| Titel: | Neuere Versuche mit Eisenbetonträgern von C. von Bach. | 
| Autor: | P. Weiske | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 122 | 
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                        Neuere Versuche mit Eisenbetonträgern von C. von
                              								Bach.
                        Von Dr.-Ing. P. Weiske.
                        (Fortsetzung von S. 107 d. Bd.)
                        Neuere Versuche mit Eisenbetonträgern von C. von Bach.
                        
                     
                        
                           Versuchsergebnisse, (s. Tab. 1).
                           
                              1. Rissebildung.
                              Dem Entstehen der Risse im gebogenen Eisenbetonbalken geht das Auftreten der
                                 										sogen. Wasserflecke vorauf. Sie entstehen dadurch, daß bei Steigerung der
                                 										Belastung das Gefüge des gezogenen Betons gelockert wird und die Feuchtigkeit
                                 										von innen nach außen tritt. Bei Balken ohne Eiseneinlage fällt mit dieser
                                 										Lockerung des Gefüges auch die Rißbildung und der Bruch zusammen. Durch die
                                 										Einlage von Eisenstäben jedoch werden die schwächeren Stellen im Beton
                                 										entlastet, so daß die Rißbildung hinausgeschoben wird. Der Einfluß der
                                 										Eiseneinlagen auf den Beton ist um so wirksamer, je näher er dem Eisen liegt.
                                 										Daher treten die Risse zunächst an den Kanten an der Unterseite auf und
                                 										erstrecken sich erst bei steigender Belastung über die ganze Balkenbreite, indem
                                 										sie sich seitlich nach oben erweitern.
                              Aus dem gleichen Grunde treten die Risse um so später ein, je schmäler die auf
                                 										eine Eiseneinlage entfallende Balkenbreite ist, d.h. je mehr Eiseneinlagen
                                 										nebeneinander der Balken enthält. Balken mit mehreren Einlagen lassen eine
                                 										stärke Lockerung des Betongefüges zu, so daß die Risse wohl zahlreicher, aber
                                 										dafür viel feiner sind als bei Balken mit nur einer Einlage.
                              Bei Balken mit Bügeleinlagen entstanden die ersten Querrisse immer an den
                                 										Bügelstellen, da die Bügel den Betonquerschnitt schwächen. Die Rißbildung trat
                                 										bei diesen Balken eher ein als bei Balken ohne Bügel. Dagegen schoben die Bügel,
                                 										besonders diejenigen aus Flacheisen, das Entstehen von Längsrissen längs des
                                 										Umfanges der Eiseneinlagen am Auflager hinaus.
                              Von Einfluß auf die Rißbildung ist auch die Lagerung der Körper bis zur Prüfung.
                                 										Balken, die an der Luft lagerten, erhielten bedeutend früher Risse als Balken,
                                 										die unter Wasser lagerten.
                              
                           
                              2. Dehnungsfähigkeit.
                              Die Verlängerung des Betons bis zur Beobachtung der ersten Risse ist von der
                                 										Lagerung der Probekörper bei der Erhärtung und von der Verteilung der Eisenstäbe
                                 										abhängig. Bei Körpern, die an der Luft erhärteten, war die Verlängerung etwa nur
                                 										halb so groß, als bei Körpern i die nur im Wasser erhärteten.
                              Die Balken nach Bauart 10 von 30 cm Breite und 30 cm Höhe und mit einer
                                 										Rundeiseneinlage von 26 mm Durchm. zeigten vor dem ersten Riß. bei Luftlagerung
                                 										eine Dehnung von 0,097 mm, bei Wasserlagerung dagegen eine solche von 0,205
                                 										mm.
                              Ebenso wie die Rißbildung hinausgeschoben wird, wenn die auf eine Eiseneinlage
                                 										entfallende Balkenbreite verhältnismäßig schmal ist, so ist auch die Dehnung vor
                                 										dem ersten Riß bei dem schmaleren Balken größer als bei dem breiteren Balken,
                                 										und zwar waren unter sonst gleichen Umständen die Dehnungen vor dem ersten Riß
                                 										den auf eine Eiseneinlage entfallenden Balkenbreiten umgekehrt proportional. Die
                                 										Dehnungen, bei denen das Zerreißen von reinen Betonzugkörpern eintritt, sind
                                 										nahezu die gleichen, bei denen in Eisenbetonträgern infolge Lockerung des
                                 										Gefüges die Wasserflecke eintreten. Weil die Eiseneinlagen durch Entlastung
                                 										schwächerer Stellen die Rißbildung hinausschieben, sind auch im allgemeinen die
                                 										Dehnungen vor dem ersten Riß bei Eisenbetonbalken größer als bei Betonkörpern
                                 										ohne Eiseneinlage. Hierbei ist Bedingung, daß die Eisenbetonbalken dauernd
                                 										feucht gehalten werden, also bei der Erhärtung etwa auf feuchtem Sand lagern und
                                 										mit nassen Säcken bedeckt werden, wie dies bei den meisten untersuchten
                                 										Probekörpern geschehen ist. Bei derartig gelagerten Balken war die
                                 										Dehnungsfähigkeit am größten bei Balken nach Bauart 11 von 15 cm Breite und 30
                                 										cm Höhe und mit drei Rundeiseneinlagen von 10 mm Durchm. Die Dehnung bei den
                                 										ersten Wasserflecken betrug 0,06 mm, unmittelbar vor 
                              Tabelle 1. Ergebnisse der
                                    											Biegeversuche
                              
                                 A. Rechteckige Balken.
                                 
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 323, S. 122–123
                                 Bauart; Alter der Proben;
                                    											Eiseneinlage; Anzahl, Durchmesser Abmessungen der Probe b. h.; 100 . fe/bh;
                                    											Zustand der Eiseneinlage; Dehnung auf der Zugseite; beim ersten Wasserfleck,
                                    											unter Pmax; Höchste Belastung Pmax; Spannungen unter Pmax in kg/qcm; Druck
                                    											im Beton, Zug im Eisen, Schub im Beton, Gleitspannung a. d. Eiseneinlage;
                                    											Bemerkungen; Gleitbewegung der einzelnen Eisen unregelmäßig; Zerstörung
                                    											durch Ueberwindung des Gleitwiderstandes; *Gleitwiderstand 16,8 kg/qcm; Die
                                    											Haken sichern den Verbund auch nach Ueberwindung des Gleitwiderstandes;
                                    											*Gleitwiderstand 25,4 kg/qcm. Durch einen Haken wird der Beton an der
                                    											Stirnfläche abgesprengt; Die Zerstörung begann nach Ueberschreitung der
                                    											Streckgrenze; Durch die Konteneisen wurde Beton abgesprengt; Die Risse
                                    											treten zuerst an den Bügelstellen auf; Infolge der Hakenanordnung erfolgt
                                    											der Bruch durch Ueberschreiten der Streckgrenze; Ursache der Zerstörung ist
                                    											die Ueberwindung des Gleitwiderstandes. Die an der Luft erhärteten Balken
                                    											erhielten früher Risse als die unter Wasser erhärteten Balken; *51,5 kg/qcm
                                    											Haftspannung unter Pmax, nach den amtl. Bestimmungen berechnet. Die
                                    											aufgebog. Eisen beteiligen sich an der Aufnahme der Haftspannungen; 53,0
                                    											kg/qcm wie bei 11. Die Wasserflecke zeigen den späteren Verlauf der Risse;
                                    											*54,3 kg/qcm wie bei 11; *60,9 kg/qcm wie bei 11. Ein Haken der aufgebogenen
                                    											Eisen hat den Beton abgesprengt; *77,9 kg/qcm wie bei 11, günstige Wirkung
                                    											der Haken; *62,7 kg/qcm wie bei 11; *73,6 kg/qcm wie bei 11, günstige
                                    											Wirkung der Haken; Das Eisen und der Beton haben gleiche Dehnungen vor
                                    											Eintritt der Risse. Beton unter Wasser erhärtet hat größere
                                    											Dehnungsfähigkeit als Beton an der Luft erhärtet; Die Biegungfestigkeit ist
                                    											das 1,84 fache der Zugfestigkeit; Durch schräge Risse in der Nähe der
                                    											Belastungsrollen zerstört; *38,8 kg/qcm berechnet nach den amtl.
                                    											Bestimmungen. Die Aufgebogenen Eisen sind a. d. Enden b. zur Streckgr.
                                    											beanspr.; *47,9 kg/qcm wie vor!; 54,6 kg/qcm. Die Haken ermöglichen die
                                    											Ausnutzung der geraden Eisen bis zur Streckgrenze.
                                 
                              
                                 
                                 Bemerkungen zu Tab. 1.
                                 *) Berechnet nach folgenden Formeln:
                                 
                                    \sigma_b=\frac{2\,M}{b\,x\,\left(h-a-\frac{x}{3}\right)}
                                    
                                 
                                    \sigma_e=\frac{M}{f\,e\,\left(h-a-\frac{x}{3}\right)}
                                    
                                 
                                    \tau_0=\frac{V}{b\,\left(h-a-\frac{x}{3}\right)}
                                    
                                 
                                    \tau_1=\frac{b\,\tau_0}{\pi\,d}
                                    
                                 in denen bedeutet:
                                   x = Abstand der Nullinie von
                                    											Druckseite,
                                   a = Abstand Mitte
                                    											Eiseneinlage von Zugseite,
                                   d = Durchmesser der
                                    											Eiseneinlage (Rundeisen),
                                 f e = Querschnitt der
                                    											Eiseneinlage,
                                   b = Balkenbreite,
                                   h = Balkenhöhe,
                                   V = Querkraft am
                                    											Auflager.
                                 
                              
                              dem ersten Riß 0,267 mm. Nimmt man die Dehnungsfähigkeit des reinen
                                 										Betons zu 0,06 an, so ist durch das Zusammentreffen von die Dehnungsfähigkeit
                                 										steigernden Umständen diese auf das 4,45 fache gestiegen. Die größte überhaupt
                                 										erreichte Dehnung zeigten im Wasser abgelagerte Balken mit 0,367 mm, während die
                                 										geringste Dehnung mit 0,097 mm vor dem ersten Riß bei an der Luft erhärteten
                                 										Probekörpern festgestellt wurde, die bis zum zehnten Tage alle zwei Tage nur
                                 										angenäßt wurden und von da ab 40 Tage bis zur Prüfung ohne jede Behandlung im
                                 										Keller lagen.
                              Da die im Wasser erhärtenden Eisenbetonträger eine Volumvergrößerung erfahren,
                                 										erhält das Eisen Anfangszugspannungen, welche im Beton Anfangsdruckspannungen
                                 										erzeugen, die an der Unterseite der Balken wegen der Nähe des Eisens am größten
                                 										sind. Daher müssen bei Lagerung in Wasser die Dehnungen am größten ausfallen.
                                 										Eisenbetonträger, die an der Luft erhärten, ohne feucht gehalten zu werden,
                                 										ziehen sich zusammen. Hierdurch entstehen im Eisen Anfangsdruckspannungen und im
                                 										Beton Anfangszugspannungen, die wieder an der Unterseite in der Nähe der
                                 										Eiseneinlagen am größten sind. Hierdurch ist ein Teil der Dehnungsfähigkeit des
                                 										Betons bereits vor der Beanspruchung auf Biegung aufgezehrt, so daß die
                                 										Dehnungsmessung sogar geringere Werte liefern kann, als sich bei der
                                 										Dehnungsmessung an reinen Betonzugkörpern ergeben.s. a D. p. J. 1907, Bd. 322, S. 557–558. Hierdurch werden
                                 										die Versuche Rudeloffs, im Materialprüfungsamt in
                                 										Groß-Lichterfelde (1904) bestätigt, der für Eisenbeton kleinere Dehnungen als
                                 										für Beton feststellte.
                              
                           
                              3. Lage der Nullinie.
                              Die Nullinie steigt mit zunehmender Belastung nach der Druckseite hin. Die
                                 										Veränderung ihrer Lage wurde dadurch bestimmt, daß die Dehnungen und
                                 										Zusammendrückungen in den äußersten Fasern in den Endpunkten des zugehörigen
                                 										Vertikalschnittes aufgetragen und die für bestimmte Belastungen
                                 										zusammengehörigen Endpunkte der aufgetragenen Formänderungen verbunden wurden.
                                 										Der Schnittpunkt dieser Verbindungslinie mit der Achse des Vertikalschnitts ist
                                 										als ein Punkt der Nullinie angesprochen. So lange der Beton auf der Zugseite bei
                                 										niedrigen Belastungen noch mitwirkt, liegt die Nullinie unter der Mittellinie
                                 										des Balkens, da sie bei nahezu gleichen Dehnungskoeffizienten des Betons für Zug
                                 										und Druck durch die Eiseneinlage nach unten verschoben wird. Bei zunehmender
                                 										Belastung nahmen die Längenänderungen auf der Zugseite schneller zu als auf der
                                 										Druckseite, so daß die Nulllinie sich nach oben verschiebt. Nach der
                                 										Ausschaltung der Betonzugspannungen infolge Rißbildung bleibt die Lage der
                                 										Nullinie nahezu konstant, weil das Eisen sich der Belastung proportional dehnt,
                                 										und entspricht dem nach den amtlichen Bestimmungen für n = 15 berechneten Werte nahezu. Bei weiterer Zunahme der Belastungen
                                 										wachsen auch auf der Druckseite die Zusammendrückungen schneller als die
                                 										Beanspruchungen, so daß nunmehr die Nullinie etwas fällt, so lange die
                                 										Zugspannungen im Eisen dessen Streckgrenze nicht überschreiten.
                              Sämtliche Schaubilder von der Verschiebung der Nulllinie zeigen daher erst ein
                                 										starkes Steigen und dann eine schwache, gegen die Druckseite gewendete
                                 										Krümmung.
                              
                                 
                                    (Schluß folgt.)