| Titel: | Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für Kohle, Erze und Koks. | 
| Autor: | Georg v. Hanffstengel | 
| Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 811 | 
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                        Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für
                           								Kohle, Erze und Koks.
                        Von Georg v. Hanffstengel,
                           								Ingenieur.
                        (Fortsetzung von S. 343 d. Bd.)
                        Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für Kohle, Erze und
                           								Koks.
                        
                     
                        
                           
                              
                              Automatische Bahnen.
                              
                           Unter diesem Namen seien solche Bahnen zusammengefasst, die keiner besonderen
                              									Triebkraft bedürfen, sondern das Gewicht der Ladung zur Ueberwindung des
                              									Fahrwiderstandes benutzen. Ein solcher Betrieb ist möglich, wenn die Bahn mit
                              									genügendem Gefälle, mindestens etwa 3 v. H., verlegt werden kann, und die Kohle nur
                              									in einer Richtung, bergab, gefördert zu werden braucht. Erhöhung des
                              									Fahrwiderstandes durch Kurven erschwert natürlich die Anlage der Bahn bezw.
                              									erfordert grösseren Ueberschuss an Arbeitsvermögen.
                           Die bekannteste Anwendung des angeführten Prinzips ist die Bremsbergförderung,
                              									die Fig. 252 schematisch darstellt. Ueber eine mit
                              									Bremse versehene Scheibe oder Trommel ist ein Seil geschlungen, an dessen Enden der
                              									volle Wagen oben und der leere unten angeschlagen werden. Die Bremse wird durch ein
                              									in der Figur nicht wiedergegebenes Gewicht geschlossen gehalten. Wird sie gelüftet,
                              									so geht der gefüllte Wagen nach unten und zieht den leeren aufwärts. Die
                              
                              									Geschwindigkeit lässt sich mit der Bremse regeln.
                           Die Wagen können nur bei Gefällen bis etwa 30° unmittelbar auf den Schienen laufen, bei steilerer
                              									Steigung ist ein Gestell nach Fig. 253 notwendig.
                           Die Leistung eines solchen Bremsberges lässt sich erhöhen durch Förderung von Zügen
                              									an Stelle einzelner Wagen, oder durch Anwendung eines endlosen, dauernd in derselben
                              									Richtung laufenden Seiles, an das die Wagen beliebig angeschlagen werden. Bei
                              									grösserem Gefälle kann sich ein erheblicher Ueberschuss an Arbeitsvermögen ergeben,
                              									der, statt durch die Bremse vernichtet zu werden, bei der letzteren Anordnung unter
                              									günstigen Verhältnissen anderweitig verwandt werden kann.Vergl. Die Entwicklung des
                                    											Rheinisch-Westfälischen Steinkohlenbergbaues, Band 5, Seite 192. In der dort
                                    											beschriebenen Anlage wird von der Kettenscheibe des Bremsberges aus eine
                                    											Seilförderung angetrieben. Die genannte Quelle liefert überhaupt
                                    											ausführliche Angaben über Bremsberge.
                           Statt zwei Geleise für den vollen und den leeren Wagen nebeneinander zu legen, kann
                              									man durch den abwärts gehenden Wagen ein zwischen den Schienen laufendes
                              
                              									Gegengewicht heben lassen, das sodann den leeren Wagen zurückzieht, und spart auf
                              									diese Weise an Raum.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 811
                              Fig. 252. Bremsbergförderung.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 811
                              Fig. 253. Untergestell für Bremsbergförderung.
                              
                           Es ist indessen bei einer automatischen Bahn dieser Art nicht unbedingt notwendig,
                              									Wagen und Gegengewicht während der ganzen Fahrt miteinander zu verbinden, sondern
                              									die Anordnung kann auch so getroffen werden, dass der beladene Wagen zunächst frei
                              									auf der geneigten Bahn abwärts rollt, wobei er eine ziemlich grosse Geschwindigkeit
                              									erhält. Kurz vor der Entleerungsstelle trifft er auf einen mit dem Gegengewicht
                              									verbundenen Anschlag and hebt vermöge seiner lebendigen Kraft das Gewicht, das
                              									sodann den leeren Wagen zurückwirft. Natürlich ist es dabei notwendig, dem Geleise
                              									ein ganz bestimmtes, vom Fahrwiderstande abhängiges Gefälle zu geben, damit der
                              									Wagen die gewünschte Geschwindigkeit einhält.
                           Diese Idee liegt der automatischen Bahn von C. W. Hunt
                              									in New York zu Grunde, die in Deutschland von J.
                                 										Pohlig, Köln, ausgeführt wird.
                           Nach der schematischen Skizze Fig. 254 ist das Gleis
                              									an der Stelle, wo der Wagen beladen wird, wagerecht. Meistens wird die automatische
                              									Bahn in Verbindung mit einem Elevator ausgeführt und die Kohle aus einem Trichter
                              									abgezapft. Ist der Wagen voll, so wird er in der Regel zunächst gewogen und dann von
                              									dem Arbeiter eine kurze Strecke bis zum Punkte a
                              
                              									geschoben, wo die geneigte Bahn beginnt. Da von a bis
                              										b das Gefälle ziemlich gross ist, so beschleunigt
                              									sich der Wagen rasch. Der Rest des Geleises hat geringeres Gefälle, sodass die
                              
                              									Geschwindigkeit des Wagens nicht mehr oder nur noch langsam wächst. An beliebiger
                              									Stelle der Bahn ist der Entladefrosch c befestigt.
                              									Stösst der Verschlusshebel des Wagens gegen diesen Anschlag, so öffnensich die
                              									Seitenklappen, und die Kohle fällt von der Hochbahn auf den Lagerplatz.
                           Kurz ehe der Wagen den Entladefrosch erreicht, trifft er auf den an dem endlosen
                              									Gegengewichtsseil festgeklemmten Mitnehmer e, der auf
                              									den Schienen gleitet, und hebt durch seine lebendige Kraft das Gewicht. Der Abstand
                              									zwischen Mitnehmer und Entladefrosch ist so zu bemessen, dass der Wagen nahezu zur
                              									Ruhe kommt, bevor er sich entleert, sodass möglichst die gesamte lebendige Kraft der
                              									Ladung ausgenutzt wird. Das zurückfallende Gewicht schnellt den leeren Wagen in
                              									seine Anfangsstellung zurück. Die grösste Geschwindigkeit beträgt etwa 5 bis 7
                              									m/Sek.
                           Um den heftigen Stoss zu vermeiden, der beim Auftreffen des Wagens auf den Mitnehmer
                              									entstehen müsste, wenn das Seil unmittelbar durch das Gegengewicht belastet wäre,
                              
                              									hängt Hunt das Gegengewicht, das aus einem dreieckigen
                              									hölzernen Kasten mit geeigneter Füllung besteht, nach Fig.
                                 										254 an einer an das endlose Seil angeschlossenen Laufrolle auf. Da die
                              									Hängestange im Ruhezustande sich senkrecht einstellt, so ist im Augenblicke des
                              									Auftreffens die am Seil erforderliche Zugkraft theoretisch = 0, und wächst
                              									allmählich mit der Verschiebung des Wagens nach links. So wird die Bewegung
                              									stossfrei eingeleitet, und das Gewicht kommt beim Zurückschwingen ebenso allmählich
                              									zur Ruhe.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 318, S. 811
                              Fig. 254. Automatische Bahn von Hunt.
                              
                           Da die Geschwindigkeit nicht beliebig gesteigert werden kann, so ist die Länge einer
                              									solchen Bahn begrenzt. Pohlig gibt als grösste Länge
                              									250 m an. Bei dieser Entfernung wird der leere Wagen noch mit Sicherheit
                              									zurückgeworfen und es ist höchstens zum Schluss eine geringe Nachhilfe von Seiten
                              									des Arbeiters erforderlich. Die Leistung ist bei der grossen Schnelligkeit der
                              									Bewegung sehr hoch, sodass eine Bahn leicht die von zwei Elevatoren gehobene Kohle,
                              									das ist etwa 80 t in der Stunde, weiterbefördern kann. Der Wageninhalt beträgt
                              									normal rund 2 t.
                           Die Bahn kann fest oder als fahrbare Brücke ausgeführt werden, in derselben Weise
                              									wie bewegliche Hochbahnkrane. Die Temperaturausdehnung längerer Brücken macht Hunt dadurch unschädlich, dass er das eine Ende an
                              									Zugstangen pendelnd aufhängt.
                           Für Stückkohle, Koks oder andere empfindliche Materialien ist die beschriebene
                              									Vorrichtung in der Regel nicht verwendbar,weil der Sturz auf den Lagerplatz die
                              									Qualität schädigen würde. Hauptvorzüge gegenüber Hochbahnkranen sind die grosse
                              									Leistungsfähigkeit und ausserordentliche Einfachheit im Betriebe. Ein weiterer
                              									Vorteil ist, dass die Kohle leicht gewogen werden kann.