schusslinie2. Schuss
                                    											=andersfarbigerFigurschuss
                                 Alles gelassen
                                 Weiss u. Schwarzgenommen
                                 ⊠ genommen, daMaschine A nega-tiv arbeitet undrechte Warenseiteim Stuhle
                                    											unten
                                 
                              
                           Zu beachten ist bei diesen Dispositionen immer, welche Warenseite im Stuhle nach oben
                              									zu nehmen ist und dass Maschine A zufolge ihrer
                              									umgekehrten Platinennasen negativ arbeitet. Im vorliegenden Falle lässt sich der
                              									Stoff mit Hilfe dieser Methode nur dann ausführen, wenn die rechte Warenseite nach
                              									unten genommen wird. Ferner würden im letzten Beispiele die Bindungskarten von
                              									Maschine B und C je vier
                              									Blatt enthalten, während diejenige von Maschine A = 20
                              									Blatt besitzen müsste, damit die Bindungen zusammen aufgehen. Die letztere müsste
                              									also einmal kopiert werden.
                           Diese Beispiele mögen genügen, um das Prinzip zu veranschaulichen. Man erkennt aber
                              									an denselben, dass diese ganze Methode im Prinzipe eine gewisse Aehnlichkeit mit dem
                              									damastartigen Weben besitzt, also mit dem Weben mittels Vorschäften auf Kreuzfach,
                              									wobei Hoch- und Tiefzug getrennt in verschiedenen Bindungen zur Wirkung gelangt,
                              									verschieden in Grund und Figur, aber immer mit einander aufgehend und sich nicht
                              									störend. Der grosse Unterschied ist aber der, dass man hier in der Wahl der
                              									Bindungen lange nicht so beschränkt ist, als beim damastartigen Weben, weil man
                              									nicht an die beschränkte Anzahl von Vorschäften gebunden ist, sondern Hunderte von
                              									Platinen für jeden Bindungsrapport zur Verfügung hat, in dem man sich ziemlich frei
                              									bewegen kann. Zu berücksichtigen ist nur der obenerwähnte Grundsatz, gemäss dessen
                              									die einzelnen Binder der verschiedenen Bindungskarten sich in ihrer Wirkung
                              									gegenseitig nicht stören dürfen, ausser es liegt in der Absicht von Anbindung bei
                              									Hohl- oder mehrfachen Geweben, die übereinander entstehen und verflochten werden
                              									sollen. Die Schussbinder des Grundes dürfen nicht mit den Kettenbindern der Figur
                              									zusammen auf ein und dieselbe Platine, bezw. ein und dasselbe Stössel fallen und
                              									umgekehrt. Die Sache lässt sich natürlich viel weiter ausdehnen, als oben im Prinzip
                              									erklärt, also auf mehrkettige und mehrschussige Gewebe, hohle und verbundene
                              									Doppelstoffe, 3, 4 und 5 fache Zeuge. Die Wahl der anwendbaren Bindungen wird eine
                              									immer kleinere, je mehrfach der verbundene Doppelstoff
                              									arbeitet.
                           Die Hauptarbeit hat dabei derjenige zu leisten, der das Gewebe durchdacht und die
                              									erforderlichen Bindungskartell angegeben hat. Der Kartenschläger hat nur richtig
                              									anzufangen und das regelrechte Fortschreiten der Arbeit zu beobachten, wie dies
                              									hierbei ja auch sonst der Fall ist.
                           Bei Mustern und Gewebearten, in denen die Bindungen in den nebeneinanderstehenden
                              									Figuren bei demselben Schuss, also auf derselben Linie wechseln, müssen die Figuren
                              									in ihren Farben auf besondere Schnurengruppen (Semper) fallen, wenn man zugleich
                              									mehr als 2 Bindungsaushebemaschinen benutzen will. Man kann alsdann unter Umständen
                              									auch ganz beliebig geartete Bindungen zugleich von den 3 Maschinen auspressen lassen
                              									und hat dann nur noch auf die Anbindung der verschiedenen Gewebe unter sich
                              									Rücksicht zu nehmen. Sowie fast Alles in diesem Teile der Technik unvollkommen ist,
                              									verhält es sich leider auch mit dieser Methode. Man kann sie nicht überall anwenden,
                              									besonders nicht bei solchen Geweben, wo es auf eine sorgfältig durchgeführte
                              									Abbindung und Reinheit der Konturen ankommt. Nicht anwendbar ist sie ferner in fast
                              									allen den Fällen, wobei die Bindung nicht bis an die Figur heranreichen darf, sei es
                              									nun in der Schussoder Kettenrichtung, ferner, wo in der Patrone einzelne Binder unbedingt ausser
                              									der Regel gesetzt werden müssen, wo figurenmässig gebunden werden muss, wo reiche
                              									Abwechslung in den angewendeten Fantasiebindungen herrschen soll und dergleichen
                              									mehr. Man kann sich allerdings in manchen Fällen mit einer Hilfspatrone helfen, die
                              									fragliche Stellen besonders aushebt und die falschen Effekte der Bindungsmaschinen
                              									aufhebt. Dies ist aber nur in beschränktem Masse anwendbar und schliesslich auch mit
                              									Kosten verbunden. Ein weiterer, wenn auch nicht so grosser Nachteil tritt ein, wenn
                              									das zu schlagende Muster die Maschine öfters passieren muss, die Blätter also
                              									mehrere Male eingelegt werden müssen, um sie fertig zu machen. Nicht genau
                              									eingelegte Lats ergeben unreinen Stich und fehlerhaftes Weben. Sie müssen kopiert
                              									werden. Dies sind aber geringe Mängel, denen man nachhelfen kann. Bei dichten
                              									Damasten und ähnlichen Stoffen, sowie bei manch anderem Gewebe stellt sich die
                              									Methode als wohl anwendbar dar.
                           Sie beruht auf demselben Prinzip, wie das Sczcepaniksche
                              									Verfahren, die Bindungen auf die Patrone zu photographieren. Auch dabei muss mit der
                              									Hand nachgeholfen werden, um reine Konturen zu erhalten. Dieser Teil der geistigen
                              									Arbeit lässt sich eben durch kein Verfahren und durch keine Maschine ersetzen. Was
                              									die kaufmännische Seite dieses ganzen Prinzipes anlangt, so hat Herrmann Günther in Chemnitz diese gesamte Frage mit
                              									seiner Damastmaschine für mechanisches Weben ohne Kreuzfach für den grössten Teil
                              									der in Betracht zu ziehenden Gewebe immer noch am günstigsten gelöst. Er ist damit
                              									fast genau gleich nahe ans Ziel gelangt, bietet aber ausserdem noch den Vorteil,
                              									dass er ein und dieselbe Figurkarte in ganz verschieden gearteten Stoffen, Grossen,
                              									Dichten und in ganz verschiedenen Bindungen ausführen kann, ohne etwas anderes zu
                              									bedürfen, als andere, ganz billige kleine Bindungskarten für seine in der Maschine
                              									vorhandenen Heb- und Senkschäfte, deren Zahl sich beliebig (bis auf 2 × 120
                              									praktischer Weise) erhöhen lässt.
                           Die ganze Methode beruht auf denselben Gründsätzen,wie das damastartige Weben,
                              									und insofern stimmen alle 3 Verfahren, das der geschilderten Konstruktion von
                              									Schlagmaschinen, das Sczcepaniksche Patronierverfahren
                              									und das der Güntherschen Damastmaschine überein.
                           Was das Kopieren der Karten anlangt, so wird hierzu Maschine A benutzt. Zu dem Zwecke ist der Rost G mit
                              									einer einfachen Hebevorrichtung versehen, die es ermöglicht, die Bindeeisen X2
                              
                              									hochzuwinden, damit sämtliche Stössel zugleich fallen und zum Schlagen bereit sind.
                              									Die Maschine A wirkt dann positiv, wie es bei der alten
                              									Bauart auch der Fall ist, weil die Nasen ihrer Schwingen P entgegengesetzt, also nach hinten weisen. Die zu kopierende Karte wird
                              									auf das Prisma L aufgelegt. Wenn ein Loch im Original
                              									vorhanden ist, so bleibt die zugehörige Schwinge P in
                              									Ruhe, infolgedessen ihr zum Schlagen bereites Stössel auch. Letzteres nahm aber
                              									bereits die zum Schlagen erforderliche tiefste Stellung ein, weil sein Bindegewicht
                              										X2 nicht
                              									mehr wirkte. Ist in der Orginalkarte kein Loch vorhanden, so drückt die betreffende
                              									Nadel ihre Schwinge P auf das gleichfalls verkehrt
                              									stehende Messer. Maschine A wird aufgetreten, die
                              									Schwinge P geht hoch und hebt die Wirkung des
                              									zugehörigen Stössels auf.
                           Einen Nachteil hat diese neue Bauart noch insofern, als beim Semperziehen sehr viel
                              									Gewicht zu heben ist, nämlich 2 bezw: 3 Bindeeisen auf jede Schnur, während bei der
                              									alten Bauart nur je eine viel leichtere flache. Platine in Frage kommt. Man hat
                              									indess Vorrichtungen konstruiert, die das mechanische Ziehen mittels der Kraftanlage
                              									ermöglichen. Es muss aber hierbei für jeden Zug ein Stab eingelegt werden, der
                              									mittels eines Exzenterpaares das Ziehen besorgt. Es ist dies aber etwas zeitraubend.
                              									Die Semper selbst werden verschieden angerichtet. Meistens bedient man sich
                              
                              									automatisch einzuhängender Zampel, zu welchem Zweck die Haken H eingeschalten sind. Dieselben sind unten offen. In
                              									sie können die endlos geknüpften Semper partieenweise durch seitliches Verschieben
                              									schnell eingehängt werden. Die Maschine wird aber auch mit mehreren, feststehenden
                              									Sempern gebaut.