| Titel: | Mitteilungen aus dem Eisenbahn-Sicherungswesen. | 
| Autor: | Hans Martens | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 700 | 
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                        Mitteilungen aus dem
                           								Eisenbahn-Sicherungswesen.
                        Von Regierungsbaumeister Hans
                                 								Martens.
                        (Schluss von S. 679 d. Bd.)
                        Mitteilungen aus dem Eisenbahn-Sicherungswesen.
                        
                     
                        
                           Solange die Bahnstrecke noch Landstrassen in gleicher Höhe kreuzt, wird der
                              									Bahnbewachung, insbesondere den Wegeschranken hohe Aufmerksamkeit gewidmet. Um ein
                              									Einschliessen von Fahrzeugen und Fussgängern auf dem Bahnkörper durch die Schranken
                              									zu vermeiden, wird kurz vor Schliessen derselben ein Glockensignal gegeben. Um nun
                              									dies Signal, welches oft bei verspätetem Schliessen der Schranke versäumt wird, zu
                              									erzwingen, sind verschiedene Konstruktionen von Schranken mit Vorläutezwang
                              									aufgetaucht, die indessen auch nicht allen Anforderungen des Betriebes entsprechen,
                              									aber dennoch einen bemerkenswerten Fortschritt auf diesem Gebiet darstellen.
                           Die Firma Willmann & Co., Dortmund, erreicht den
                              									Vorläutezwang bei Wegeschranken durch die mit der Winde vereinigte pneumatische
                              									Unterwegssperre (Fig. 13).
                           Die Einrichtung besteht aus der mit der Windenkurbel A
                              									mittels Zahnrädern J und Bolzen L gekuppelten Steuerscheibe K, durch welche
                              									der Lenker O beim Drücken auf den Rollenzapfen M gehoben wird. Mit dem Lenker O ist durch die Druckstange Q der Lenker W verbunden, der mit dem im Zylinder X beweglichen Kolben Z
                              									derartig gekuppelt ist, dass beim Heben des Lenkers O
                              									der Kolben sich aufwärts bewegt und durch das Ventil C1 Aussenluft ansaugt. Auf dem Lenker W ist die Sperrklinke S
                              									gelagert, die bei gesunkenem Kolben in das auf der Kurbelachse G festgekeilte Sperrad G
                              									eingreift und die Kurbel für die dem Schliessen der Schranke entsprechende
                              									Drehrichtung festhält. Um das selbsttätige Sinken des Kolbens zu ermöglichen, muss
                              									die angesaugte Luft erst durch einen einstellbaren Regelhahn D1 entweichen. Ein Schild zeigt
                              									dem Wärter die jeweiligen Endstellungen der Schranke – offen oder geschlossen –
                              									an.
                           Beim Oeffnen der Schranke ist der Wärter gezwungen, die Kurbel solange
                              									zurückzudrehen, bis der volle Vorläuteweg an der Schranke vorbereitet ist. Während
                              									des Rückwärtsdrehens der Kurbel sinkt der Kolben abwärts, sodass, falls der Wärter
                              									nicht vollständig zurückdreht, die Sperrklinkezum Eingriff gelangt und dadurch
                              									das Vorwärtsdrehen verhindert, während das Rückwärtsdrehen stets möglich bleibt. Um
                              									ein Vorwärtsdrehen zu ermöglichen, ist es somit erforderlich, dass die Kurbel immer
                              									solange zurückgedreht wird, bis der Kolben in der gehobenen Stellung festgehalten
                              									wird. Wird die Schranke nun wieder geschlossen, dann bleibt der Kolben infolge der
                              									im Zylinder vorhandenen, angesaugten Luft schweben und sinkt erst nach einiger Zeit
                              									abwärts, wodurch der Wärter gezwungen wird, nicht nur den Vorläuteweg abzuwickeln,
                              									sondern durch die Schranke mindestens teilweise zu schliessen. Bei einer Neigung des
                              									Schrankenbaums um 45° hat sich die Steuerscheibe K
                              									soweit gedreht, dass der Kolben Z abermals gehoben und
                              									am Herabsinken gehindert wird. Von dieser geneigten bis zur wagerechten Lage des
                              									Schrankenbaumes kann die Schranke nach Bedarf geöffnet und gesenkt werden, sodass
                              									etwa eingeschlossene Fuhrwerke usw. befreit werden können.
                           Die neue Bauart (Fig. 14) der Schranke von Willmann & Co. hat den Zweck, das rechtzeitige
                              									Vorläuten an der Schranke zu erzwingen, ohne hierbei das Getriebe während der
                              									Schliessbewegung des Schrankenbaumes festzulegen, wie das bei der vorhergehenden der
                              									Fall ist.
                           Mit der Schrankenkurbel k wird eine Steuerscheibe a durch die Zahnräderpaare b-c und d-e in Abhängigkeit gebracht. Im Kanal der Steuerscheibe
                              										a greift das an dem einen Ende des Winkelhebels f sitzende Röllchen g ein,
                              									während eine im anderen Hebelende schwingende Sperrklinke h mit dem auf der Kurbelachse sitzenden Sperrad i zusammenarbeitet. Die Sperrklinke h
                              									befindet sich während des Vorläutens in der sperrenden und während der
                              									Schliessbewegung der Bäume in der nicht sperrenden Lage.
                           Oberhalb des Sperrwerks befindet sich eine um die Achse q schwingende hellfarbige Prüfscheibe l, die
                              									durch den Hebel m und die Zugstange n mit dem verlängerten Ende des Hebels f derart in Verbindung steht, dass bei
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 701
                              Fig. 13.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 701
                              Fig. 14.
                              
                           
                           sperrender Lage die Prüfscheibe nach aussen, bezw. nach
                              									der anzeigenden Stellung bewegt wird und bei der nicht sperrenden Lage hinter dem
                              									verlängerten Schrankengestell verschwindet.
                           Läutet der Wärter gegen die Vorschrift der Dienstanweisung Vorrat, so erscheint
                              									sofort die farbige Prüfscheibe und bleibt solange in der anzeigenden Stellung, bis
                              									der Schranken bäum etwa 10° geneigt steht. Da aber die Schrankenbäume, gemäss der
                              									Bauart, bei geöffneter Schranke aufrecht stehen, so kann der prüfende Beamte, auch
                              									nach Verschwinden der Prüfscheibe die unvorschriftsmässige Bedienung der
                              									Schrankenwinde erkennen.
                           Hat der Wärter aus Versehen Vorrat geläutet, und will in die Endlage zurückkurbeln,
                              									so wird die punktiert gezeichnete Klinke h von dem
                              									Sperrzahn des Rades i erfasst und in die sperrende
                              									Stellung gedrückt. Hierbei tritt Feder o vor den in der
                              									Klinke h sitzenden Stift p
                              
                              									und verhindert ein Zurückspringen, da die Feder r
                              									bestrebt ist, die Klinke in die punktierte Lage zurückzuziehen. Die Kurbel kann
                              									somit nicht weiter vorwärts gedreht werden, sodass der Wärter gezwungen ist, solange
                              									zurückzukurbeln, bis die Klinke h beim Eintritt des
                              									Röllchens g in den Kanal der Steuerscheibe abgehoben
                              									wird, d.h. bis das Kurbelgetriebe in die Endlage zurückgebracht ist.
                           Neben der Steuerscheibe a befindet sich ein Zeiger z, der die Endstellung der Schranke genau anzeigt.
                              									ZumSchutze des unbefugten Eingreifens wird die Sperrvorrichtung mit einem
                              									bleiversiegelten Kasten umgeben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 702
                              Fig. 15.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 702
                              Fig. 16.
                              
                           A. Rawie, Onsabrück hat eine Zeitschlusswinde für
                              									Drahtzugschranken konstruiert, bei der der Zwang, unmittelbar vor dem Schliessen
                              									vorzuläuten, in folgender Weise erreicht ist (s. Fig.
                                 										15). Es wird ein Kippgefäss i mit Füllung
                              									nach Art einer Sanduhr verwendet. Für die Zeit, welche die Füllung gebraucht, um von
                              									einem Behälter in den andern zu fliessen, wird die Zwangssperrung in der Winde
                              									aufgehoben, sodass ein Schliessen der Schranke möglich ist, im andern Falle nur ein
                              									Zurückdrehen der Winde. Die erforderliche Zeit kann durch entsprechende Bemessung
                              									der Füllungsmasse reguliert werden.
                           Der Apparat arbeitet in der Weise, dass das Kippgefäss bei Anfang der Kurbeldrehung
                              									durch den Mitnehmer e umgelegt wird, indem er in die
                              									als Stiftenrad ausgebildete Welle d desselben greift.
                              									Die Füllmasse befindet sich dann im oberen Behälter des Kippgefässes und drückt
                              									durch ihr Uebergewicht den Steuersperrhebel herunter, wodurch die Kurbel zum Antrieb
                              									der Schranke freigegeben wird. Sobald die Masse durchgelaufen ist, hört das
                              									Uebergewicht auf, das Kippgefäss spielt in seine senkrechte Lage zurück, wodurch der
                              									Steuersperrhebel wieder in seine Sperrlage zurücktritt.
                           Mit dem Mechanismus ist ein Zeiger c verbunden, der die
                              									Stellung der Schranke anzeigt.
                           Die Unfälle auf Eisenbahn wegübergängen, die sich entweder infolge garnicht
                              									geschlossener oder verspätet geschlossener Schranken ereignen, haben den Gedanken
                              
                              									nahe gelegt, die menschliche Tätigkeit bei der Bedienung der Schranken vollständig
                              									entbehrlich zu machen und durch den Zug das Oeffnen und Schliessen bewirken zu
                              									lassen. Die Entwürfe für eine derartige selbsttätige Wegeschranke sind zahlreich;
                              									aber keiner konnte bei einer Ausführung ernstlich in Frage kommen. In jüngster Zeit
                              
                              									indessen ist eine derartige Schranke von Regierungs- und Baurat Wittfeld erdacht und von Gebrüder Pintsch ausgeführt worden, die die Aufgabe in
                              									sinnreicher und einfacher Weise löst. Durch vom Zuge betätigte Radkontakte wird ein
                              									von einer Trockenbatterie erzeugter elektrischer Strom etwa 2 Minuten vor
                              									Vorüberfahrt des Zuges an der Schranke geschlossen, durch den ein Elektromagnet E (Fig. 16) erregt wird.
                              									Dadurch wird dessenAnker angezogen, was eine Auslösung eines Gewichtes G zur Folge hat, das zunächst ein Läutewerk und die
                              									Beleuchtung bei Dunkelheit einschaltet, und durch Aufheben einer Sperre S bei weiterem Sinken die Schranke freigibt, die sich
                              									durch Uebergewicht nun langsam schliesst, wobei sie das Gewicht in die Anfangslage
                              									zurückbringt und die elektromagnetische Hemmung wieder herstellt. In der
                              									geschlossenen Lage bleibt die Schranke frei beweglich, um eingeschlossenen
                              									Fuhrwerken oder Fussgängern die Möglichkeit zu geben, sich befreien zu können. Um
                              									die Schranke wieder zu öffnen, wird durch den Zug der Radkontakt hinter der Schranke
                              									betätigt, wodurch ein zweiter Stromkreis geschlossen wird, der zur Zündung eines
                              									Luftgasgemisches dient. Die Vorrichtung zum Oeffnen besteht nämlich aus einem
                              									Zylinder mit Flugkolben, dessen Kolbenstange am oberen Ende eine Sperrklinke trägt.
                              									Diese legt sich in der höchsten Stellung des Kolbens hinter einen Sperrhahn der
                              									Schrankenbaumachse, wodurch die Schranke beim Heruntersinken des Kolbens gehoben
                              									wird. Um den Kolben hoch zu treiben, wird durch das gesteuerte Einflussventil unter
                              									ihn Mischgas eingeführt, das, wie oben beschrieben, entzündet wird und durch seine
                              									Verbrennungsarbeit den Kolben hochschleudert. Das Einlassventil wird in der tiefsten
                              									Stellung des Gewichts G durch dieses geöffnet. Bei
                              									Erreichen der höchsten Kolbenstellung öffnet sich Auslasschieber K, sodass die Verbrennungsgase aus dem Verbrennungsraum
                              										J entweichen können, was noch erleichtert wird
                              									durch Luft, die von dem oberen Belastungskolben beim Niedergang durch den
                              									Verbrennungsraum gepresst wird. Das Mischgas wird unter Druck in einem Behälter
                              									aufbewahrt; es bereitet keine Schwierigkeiten bei normalem Betriebe einen Vorrat für
                              									½ Jahr aufzuspeichern. Dem Verbrennungsraum wird das Gas in verminderter Spannung
                              									nach Durchgang durch einen Gasdruckregler, Bauart Pintsch, zugeführt. Für die Beleuchtung dient Gas. Der Gasverbrauch ist
                              									nach angestellten Versuchen sehr gering.
                           Bei eingleisigen Bahnen wird durch eine besondere Stromschaltung die richtige
                              									Wirkungsweise gewährleistet.