| Titel: | Die störenden Bewegungen der Lokomotive unter Berücksichtigung der auftretenden Reibungswiderstände. | 
| Autor: | Karl Wolters | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 642 | 
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                        Die störenden Bewegungen der Lokomotive unter
                           								Berücksichtigung der auftretenden Reibungswiderstände.Die Anregung zu dieser Untersuchung ist mir durch
                                 										Herrn Geheimen Regierungsrat Professor Frank an der
                                 										Technischen Hochschule zu Hannover gegeben, der mir vorstehende Frage zum Zwecke
                                 										meiner Doktorarbeit gestellt hat.
                        Von Dipl.-Ingenieur Karl Wolters,
                           									Hannover.
                        Die störenden Bewegungen der Lokomotive unter Berücksichtigung der
                           								auftretenden Reibungswiderstände.
                        
                     
                        
                           Eine Lokomotive kann im Sinne der Mechanik als eine Massengruppe aufgefasst
                              									werden; die Bewegungen einer solchen werden durch sechs Gleichungen bestimmt, und
                              									zwar bestimmen drei die Bewegungen des Schwerpunktes in Richtung der drei
                              									Koordinatenachsen und die andern drei die Drehungen der Massengruppe um die drei
                              									Hauptachsen. Nehmen wir nun die Lokomotive gleichförmig bewegt auf der Bahn an, dann
                              									können wir mit derselben ein ebenso bewegtes Koordinatensystem, das nur an der
                              									Verschiebung des Schwerpunktes teilnimmt, und ein bewegliches, das mit der
                              									Lokomotive zugleich die Bewegungen derselben mitmacht, verbinden; die erste der drei
                              									Achsen des gleichförmig bewegten Koordinatensystemes legen wir parallel der
                              									Geleismitte und dies möge die X-Achse sein (vergl. Fig. 1); die zweite legen wir quer zur Lokomotive,
                              									senkrecht zur X-Achse und bezeichnen sie als Y-Achse; die Z-Achse legen
                              									wir dann senkrecht zu beiden, damit lotrecht auf der Bahn stehend. Der gemeinsame
                              									Schnittpunkt aller drei Achsen, das ist zugleich der Koordinatenanfangspunkt, möge
                              									der Schwerpunkt des auf den Federn ruhenden Teiles der Lokomotive sein. Das
                              									bewegliche Koordinatensystem möge die Achsen X1
                              									Y1und Z1 haben, und
                              									diese mögen als freie Drehachsen der Lokomotive gelten, d.h. die Zentrifugalmomente
                              									mögen auf sie bezogen den Wert = 0 haben; für den Ruhezustand der Lokomotive sollen
                              									die Achsen dieses beweglichen Koordinatensystemes mit denen des gleichförmig
                              									bewegten zusammenfallen. Wie wir später nun sehen werden, rufen vor allem die durch
                              									die Konstruktion der Dampfmaschine bedingten Kräfte besonders drehende Bewegungen um
                              									die drei Achsen hervor, und in wie weit die Reibung imstande ist, diese Bewegungen
                              									und auch Drehungen um beliebige andere Achsen vollständig zu beseitigen oder auch
                              									nur zu schwächen, soll im folgenden näher untersucht werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 641
                              Fig. 1.
                              
                           Als Einheiten sind, wenn nicht besonders angegeben, für die Länge das Meter, für das
                              									Gewicht das Kilogramm und für die Zeit die Sekunde gewählt. Die beim Blick in
                              									Richtung der Achsen zum Nullpunkt hin sich als rechts drehend ergebenden Momente
                              									sind ferner positiv, die links drehenden negativ bezeichnet und die Kräfte in
                              									Richtung der Achsen vom Nullpunkt aus positiv und umgekehrt negativ in Rechnung
                              									gestellt.
                           Bezeichnen nun für das gleichförmig bewegte Koordinatensystem
                           ΣX ΣY ΣZ die Summe aller in Richtung
                              									der drei Achsen wirkenden Kräfte,
                           x0y0z0 die
                              									Koordinaten des Schwerpunktes bezogen auf dieses Koordinatensystem,
                           x y z die Koordinaten eines beliebigen
                              									Punktes, gemessen parallel den betreffenden Achsen,
                           J1J2 J3 die Trägheitsmomente (= Summe aller Massenteilchen
                              									× Quadrat des Abstandes von der Achse) bezogen auf die drei Achsen. Dabei sind diese
                              									als konstant angenommen, d.h. die kleinen Aenderungen infolge des verschiedenen
                              
                              									Abstandes der beweglichen Teile sind nicht berücksichtigt;
                           φ ϰ ψ die Winkelgeschwindigkeiten um
                              									die drei Achsen;
                           β ξ ζ die Winkel der Drehung um die
                              									drei Achsen;
                           MxMyMz die Summe
                              									der statischen Momente bezogen auf die drei Achsen;
                           ferner M die Masse der Lokomotive
                              									mit Ausschluss der Achsen = Gewicht : 9,81 und m die
                              									Masse eines beliebigen Massenteilchens, dann lauten die sechs Gleichungen:
                           
                              
                                 
                                    \Sigma\,X=M\cdot \frac{d^2\,x_0}{dt^2}=\Sigma\,m\cdot \frac{d^2\,x}{dt^2}
                                    
                                    \Sigma\,Y=M\cdot \frac{d^2\,y_0}{dt^2}=\Sigma\,m\cdot \frac{d^2\,y}{dt^2}
                                    
                                    \Sigma\,Z=M\cdot \frac{d^2\,z_0}{dt^2}=\Sigma\,m\cdot \frac{d^2\,z}{dt^2}
                                    
                                 . . . 1).
                                 
                              
                           
                              
                                 
                                    \frakfamily{M}_x=J_1\cdot \frac{d\,\varphi}{d\,t}-(J_2-J_3)\cdot \chi\cdot \psi
                                    
                                    \frakfamily{M}_y=J_2\cdot \frac{d\,\chi}{d\,t}-(J_3-J_1)\cdot \psi\cdot \varphi
                                    
                                    \frakfamily{M}_z=J_3\cdot \frac{d\,\psi}{d\,t}-(J_1-J_2)\cdot \varphi\cdot \chi
                                    
                                  . . 2).
                                 
                              
                           Setzen wir nun voraus, dass die rotierenden Massen vollständig und der Massen druck
                              									der hin- und hergehenden Teile zu 1/n ausgeglichen sei, dann kommen für den von
                              									den Federn getragenen Teil einer ruhig auf der Bahn stehenden Lokomotive als Kräfte
                              									in Betracht:
                           
                              1. das Gewicht dieses Teiles,
                              2. die statische Spannkraft der Federn.
                              
                           Würde sich die Lokomotive aber gleichförmig auf der Bahn bewegen, dann kommen die
                              									folgenden während der gleichförmigen Bewegung konstanten Kräfte weiter in Frage
                              									nämlich:
                           
                              3. der Widerstand des zu ziehenden Zuges,
                              4. der Luftwiderstand der Lokomotive,
                              5. der konstante Teil der Pressungen der Trieb- und
                                 										Kuppelachslager gegen die Achsgabeln,
                              6. die Pressungen gegen den Drehzapfen des Drehgestells oder
                                 										gegen die Führungsbüchsen der Laufachse.
                              
                           Sodann haben wir noch veränderliche Kräfte, die, da sie sich nicht zu Null ergänzen,
                              									und da ihre Momente auch nicht den Wert Null ergeben, die störenden Bewegungen
                              									hervorrufen; dieses sind:
                           
                              7. die Pressungen der Kreuzköpfe gegen die Gleitbahnen,
                              8. der Massendruck der nicht ausgeglichenen hin- und
                                 										hergehenden Teile;
                              
                           diese Kräfte können jedoch in ihrer vollen Grosse nicht zur
                              									Wirkung kommen, sondern daran hindern sie die folgenden, die erst durch das
                              									Bestreben der Bewegung oder durch sie selbst hervorgerufen werden:
                           
                              9. die Reibung der Teile, auf denen die Bewegungen stattfinden,
                                 										vor allem die Reibung an den Achsgabeln, die Reibung an den Gleitflächen am
                                 										Drehgestell oder der Laufachse, die Reibung der Räder auf den Schienen, an der
                                 										Berührungsfläche mit dem Tender usw., sodann die Reibung der einzelnen
                                 										Blattfedern aufeinander;
                              10. eine Komponente des Zugwiderstandes am Koppelbolzen mit dem
                                 										Tender;
                              11. der Widerstand des Kreuzkopfes, vor allem bei Drehungen um
                                 										die X-Achse;
                              12. die durch Lagenänderung hervorgerufenen Federkräfte.
                              
                           I. Bestimmung der Kräfte 1) bis 11).
                           Die Anteile, welche diese Kräfte 1) bis 11) zu den Gleichungen 1) und 2) stellen,
                              									bestimmen sich nun in folgender Weise: wir legen als Beispiel der Untersuchung eine
                              									Personenzuglokomotive mit vorderem Drehgestell zu Grunde, bei derdie Treib- und
                              									Kuppelachsfedern mit einander durch Längsbalanzier oder Winkelhebel auf gleiche
                              									Spannung gebracht sind, und bei der ebenso die beiden Federn des Drehgestells
                              									gleiche Spannung zeigen; jedoch passen die Entwicklungen für jede Lokomotive, wenn
                              									man statt dieser Annahmen die dort vorhandenen Einrichtungen zu Grunde legt. Weiter
                              									mögen die wagerecht gelagerten Zylinder aussen und vor der Treibachse sich befinden
                              									und mögen einander gleich sein, d.h. wir mögen es mit einer Zwillingslokomotive zu
                              									tun haben, die rechte Kurbel möge der linken voreilen und die Federn der Treib- und
                              									Kuppelachse und der beiden Laufachsen je gleich stark sein und gleiche Abmessungen
                              									zeigen. Ferner ist die zum Zusammendrücken einer Feder nötige Kraft der
                              									Zusammendrückung proportional; die Zahl, mit welcher man die Zusammendrückung einer
                              									Feder multiplizieren muss, um die zusammendrückende Kraft zu erhalten, heisst der
                              									Starrheitskoeffizient.
                           
                              a) Kräfte 1). und 2).
                              
                           Bezeichnet nunEine
                                    											Zusammenstellung der hauptsächlichsten Bezeichnungen und deren Zahlenwerte
                                    
                                    											für die als Beispiel gewählte Lokomotive findet sich am
                                    									Schluss.
                           G das Gewicht des auf den Federn
                              									ruhenden Baues der Lokomotive einschliesslich des Wassers im Kessel,
                           Δ1 den wagerechten Abstand des
                              									Schwerpunktes des auf den Federn ruhenden Baues von der Treibachse,
                           Δ2 den wagerechten Abstand
                              									des Schwerpunktes von der Kuppelachse,
                           Δ3 den wagerechten Abstand von der
                              									hinteren Achse des Drehgestells,
                           Δ4 den wagerechten Abstand des
                              									Schwerpunktes von der vorderen Achse des Drehgestells,
                           Δ5 den wagerechten Abstand
                              									des Schwerpunktes vom Drehzapfen des Drehgestells, da dieser meist in der Mitte des
                              									Drehgestells liegt, so ist
                           \Delta_5=\frac{\Delta_3+\Delta_4}{2};
                              								
                           Δ6 den wagerechten Abstand vom
                              									Drehpunkt des Ausgleichhebels
                           =\frac{\Delta_1+\Delta_2}{2};
                              								
                           2 . ε die Entfernung der Federn der
                              									Treib- und Kuppelachse einer Seite von den Federn der anderen Seite,
                           2 . ε1 die Entfernung der Federn des Drehgestells
                              
                              									von einander,
                           st die Zusammendrückung der Federn der Treib- und Kuppelachse,
                           sd die Zusammendrückung der Federn des Drehgestells,
                           kt den Starrheitskoeffizienten der Federn der Treib- und Kuppelachse,
                           kd den Starrheitskoeffizienten der Federn des Drehgestells, wenn jede Achse
                              									an jeder Seite eine besondere Feder hat,
                           dann haben wir, weil der Schwerpunkt vor der Triebachse liegt,
                              									für die ruhig auf der Bahn stehende Lokomotive die Gleichgewichtsbedingungen:
                           
                              
                                 
                                    G=4\cdot s_t\cdot k_t+4\cdot s_d\cdot k_d
                                    
                                    4\cdot\delta_6\cdot s_t\cdot k_t-4\cdot \Delta_5\cdot s_d\cdot k_d
                                    
                                    \varepsilon\cdot 2\cdot s_t\cdot k_t+\varepsilon_1\cdot 2\cdot s_d\cdot k_d-\varepsilon\cdot 2\cdot s_t\cdot k_t
                                    
                                    +\varepsilon_1\cdot 2\cdot s_d\cdot k_d
                                    
                                  . 3).
                                 
                              
                           daraus folgt
                           
                              \left{{G=4\cdot (s_t\cdot k_t+s_d\cdot k_d)}\atop{\Delta_6\cdot s_t\cdot k_t}=\Delta_5\cdot s_d\cdot k_d}\right\}\ .\ .\ 4).
                              
                           während die dritte Gleichung identisch erfüllt ist. Dieselben
                              									Gleichungen gelten auch für den Fall, dass sowohl das Drehgestell, wie auch die
                              									beiden Hinterachsen an jeder Seite nur eine Längsfeder besitzen.
                           
                              b) Kräfte 3). bis 6).
                              
                           Bewegt sich nun die Lokomotive vom Dampf getrieben auf der Bahn, dann kommen, wenn
                              									wir von den störend wirkenden Kräften noch absehen, die mit den Nummern 3). bis 6).
                              									bezeichneten Kräfte noch hinzu. Bezeichnet nun
                           
                           W den Widerstand des zu ziehenden
                              									Zuges, gemessen durch die Beanspruchung des Kuppelbolzens zwischen Tender und
                              									Maschine,
                           D den Triebraddurchmesser,
                           γ das spezifische Gewicht der
                              									Luft,
                           g die Erdbeschleunigung = 9,81,
                           F die Fläche der Lokomotive,
                              									projiziert auf die Y-Z Ebene,
                           v die Fahrgeschwindigkeit der
                              									Lokomotive,
                           h den Vertikalabstand des
                              									Schwerpunktes des auf den Federn ruhenden Teiles der Lokomotive über der
                              									Tenderkupplung,
                           h1 den Vertikalabstand vom Schwerpunkt der Fläche F,
                           h2 den Vertikalabstand von der Achsmitte der Triebräder,
                           h3 den Vertikalabstand vom Drehzapfen des Drehgestells,
                           K = K1 = K2 den numerischen Wert der Triebkraft seines
                              									Kolbens, d.h. den Unterschied des Dampfdruckes auf die Vorder- und Rückseite,
                           ϑ' bezw. ϑ'' den Massendruck der rechten bezw. linken Maschine,
                           P' bezw. P'' die konstant angenommene Kolbenstangenkraft der rechten bezw. linken
                              									Maschine, und zwar können wir sie mit Rücksicht auf den Massendruck konstant
                              									annehmen, weil dieser bei der später vorausgesetzten Fahrgeschwindigkeit diesen
                              									Ausgleich etwa schafft. Diese Werte sind ferner positiv, wenn der Kolben sich vom
                              									Schwerpunkt aus in Richtung der Fahrt bewegt, und negativ bei rückläufigem
                              									Kolben,
                           N' bezw. N'' die lotrechte Pressung des Kreuzkopfes gegen seine Führungen für die
                              									rechte und linke Maschine,
                           μ die hin- und hergehenden Massen des
                              									Kolbens, der Kolbenstange + ⅔ Schubstange,
                           v die Geschwindigkeit im
                              									Kurbelkreis,
                           a den Winkel der voreilenden rechten
                              									Eig. 2. Kurbel mit der Horizontalen, gemessen in Quadrantenfolge (Fig. 2),
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 643
                              Fig. 2.
                              
                           r den Kurbelradius,
                           L die Länge der Schubstange,
                           2 . e die Entfernung der Zylinder
                              									mitten von einander,
                           2 . c die Entfernung der Rahmenmitten
                              									von einander,
                           Tt die Reibung der gleich belasteten Triebräder auf den Schienen für ein
                              									Rad,
                           Tk die Reibung der gleich belasteten Kuppelräder auf den Schienen für ein
                              									Rad,
                           λ den Winkel der Schubstange mit der
                              									Zylinderachse,
                           ϰ den Zapfendruck zur Ueberwindung des
                              									Rollwiderstandes und der Lagerreibung am Drehgestell,
                           Q das Gewicht der nur an der
                              									Verschiebung teilnehmenden Teile des Drehgestells + Gewicht seiner Belastung,
                           Q1 das Gewicht der nur an der Rollbewegung teilnehmenden Teile des
                              									Drehgestells, d.h. hauptsächlich der Radsätze,
                           f die Reibungsziffer für geschmierte
                              									Flächen,
                           f' die Reibungsziffer für Lager,
                           i den Hebelarm der rollenden Reibung
                              									für die Räder des Drehgestells,
                           δ den Zapfendurchmesser der Laufräder
                              									des Drehgestells,
                           ρ den Halbmesser der Laufräder des
                              									Drehgestells,
                           damit ist das Moment des Zugwiderstandes bezogen auf
                              
                              
                              									die
                           Y-Achse;
                           = + W . h . . . 5).
                           Ferner haben wir das Moment des Luftwiderstandes auf dieselbe Achse bezogen von der
                              									Grösse
                           =-h_1\cdot \frac{\gamma}{g}\cdot F\cdot v^2 . . . 6).
                           negativ, weil in den meisten Fällen der Schwerpunkt der Fläche
                              									höher als der Schwerpunkt des auf den Federn ruhenden Teiles der Lokomotive
                              									liegt.
                           Die Pressungen der Triebachse gegen die Achsgabeln erhalten wir nun, wenn wir von der
                              									Triebkraft des Kolbens ausgehen. Diese setzen wir als konstant = der mittleren
                              									Dampfkraft voraus. Dann denken wir uns zunächst die Lokomotive an ihren vier Ecken
                              									aufgehängt und die Reibung an den Schienen etwa durch einen Bremszaun ersetzt,
                              									sodass wir dieselben Vorgänge wie bei der Fahrt haben, nur dass die Reibung keine
                              									nach aussen wirkende Kraft noch ein Moment erzeugt. Treibend wirkt dann am Kolben
                              									die Dampfkraft K, dieser wird das Gleichgewicht
                              									gehalten von der Kolbenstangenkraft P, ferner von dem
                              									Massen druck der zu beschleunigenden Massen, der bekanntlich die Grösse hat
                           \vartheta=\frac{\mu\cdot v^2}{r}\cdot \left[\left(1-\frac{1}{n}\right)\cdot cos\,a+\frac{r}{L}\cdot cos\,2\,a\right] 7).
                           und schliesslich von den einzelnen Bestandteilen der Reibung;
                              									dahin gehören vor allem die Reibung an den Kolbenringen, an den Stopfbüchsen, die
                              									wagerecht gerichtete Kreuzkopfreibung, Reibung in den Lagern usw. Mit derselben
                              									Grösse K drückt nun auch der Dampf auf die
                              									Deckelflächen des Zylinders. Dieser Druck pflanzt sich mittels der
                              									Zylinderbefestigung auf den Rahmen fort; die Kolbenstangenkraft P dagegen überträgt sich durch die Schubstange, da die
                              
                              									wagerechte Komponente der Schubstangenkraft stets = P
                              									ist, auf den Kurbelzapfen. Dieser Vorgang spielt sich in der Entfernung e von der Mitte ab; die Rahmen liegen aber in der
                              									Entfernung c von der Mitte, mithin haben wir die
                              									Rahmendrücke (vergl. Fig. 3)
                           
                              P_1=\frac{e+c}{2\cdot c}\cdot P'
                              
                           und
                           
                              P_2=\frac{e-c}{2\cdot c}\cdot P'
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 643
                              Fig. 3.
                              
                           Ihre Summe ist stets = P, d.h. wir haben, wenn wir vom
                              									Massendruck absehen, stets nach der einen Richtung, in der Figur nach rechts, von
                              
                              									der Achse ausgehend den Druck P' im Rahmen vermehrt um
                              									die Reibung zwischen sämtlichen sich bewegenden Teilen und nach links den Dampfdruck
                              									auf die Deckelflächen am Zylinder; diese beiden Teile heben sich mithin vollständig
                              									auf, d.h. die Reibung an diesen Teilen kann keine Bewegung der Maschine hervorbringen, denn je grösser
                              									sie wird, um so kleiner wird die Kolbenstangenkraft, stets bleibt aber die Gleichung
                              									bestehen:
                           Reibung + Kolbenstangenkraft = Dampfkraft.
                           Für eine Bewegung bleibt nach aussen nur übrig der später zu behandelnde
                              									Massendruck.
                           Verfolgen wir nun einmal den Vorgang durch alle vier Quadranten, so erhalten wir ein
                              									Anliegen der einzelnen Lagerkasten an den Achsgabeln in der durch Fig. 4 veranschaulichten Weise; wir sehen also, dass
                              									der Rahmen abwechselnd auf Druck und Zug beansprucht wird. Nach dieser Figur könnte
                              									es scheinen, als ob für Stellungen der rechten Kurbel in den Quadranten I und III
                              
                              									ein Drehen der Maschine möglich wäre, jedoch ist dies nicht der Fall, denn infolge
                              									des Dampfdruckes auf die Zylinderdeckel wirkt von hier ausgehend stets ein gleiches
                              									Moment dem von den Achsgabeln ausgehenden Drehmoment entgegen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 644
                              Fig. 4.
                              
                           Stellen wir die Lokomotive nun auf die Bahn und setzen vorläufig nur eine Treibachse
                              									und keine Kuppelachse voraus, dann haben wir anstatt des Bremsbandes jetzt die
                              									Reibung am Umfange der Triebräder von den Schienen erzeugt; diese dient bekanntlich
                              									zur Fortbewegung des Zuges. Dabei ändern sich aber auch die Achsdrücke, und zwar
                              									erhalten wir sie, wenn wir die Momentengleichung aufstellen. Am Rade haben wir die
                              									drei Kräfte: wagerecht die oben erwähnte Kolbenstangenkraft am Kurbelzapfen
                              									angreifend und an demselben die lotrechte Komponente der Schubstangenkraft = N, schliesslich am Umfange des Rades die Reibung T auf der Schiene. Nun ergibt sich
                           
                              N'=P'\cdot tg\,\lambda=P'\cdot \frac{sin\,\lambda}{cos\,\lambda}=P'\cdot \frac{(r/L)\cdot sin\,a}{\sqrt{1-(r/L)^2\cdot sin^2\,a}}
                              
                           dies gibt annähernd
                           N'=P'\cdot \frac{r}{L}\,sin\,a . . . 8).
                           Ebenso für die linke Maschine
                           N''=P''\cdot \frac{r}{L}\cdot sin\,(a-\frac{\pi}{2})=-P''\cdot \frac{r}{L}\cdot cos\,a . 9).
                           und zwar sind beide stets positiv, da beim ersten das
                              									Vorzeichen von sin a mit dem von P' gleichzeitig wechselt und beim zweiten Wert das
                              									Vorzeichen von P'' mit dem cos
                                 										a zugleich sich ändert. Mithin haben wir die Momentengleichung
                           
                              2\cdot T\cdot \frac{D}{2}=P'\cdot r\cdot sin\,(\pi-a)+P''\cdot r\cdot sin\,(a-\frac{\pi}{2})+P'\cdot \frac{r}{L}\,sin\,a\cdot
                                 r\cdot cos\,(\pi-a)-P''\,\frac{r}{L}\cdot cos\,a\cdot r\cdot cos\,\left(a-\frac{\pi}{2}\right).
                              
                           Daraus folgt
                           
                              \left{{T=\frac{r}{D}\,(P'\cdot sin\,c-P''\cdot cos\,a)}\atop{-\frac{r^2}{2\cdot L\cdot D}\cdot (P'-P'')\cdot sin\,(2\,a)}}\right\}\
                                 .\ .\ 10).
                              
                           Diese Reibung T ist an der
                              									Schiene vorhanden und sucht das Rad in Richtung der Fahrt zu verschieben, erzeugt
                              									mithin an der Achsgabel eine Pressung von derselben Grosse und damit haben wir das
                              
                              									Moment bezogen auf den Schwerpunkt des auf den Federn ruhenden Teiles
                           
                              
                              \left{{h_2\cdot \left[\frac{r}{D}\cdot (P'\cdot sin\,a-P''\,cos\,a)\right}\atop{\left-\frac{r^2}{2\cdot L\cdot D}\cdot (P'-P'')\cdot
                                 sin\,(2\,a)\right]}}\right\}\ .\ .\ 11).
                              
                           Bei gebremsten Rädern hatten wir nun abwechselnd ein Anliegen der Lagerkasten an der
                              									vorderen und hinteren Achsgabel und zwar mit der Kraft P; dabei hatten wir bei rückläufigen Kolben Zugspannung im Rahmen und
                              									Anliegen an der dem Tender zugekehrten Achsgabel und bei der Vorwärtsbewegung des
                              									Kolbens hatten wir Druckspannungen im Rahmen und dabei Anliegen an der vorderen
                              									Achsgabel. Bei der auf den Schienen stehenden Lokomotive dagegen haben wir immer in
                              									Richtung der Fahrt noch die eben abgeleitete Kraft T,
                              									sodass die Pressungen gegen die Achsgabeln betragen
                           = P ± T,
                           und zwar gilt das positive Vorzeichen, wenn der Kolben sich
                              									vorwärts bewegt und das negative bei rückläufiger Kolbenbewegung. Da die Kraft P stets grösser als T ist,
                              									so findet bei der Bewegung der Lokomotive mithin nicht immer ein Anliegen an der
                              									vorderen Achsgabel statt, sondern das Ziehen des angehängten Wagenzuges geschieht in
                              									der Weise, dass von der Tenderkupplung ausgehend bis zur Triebachse im Rahmen immer
                              									die Spannung = W vorhanden ist, zwischen Triebachse und
                              									Zylinder ist abwechselnd auf jeder Seite Druck und Zug von gleicher Grosse = P vorhanden und zwar Zug beim Anliegen an der hintern
                              									Achsgabel und Druck beim Anliegen an der vorderen Achsgabel; da aber die Kraft T stets nach vorn gerichtet ist, so wird der von den
                              									Zylindern ausgehenden Dampfkraft im ersten Fall von dem Achsgabeldruck + Widerstand
                              									des Wagenzuges das Gleichgewicht gehalten, während im zweiten Fall der Widerstand
                              										W von den Teilen T der
                              									um diesen Betrag als die Kolbenstangenkraft grösseren Achsgabeldrücke aufgehoben
                              									wird.
                           Nun haben wir in Wirklichkeit eine Trieb- und Kuppelachse; beide sind miteinander
                              									durch eine Kuppelstange verbunden. Diese kann auf die Kuppel achse nur wagerechte
                              									Kräfte übertragen, die Grösse derselben lässt sich jedoch nicht vollkommen genau
                              									bestimmen, sondern hängt von der genauen Einstellung der Keile in den Lagern der
                              									Kuppelstange ab. Nehmen wir nun an, dass von der Kolbenstangenkraft P die Hälfte zur Drehung der Triebachse verwendet würde
                              
                              									und die andere Hälfte durch die Kuppelstange übertragen würde, was eine Entfernung
                              									der Mitten obiger Lager = Achsstand voraussetzt, dann haben wir am Triebrade infolge
                              									des Druckes N ein anderes Drehmoment. Stellen wir nun
                              									die Momentengleichung auf, dann erhalten wir für die Kuppelachse
                           2\cdot T_k\cdot \frac{D}{2}=\frac{P'}{2}\cdot r\cdot sin\,a-\frac{P''}{2}\cdot r\cdot cos\,a . . 12).
                           daraus folgt
                           T_k=\frac{r}{2\cdot D}\cdot (P'\cdot sin\,a-P''\cdot cos\,a) . . 13).
                           Um das Moment der Triebachse zu erhalten, haben wir in den Ausdrücken der
                              									horizontalen Kräfte in Gleichung 10) \frac{P}{2} statt P
                              									zu setzen, während N seine Grösse nicht ändert, und
                              									damit erhalten wir
                           
                              \left{{T_t=\frac{r}{2\cdot D}\cdot (P'\cdot sin\,a-P''\cdot cos\,a}\atop{-\frac{r^2}{2\cdot L\cdot D}\cdot (P'-P'')\cdot sin\,(2\,a)}}\right\}\
                                 .\ 14).
                              
                           Ihre Summe liefert, wie früher bezogen auf die Schwerpunktsachse; das Moment
                           
                              
                                 
                                    =h_2\cdot (T_k+T_t)
                                    
                                    =h_2\cdot \left[\frac{r}{D}\cdot (P'\cdot sin\,a-P''\cdot cos\,a)\right
                                    
                                    \left-\frac{r^2}{2\cdot L\cdot D}\cdot (P'-P'')-sin\,(2\,a)\right]
                                    
                                 . 15).
                                 
                              
                           
                           Jetzt haben wir aber die Achsgabeldrücke auch geändert und zwar haben wir für
                              									jede Lagerstelle
                           
                              
                                 
                                    \mbox{an der Kuppelachse }=\frac{P}{2}\,\pm\,T_k
                                    
                                    \mbox{an der Triebachse }=\frac{P}{2}\,\pm\,T_t
                                    
                                 . . 16).
                                 
                              
                           und zwar gelten die positiven Vorzeichen, wenn die zugehörigen
                              									Kolben sich vorwärts bewegen und die negativen bei rückläufigen Kolben.
                           Eine geringe Aenderung der Achsdrücke ruft dann noch der Massendruck hervor und zwar
                              									wird auch dieser sich zur Hälfte durch die Kuppelstange übertragen, aber auch den
                              									Wert N ändern; eine weitere Aenderung ist ferner durch
                              									die Gegengewichte bedingt, die den Massendruck auszugleichen haben; sodann auch
                              									durch den Rollwiderstand, der jedochinfolge des grossen Raddurchmessers sehr
                              									klein ausfällt. Ihrer Kleinheit wegen können wir aber diese Kräfte
                              									vernachlässigen.
                           Als letzte der bei ruhiger Fahrt in Betracht kommenden Kräfte, ist noch der Druck
                              									gegen den Drehzapfen des Drehgestells zu erwähnen. Dieses gebraucht nämlich auch zu
                              									seiner Fortbewegung ohne Beschleunigung eine Kraft infolge der Reibung an den
                              									Lagerteilen und infolge der rollenden Reibung. Diese am Drehzapfen aufzuwendende
                              									Kraft beträgt bekanntlich
                           x=\frac{1/2\cdot Q\cdot f'\cdot \delta+(Q+Q_1)\cdot i}{\varrho} . . 17).
                           und liefert bezogen auf die Y-Achse das Moment
                           = h3 . x . . . 18).
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)