| Titel: | Die Verbrennungsmotoren auf der Deutschen Städte-Ausstellung in Dresden 1903. | 
| Autor: | Fr. Freytag | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 760 | 
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                        Die Verbrennungsmotoren auf der Deutschen
                           								Städte-Ausstellung in Dresden 1903.
                        Von Fr. Freytag,
                           									Chemnitz.
                        (Schluss von S. 742 d. Bd.)
                        Die Verbrennungsmotoren auf der Deutschen Städte-Ausstellung in
                           								Dresden 1903.
                        
                     
                        
                           Die Bauart des von der Maschinenfabrik Augsburg,
                                 										A.-G. in Augsburg ausgestellten Dieselmotors
                              									von 12 PS (normal), sowie die zum Betreiben desselben nötigen Behälter,
                              									Rohrleitungen für Druckluft, Petroleum, Kühlwasser usw. zeigen Fig. 22-27.
                           Fig. 28 gibt ein Schaubild des Motors.
                           Der Dieselmotor ist in den letzten Jahren mit
                              									wesentlichen Neuerungen versehen worden und erst dadurch zu einer betriebssicheren
                              									und brauchbaren Maschine geworden. Zwar werden bei den meisten bedeutsamen
                              									Erfindungen – und als eine solche ist der vor etwa 6 Jahren zuerst der
                              									Oeffentlichkeit übergebene Dieselmotor durchaus zu
                              									bezeichnen – Angriffe und Zweifel an den mit ihnen zu erreichenden Vorteilen usw.
                              									seitens der betreffenden Fachkreise selten fehlen, indess waren diese im
                              									vorliegenden Falle in einzelnen Punkten doch vollkommen berechtigt. Jedenfalls kam
                              									der Dieselmotor vor etwa 6 Jahren, was die Ausführung
                              									wichtiger Einzelteile desselben anbelangt, noch ziemlich unfertig auf den Markt und
                              									dies hat seiner Entwicklung sehr geschadet. Der seiner Zeit prophezeite grosse
                              									Erfolg ist ausgeblieben und erst in den letzten Jahren unter Aufwendung bedeutender
                              									Mittel und durch langjährige Erfahrungen derjenigen Firmen, die den Bau des Dieselmotors aufgenommen haben, erreicht worden.
                           Die reinliche und geruchlose Zufuhr und Verwendung des Brennstoffes bildet einen
                              									Hauptvorteil des Dieselmotors, insbesondere auch den in der Neuzeit wegen ihres
                              									höchst ökonomischen Betriebes sehr in Aufnahme gekommenen Sauggasanlagen gegenüber!
                              									Es werden aber auch die stetige Betriebsbereitschaft, leichte Ingangsetzung, seine
                              									Wirtschaftlichkeit bei schwankenden Belastungen usw., der Wegfall jeglicher Feuerung
                              									und Zündung und nicht zum wenigsten der geringe Raumbedarf dem Dieselmotor in vielen
                              									Fällen den Vorzug vor jedem anderen Motor sichern.
                           Die allgemeine Anordnung der Einzelteile des Dieselmotors, sowie seine Arbeitsweise
                              									darf aus früheren Veröffentlichungen als bekannt vorausgesetzt werden (s. D. p. J.
                              									1898, 308, 221, bezw. 1899, 312, 41). Es sei nur nochmals
                              									hervorgehoben, dass der Motor einseitig wirkend ist, und, wie zumeist alle kleineren
                              									Verbrennungsmotoren, im Viertakt arbeitet. Der Arbeitszylinder ist unten offen und
                              									oben durch einen Deckel geschlossen; letzterer enthält, wie Fig. 22 bezw. Fig. 23
                              									erkennen lassen, das Auspuffventil a, Einsaugventil e,
                              									Brennstoffventil b und das Anlassventil bezw.
                              									Luftentnahmeventil v für die Luftpumpe.
                           Sämtliche Ventile, mit aufgeschliffenen Ventilsitzen, werden zwangläufig mittels
                              									unrunder Scheiben s geöffnet und durch Federn geschlossen; erstere sitzen auf einer
                              									gemeinsamen Steuerwelle h, die halb soviel
                              									Umdrehungenmacht, als die Kurbelwelle. Zylinder und Deckel werden mit Wasser
                              									gekühlt. Durch die Brennstoffpumpe p (Fig. 25) wird die für
                              									die jeweilige Kraftleistung erforderliche Menge Brennstoff in das Brennstoffventil
                              										b gepumpt; in letzterem wird der Brennstoff mit
                              									Druckluft gemischt und alsdann im zerstäubten Zustande dem Arbeitszylinder
                              									zugeführt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 760
                              Diesel-Motor der Maschinenfabrik Augsburg.
                              
                           Die am Sockel des Motors angebrachte Luftpumpe l
                              									(Fig. 26 und 27) saugt die
                              
                              									Zerstäuberluft nicht mehr, wie früher, aus der Atmosphäre an, sondern entnimmt sie
                              									unter ungefähr 10 Atm. Spannung dem Arbeitszylinder und verdichtet sie sodann weiter
                              									auf den für die Einblasung des Brennstoffes erforderlichen Ueberdruck von etwa 60
                              									Atm. Zu dem Zwecke befindet sich im Zylinderdeckel noch ein kleines
                              									Ueberströmventil, das während der zweiten Hälfte des Verdichtungshubes geöffnet
                              									wird, wenn die Verdichtungsspannung im Zylinder 10 Atm. überschritten hat.
                              									Infolgedessen tritt aus dem letzteren etwas Luft in die während des Betriebes gegen
                              									das Anlassgefäss abgeschlossene Anlass-bezw. Ueberströmleitung, in der der Druck auf
                              									ungefähr. 10 Atm. steht. Die Höhe dieses Druckes wird durch das Regelventil für die
                              									Luftpumpe eingestellt. Aus der Anlassvorrichtung entnimmt nun die im Zweitakt
                              									arbeitende Luftpumpe ihren Luftbedarf und fördert ihn, nachdem die Verdichtung auf
                              									60 Atm. erfolgt ist, durch die Druckleitung zum Einblasegefäss. Von hier aus führt
                              									die Einblaseleitung zum Brennstoffventil.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 761
                              Diesel-Motor der Maschinenfabrik Augsburg.
                              
                           Der Hauptvorteil dieser neuen Anordnung besteht darin, dass die Luft in der Pumpe nur
                              									etwa auf das Sechsfache ihres Anfangsdruckes (von 10 auf 60 Atm.) zu verdichten ist,
                              									was leicht gelingt. Andererseits liegt ein bedeutender praktischer Vorteil in den
                              									geringen Abmessungen der Luftpumpe, die gegen früher auf etwa 1/14 verkleinert
                              									ist. Das Anlassen des Motors erfolgt mittels verdichteter Luft, die ebenfalls von
                              									der Luftpumpe l erzeugt und in dem Einblase-bezw.
                              									Anlassgefäss aufgespeichert wird. (Bei grösseren Motoren ist für die Einblase- und
                              									für die Anlassluft je ein besonderes Gefäss vorhanden.)
                           Die betreffenden Steuerhebel werden mittels eines Handgriffesr (Fig. 22) vor dem
                              									Anlassen in die Anlasstellung, und nachdem der Motor die für die Zündung nötige
                              									Geschwindigkeit besitzt, wieder in die Betriebsstellung gebracht (vergl. weiter
                              									unten).
                           Eine andere Neuerung am Dieselmotor besteht darin, dass
                              									zur Erhöhung der Betriebssicherheit an Stelle der zahlreichen engen Bohrungen, die
                              									früher zum Zwecke der Zerstäubung des eingeführten Brennstoffes notwendig erschienen
                              									und brausenartige Körper ergaben, eine einzige Bohrung von mehreren Millimetern
                              									Durchmesser (Brennstoff kegel) angeordnet ist. Ebenso ist am unteren Teil der die
                              									Brennstoffnadel umgebenden Zerstäuberhülse statt vieler feiner Löcher eine Anzahl
                              
                              									verhältnismässig tiefer und breiter Nuten eingeschnitten, durch die das Petroleum
                              									bis zum Brennstoffkegel tritt. Die eigentliche Zerstäubung erfolgt auch nicht mehr
                              									durch ein senkrecht gerolltes Drahtgeflecht aus Messinggaze, sondern durch einen
                              									sog. Plattenzerstäuber. Derselbe besteht aus vier
                              									ringförmigen Platten, die in Abständen von mehreren Millimetern übereinander liegen
                              									und deren 2 mm weite Löcher gegeneinander versetzt sind. Vor dem Eintritt in den
                              									Zylinder wird das Petroleum von der Zerstäuberluft durch diese Löcher mitgerissen
                              									und dadurch zerstäubt. Da der Ueberdruck der Zerstäuberluft beim Durchgang durch die
                              									Löcher ausserordentlich gross ist und die Löcher hinreichend weit sind, so dürfte
                              									eine Verschmutzung derselben ausgeschlossen sein, während sich die engen Maschen des
                              									früheren Zerstäubungssiebes leicht zusetzen konnten.
                           Eine weitere bedeutungsvolle Neuerung betrifft die Regelung des Dieselmotors. Während bei seinen
                              									ersten Ausführungen die Zufuhr des Brennstoffes in den Zylinder durch einen vom
                              									Regulator beeinflussten Keil, von dessen jeweiliger Stellung das frühere oder
                              									spätere Oeffnen eines Ueberlaufventiles abhing, der Belastung der Maschine
                              									entsprechend geregelt wurde (s. 1899, 311, 41), dienten
                              									später hierzu zwei mit entgegengesetzten Schraubengewinden an ihren Enden versehene
                              									Stangen (s. 1901, 316, 571). Durch die von einem
                              									Zentrifugalregulator bewirkte achsiale Verdrehung der einen Stange wurde die
                              									Gesamtlänge eines zugehörigen Gestänges verändert und damit der Augenblick des
                              									Aufsitzens des Saugventiles der Brennstoffpumpe auf seinen Sitz verschoben – sonach
                              									die Menge des für jeden Verbrennungshub zur Einspritzung gelangenden Petroleums
                              									genau eingestellt.
                           Auch diese Regelungseinrichtung arbeitete für die Dauer nicht zufriedenstellend. Es
                              									entstand in den Schraubengewinden leicht toter Gang, ferner stellte sich der
                              									erforderliche Regulatorhub als zu gross heraus. Deshalb ist neuerdings an den Dieselmotoren, die aus den Fig. 29-32 ersichtliche
                              									Regelungseinrichtung in Anwendung gekommen.
                           Das Druckventil d der Brennstoffpumpe ist selbsttätig,
                              									während das Saugventil s derselben durch die Stange u mit einem Hebel h in
                              									Verbindung steht, der mit einem Ende am Regulator aufgehängt ist. Der Aufhängepunkt
                              										f kann, so lange der Regulator seine Stellung nicht
                              									ändert, als Festpunkt betrachtet werden. Das andere Ende g des Hebels wird durch die auf der Steuerwelle sitzende Kurbel i, die
                              									auch den Pumpenkolben k antreibt, hin- und herbewegt,
                              									was ein Oeffnen und Schliessen des Saugventils zur Folge hat. Verstellt der
                              									Regulator den Aufhängepunkt f und zwar z.B. bei
                              									zunehmender Geschwindigkeit des Motors nach oben, so schliesst das Saugventil erst
                              									später und öffnet wieder früher, sodass insgesamt weniger Petroleum gefördert
                              									wird.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 762
                              Diesel-Motor der Maschinenfabrik Augsburg; 1. Brennstoffbehälter; 2. Zur
                                 										Brennstoffpumpe; 3. Einblase- bezw. Anlassgefäss; 4. Ueberströmleitung; 5.
                                 										Einblaseleitung; 6. Kühlwasserabfluss; 7. Schmierölpumpe.
                              
                           
                           Dabei findet nur eine äusserst geringe Rückwirkung auf den Regulator statt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 763
                              Fig. 28. Diesel-Motor der Maschinenfabrik Augsburg.
                              
                           Beim Anlassen des Motors muss das Brennstoffventil geschlossen bleiben und das
                              									Anlassventil geöffnet werden, damit Druckluft aus dem Anlassgefäss in den
                              									Arbeitszylinder eintreten und den Kolben in Bewegung setzen kann. Die Hebel b1 und v1 (Fig. 22) für
                              									das Brennstoff- bezw. das Anlassventil sitzen deshalb nebeneinander auf einer
                              									exzentrischen Hülse t, die durch den bereits genannten
                              									Handhebel r verstellt werden kann. In der Anlasstellung
                              									steht die Hülse bei wagerechter Lage des Handhebels (in Fig. 22 punktiert
                              									angegeben) so, dass die Rolle des Hebels b1 von ihrer Nockenscheibe absteht und daher
                              									von dieser nicht bewegt wird,während gleichzeitig die Rolle des Hebels v1 an der
                              									zugehörigen Nockenscheibe anliegt und somit vom Anlassnocken getroffen wird. Durch
                              									Drehen am Handhebel r nach oben wird die
                              									Betriebsstellung herbeigeführt. Es steht dann der Anlasshebel b1 von seiner
                              									Nockenscheibe ab und bleibt daher in Ruhe, wohingegen der Brennstoffhebel v1 nunmehr mit
                              
                              									seiner Rolle an der zugehörigen Nockenscheibe anliegt und von dieser bewegt
                              									wird.
                           Die Ergebnisse von Versuchen, die Professor Meyer am 9.
                              									und 10. Juni 1902 auf dem Probierstande der Maschinenfabrik
                                 										Augsburg an einem Dieselmotor der vorbeschriebenen Bauart von 8 effektiven
                              									Pferdestärken (normal) anstellte, sind in der obenstehenden Tabelle
                              									zusammengestellt.
                           Versuche am 8pferdigen Dieselmotor.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 763
                              Oelsorte; Russisches Petroleum;
                                 										Versuchsnummer; Datum; Der Versuch dauerte; Mittlere Umdrehungszahl der
                                 										Kurbelwelle i. d. Minute; Bremsarbeit; Positive indizierte Mittelspannung;
                                 										Positive indizierte Arbeit; Indizierter Arbeitsverbrauch der Luftpumpe;
                                 										Indizierte Arbeit; Mechanischer Wirkungsgrad; Oelverbrauch für 1 Std.;
                                 										Olverbrauch für 1 PSi/Std.; Oelverbrauch für 1 PSe/Std; Belastung
                              
                           
                           Der Arbeitszylinder des Motors hat 165,0 mm Durchmesser bei 269,5 mm Hub; die
                              									zugehörige Luftpumpe besitzt 25 mm Durchmesser und 50 mm Hub. An der letzteren
                              									konnten Diagramme nicht genommen werden; es wurde die indizierte Mittelspannung in
                              									der Luftpumpe auf Grund von Diagrammen an einem 70pferdigen Motor zu 20 kg/qcm
                              									geschätzt. Die Versuche wurden mit russischem Petroleum durchgeführt, das bei 18,7°
                              									C. ein spezifisches Gewicht von 0,806 kg/l besitzt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 764
                              Regelungseinrichtung zum Diesel-Motor.
                              
                           Diagramme mit schwacher Feder, aus denen der Arbeitsverbrauch beim Ansaugen der Luft
                              									in den Arbeitszylinder und beim Auspuffen der Verbrennungsrückstände festgestellt
                              									werden kann, wurden ebenfalls nicht genommen. Bei der Bildung der indizierten Arbeit
                              									ist daher dieser Arbeitsverbrauch, der nach früheren Versuchen ungefähr 1 v. H. der
                              									Leistung bei Vollbelastung beträgt, nicht in Abzug gebracht, was bei der Beurteilung
                              									des Oelverbrauches für 1 PSi/Std. und des mechanischen Wirkungsgrades im Auge zu
                              									behalten ist. Bemerkenswert ist der geringe Oelverbrauch. Nimmt man den Heizwert des
                              									russischen Petroleums zu rd. 10300 WE an (nach
                              									Versuchen von Prof. Schröter), so wurden bei den
                              									Versuchen
                           unter Vollbelastung \frac{632}{0,219\cdot 10300}=28\mbox{ V.H.,}
                           unter normaler Belastung \frac{632}{0,224\cdot 10300}=27,4\mbox{ V.H.}
                           und unter halber Belastung \frac{632}{0,260\cdot 10300}=23,6\mbox{ V.H.,}
                           der im Brennstoffe enthaltenen Wärme in Nutzarbeit
                              									umgewandelt.
                           In indizierte Arbeit (ohne Berücksichtigung des Arbeitsverbrauches für Ansaugen und
                              									Auspuffen im Arbeitszylinder) wurden 35,3 bis 37,4 v. H. der Brennstoffwärme
                              									verwandelt.
                           Der Auspuff war bei Vollbelastung ganz wenig sichtbar, was andeutet, dass man mit der
                              									Menge des zugeführten Petroleums an der Grenze angelangt ist, wo wegen Luftmangel
                              									die Verbrennung unvollständig zu werden beginnt. Bei den übrigen Versuchen war der
                              									Auspuff unsichtbar und stets geruchlos.
                           Bei Versuch I (8,88 PSe) betrug der
                              									Kühlwasserverbrauch 135 1 in der Stunde, das Wasser wurde dabei von 11° auf 63°
                              									erwärmt.
                           Bei Versuch IV (10,04 PSe) waren diese Zahlen 98 l in
                              									der Stunde, 11° und 75°.
                           Während sonst bei allen Versuchen am 8 PSe-Motor der
                              									Regulator durch ein angehängtes Gewicht belastet war, arbeitete er bei Versuch I
                              									ohne dieses Gewicht. Hieraus erklärt sich die hohe Umdrehungszahl dieses
                              									Versuches.