| Titel: | Aluminothermie. | 
| Autor: | Hans Goldschmidt | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 738 | 
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                        Aluminothermie.
                        Von Dr. Hans Goldschmidt,
                           									Essen-Ruhr.
                        Aluminothermie.
                        
                     
                        
                           Vor mehr als drei Jahren erschien in dieser Zeitschrift ein Aufsatz über das Goldschmidtsche aluminothermische Verfahren, das kurz
                              
                              									zuvor begonnen hatte sich einen Weg in die Praxis zu bahnen. Eine grosse Reihe
                              									industrieller Werke aller Art hat sich seitdem diesem Verfahren zugewandt und
                              									bedient sich seiner regelmässig mit anerkannt gutem Erfolge. Nicht zum wenigsten
                              									durch den ständig noch zunehmenden praktischen Gebrauch ist es gelungen die schon
                              									früher erwähnten Arbeitsmethoden weiter zu vereinfachen und zu verbessern, ausserdem
                              									ist aber eine beträchtliche Zahl neuer Anwendungsarten dem Verfahren
                              									hinzugekommen.
                           Ueber Neuerungen und den derzeitigen Stand der Aluminothermie sei nachstehend
                              									ausführlich berichtet.
                           Ursprünglich war die aluminothermische Reaktion nur das Mittel zur Darstellung
                              									reiner, schwer schmelzbarer Metalle, das Verfahren für Abscheidung von Chrom.
                              									Mangan, Ferrotitan, Ferrobor usw. Den Fernerstehenden mag es vielleicht befremden,
                              									dass eine so einfache Reaktion, wie die aluminothermische noch eine besondere
                              
                              									praktische und sogar langwierige Durcharbeitung erfordert hat! Ein so einfach
                              									zusammengesetztes Gemisch, das an einer Stelle entzündet, von selbst weiter brennt,
                              									kann, so sollte man auf den ersten Blick meinen, unmöglich schwierig herzustellen
                              									sein! Und doch erfordert die gleichmässige mit hohen Ausbeuten verbundene
                              									Reindarstellung eines jeden Metalles mit Hilfe der Aluminothermie stets eine nicht
                              									zu unterschätzende Arbeit, die bei näherer Ueberlegung der bei dieser Reaktion sich
                              									abspielenden Vorgänge allerdings leicht Erklärung findet. In diesem Hinblick
                              									bereitete es dem Verfasser eine besondere Genugtuung von Herrn Professor Moissan, der vor einigen Jahren Gelegenheit hatte die
                              									Darstellung von kohlefreiem Chrom und Mangan in etwas grösserem Masstabe zu sehen,
                              									als erstes die Frage vorgelegt zu erhalten, wie viel Jahre Arbeit nötig gewesen
                              									seien, um die Reaktion zu einer so einfachen und glatten auszugestalten.
                           Alle Thermitmischungen bestehen bekanntlich aus etwa äquivalenten Gemengen eines
                              									Metalloxydes mit Aluminium, und das kurz als „Thermit“ bezeichnete Gemisch
                              									ist in der Hauptsache ein Eisenoxyd-Aluminium-Gemenge, wovon sich jeder, dem daran
                              									liegt, es selbst herzustellen, durch Nachprüfung leicht überzeugen kann.
                           Vergleiche mit anderen reagierenden Präparaten, die ebenfalls exothermische
                              									Reaktionen zeigen, wenn auch von ganz anderem Effekt, liegen hier nahe.
                              									Schiesspulver und Dynamit sind beispielsweise auch sehr einfach zusammengesetzt und
                              									in gewisser Hinsicht einfach herzustellen. Wie manches nihilistische Verbrechen
                              									gründet sich gerade auf die leichte Selbstdarstellung von Dynamit. Aber solche von
                              									Laien dargestellte Präparate explodieren wohl, doch einen regelmassigen sicheren
                              									Effekt, wie man ihn von der Technik verlangt, gewährleisten sie bekanntlich nicht!
                              									Denn gerade die technische Bereitung des Dynamits ist eine sehr subtile!
                           Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse beim Schiesspulver.Als Knabe hat man wohl
                              									versucht „Pulver zu fabrizieren“ als man die Bestandteile Salpeter, Schwefel
                              									und Kohle zusammenfügte und tatsächlich ein brennbares Gemisch erhielt. Aber einen
                              									den modernen Anforderungen entsprechenden explosiven Wert besitzt solches Pulver
                              									natürlich keineswegs. Bei allen diesen Gemengen kommt es bekanntlich vorwiegend auf
                              									die physikalische Natur und Verteilung der Stoffe an und dementsprechend können
                              									selbst bei gleicher oder fast gleicher chemischer Zusammensetzung durchaus
                              									verschiedene Effekte hervorgerufen werden. Es mag hierbei nur an die verschiedenen
                              									Körnungen des Schiesspulvers erinnert werden. Das Haupterfordernis, das gestellt
                              									werden muss, ist die Gleichmässigkeit des Produktes, und so hat denn auch die
                              									Herstellung eines technisch verwendbaren Thermits mancherlei Arbeit gekostet.
                              									Besonders waren es physikalische Einzelheiten, die zu studieren waren und in der
                              									Fabrikation ständig beobachtet werden wollten, und naturgemäss auch mancherlei
                              									Spezialmaschinen sowie besondere Einrichtungen erforderlich machten. Solche
                              
                              									Einzelheiten lassen sich zumeist weder in Form von Rezepten noch kurzen
                              									Beschreibungen wiedergeben, auch können sie ein allgemeines Interesse nicht
                              									beanspruchen, da es sich stets um Fabrikationseinzelheiten handelt.
                           Ausser den bisher dargestellten Reinmetallen und Legierungen ist es neuerdings
                              									gelungen, auch reines, geschmolzenes Molybdän abzuscheiden; dies ist ein stahlgraues
                              									Metall mit dichtem Gefüge; als Hauptverunreinigung enthält es etwa 1-2 v. H. Eisen,
                              									neben sehr geringen Mengen von Silicium, es hat also einen Reingehalt von 98-99 v.
                              									H. Das Molybdän wurde bisher als solches nur. pulverförmig durch Reduktion der Säure
                              									mit Kohle (ebenso wie Wolfram) gewonnen und hat für die Herstellung einiger
                              
                              									Spezialstähle Verwendung gefunden.
                           Der Verfasser stellt jetzt auch eine hochprozentige Wolframlegierung dar, vom spez.
                              									Gewicht 14,5, die sich ziemlich leicht bearbeiten lässt und sehr fest ist.
                           Da neuerdings metallisches, geschmolzenes Silicium mit einem Reingehalt von 98 v. H.
                              									billig angeboten wird, so lag es nahe, das Aluminium etwa ganz oder teilweise durch
                              									Silicium zu ersetzen. Sowohl die hohe Verbrennungswärme des Siliciums als auch die
                              									Möglichkeit bei gleichzeitiger Verwendung von Silicium und Aluminium leichter
                              									flüssige Silikatschlacken zu erhalten, musste zu diesem Versuche ermutigen; das
                              									Ergebnis war wider Erwarten ein negatives. So sind beispielsweise äquivalente
                              									Gemische von Eisenoxyd mit Silicium oder Nickeloxyd mit Silicium nicht wie das
                              									Thermit zur Entzündung zu bringen.
                           Noch eigenartiger aber verhalten sich Gemische von Silicium und Aluminium mit
                              									Eisenoxyd. Schon 10 v. H. Zusatz einer äquivalenten Silicium-Eisenoxyd-Mischung zu
                              									gewöhnlichem Thermit wirken so verzögernd auf dessen Reaktionsverlauf, dass dieses
                              									Thermit für Schweisszwecke unbrauchbar wird. Die durch die Verbrennungswärme des
                              									Aluminiums mit dem Sauerstoff erzeugte Temperatur bringt zwar auch das Silicium zur
                              									Reaktion: Die Geschwindigkeit aber, mit der das Silicium sich, mit dem in dem
                              									Gemisch vorhandenen Sauerstoff verbindet, ist erheblich geringer als die Bildung von
                              										Al2
                              									O3. Die Schlacke ist
                              									zwar eine etwas leichter flüssige, aber durch die verlangsamte Reaktion und den
                              									damit Hand in Hand gehenden Wärmeverlust ist mehr verloren als gewonnen. Will man
                              
                              									durch höhere Zusätze von Silicium die Bildung von Si
                                 										O2 begünstigen, so verläuft der
                              									Vorgang ähnlich; bei etwa 50 v. H. Zusatz versagt die Reaktion sogar ganz, bezw. es
                              									entsteht dann eine Art Sinterkörper. Durch Erwärmung von aussen kann, wenn auch nur
                              									unwesentlich, etwas nachgeholfen werden; ein praktischer Erfolg ist aber damit nicht
                              									verknüpft.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 738
                              Fig. 1a.Schienenschweissung auf der Strecke in Dresden.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 738
                              Fig. 1b.Schienenschweissung auf der Strecke in Graz.
                              
                           Dass eine Erwärmung von aussen bei den glatt verlaufenden aluminothermischen
                              									Reaktionen ein Unding ist, erhellt ohne weiteres, weil eine nennenswerte äussere
                              									Wärmezufuhr bei der in den wenigen Sekunden selbst entstehenden Wärmemenge auch mit
                              									Hilfe elektrischer Energie kaum möglich ist. Es mag auch hier auf die Berechnung
                              									über die Energiedichte des Thermits hingewiesen werden, (vergl. Zeitschrift für
                              									angewandte Chemie, 1902, Heft 28), welche die Nutzlosigkeit äusserer Wärmezufuhr
                              									zahlenmässig dartut. Auch ein besonderes Vorwärmen des zur Reaktion zu bringenden
                              									Gemisches, an das man wohl denken könnte, hat keinen Zweck, da dem in Reaktion
                              									befindlichen Gemisch stets neue Gemengteile zugegeben werden können, sodass die Glut
                              									bedeckt ist. Schon dadurch wird erforderlichen Falles nicht nur eine völlige
                              									Trocknung, sondern auch eine starke Vorwärmung des Gemenges erzielt werden,
                              									bevores zur Reaktion kommt, ohne dass ein beschleunigter Reaktionsverlauf des
                              									so vorgewärmten Gemenges zu konstatieren wäre.
                           Das grosse Gebiet der Schweissverfahren mit Hilfe von Thermit, das derzeitig
                              									bedeutsamste der ganzen Aluminothermie, hat sich in bezug auf Ausarbeitung und
                              									Anwendung der Methoden in letzter Zeit sehr bedeutend erweitert. Ganz besonders hat
                              									die Verschweissung von Trambahnschienen zugenommen und bei den vielen
                              									Untersuchungen, die besonders englischerseits sehr eingehend vorgenommen worden
                              									sind, ist das System wiederholt als derzeitig bestes und billigstes anerkannt und
                              									eingeführt worden. So hat die Stadt Leeds vor Jahresfrist in England eine eigene
                              									Kommission zur Prüfung eingesetzt und ist zu dem erwähnten Ergebnis gekommen.
                              									Dieselbe hat nicht nur durch Festigkeitsproben die Güte der Schweissung, sondern
                              									auch durch Besichtigung mehrerer Strecken, die in Deutschland etwa drei Jahre lagen
                              									(Dresden, Berlin, Braunschweig) festgestellt, dass die Schweissungen, von der
                              									Schiene selbst nicht zu unterscheiden waren (Fig. 1a
                              									u. 1b). Es sind in Leeds jetzt mehrere englische
                              									Meilen bereits verschweisst; eine grosse Reihe anderer Städte wie Glasgow,
                              									Nottingham usw. sind gefolgt. Musste bislang das Schienenschweissverfahren durch
                              									Anwendung auf kleineren Probestrecken erst seine Brauchbarkeit dartun, so ist nach
                              
                              									fast vierjähriger Prüfung jetzt seine allgemeine Verwendbarkeit erwiesen, sodass
                              									manche Verwaltungen sich seiner als ausschliesslichen Schienenverbindungsmittels
                              									bedienen. So werden seitens einer grossen englischen Gesellschaft Trambahn strecken
                              									in Singapore in einer Länge von etwa 40 Kilometern zur Zeit aluminothermisch
                              									verschweisst.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 738
                              Fig. 2. Komplete Apparatur für Schienenschweissungen.
                              
                           Die einfache Ausführung, das Fehlen jeder grösseren Apparatur, die hier nur in einem
                              									Schienenklemmapparat, einem Tiegel mit 15-20 Pfund Thermit besteht und schliesslich
                              									einer kleinen Form, die um die Stosstelle herumgelegt wird, ist das
                              									Charakteristische des ganzen Verfahrens (Fig. 2).
                              									Erfahrungsgemäss geht das Ver-schweissen schneller von statten als das Anlegen von
                              									Laschen mit Kupferverbinder, der bei der Verschweissung natürlich fortfällt.
                           Um sich ein genaues Bild machen zu können von der Art dieser Schienenschweissungen,
                              									sei hier eine Beschreibung eingefügt:
                           Für jedes Schienenprofil wird ein besonderes Modell angefertigt, das zur Herstellung
                              									der Form dient, die um den zu verschweissenden Schienenstoss anzulegen ist. Durch
                              									eine sehr grosse Zahl von Experimenten ist festgestellt worden, wie weit die kleinen
                              									Kanäle in der Form sein müssen, deren eine Wand die Schiene selbst, deren andere die
                              									Formmasse bildet; die Dimensionen dieser Kanäle schwanken je nach der Stärke des
                              									Profils, je nachdem das feuerflüssige Thermit den schmalen Fuss und Steg oder den
                              										stärkeren Kopf
                              									der Schiene umspült, schliesslich je nachdem Thermiteisen oder Schlacke (der Corund)
                              									die Form füllt, etwa zwischen 10-30 mm Dicke und 30-100 mm Länge (Fig. 3). Fuss und Steg der Schienenenden werden von
                              									dem den Tiegel zuerst verlassenden Thermiteisen umspült und verschmelzen mit diesem;
                              									dies geschieht zweckmässig in engeren Kanälen, während die feuerflüssige Schlacke
                              									den Schienenkopf umfliesst und diesen auf Schweisstemperatur erwärmt. Das ganze
                              									Schienenprofil wird dadurch gleichmässig auf Schweisshitze erwärmt, sodass ein
                              									Verbiegen der Schienenenden nicht eintreten kann. Werden schliesslich wenige Minuten
                              									nach erfolgtem Einlauf der Reaktionsmasse in die Form mit Hilfe der
                              									Schraubenspindeln des Klemmapparates die Schienenenden um etwa 10 mm angezogen, so
                              									tritt eine völlig gleichmässige Verschweissung ein. Die Schweisstelle ist sogar
                              									durch die angeschweisste Fusslasche aus schmiedbarem Thermiteisen gegen die Schiene
                              									selbst verstärkt (Fig. 4). Die kleine Stauchung, die
                              									sich am Kopf der Schiene zeigt, ist mit der Hand abzufeilen, oder mit einem
                              									Schmirgelapparat zu entfernen, um so die Schweissstelle unsichtbar und beim
                              
                              									Hinüberrollen des Wagens dauernd völlig unmerkbar zu machen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 739
                              Fig. 3. Modell, Formkasten und fertige Form für die Goldschmidtsche
                                 										Schienenschweissung a) Modell (L) für die Leitschienenseite mit aufgelegtem
                                 										Formkasten b) Hilfsverschlussblech für die Form,
                                 										während des Ausstampfens mit Klebsand, c) Modell
                                 											(F) für die Fahrschienenseite, d) Fertige Formhälfte für die Leitschienenseite,
                                 											e) Formkastenhälfte (F) für die Fahrschienenseite. f) Fertige
                                 										Formhälfte für die Fahrschienenseite.
                              
                           Die Form ist mit Hilfe des Modells, das zumeist, damit es handlich ist, in Aluminium
                              
                              									abgegossen wird, nach jedem Former bekannten Handgriffen herzustellen. Da in
                              									vorliegendem Falle es auf einen „Kunstguss“ gar nicht ankommt, so kann das
                              									Abformen von jugendlichen Arbeitern gemacht werden. Als Formmasse ist jede zu
                              									benutzen, die für Stahlguss verwendet wird: es eignet sich dazu also ein Gemisch von
                              									80 Teilen Sand mit 20 Teilen weissem Ton (china clay), auch Lehm mit Sand zu etwa
                              									gleichen Teilen. Das Trocknen dieser Formmasse ist in etwa 4 Stunden bewirkt und
                              									zwar bei einer Temperatur von etwa 3-400° C. Zweckmässig wird diese Formmasse in
                              									einen Blechkasten eingestampft, welcher um das Aluminiummodell gesetzt wird. Dieser
                              									Kasten dient für eine sehr grosse Anzahl von Schweissungen; die Form, die nach
                              									Anlegen an die Schienenenden mit Lehm oder dergl. abgedichtet wird, kostet nur etwa
                              									50 Pfg.
                           Der Schienenstoss ist vor der Schweissung mit einer Lötlampe, einer Hand voll Holz
                              									oder dergl. handwarm zu machen, am Schmutz und Rost leichter entfernen zu können,
                              									was mit Hilfe einer Drahtbürste bewerkstelligt wird. Ein Abblasen mit Sand findet
                              									nicht statt, da es sich als unnötig herausgestellt hat. Nur ein Blankfeilen der
                              
                              									aneinanderstossenden Profile selbst hat stattzufinden. Man ersieht daraus, dass also
                              									auch alie Vorarbeiten gering sind und wenig Zeit erfordern.
                           Die Verschweissungen werden stets von den betreffenden Gesellschaften selbst
                              									ausgeführt, die auch das Verlegen der Schienen besorgen, da das Verschweissen von
                              									jedem Streckenarbeiter durch Vornahme einiger Schweissungen erlernt Werden kann. Der
                              									wesentlichste Punkt bei dem Schweissverfahren ist das genaue vorherige Ausrichten
                              									der Schienen, damit keine Fehler eingeschweisst werden. Es hat dieser Punkt
                              									natürlich nichts mit dem Schweissen selbst zu tun. Dass eine gewisse Sorgfalt bei
                              									der Eigenart des ganzen Vefahrens zu beobachten ist, dürfte als selbstverständlich
                              									gelten. Dass diese aber leicht einzuhalten, beweist der Umstand,dass eine ganze
                              									Reihe von Verwaltungen sich schnell mit dem Verfahren vertraut gemacht hat.
                           Die zur Ausführung des Verfahrens verwendeten Tiegel bestehen aus einem Blechmantel,
                              									der mit Magnesia ausgekleidet ist. Durch Einsetzen eines gusseisernen Konus in den
                              									Blechmantel entsteht ein Raum, der mit angewärmtem Thermagnesit auszustampfen ist.
                              
                              									Die Tiegel werden mit dem Konus etwa zwei Stunden in einen Ofen gesetzt, zum Schluss
                              									geglüht und sind zum Gebrauch fertig. Die grossen Bahnverwaltungen fertigen sich
                              									auch die Tiegel selbst an, die etwa 25 Grüsse aushalten, sodass für den Stoss die
                              									Kosten für Tiegelverschleiss kaum in Betracht kommen. Im Boden des Tiegels befindet
                              									sich ein durchbohrter konischer Magnesiastein, in dem ein zweiter gleichfalls
                              									durchbohrter als Ausflusstopfen sitzt, dieser ist nach einer Reihe von Güssen leicht
                              									auszuwechseln. Die Dichtung beider Stopfen geschieht lediglich durch eine faltenlose
                              									Lage von Zeitungspapier. Durch diesen Stopfen ist es erreicht worden, dass das
                              									Ausflussloch auf eine annähernd konstante Weite von 10-18 mm zu halten ist, was für
                              									das gleichmässige Ausfliessen des Feuerflusses nötig ist.
                           Jedes Profil verlangt nach seiner Schwere und der Eigenart seiner Abmessungen eine
                              									ganz bestimmte Quantität Thermit, welche ausserdem in der Zusammensetzung noch nach
                              									empirischen Regeln etwas variiert wird, um in allen Fällen eine gleichmässige
                              									Verschweissung zu erhalten. Die für je eine Schienenschweissung benötigte
                              									Thermitmenge wird in einem plombierten Sack, der mit der betreffenden Nummer des
                              									Schienenprofils versehen ist, unter der Bezeichnung „Schweissportion“
                              									(welding portion) an die Bahnverwaltungen geliefert. Da sich letztere die Formen und
                              									zumeist auch die Tiegel wie erwähnt, selbst herstellen, so bilden die
                              									Schweissportionen neben einigen Klemmapparaten das einzige, was zur Verschweissung
                              									anzuschaffen ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 739
                              Fig. 4. Zwei Schienenenden mit Thermit stumpf geschweisst und gleichzeitig
                                 										durch eine angeschweisste Fusslasche aus Thermiteisen verstärkt.
                              
                           In gewissen Fällen ist aber auch der Klemmapparat zu entbehren. Handelt es sich
                              									darum, alte bereits eingepflasterte Schienen nach Fortnahme der locker gewordenen
                              									Laschen zu verschweissen, so ist nur eine entsprechende Form an den Schienenstoss zu
                              									legen und in diese aus dem Tiegel die Reaktionsmasse einfliessen zu lassen. In dem
                              									Falle tritt zwar keine oder nur eine teilweise Verschweissung des Kopfes ein, aber
                              									eine völlige Verschweissung bezw. Verschmelzung des Schienenfusses und Halses bis
                              									fast unter den Kopf der Schiene; ausserdem wird aber, wie bereits hervorgehoben, die
                              									so verschweisste Stelle durch eine ununterbrochene Lasche von schmiedbarem
                              									Thermiteisen wesentlich verstärkt. Diese Verbindungsart gewährt also auch eine völlig
                              									zuverlässige Stossverbindung; da das Anlegen des Klemmapparates und Abfeilen der
                              									Stauchung fortfällt, so geht diese Ausführungsart noch schneller vor sich (Fig. 5). Ein Erhitzen der Schienenköpfe durch die
                              									Schlacke auf Schweisstemperatur muss auch hier eintreten, um ein Aufbiegen der
                              									Schienen zu vermeiden. Eine vorhandene Lücke am Stoss ist bei solchen bereits
                              									verlegten Geleisen vor der Schweissung mit kleinen Blechstückchen oder aus Schienen
                              									gesägten Passtücken ganz auszufüllen. Werden diese Passtücke fest eingeklemmt,
                              									event. derartig, dass die Schienenenden am Stoss mit einer Winde etwas angehoben
                              									werden, um die Lücke am Kopf etwas zu erweitern, so gelingt es, vielfach auch eine
                              									Kopfverschweissung zu erzielen, die schon deswegen stets vorzuziehen ist, weil
                              									dadurch erst sich das Thermitverfahren als besonders elegantes erweist, indem nach
                              									eingetretener Schweissung im Kopf die genaue Stelle der Schweissung selbst nicht
                              									mehr auffindbar ist.
                           Deshalb bemüht man sich auch, bei alten, der Ausbesserung bedürftigen Strecken
                              									(natürlich nur bei solchen, bei denen der Verschleiss am Stoss noch nicht zu weit
                              									vorgeschritten ist) eine Stumpfschweissung des Kopfes mit zu erzielen und verfährt
                              									dabei folgendermassen. Der Klemmapparat wird angesetzt und nun durch Rückwärtsdrehen
                              									der Spindelschrauben die Lücke im Stoss um 8-10 mm vergrössert. Die Stärke des
                              									Passtückes wird nun um 8-10 mm grösser gewählt als dem vorher vorhandenen
                              									Temperaturspalt entsprach. Die Schienen werden sodann, wie gewöhnlich, nach
                              									erfolgtem Einlaufen des abgebrannten Thermits zusammengestaucht, wobei streng darauf
                              									zu achten ist, dass keine Verkürzung des eingebetteten Geleises eintritt. Bei
                              									eingepflastertem Geleise muss hierbei das Pflaster vor und hinter dem zu
                              									verschweissenden Stoss genügend gelockert werden, bei sehr fest eingebetteten
                              									Schienen ist allerdings eine derartige Auseinanderzerrung nicht möglich und ist man
                              									gezwungen, auf die Kopfschweissung zu verzichten. Die Verschweissung alter Geleise
                              									ist natürlich stets von Fall zu Fall zu erwägen. Sie ist sowohl mit wie ohne
                              									Stumpfschweissung mit bestem Erfolge ausgeführt z.B. ohne Klemmapparat in
                              									Braunschweig, mehrfach in Frankreich, Rouen, Hâvre usw.; mit Klemmapparat in Italien
                              									z.B. in Genua, sogar bei ziemlich festliegendem Geleise.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 740
                              Fig. 5. Schienenschwetssung ohne Anwendung eines Klemmapparates für bereits
                                 										verlegte Schienen.
                              
                           Eine grosse Anzahl von Proben sind sowohl vom Schreiber dieser Zeilen als auch von
                              									Bahn Verwaltungen angestellt worden, um die Festigkeit der Schweisstelle zu prüfen,
                              									als auch um zu sehen, in welcher Weise die durch das Thermit erhitzte Stelle
                              									beeinflusst wird. Die Festigkeit,die im Kopf der Schiene durch die
                              
                              									Stumpfschweissung erzielt wird, ist etwa 80 v. H. der Festigkeit des
                              									Schienenmaterials auch bei sehr hartem Material. Eine Probe, die kürzlich seitens
                              									einer Firma genommen wurde, ergab eine Festigkeit von 87,2 v. H. des ursprünglichen
                              									Materials. Ferner sind Zerreissproben aus Schienenstücken geschnitten worden, die
                              									mit einem Thermiteisenumguss versehen waren in gleicher Weise wie wenn eine
                              									Schweissung vorgenommen werden sollte, um dem Stück genau dieselbe Wärme zu
                              									erteilen, die bei einer Schweissung den Schienen enden gegeben wird. Da die ganze
                              									Schweisszone nur etwa 150 mm lang ist, der Zerreisstab aber 200 mm, so lag in diesem
                              									die ganze erhitzte Stelle. Die Zahlen nun die aus einer nicht erhitzten Stelle der
                              									Schiene herrühren, und diejenigen, die aus der mit Thermit auf Schweisshitze
                              									gebrachten resultieren, stimmen fast ganz genau überein, ein Beweis dafür, dass ein
                              									irgendwie nennenswertes Weicher- oder Härter werden des Schienenmaterials durch die
                              									Schweissung mit Thermit nicht eintritt, wie dies die Praxis auch hinlänglich
                              									bewiesen hat. Aus 6 Parallel-Versuchen wurden folgende Zahlen erhalten:
                           Die Festigkeiten an sechs Rillenschienen schwankten zwischen 68,9 und 84,7 kg/qmm,
                              									während die Dehnung sich zwischen 8 und 16,5 v. H. hielt; bei den 6 mit Thermit
                              									umgossenen Stücken wurden
                           Festigkeiten zwischen 66,2 und 80,8 Kilo festgestellt, während die Dehnung zwischen
                              									9,5 und 12,5 v. H. blieb. Der Durchschnitt stellte sich fast gleich.
                           Eine grössere Anzahl Zerreissproben sind aus Kopf, Fuss und Hals profilgeschweisster
                              									Schienen entnommen. Die Festigkeiten schwankten hier zwischen 55,6 und 67,8 Kilo,
                              									der Durchschnitt beträgt über 62 Kilo. Daraus ergibt sich, dass nur die ganz kurze
                              									Schweisstelle selbst (ein Stück von etwa 1 bis 2 mm Länge) eine geringe Einbusse an
                              									Festigkeit durch die Schweissung erfahren hat. Das Schienenmaterial erleidet also
                              									neben der Schweisstelle keine Veränderung! Durch den gleichzeitig erfolgten
                              									angeschweissten Umguss wird aber schliesslich die Schweisstelle stärker als die
                              									Schiene selbst!
                           Werden die stumpfgeschweissten Schienen zerdrückt oder zerschlagen, so erfolgt der
                              									Bruch stets ausserhalb der Schweisstelle, zumeist sogar ganz ausserhalb der
                              									Schweisszone. Eine Erklärung für die gute Schweissung, die mit dem Thermit-Verfahren
                              									erzielt wird, ist darin zu suchen, dass die Schweissung unter völligem Luftabschluss
                              									stattfindet und dass ferner eine stets gleichmässige Wärmemenge unabhängig vom
                              									ausführenden Arbeiter der Schweissstelle durch die abgewogene
                              										„Schweissportion“ zuerteilt wird.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)