| Titel: | Die Verbrennungsmotoren auf der Deutschen Städte – Ausstellung in Dresden 1903. | 
| Autor: | Fr. Freytag | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 628 | 
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                        Die Verbrennungsmotoren auf der Deutschen Städte
                           								– Ausstellung in Dresden 1903.
                        Von Fr. Freytag,
                           									Chemnitz.
                        Die Verbrennungsmotoren auf der Deutschen Städte – Ausstellung in
                           								Dresden 1903.
                        
                     
                        
                           Die Verbrennungsmotoren haben in der Neuzeit durch die Ausnutzung billiger
                              									Heizgase, wie Hochofengas, Koksofengas, Schwelgas und Generatorgas eine erhöhte
                              									wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Ursprünglich nur für kleinere Kraftleistungen –
                              									unter Benutzung des Gases der städtischen Gasversorgungsanstalten oder aber
                              									flüssiger Brennstoffe (Benzin, Petroleum, Spiritus usw.) – bestimmt, wuchsen die
                              									Ansprüche an die Leistungen der Verbrennungsmotoren von Jahr zu Jahr; es fanden
                              									neben den kleinen Gasmaschinen – trotz der erheblich anwachsenden Betriebskosten –
                              									auch grössere Maschinen Verwendung und deshalb wurde die Aufmerksamkeit der
                              									Ingenieure, die sich mit dem Bau und dem Betrieb von Gasmotoren beschäftigen, seit
                              									ihrem Auftauchen naturgemäss mehr und mehr auf die Herstellung billiger Gasarten und auf die Unabhängigkeit der Motoren von den Gasanstalten gelenkt. Der englische
                              									Ingenieur E. Dowson trat vor etwa 20 Jahren mit einer
                              									solchen Einrichtung hervor. Er hatte für den Gasmaschinenbetrieb einen eigenen
                              									kleinen Generator konstruiert und gab damit den Anstoss zur Entwicklung der heutigen
                              									Generator- oder Kraftgasanlagen, die seit ihrem Auftauchen verschiedene
                              									Verbesserungen und Vervollkommnungen erfahren haben. Man versteht unter
                              									Generatorgasanlagen solche Vergasungsanstalten, bei denen im kontinuierlichen
                              									Betriebe durch Ein-blasen von Luft und Wasserdampf durch eine glühende Kohlenschicht
                              									(Anthrazit oder Koks) ein Heizgas gewonnen wird. Hierbei vollziehen sich zwei
                              									Prozesse gleichzeitig. Einerseits bildet der Sauerstoff der Luft mit dem Kohlenstoff
                              									der Kohle Kohlenoxyd, andererseits wird das Wasser an der glühenden Kohlenoberfläche
                              									in seine Bestandteile – Wasserstoff und Sauerstoff – zersetzt.
                           Das im Generatorprozess aus Anthrazit erzeugte Heizgas
                              									hat folgende mittlere Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Kohlensäure (CO2)
                                   6,0 v. H.
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd (CO)
                                 23,0 „  „
                                 
                              
                                 Methan (CH4)
                                   0,6 „  „
                                 
                              
                                 Wasserstoff (H)
                                 18,4 „  „
                                 
                              
                                 Stickstoff (N)
                                 52,0 „  „
                                 
                              
                           Das Gas verbrennt mit nicht leuchtender Flamme und hat einen Heizwert von etwa
                              									1300 Kalorien in 1 cbm, also nur etwa den vierten Teil desjenigen von Leuchtgas und
                              									nur die Hälfte desjenigen von Wassergas.
                           Die Erzeugung des nötigen Wasserdampfes geschieht bei den Druckgeneratorgasanlagen durch einen besonders gefeuerten Dampfkessel. Der
                              									hochgespannte, zumeist noch überhitzte Dampf reisst in einem Dampfstrahlgebläse Luft
                              									mit und drückt das Gemisch unter den Rost des Generators, von wo es dann durch die
                              									glühende Kohlensäule strömt und Gas bildet. Dieses tritt durch eine Wasservorlage,
                              									sodann durch Reinigungsapparate (Skrubber, Sägespänereiniger usw.) und eine als
                              
                              									Regler wirkende Gasglocke in den Motor.
                           Bei den in neuerer Zeit sehr in Aufnahme gekommenen Sauggeneratorgasanlagen fällt der Dampfkessel fort. Das Einführen der Luft
                              									geschieht durch die Saugwirkung des Motors in den unteren Teil des als Schachtofen
                              									ausgebildeten, oben mit einer Füll Vorrichtung versehenen Generators, und die
                              									Erzeugung des Wasserdampfes durch die in dem letzteren oder in den Abgasen des
                              									Motors frei werdende Wärme ohne Zuhilfenahme einer besonderen Feuerung. Um eine
                              									solche Sauggasanlage in Gang zu setzen, und die hohe Kohlenschicht im Generator
                              									glühend zu blasen, ist jedoch ein Ventilator erforderlich, der bei kleinen Anlagen
                              									von Hand, bei grösseren Anlagen durch Elektrizität oder Druckwasser angetrieben
                              									wird, bezw. kann derselbe von dem Gasmotor selbst angetrieben werden, der in diesem
                              									Falle aushilfsweise mit Benzin oder Benzol betrieben wird.
                           Ist das Gas für die Maschine brauchbar, Sb kann der Ventilator abgestellt und der
                              									Motor in Betrieb gesetzt werden; derselbe saugt dann selbsttätig das Gas durch den
                              									Generator an. Die Erzeugung des Gases regelt sich selbsttätig nach dem jeweiligen
                              									Bedarfe und man lässt deshalb sogar bei kleinen Anlagen häufig die Regler fort,
                              									obwohl sie mit Rücksicht auf Schwankungen in der Gasentnahme sehr zweckmässig sind.
                              									Es ist klar, dass sich die Sauggasanlagen durch den Fortfall des Dampfkessels und
                              									Reglers in der Beschaffung und Wartung billiger stellen, als die Druckgasanlagen.
                              										Wohl zumeist
                              									aus diesem Grunde haben sie in der Neuzeit eine grössere Verbreitung gefunden.
                           Es werden auch Generatorgasanlagen gebaut, bei denen das entweder saugend oder drückend
                              									wirkende Gebläse während des Ganges des Motors im Betriebe erhalten bleibt. Diese
                              									als kombinierte Saug- und Druckgasanlagen bezeichneten
                              									Einrichtungen haben, gleichwie die durch Dampfkessel betriebenen Gasanlagen, den
                              									Vorteil, dass man auch feinkörnige Kohlensorten noch vorteilhaft verbrennen kann,
                              									und ferner die Reinigung des Gases selbt bei Verwendung geringwertiger Brennstoff
                              									sich erheblich besser bewerkstelligen lässt, als es in den reinen Sauggasanlagen der
                              									Fall ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 628
                              Fig. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 628
                              Fig. 2.
                              
                           Bei den in Dresden ausgestellten Verbrennungsmotoren wird das Betriebsmittel zumeist
                              									in reinen Sauggasanlagen erzeugt. So führt die Maschinenbaugesellschaft Nürnberg A.-G in Nürnberg einen 80pferdigen
                              									Gasmotor mit Sauggasanlage vor und es haben ferner Gebr.
                                 
                                 										Körting A.-G. in Körtingsdorf bei Hannover in einem eigenen grossen
                              									Pavillon eine Sauggasanlage für Anthrazit und Braunkohlen, in Verbindung mit einer
                              									100pferdigen Gasdynamo, die GasmotorenfabrikDeutz in Köln-Deutz eine 50pferdige
                              									Klärschlammvergasungsanlage, die abwechselnd mit Klärschlamm und mit böhmischer
                              									Braunkohle arbeitet, ausserdem eine 16pferdige Sauggasanlage für Anthrazitbetrieb
                              									ausgestellt. M. Hille, G. m. b. H. in Dresden hat eine
                              									kleinere Sauggasmotorenanlage im Betrieb und die Maschinenfabrik Kappel in Chemnitz zwei kleinere mit Leuchtgas betriebene
                              									liegende Motoren, ferner – ausser-halb des Maschinengebäudes – eine kleinere
                              									Sauggeneratorgasanlage ausgestellt.
                           Die Maschinenfabrik Augsburg, A.-G., in Augsburg hat
                              									einen mit den neuesten Verbesserungen versehenen Verbrennungsmotor, Patent Diesel, von 12 PS (normal) zur Ausstellung gebracht,
                              									der eine Schuckertsehe Gleichstromdynamomaschine
                              									treibt.
                           In dem Nachstehenden soll über diese Ausstellungsgegenstände eingehender berichtet
                              									werden.
                           Die gesamte Anordnung der von der Maschinenbaugesellschaft
                                 										Nürnberg ausgestellten 80pferdigen Sauggasmotorenanlage zeigen Fig. 1 und 2.
                           Die Anlage besteht aus einem Gaserzeuger (Generator), Verdampfer mit
                              									Reinigungstopf, Wascher (Skrubber), Sägespänereiniger, Regler und dem Gasmotor mit
                              									angekuppelter Dynamo usw.
                           Die Bauart und Wirkungsweise der zur Gasanlage gehörigen Apparate lässt Fig. 3 erkennen.
                           Der Generator besteht aus einem feuerfest ausgekleideten Schachtofen mit doppeltem
                              									Verschluss am Fülltrichter, sowie abschliessbarem Rost und Aschenfall. Durch die auf
                              									dem Roste glühende Brennstoffschicht ziehen Luft und Wasserdampf und werden hierbei
                              									in Heizgase von der eben angegebenen mittleren Zusammensetzung umgewandelt. Die Gase
                              									streichen zunächst durch den Verdampfer, um hier ihre Wärme zur Erzeugung des
                              									erforderlichen Wasserdampfes abzugeben, der dann unter den Rost geleitet wird. (In
                              									Wirklichkeit arbeitet der Verdampfer nicht, wie gezeichnet, mit einem durchgehenden
                              									Rohr, sondern mit einem Röhrenbündel.) Da bei der Zersetzung des Wasserdampfes in
                              									Wasser Wärme verbraucht wird, wird eine übermässige Erwärmung des Rostes und des
                              									Generators verhindert. Die Heizgase gelangen sodann durch den Reinigungstopf, in dem
                              									der gröbere Teil der aus dem Generator mitgerissenen Staubteile durch Wasser in die
                              									Abflussleitung gespült wird, in den Wascher. Der Reinigungstopf ist mit einer
                              									Scheidewand versehen und kann durch Auffüllen mit Wasser zum Absperren des
                              									Generators von den übrigen Apparaten benutzt werden, was durch entsprechende
                              									Hahnstellung erfolgt. In dem Wascher werden die Gase durch fein verteiltes Wasser
                              									gewaschen und gehen dann in den Sägespänereiniger, hierauf durch einen Regler in den
                              									Motor. Die Anlage wird durch einen kleinen Hand Ventilator angeblasen.
                           Eine äussere Abbildung des Gasmotors zeigt Fig. 6. Er
                              									besitzt einen mit besonderer Laufbüchse versehenen Zylinder, der mit dem Rahmen und
                              									den Kurbellagern aus einem Stück gegossen und an seinem hinteren Ende mit dem
                              									Ventilkopf verschraubt ist. In dem letzteren sind die bequem zugänglichen Ventile
                              									mitsamt ihren Sitzen eingebaut. Der lange, durch zahlreiche selbstspannende
                              									Gusseisenringe gedichtete Kolben ist mit nachstellbaren Gleitflächen versehen, die
                              									als Kreuzkopfschuhe dienen. Die Schubstangen haben nachstellbare Lagerschalen aus
                              									Rotguss, die ebenfalls nachstellbaren Kurbellager besitzen Ringschmierung. Die
                              									Ventile (Fig.
                                 										4 u. 5) werden mittels unrunder Scheiben und Hebel von einer zur
                              									Maschinenachse parallelen, in Ringschmierlagern geführten Steuerwelle aus bewegt,
                              									die durch eingekapselte, in Oel laufende Schraubenräder von der Hauptwelle aus
                              									angetrieben wird und auch% die magnet – elektrische
                              									Zündung betätigt.Näheres über
                                    											magnet-elektrische Zündungen siehe S. 633–635. D. R.
                           Einlass- und Auslassventil sitzen, wie es bei Gasmotoren jetzt zumeist üblich ist,
                              									diametral gegenüber. Das Einlassventil steht durch zwei seitliche Stutzen einerseits
                              									mit derGaszuleitung, andererseits mit der Luftzufuhrleitung in Verbindung,
                              									derart, dass eine innige Mischung von Luft und Gas, deren zuströmende Mengen mittels
                              									Drosselklappen in den betreffenden Leitungen geregelt werden können, bereits vor dem
                              									Eintritt der Ladung in den Zylinder stattfindet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 629
                              Fig. 3.
                              
                           Die Steuerung des Einlassventils erfolgt, wie auf den Abbildungen ersichtlich, durch
                              									eine Daumenscheibe der Steuerwelle, auf deren auswechselbaren Knaggen eine kleine
                              									Walze abrollt, die in einem am Maschinengestell drehbar befestigten Arme gelagert
                              									ist. Letzterer steht durch eine Stange mit einem Gabelhebel in Verbindung, auf
                              									dessen Schwingachse
                              									noch ein zweiter Hebel befestigt ist, der durch eine Rolle die Ventilspindel
                              									betätigt.
                           Das Auslassventil wird mittels eines doppelarmigen Rollenhebels von der Steuerwelle
                              									aus gelüftet und geschlossen.
                           Die Abgase treten durch ein Rohr inden Auspufftopf (Fig. 1u. 2), von hier durch
                              									eine längere Rohrleitung in einen ausserhalb des Ausstellungsgebäudes aufgestellten
                              									zweiten Auspufftopf, womit ein vollständig geräuschloser Auspuff erreicht wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 630
                              
                           Die Umdrehungszahl des Motors wird durch ein besonderes, das Einlassventil umgebendes
                              									Mischventil geregelt, das bei konstantem, auf die günstigste Verbrennung
                              									eingestellten Mischungsverhältnis von Gas und Luft durch seinen von einem Härtungschen Federregulator eingestellten Hub die
                              									Gemischmenge und damit die Motorleistung verändert. Es wird zu dem Zweck die bei
                              									Geschwindigkeitsänderungen des Motors auftretende Schwingbewegung einer mit dem
                              									Regulator durch ein Hebelsystem gekuppelten Achse mittels Kurbel und Lenker auf eine
                              									Stange übertragen, deren oberes Ende einen mit dem vorgenannten Mischventil
                              									verbundenen, unter Federwirkung stehenden Hebel erfasst, während das untere Ende
                              									dieser Stange mit einer kleinen Walze versehen ist, die auf einer Kurvenbahn des am
                              									Maschinengestell drehbar befestigten, mittels Daumenscheibe der Steuerwelle
                              									betätigten Armes abrollt. Der letztere ist ausser der Einwirkung der Daumen Scheibe
                              									noch derjenigen einer Schraubenfeder unterstellt.
                           Die erreichte Regulierung wirkt durch Veränderung der angesaugten Gasmenge auch
                              									regelnd auf die Verbrennung im Generator zurück, die sich dadurch selbsttätig der
                              									verlangten Leistung anpasst.
                           Zylinder und Ventilkopf, sowie Auslassventil werden durch Wasser gekühlt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 631
                              Fig. 6.
                              
                           Zum Anlassen dient ein besonderes, gesteuertes Druckluftanlassventil, das, durch
                              									einen einfachen Handhebel eingeschaltet, den Motor als Druckluftmotor in Gang
                              									bringt, worauf er als Viertaktmotor weiter arbeitet. Die erforderliche Druckluft
                              									wird durch einen kleinen elektrisch betriebenen Kompressor in einem Luftbehälter
                              									aufgespeichert.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)