| Titel: | Neuerungen aus einigen Gebieten der Starkstromtechnik. | 
| Autor: | K. Kahle | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 56 | 
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                        Neuerungen aus einigen Gebieten der
                           								Starkstromtechnik.
                        Von Regierungsrat Dr. K. Kahle,
                           									Charlottenburg.
                        (Fortsetzung von S. 41 d. Bd.)
                        Neuerungen aus einigen Gebieten der Starkstromtechnik.
                        
                     
                        
                           II. Regelungs- und
                                 										Sicherheitsvorrichtungen.
                           
                              Anlaßvorrichtungen.
                              Anlaß- und Regelungsvorrichtungen gibt es in den verschiedensten Ausführungen.
                                 										Jede Fabrik hat ihre eigenen Modelle, die sich nur in baulicher Hinsicht
                                 										voneinander unterscheiden. In dem Maße, in dem sich der elektrische Antrieb
                                 										immer größere Gebiete erobert, wächst auch die Zahl der Ausführungen, da jeder
                                 										Antrieb besondere Eigentümlichkeiten aufweist und besondere Anforderungen in der
                                 										Art des Anlassens der Arbeitsmaschine stellt. Meistens kommt es darauf an, die
                                 										Arbeitsmaschine und auch den Elektromotor vor plötzlichen Stößen und vor
                                 										Ueberlastung zu schützen. Die große Zahl der diesen Bedingungen genügenden
                                 										Anlasser ist in letzter Zeit durch eine neue Ausführungsform der Felten & Guilleaume-Lahmeyer-Werke vergrößert worden.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 323, S. 56
                                 Fig. 34.Schematische Darstellung eines Anlassers für langsame
                                    											Einschaltung.
                                 
                              Fig. 34 zeigt die schematische Darstellung eines
                                 										solchen Anlassers. Der Winkelhebel a ist auf dem
                                 										Zapfen b drehbar gelagert und trägt an dem einen
                                 										Ende den Handgriff c, an dem anderen eine
                                 										Sperrklinke g mit Feder h. Exzentrisch zu diesem Winkelhebel ist der Kontakthebel d auf dem Zapfen e drehbar gelagert. Mit dem Kontakthebel d ist ein Zahnsegment f starr verbunden,
                                 										dessen Zahnkreis x zu e konzentrisch ist.
                              Die Wirkungsweise des Apparates ist, wenn der Kontakthebel d in der Anfangsstellung, also auf Kontakt 1 steht, folgende: Der Winkelhebel a wird mittels des Handgriffes c aus seiner äußersten rechten Stellung, in der er
                                 										gegen den Anschlag k anliegt, so weit nach links
                                 										gedreht, bis er mit seinem Nocken l an den
                                 										Kontakthebel d stößt, und alsdann wieder nach
                                 										rechts zurückgedreht. Die Drehpunkte b und e beider Hebel sind nun so angeordnet, daß beim
                                 										Zurückbewegen des Winkelhebels dessen Sperrklinke g
                                 										erst kurz vor Erreichung der rechten Endstellung mit dem Zahn 2 des Segments in Eingriff kommt und den
                                 										Kontakthebel d bei der Weiterbewegung des
                                 										Winkelhebels bis zum Anschlag k nur bis zum Kontakt
                                 										2 mitnimmt.
                              Um den Kontakthebel auf Kontakt 3 zu bringen, muß
                                 										der Winkelhebel a von neuem nach links bewegt
                                 										werden und bringt beim Zurückbewegen nach rechts mit der Sperrklinke, die jetzt
                                 										in Zahn 3 eingreift, den Kontakthebel auf Kontakt
                                 											3.
                              Um also den Kontakthebel von der Anfangsstellung in die Endstellung zu bringen,
                                 										muß das Hin- und Herbewegen des Winkelhebels so oft wiederholt werden, als
                                 										Kontaktstufen vorhanden sind.
                              Beim Ausschalten wird dagegen der Handhebel nur links umgelegt und nimmt dabei
                                 										mittels des Nocken l den Kontakthebel d bis in die Anfangsstellung in einem Zuge mit,
                                 										ohne daß ein mehrmaliges Hin- und Herbewegen nötig wäre.
                              
                              Die praktische Ausführung eines solchen Anlassers für Gleichstrom mit
                                 										zweipoligem Hauptschalter zeigt Fig. 35; in
                                 										dieser Form wird er für Leistungen von ¼ bis 17 PS gebaut.
                              Vielfach wird die Einschaltung des Motors dadurch gänzlich unabhängig von der
                                 										Hand des Bedienenden gemacht, daß nach Schließen eines Schalters, z.B. durch
                                 										Druck auf einen Knopf, ein Motor, ein Solenoid oder eine Reihe voneinander
                                 										abhängiger Relais eingeschaltet wird, die ein allmähliches Abschalten der
                                 										Widerstandsstufen bewirken. Solche selbsttätige Motor- oder Relaisanlasser sind
                                 										hauptsächlich im Aufzugsbetriebe gebräuchlich und erfordern eine große Anzahl
                                 										empfindlicher Teile.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 323, S. 57
                                 Fig. 35.Anlasser für Gleichstrom mit zweipoligem
                                    											Hauptschalter.
                                 
                              KallmannElektrot. Zeitschr. 1907, S. 485, 518. hat den
                                 										mechanischen Teil dieser selbsttätigen Anlasser dadurch zu vereinfachen
                                 										versucht, daß er in ihnen selbst veränderliche Widerstände benutzt, die während
                                 										der Einschaltperiode selbsttätig ihren Widerstand erniedrigen und daher garnicht
                                 										oder doch im geringeren Maße in abschaltbare Stufen unterteilt zu werden
                                 										brauchen, wie die bisher üblichen Anlaßwiderstände. Es liege nahe hierzu
                                 										Widerstände mit hohem negativen Temperaturkoeffizienten, wie Kohle und Leiter
                                 										zweiter Klasse, zu benutzen.
                              Diese Körper ändern sich jedoch für den vorliegenden Zweck nicht genügend oder
                                 										besitzen nicht die erforderliche Beständigkeit. Kallmann schlägt daher gerade den entgegengesetzten Weg ein und
                                 										benutzt Widerstände mit hohem positiven Temperaturkoeffizienten, die im
                                 										Augenblicke des Einschaltens hoch erhitzt werden und bei der zufolge des
                                 										Anlaufens des Motors abfallenden Stromstärke sich abkühlen, besser leitend
                                 										werden und damit im Sinne der Konstanthaltung der Stromstärke wirken.
                              Um den Vorgang an einem idealen Beispiele zu erläutern, denken wir uns einmal
                                 										einen Motor in Reihe mit einem Widerstand von hohen positiven
                                 										Temperaturkoeffizienten. Im Augenblicke des Einschaltens übt der Motor eine
                                 										elektromotorische Gegenkraft nicht aus, der Widerstand nimmt die gesamte Energie
                                 										auf und erhitzt sich dabei hoch, etwa auf Rotglut.
                              Während dieses Vorganges, der sich in einem Bruchteil einer Sekunde abspielt,
                                 										setzt sich der Motor allmählich in Gang, entwickelt eine geringe
                                 										elektromotorische Kraft, und schützt dadurch den Widerstand vor dem
                                 										Durchbrennen. In dem Maße, in dem die Geschwindigkeit des Motors steigt,
                                 										verschiebt sich die Energie von dem Widerstände auf den Motor, und es wäre unter
                                 										Annahme eines sich sprungweise ändernden Widerstandes theoretisch denkbar, daß
                                 										sich dieser Vorgang nur unter ganz geringfügiger Aenderung der Stromstärke, im
                                 										wesentlichen nur unter Verschiebung der Spannung vom Widerstände auf den Motor
                                 										vollzöge. Damit wäre ein ideales Anlaßverfahren gewonnen, das gestattete, vom
                                 										Augenblicke des Einschaltens an den Motor während der ganzen Anlaßperiode mit
                                 										dem normalen Strom zu speisen.
                              Diesem Ideale sucht Kallmann durch Benutzung der zum
                                 										Schütze der Nernst- Lampen gebräuchlichen
                                 										hocherhitzten Eisenwiderstände, die sich in einer Atmosphäre eines indifferenten
                                 										Gases, wie Stickstoff, befinden, nachzukommen. Fig. 36 stellt die Charakteristik dieser
                                 											„Variationswiderstände“ dar, d.h. die Beziehung zwischen der
                                 										Stromstärke und der Spannung an den Enden des Widerstandes. Während der
                                 										Anlaßperiode befindet sich der Widerstand auf der durch den senkrechten Teil der
                                 										Charakteristik bezeichneten kritischen Temperatur (etwa Rotglut), wo ohne
                                 										wesentliche Aenderung der Stromstärke die Spannung an den Enden des Widerstandes
                                 										auf den vierten Teil sinken und der Rest im Falle der Vorschaltung eines Motors
                                 										auf diesen übergehen kann.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 323, S. 57
                                 Fig. 36.Charakteristik der Variationswiderstände.
                                 
                              Um den Eisenwiderständen diese Eigenschaft zu verleihen, sind sie so zu bemessen,
                                 										daß sie nur geringe Wärmekapazität besitzen, d.h. daß die in ihnen beim
                                 										Einschalten entwickelte Stromstärke eine augenblickliche Erhitzung bewirkt. Die
                                 										Widerstandsdrähte sind daher dünn zu wählen und in Glasgefäße einzuschließen,
                                 										die behufs Verringerung der Wärmeabgabe am besten ganz oder doch wenigstens
                                 										teilweise zu evakuieren sind. Widerstände für stärkeren Strom werden aus dem
                                 										gleichen Grunde aus mehreren parallel geschalteten dünnen Drähten gebildet. Die
                                 										Eigenschaft dieser Widerstände, zunächst die Spannung aufzunehmen und sie dann
                                 										an den Motor abzugeben, bezeichnet Kallmann als
                                 										Elastizität der Variationswiderstände. Man hat es nun in der Hand, diese
                                 										Elastizität durch die Abmessungen der Drähte, durch die Höhe des Luftdrucks in
                                 										den Glasgefäßen und durch Vorschaltung von gewöhnlichen Widerständen den
                                 										Betriebsbedingungen des Motors anzupassen.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 323, S. 57
                                 Fig. 37.Variationsanlasser (offen).
                                 
                              Eine völlig selbsttätige Einschaltung der Motoren scheint sich aber doch nicht
                                 										mit den Variationswiderständen allein bewirken zu lassen, dann würde während des
                                 										Betriebes nutzlos Energie vorgehen. Kallmann wendet
                                 										daher in Verbindung mit ihnen die für gewöhnliche Widerstände bekannten
                                 										Relaisschaltungen an, behält dann aber immer noch den Vorteil, daß er ein
                                 										stoßfreies Anlaufen des Motors mit weniger Schaltstufen erreicht und daher an
                                 										Platz spart und den ganzen Aufbau des Anlassers vereinfacht. Fig. 37 zeigt den Aufbau eines
                                 										Variationsanlassers. Man erkennt in der Mitte das Relais und an den Seiten die
                                 										in Glasgefäße eingeschlossenen Widerstände.
                              
                           
                              Sicherheitsvorrichtungen.
                              Die Sicherheit eines elektrischen Leitungsnetzes und der damit verbundenen
                                 										Apparate wird gefährdet, wenn der Strom oder die Spannung den normalen Wert
                                 										überschreitet, und geeignete Vorrichtungen gegen solche Ueberströme und
                                 										-spannungen erfordert. Zum Schutze gegen übermäßige Stromstärken dienen
                                 										bekanntlich die Schmelzsicherungen und die selbsttätigen Ausschalter, die eine
                                 										Abschaltung des gefährdeten Leitungsteiles bewirken. Begnügte man sich früher
                                 										damit, diese Schutzvorrichtungen so auszugestalten, daß sie bei einer bestimmten
                                 										maximalen Stromstärke unbedingt die Stromunterbrechung herbeiführten, so stellt
                                 										man heute an sie die Anforderung, daß sie eine gewisse Ueberschreitung der
                                 										normalen Stromstärke eine Zeit lang zulassen, ehe sie abschalten, bei Kurzschluß
                                 										aber sofort den Strom unterbrechen.
                              
                              Eine interessante Arbeit, die das Verhalten der Schmelzsicherungen bei den
                                 										verschiedenartigsten Ueberlastungen klar stellt und dem Techniker Mittel an die
                                 										Hand gibt, die Schmelzsicherungen den Anforderungen jeder Betriebsart
                                 										entsprechend zu konstruieren, ist in jüngster Zeit von G. I. MeyerElektrot.
                                       												Zeitschr. 1907, S. 430, 460. veröffentlicht worden. Die ganze
                                 										Arbeit basiert auf einer komplizierten, mathematischen Formel, aus der sich für
                                 										jede Stromstärke aus den Abmessungen, den Materialkonstanten und den
                                 										Abkühlungsverhältnissen die Temperatur der Schmelzsicherung berechnen läßt. Aus
                                 										dieser Formel läßt sich eine weitere Formel für den „Grenzstrom“ der
                                 										Schmelzsicherung aufstellen, d.h. derjenige Strom berechnen, bei dem bei
                                 										unendlich langer Einschaltung die Sicherung durchschmilzt. Dieser Grenzstrom
                                 										gibt ein Maß für die Belastungsfähigkeit der Sicherung. Ihre
                                 										Ueberlastungsfähigkeit oder „Trägheit“, wie Meyer sagt, hängt von der Zeit ab, die verfließt, bis die Sicherung
                                 										bei einer den Grenzstrom um einen bestimmten Betrag überschreitenden Stromstärke
                                 										durchschmilzt. Auch für die Trägheit wird unter der Annahme, daß die Wärmezufuhr
                                 										gleich der Wärmeaufnahme ist, daß also kein Wärmeverlust stattfindet, eine
                                 										Formel aus der allgemeinen Erwärmungsformel abgeleitet. Führt man nun zur
                                 										Bestimmung der Trägheit den Grenzstrom ein, so erhält man die „relative
                                    											Trägheit“, die im Verein mit dem Schmelzpunkt und der Masse der
                                 										Sicherung die Gesichtspunkte liefert, nach denen das Material für den
                                 										Schmelzeinsatz einer Sicherung von bestimmter Grenzstromstärke auszuwählen ist.
                                 										Werden freiliegende, runde Schmelzeinsätze von solcher Länge zugrunde gelegt,
                                 										daß die Temperatur des mittleren Teils durch die Enden nicht wesentlich
                                 										beeinflußt wird, so werden die Schmelzeinsätze je nach dem Material, aus dem sie
                                 										bestehen, unter der Voraussetzung gleicher Grenzstromstärke verschiedene
                                 										Trägheit und verschiedene Masse besitzen. Diese Beziehungen zwischen Grenzstrom,
                                 										Trägheit und Masse sind aus der folgenden Tabelle zu ersehen, die für die
                                 										einzelnen Materialien die Trägheit und Masse im Verhältnis zum Kupfer angeben,
                                 										dessen Trägheit und Masse gleich 1 gesetzt ist.
                              
                                 
                                    Material
                                    Trägheit
                                    Schmelz-punkt
                                    Masse
                                    
                                 
                                    Aluminium
                                    3,04
                                    600
                                      3,08
                                    
                                 
                                    Blei
                                    6,08
                                      325
                                    20,25
                                    
                                 
                                    Kupfer
                                    1,00
                                    1054
                                      1,00
                                    
                                 
                                    Messing
                                    0,47
                                    1015
                                      1,61
                                    
                                 
                                    Nickel
                                    0,36
                                    1400
                                      1,72
                                    
                                 
                                    Prima-Prima
                                    1,06
                                    1250
                                      2,60
                                    
                                 
                                    Silber
                                    1,66
                                      954
                                      1,47
                                    
                                 
                                    Weichlot60 v. H. Sn + 40 v. H. Pb
                                    3,10
                                      135
                                    14,4
                                    
                                 
                                    Zinn
                                    7,00
                                      230
                                    13,9
                                    
                                 
                                    Zink
                                    7,60
                                      412
                                      8,18
                                    
                                 
                              In der Praxis wird man nun Materialien vermeiden, deren Schmelzpunkt zu hoch
                                 										liegt und die eine zu große Masse liefern. Denn bei hohem Schmelzpunkt sind
                                 										übermäßige Erwärmungen der umliegenden Teile zu befürchten und mit Zunahme der
                                 										Masse steigern sich die Explosionserscheinungen beim Durchschmelzen der
                                 										Sicherung. Bezüglich der Trägheit muß man sich nach den Betriebsbedingungen
                                 										richten, die für die zu schützenden Leitungen und Apparate gelten. Für Motoren-
                                 										und auch für Bogenlampenkreise, in denen häufig der Strom auf kurze Zeit seine
                                 										normale Stärke erheblich überschreitet, sollte man träge Sicherungen, in
                                 										Glühlampenkreisen aber empfindlichere Sicherungen benutzen.
                              Diese auf rein theoretischem Wege gewonnenen Ergebnisse geben wohl einen
                                 										wertvollen Anhalt, wie man bei der Konstruktion von Sicherungen den
                                 										Betriebsbedingungen Rechnung zu tragen hat, sie dürfen aber nicht zu der Ansicht
                                 										verleiten, als sei es mit Hilfe der Schmelzsicherungen möglich, eine genaue
                                 										Unterscheidung zwischen den ungefährlich kurz dauernden Ueberlastungen und den
                                 										schädlichen Kurzschlüssen durchzuführen. Die Ventilationsverhältnisse einer
                                 										Sicherung hängen von einer Reihe unkontrollierbarer und veränderlicher
                                 										Nebenumstände ab, außerdem ist das Durchschmelzen einer Sicherung auch sehr von
                                 										dem voraufgegangenen Betriebszustande abhängig. Bei sehr hohen Stromstärken, wie
                                 										sie heutzutage in den großen Lichtzentralen und Kraftübertragungsanlagen üblich
                                 										sind, versagen sie völlig, da sich ihre Eigenschaften dann überhaupt nicht mehr
                                 										mit einiger Genauigkeit vorausberechnen lassen und da sie überdies erhebliche
                                 										Energiemengen verbrauchen würden. Aber gerade hier sind sichere, genau
                                 										abgestimmte Vorrichtungen erforderlich, die die weitvollen Maschinen und Anlagen
                                 										bei einem gefährlichen Kurzschlusse sofort abschalten, aber bei zufälliger
                                 										kurzdauernder Ueberlastung eines Zweiges eine störende Unterbrechung nicht
                                 										herbeiführen.
                              Dieser Aufgabe sind allein die selbsttätigen elektromagnetischen Ausschalter
                                 										gewachsen, deren Auslösung von der Wirkung eines Zeitrelais abhängig gemacht
                                 										wird. Diese Zeitstromschalter bestehen aus einem in dem zu schützenden
                                 										Stromkreise liegenden Starkstromschalter, der unter Ueberwindung einer
                                 										Gegenkraft in die Geschlossenstellung gebracht und durch eine Sperrung in dieser
                                 										Lage gehalten wird. Die Sperrung steht nun entweder direkt oder unter
                                 										Vermittlung eines weiteren Relaisstromkreises unter der Wirkung des vom zu
                                 										überwachenden Strome abhängigen Zeitrelais, dessen beweglicher Teil unter dem
                                 										Einfluß einer Hemmung steht und einen bestimmten Weg zurückzulegen hat, ehe er
                                 										in Eingriff mit der Sperrung des Starkstromschalters tritt. Ueberschreitet der
                                 										zu überwachende Strom seine normale Stärke, so setzt sich der bewegliche Teil
                                 										des Zeitrelais allmählich in Bewegung und verbraucht je nach dem Betrage, in dem
                                 										er den Normalstrom übersteigt, unter dem Einflüsse der Hemmung verschiedene
                                 										Zeit, um die Sperrung zu erreichen. Sinkt während dieser Zeit die Stromstärke
                                 										wieder auf ihren normalen Betrag, so erfolgt keine Unterbrechung des
                                 										Starkstromes, hält der Ueberstrom aber an, so wird ausgeschaltet. Ist nun die
                                 										Hemmung dauernd mit dem beweglichen Relaisteil gekuppelt, so erfolgt die
                                 										Ausschaltung um so schneller, je stärker der normale Strom überschritten ist,
                                 										denn die Geschwindigkeit eines gehemmten Teils ist abhängig von der auf ihn
                                 										wirkenden Kraft, die im vorliegenden Falle der Stromstärke proportional ist. Es
                                 										wird daher bei dauernd wirkender Hemmung, auch bei Kurzschluß eine gewisse, wenn
                                 										auch kurze Zeit vergehen, ehe die Ausschaltung erfolgt. Da aber bei Kurzschluß
                                 										ein sofortiges Ansprechen des Ausschalters erwünscht ist, so wird zweckmäßig der
                                 										bewegliche Teil des Zeitrelais derart konstruiert, daß er sich bei einer
                                 										bestimmten Stromstärke selbsttätig von der Hemmung trennt und sofort die
                                 										Sperrung des Ausschalters auslöst.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 323, S. 58
                                 Fig. 38.
                                 
                              Ein Schalter der letzten Art ist der Allgemeinen
                                    											Elektrizitäsgesellschaft durch Patent 183811 der Kl. 21 geschützt und
                                 										aus der schematischen Darstellung Fig. 38 zu
                                 										erkennen.
                              
                              Die über dem Transformator s vom zu schützenden
                                 										Stromkreise erregte Relaiswicklung w hat das
                                 										Bestreben, den Eisenkern m anzuheben. Die daran
                                 										befestigte Zugstange a, die im Joche J des Relaismagneten und in dem Teile k geführt wird, trägt den Stift z, der, wenn der Kern m seine Höchststellung einnimmt, die Sperrung r l anhebt, so daß der bewegliche Schaltteil q unter der Wirkung der Schraubenfeder F
                                 										und unter Drehung der Achse x die festen
                                 										Schaltteile verläßt und den Strom öffnet. Diese Wirkung würde sofort bei jeder
                                 										Ueberschreitung des Normalstroms eintreten, wird aber im allgemeinen durch eine
                                 										Hemmvorrichtung verzögert. Sie besteht aus dem Blasebalg b, der durch Vermittlung des um d
                                 										drehbaren Hebels h durch den mit der Zugstange a federnd verbundenen Winkelhebel n beim Anheben des Kerns m zusammengedrückt wird. In einer bestimmten Höhe gleitet der um d gedrehte Hebel h vom
                                 										Winkelhebel n ab, und der nun befreite Eisenkern
                                 											m schnellt während des letzten Teiles
                                 										seines Weges mit einem Ruck in die Höhe und bewirkt eine plötzliche
                                 										Auslösung der Sperrung r l. Bei einem bestimmten
                                 										Betrage des Ueberstroms aber wird die Anziehungskraft der Spule m so groß, daß die Kraft, die zum Zusammendrücken
                                 										des Bremsbalgs nötig ist, die Kraft der Feder f
                                 										übersteigt, die den Winkelhebel n in der wirksamen
                                 										Lage hält. Der Winkelhebel senkt sich dann infolge der Ausdehnung der Feder f nach unten und kann nun am Hebel h vorbeigleiten, so daß dann der Eisenkern m sofort und nicht erst von einer bestimmten
                                 										Höhenlage an von der Hemmung befreit ist und die Sperrung auslösen kann.
                                 										Selbstverständlich kann die Wicklung w auch direkt
                                 										vom Hauptstrom erregt werden, und andererseits kann der Stift z der Tragstange a
                                 										auch einen Relaiskreis schließen, der das Anheben der Sperrklinke r elektromagnetisch bewirkt.
                              
                                 
                                    (Fortsetzung folgt.)