| Titel: | Temperaturspannungen in einem geraden und gekrümmten Stab. | 
| Autor: | Max Ensslin | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 130 | 
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                        Temperaturspannungen in einem geraden und
                           								gekrümmten Stab.
                        Von Dr.-Ing. Max
                                 									Ensslin-Stuttgart.
                        Temperaturspannungen in einem geraden und gekrümmten
                           								Stab.
                        
                     
                        
                           Auf Grund der nachfolgenden Berechnungen soll später der Versuch gemacht werden,
                              									Anhaltspunkte über die Temperaturspannungen in Gasmaschinenkolben zu gewinnen.
                           Aus naheliegenden Gründen, die schon in D. p. J. 1907, S. 705 erwähnt sind, wird ein
                              									lineares Gesetz für die Temperaturverteilung in Richtung der Querschnittshöhe
                              									angenommen. Es ändere sich die Temperatur des ganzen
                              									Stabes um ∆ Tm; und
                              									überdies werde eine Stabschicht im Abstand ± λ von der
                              									Nullachse des Querschnitts um
                           
                              \pm\,\frac{\lambda}{h/2}\,\cdot\,\Delta\,T
                              
                           über die Temperatur der Mittelschicht erwärmt bezw. abgekühlt,
                              									so daß die Gesamterwärmung im Abstand λ ist:
                           T-T_0=\Delta\,T_m\,\pm\,\frac{\lambda}{h/2}\,\cdot\,\Delta\,T
                              									. . . . 1)
                           Es genügt symmetrische Querschnitte zu betrachten; es kommt später ausschließlich der
                              									Rechteckquerschnitt in Frage.
                           
                        
                           Gerader Stab.
                           Infolge der gleichmäßigen Erwärmung des l cm langen
                              									Stabes um ∆ Tm
                              									verlängert er sich um:
                           ∆ l = αw . l ∆ Tm.
                           Infolge der ungleichen Erwärmung biegt sich der Stab, da
                              									sich die Stabschichten auf der einen Seite der Schwerpunktsschicht verlängern, auf
                              									der anderen verkürzen. Betrachten wir in Fig. 1 ein
                              									Stabelement zwischen zwei um d x abstehenden
                              									Querschnitten vor der Erwärmung, so wird die ursprüngliche Länge d x im Abstand ± λ von der
                              									Schwerpunktsschicht vermehrt bezw. vermindert um
                           
                              \pm\,\alpha_w\,\cdot\,d\,x\,\cdot\,\frac{\lambda}{h/2}\,\cdot\,\Delta\,T.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 129
                              Fig. 1.
                              
                           Man erkennt ohne weiteres, daß die Querschnitte sich gegeneinander neigen und eben
                              									bleiben. Die einzelnen Stabelemente, die sich untereinander gleich verhalten, fügen
                              									sich zwanglos aneinander. Der Stab biegt sich, ohne daß
                                 										Spannungen in ihm entstehen.
                           Der Krümmungsradius ρT
                              									der elastischen Linie des im übrigen unbelasteten Stabes ergibt sich aus zwei
                              									ähnlichen Dreiecken der Fig. 1 zu:
                           
                              \frac{d\,x}{\varrho_T}=\alpha_w\,d\,x\,\frac{\Delta\,T}{\frac{h}{2}}
                              
                           \frac{1}{\varrho_T}=\alpha_w\,\cdot\,\frac{\Delta\,T}{h/2} .
                              									. . . 2)
                           Die gleiche Krümmung kann man sich durch ein fingiertes Kräftepaar Mt hervorgebracht
                              									denken, für das nach einer bekannten Gleichung der Biegungslehre gerader Stäbe
                              									ist:
                           
                              \frac{1}{\varrho_T}=\alpha\,\frac{M_T}{\Theta},
                              
                           wobei α der Dehnungskoeffizient
                              									und Θ das Trägheitsmoment.
                           Durch Gleichsetzen folgt.
                           
                              M_T=\frac{\alpha_w}{\alpha}\,\frac{\Delta,T}{h/2}\,\cdot\,\Theta.
                              
                           Benutzt man die bekannten Formeln für die Durchbiegung eines einseitig eingespannten
                              									geraden Stabes von unveränderlichem Querschnitt und Länge l (vergl. Lehroder Taschenbücher), so ist infolge der ungleichen Erwärmung
                              									die Durchbiegung des freien Stabendes:
                           y'=\frac{\alpha}{\Theta}\,\frac{M_T\,\cdot\,l^2}{2}=\alpha_w\,\frac{\Delta\,T}{h}\,\cdot\,l^2
                              									. . . 3)
                           und die Neigung des freien
                                 										Stabendes gegen die Einspannungstangente:
                           \varphi=\frac{\alpha}{\Theta}\,M_T\,\cdot\,l=\alpha_w\,\cdot\,\frac{\Delta\,T}{h/2}\,\cdot\,l.
                              									. . . 3)
                           Die Durchbiegung durch äußere Kräfte addiert sich algebraisch zu dieser Durchbiegung
                              									infolge ungleicher Erwärmung.
                           Im Fall vollkommener Einspannung der Stabenden ergibt sich z.B. offenbar keine
                              									Durchbiegung, aber außen im Abstand \lambda=\pm\,\frac{h}{2} eine
                              									größte Biegungsspanuung von
                           
                              \pm\,\frac{\alpha_w}{\alpha}\,\cdot\,\Delta\,T
                              
                           genau wie bei vollständig gehinderter linearer
                              									Wärmeausdehnung, wie das ja hier im Wesen der Sache liegt.
                           
                              
                                 Vergleich von geradem Stab und ebener Kreisplatte.
                                 
                              Zieht man die Ergebnisse heran, die in dem Aufsatz: Temperaturspannungen in einer
                                 										kreisförmigen Platte D. p. J. 1907, Heft 46, mitgeteilt wurden, so erhält man
                                 										folgende Gegenüberstellung, wobei angenommen ist, daß äußere Kräfte nicht vorhanden sind:
                              
                                 
                                    
                                    Einseitig einge-spannter StabLänge l.
                                       												Höhe h, Breite 1
                                    KreisplatteRadius r. Dicke h
                                    
                                 
                                    Durchbiegung
                                    
                                       \alpha_w\,\cdot\,\frac{\Delta\,T}{h}\,\cdot\,l^2
                                       
                                    
                                       \alpha_w\,\frac{\Delta\,T}{h}\,\cdot\,r^2
                                       
                                    
                                 
                                    Neigung außen
                                    
                                       \alpha_w\,\frac{\Delta\,T}{h/2}\,l
                                       
                                    
                                       \alpha_w\,\frac{\Delta\,T}{h/2}\,r
                                       
                                    
                                 
                              also für l = r gleiche Größe der Durchbiegung und Neigung.
                                 										Temperaturspannungen treten hierbei weder in Stab noch Platte auf.
                              Wirkt dagegen ein Biegungsmoment im freien Stabende bezw. über den Plattenrand
                                 										gleichmäßig verteilte Biegungsmomente, die den Stab bezw. die Platte an der
                                 										Durchbiegung hindern, so ist einerseits die Neigung außen am Stab bezw. an der
                                 										Platte gleich Null, andererseits entsteht eine größte Biegungsspannung
                              im Stab:\frac{\alpha_w}{\alpha}\,\cdot\,\Delta\,T, in der Platte\frac{m}{m-1}\,\frac{\alpha_w}{\alpha}\,\Delta\,T.
                              Bei gleich großer Durchbiegung entstehen also in der Platte größere Spannungen, die zudem in zwei aufeinander
                                 										senkrechten Richtungen in gleicher Größe tätig sind.
                              
                           
                        
                           Gekrümmter Stab.
                           Die Stabmittellinie sei eine ebene Kurve; der Querschnitt ein Rechteck von Höhe h und Breite 1.
                           a) Gleichmäßige Erwärmung des ganzen Stabes um ∆ Tm.
                           Wir grenzen ein Stabelement durch zwei den Winkel dφ einschließende Querschnitte ab (Fig.
                                 									2). Die Länge einer Materialschicht im Abstand + λ von der Mittelschicht ist:
                           
                              
                                 vor der Erwärmung:
                                 (r + λ) dφ,
                                 
                              
                                 nach „           „
                                 (r + λ) dφ + αw . (r + λ) dφ . ∆Tm
                                 
                              
                           somit die Verlängerung:
                           αw .
                              										(r + λ) dφ . ∆Tm +  αw . λdφ . ∆ Tm
                           = αw .
                              										r . dφ . ∆ Tm +
                              									αw . λdφ . ∆ Tm
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 130
                              Fig. 2.
                              
                           Ist der eine Querschnitt in Fig. 2 festgehalten, so
                              									wird dem letzten Ausdruck zufolge der andere Querschnitt fürs erste um αw . r . dφ . ∆ Tm parallel verschoben,
                              									fürs zweite neigt er sich gegen seine ursprüngliche Stellung um den ∡ ∆ ψ, dessen Größe man aus Fig.
                                 										2 leicht ablesen kann; er ist
                           ∆ ψ = αw .  ∆ Tm . dφ
                           Eine einfache Ueberlegung ergibt, daß der verschobene und geneigte Querschnitt in
                              									seiner Verlängerung durch M geht. ∆ ψ ist die Aenderung des ursprünglichen Winkels dφ; die Aenderung der Winkeleinheit, die
                              									spezifische Winkeländerung ω1 ist somit
                           \omega_1=\frac{\Delta\,\psi}{d\,\varphi}=\alpha_w\,\cdot\,\Delta\,T_m.
                              									. . . 4)
                           Die Mittellinie hatte ursprünglich die Länge r d φ;
                              									infolge der Erwärmung nimmt diese um αw . r . dφ . ∆ Tm zu; die Dehnung ε01 der Mittellinie ist
                           \varepsilon_{01}=\frac{\alpha_w\,\cdot\,r\,\cdot\,d\,\varphi\,\cdot\,\Delta\,T_m}{r\,d\,\varphi}=\alpha_w\,\cdot\,\Delta\,T_m
                              									. . . 5)
                           Aus dem oben angeschriebenen Ausdruck für die Verlängerung einer Stabschicht im
                              									Abstand λ folgt, daß die Querschnitte des Stabelementes
                              										eben bleiben, wenn es durchweg um ∆ Tm erwärmt wird. Alle
                              									Elemente, die sich ebenso verhalten, können somit spannungslos aneinander gefügt
                              									werden: Ein gekrümmter Stab, der gleichmäßig erwärmt wird,
                                 										wird längs seiner Mittellinie gedehnt, ohne daß seine ursprüngliche Krümmung
                                 										geändert wird. Spannungen entstehen dabei nicht, sofern keine äußeren Kräfte
                                 										wirken.
                           Nachdem die Dehnung ε01
                              									der Mittellinie und die spezifische Winkeländerung ω1 eines beliebigen Stabelements in Gleichung 5 und 4
                              									ausgedrückt sind, läßt sich die Gesamtformänderung des gekrümmten Stabes, der
                              									gleichmäßig erwärmt wird, leicht angeben auf Grund bekannter Formeln über die
                              									Formänderung dieser Körper. Ist ein solcher in O
                              									eingespannt (Fig. 5)siehe später. und macht man die
                              									Einspannungstangente zur y-Achse und die
                              									Einspannungsnormale zur x-Achse, zählt man ferner den
                              									Winkel φ zwischen der x-Achse und einem beliebigen Stabquerschnitt im Punkt (x, y) in der aus Fig. 5vergl. weiter unten. ersichtlichen
                              									Weise, so kommt ein Punkt C, bestimmt durch xc
                              									yc und φc infolge der
                              									Formänderung nach xc +
                              									∆ xc, yc + ∆ yc und der Winkel φc wird zu φc + ∆ φc, gemäß folgenden
                              									Gleichungen, die in den Lehrbüchern der Elastizität und Festigkeit von E. Winkler (Kap. 40), Grashof (Kap. 3 B). C Bach (Abschn. 5)
                              									hergeleitet sind:
                           
                              
                                 
                                    \Delta\,x_c=y_c\,\int_0^{\varphi_c}\,\omega\,d\,\varphi-\int_0^{\varphi_c}\,y\,\omega\,d\,\varphi+\int_0^{x_c}\,\varepsilon_0,d\,x
                                    
                                    \Delta\,y_c=-x_c\,\int_0^{\varphi_c}\,\omega\,d\,\varphi+\int_0^{\varphi_c}\,x\,\omega\,d\,\varphi+\int_0^{y_c}\,\varepsilon_0,d\,y
                                    
                                    \Delta\,\varphi_c=\int_0^{\varphi_c}\,\omega\,d\,\varphi
                                    
                                  
                                 
                              
                           b) Ungleiche Erwärmung in Richtung der Querschnittshöhe nach
                                 										einem linearen Gesetz.
                           Eine Stabschicht im Abstand λ von der Neutralachse
                              									hat
                           vor der Temperaturänderung die
                              									Länge
                           (r + λ)
                              										dφ,
                           nach der Temperaturänderung
                           
                              (r+\lambda)\,d\,\varphi+\alpha_w\,\cdot\,(r+\lambda)\,d\,\varphi\,\cdot\,\frac{\Delta\,T}{h/2}\,\cdot\,\lambda
                              
                           die Verlängerung ist also
                           
                              \alpha_w\,(r+\lambda)\,d\,\varphi\,\cdot\,\lambda\,\frac{\Delta\,T}{h/2}=\alpha_w\,\cdot\,r\,d\,\varphi\,\lambda\,\frac{\Delta\,T}{h/2}+\alpha_w\,\lambda^2\,d\,\varphi\,\cdot\,\frac{\Delta\,T}{h/2}.
                              
                           Die Querschnitte des Elements würden sich hiernach parabolisch krümmen, wenn es in der beschriebenen Weise ungleich erwärmt
                              									und kein Zwang auf das Element ausgeübt würde. Diese Krümmung des Querschnitts ist
                              									in Fig. 3 angedeutet. Man erkennt, daß andere
                              									Stabelemente, die sich ebenso verhalten, nicht mehr zwanglos sich aneinanderfügen,
                              									es muß vielmehr im mittleren Teil des Querschnitts Zug, und beiderseits davon Druck
                              									entstehen. Wie sich die Spannungen über die Querschnitte verteilen, hängt von dem
                              									Verhalten dieser Querschnitte bei der Formänderung ab. Das einfachste ist
                              									anzunehmen, daß die
                              									Querschnitte eben bleiben. Daß dies bei einem freien Endquerschnitt nicht zutrifft,
                              									ist klar; die Annahme kann bestenfalls erst in einiger Entfernung von einem freien
                              									Endquerschnitt erfüllt sein, oder man müßte als weitere Annahme hinzufügen, daß der
                              									Endquerschnitt eine unnachgiebige Deckplatte trage, die ihn zwingt, eben zu
                              									bleiben.
                           Die Dehnung ε' im Abstand λ
                              									von der Schwerpunktsschicht eines gekrümmten Stabes ist nun, wie in der Lehre von
                              									der Biegung solcher Stäbe gezeigt wird, unter der Annahme des Ebenbleibens der
                              									Querschnitte;
                           \varepsilon'=\varepsilon_0+(\omega-\varepsilon_0)\,\frac{\lambda}{r+\lambda}
                              									. . . 7)
                           worin ε0 die Dehnung der Schwerpunktsschicht und ω
                              									die spezifische Winkeländerung bedeutet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 131
                              Fig. 3.Element eines krummen Stabes bei Erwärmung nach Gl. 1 [mit ∆ Tm =
                                 										0] und nicht gehinderter Wärmeausdehnung.
                              
                           Zu der Temperaturdehnung εT kommt nun die von einer Spannung σ
                              									herrührende Dehnung ε hinzu, wodurch der infolge
                              									ungleicher Temperaturverteilung gewölbte Querschnitt gezwungen wird, eben zu bleiben
                              									und wodurch die resultierende Dehnung ε' entsteht
                              									(vergl. hierzu D. p. J. 1907, S. 705). Man hat so:
                           ε' = ε +
                              										εT . . . . . 8)
                           Die Spannung σ ist der Dehnung
                              										ε, die durch jene hervorgerufen wird,
                              									proportional,
                           ε = α . σ
                              									. . . . 9)
                           da nur eine Normalspannung in dem
                              									gekrümmten Stab tätig ist in Richtung der Tangente an die Stabachse bezw. weil die
                              									dazu senkrechte Radialspannung verschwindend klein ist gegenüber der ersteren.
                           Die Temperaturdehnung εT
                              									im Abstand λ ist:
                           
                              \varepsilon_T=\frac{\mbox{Verlängerung durch
                                 										Temperaturzunahme}}{\mbox{Ursprüngliche Länge}}
                              
                           oder mit den oben stehenden Werten
                           \varepsilon_T=\frac{\alpha_w\,\cdot\,(r+\lambda)\,d\,\varphi\,\cdot\,\lambda\,\cdot\,\frac{\Delta\,T}{h/2}}{(r+\lambda)\,d\,\varphi}=\alpha_w\,\cdot\,\lambda\,\cdot\,\frac{\Delta\,T}{h/2}
                              									10)
                           Durch Einsetzen von Gleichungen 7, 9 und 10 in 8 erhält
                              									man:
                           
                              \varepsilon_0+(\omega-\varepsilon_0)\,\frac{\lambda}{r+\lambda}=\alpha_w\,\frac{\Delta\,T}{h/2}\,\cdot\,\lambda+\alpha\,\cdot\,\sigma,
                              
                           woraus:
                           \sigma=\frac{1}{\alpha}\,\left[\varepsilon_0+(\omega-\varepsilon_0)\,\frac{\lambda}{r+\lambda}-2\,\alpha_w\,\frac{\Delta\,T}{h}\,\cdot\,\lambda\right]
                              									. . 11)
                           Diese Gleichung gibt Aufschluß über die Spannungsverteilung; sie ist aber noch mit
                              									den Unbekannten ε0 und
                              										w behaftet, die aus der Erwägung bestimmt werden,
                              									daß der gekrümmte Stab, wenn er durch keine äußeren Kräfte belastet ist, in keinem
                              									Querschnitt einen resultierenden Zug, Druck oder Schub oder ein resultierendes
                              									Biegungsmoment aufweist. Daher ist
                           \left.{{P=\int_{\lambda=-\frac{h}{2}}^{\lambda=+\frac{h}{2}}\,\sigma\,d\,f=0}\atop{M_b=\int_{\lambda=-\frac{h}{2}}^{\lambda=+\frac{h}{2}}\,\sigma\,\cdot\,\lambda\,\cdot\,d\,f=0}}\right\}
                              									. 12)
                           Man setzt Gleichung 11 in 12 ein und beachtet, daß bei der Integration, die über einen Querschnitt hin zu erfolgen hat, ε0 und ω konstant sind; dann wird:
                           \left.{{0=\frac{1}{\alpha}\,\left[\varepsilon_0\,\int\,d\,f+(\omega-\varepsilon_0)\,\int\,\frac{\lambda}{r+\lambda}\,d\,f-2\,\alpha_w\,\frac{\Delta\,T}{h}\,\int\,\lambda\,d\,f\right]}\atop{0=\frac{1}{\alpha}\,\left[\varepsilon_0\,\int\,\lambda\,d\,f+(\omega-\varepsilon_0)\,\int\,\frac{\lambda^2}{r+\lambda}\,d\,f-2\,\alpha_w\,\frac{\Delta\,T}{h}\,\int\,\lambda^2\,d\,f\right]}}\right\}
                              									13)
                           Nun ist zwischen \lambda=+\frac{h}{2} und
                              										\lambda=-\frac{h}{2}
                           
                              \int\,d\,f=F\ \ \int\,\lambda\,d\,f=0\ \
                                 										\int\,\lambda^2\,d\,f=\Theta
                              
                           
                              \int\,\frac{\lambda}{r+\lambda}\,d\,f=-x\,F\ \
                                 										\int\,\frac{\lambda^2}{r+\lambda}\,d\,f=x\,F\,r,
                              
                           womit Gleichung 12 gibt:
                           0 = ε0
                              									F – (ω – ε0) x F
                           
                              0=+(\omega-\varepsilon_0)\,x\,F\,r-2\,\alpha_w\,\frac{\Delta\,T}{h}\,\cdot\,\Theta.
                              
                           Hieraus erhält man für die Unbekannten ω und ε0:
                           \left.{{\varepsilon_0=2\,\alpha_w\,\frac{\Delta\,T}{h}\,\frac{\Theta}{F\,r}\
                                 										\ \ \
                                 										}\atop{\omega=2\,\frac{1+x}{x}\,\alpha_w\,\frac{\Delta\,T}{h}\,\frac{\Theta}{F\,r}}}\right\}
                              									. . . 14)
                           Setzt man Gleichung 14 in 11 ein, so erhält man für die Spannungsverteilung über den
                              									Querschnitt eines gekrümmten Stabes, der in Richtung seiner Querschnittshöhe nach
                              									einem linearen Temperaturverteilungsgesetz (Gleichung 1) erwärmt wird unter Konstanz
                              									der Temperatur der Schwerpunktsschicht
                           \sigma=2\,\frac{\alpha_w}{\alpha}\,\frac{\Delta\,T}{h}\,\left[\frac{\Theta}{F\,r}+\frac{\Theta}{x\,F\,r}\,\cdot\,\frac{\lambda}{r+\lambda}-\lambda\right]
                              									. . 15)
                           Die beiden Abstände λ1
                              									und λ2, denen σ = 0 ist, folgen aus Gleichung 15 mit σ = 0 und werden erhalten aus der quadratischen
                              									Gleichung:
                           \lambda^2+\left(r-\frac{x+1}{x}\,\cdot\,\frac{\Theta}{F\,\cdot\,r}\right)\,\lambda-\frac{\Theta}{F}=0
                              									. . . 16)
                           Beispiel: Ein Gasmaschinenkolben hat einen ebenen, 4 cm
                              									starken Boden, der mit einer Hohlkehle von 10 cm Krümmungshalbmesser in den
                              									Kolbenmantel übergeht. Im Anschluß hieran werde ein nach einem Kreisbogen von 10 cm
                              									Halbmesser gekrümmter Stab mit einem Reckteckquerschnitt von 4 cm Höhe und 1 cm
                              									Breite betrachtet, dessen Schwerpunktsschicht auf der ursprünglichen Temperatur T0 verbleibt, während
                              									die äußeren Schichten (+ λ) erwärmt, die inneren (– λ) abgekühlt werden nach dem linearen Gesetz
                           
                              T-T_0=\pm\,\lambda\,\frac{\Delta\,T}{\frac{h}{2}}=\pm\,\lambda\,\frac{\Delta\,T}{2}.
                              
                           Es ist h = 4 cm, b = 1 cm,
                              										r = 10 cm Krümmungshalbmesser der Mittellinie,
                              									daher
                           
                           F = 4 qcm
                              										\Theta=\frac{b\,h^3}{12}=\frac{16}{3}=5,33
                           
                              \frac{\Theta}{F}=\frac{4}{3}=1,33\ \
                                 										x=-1+\frac{r}{h}\,l\,n\,\frac{2\,r+h}{2\,r-h}=0,01366
                              
                           
                              \frac{1}{x}=73,2\ \ \frac{1+x}{x}=74,2.
                              
                           Die Spannungsverteilung über einen Querschnitt folgt aus Gleichung 15 und 16.
                           Abstand vom Schwerpunkt:
                           λ = + 2 + 1,5 + 1,105 + 0,5 ± 0 – 0,5
                              									– 1,205 – 1,5 – 2;
                           Spannung:
                           
                              \sigma=-0,12-0,047\,\pm0+0,049+0,067+0,06
                              
                           
                              \pm0-0,045-0,153\,\cdot\,\frac{\alpha_w}{\alpha}\,\cdot\,\Delta\,T
                              
                           Die Spannungsverteilung ist in Fig. 4 bildlich
                              									dargestellt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 132
                              Fig. 4.
                              
                           Für Stahlguß ist
                              										\frac{\alpha_w}{\alpha}=\mbox{rd.}\,\frac{2200000}{80000}\,\sim\,27.
                           Für Gußeisen ist
                              										\frac{\alpha_w}{\alpha}=\mbox{rd.}\,\frac{1000000}{90000}\,\sim\,11.
                           Zur Uebersicht sind in der folgenden Tabelle die Spannungen σa
                              									σi
                              									σm außen und innen an
                              									der Krümmung und in der Mitte des Querschnitts zusammengestellt, wenn die Außen-
                              									bezw. Innenseite um ∆ T = 20, 40, 60° C über die
                              									Mittelschicht erwärmt bezw. abgekühlt sind und die Temperaturverteilung einem
                              									linearen Gesetz folgt.
                           
                              
                                 
                                 Gußeisen
                                 Stahlguß
                                 
                              
                                 ∆ T =
                                 20
                                 40
                                 60
                                 20
                                 40
                                 60
                                 °C
                                 
                              
                                 σa   =
                                 – 26,4
                                 – 52,8
                                 – 79,2
                                 – 65
                                 – 130
                                 – 194
                                 kg/qcm
                                 
                              
                                 σm   =
                                 + 14,7
                                 + 29,4
                                 + 43,2
                                 + 36
                                 +   72
                                 + 108
                                 „
                                 
                              
                                 σi    =
                                 – 33,6
                                 – 67,2
                                 100,8
                                 – 82,6
                                 – 165
                                 – 248
                                 „
                                 
                              
                           
                        
                           
                              Die Formänderung.
                              
                           Es ist vorerst zu schwierig, das Verhalten eines gewölbten oder auch ebenen Bodens
                              									mit angeschlossener Hohlkehle bei ungleicher Erwärmung in Richtung der Dicke
                              									rechnerisch zu verfolgen. Man muß sich zunächst mit der Annäherung begnügen, einen
                              									diametralen Streifen des Bodens von der Breite 1 als
                              									Stab zu betrachten, der allerdings – vornehmlich in der Krümmung – sich erheblich
                              									anders verhalten wird als die gewölbte Wand der Hohlkehle.
                           Dabei kommt die Aufgabe vor: die Formänderung eines gekrümmten Stabes anzugeben, der
                              									aus zwei Kreisbögen von verschiedenem Krümmungshalbmesser zusammengesetzt ist
                              									(vergl. Fig. 5). Für die Ausrechnung ist es bequem,
                              									die Formänderung der beiden Bögen für sich getrennt zu ermitteln und zwar bei
                              									einem Bogen in Bezug auf das (x, y) Koordinatensystem
                              									mit Ursprung O, bei dem anderen in Bezug auf das (x', y')-System mit Ursprung O'. Dabei sind O und O' jeweils als feste Einspannungsstellen gedacht und die
                              									Einspannungstangente zur y-bezw. y'-Achse, die Einspannungsnormale zur x-bezw. x'-Achse gewählt.
                              									Schließlich ist die Gesamtverschiebung des Endpunktes D
                              									anzugeben, unter Berücksichtigung der Tatsache, daß sich das (x', y')-System gegen das (x,
                                 										y)System bei der Formänderung verschiebt und dreht. Es ist also eine
                              									Koordinatentransformation vorzunehmen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 132
                              Fig. 5.
                              
                           In Fig. 5 sei φc der Winkel zwischen x
                              									und x'-Achse vor der
                              									Formänderung; xc und
                              										yc, xd und yd die Koordinaten von
                              										C und D in bezug auf
                              									das (x y)-System; x'd und y'd die Koordinaten von D
                              									in bezug auf das (x' y')-System. Aus Fig. 5 liest man ab;
                           
                              
                                 xd = xc + y'd . sin φc + x'd . cos φcyd = yd + y'd . cos φc – x'd . sin φc
                                 17)
                                 
                              
                           Nach der Formänderung befindet
                              									sich
                           (xc
                              									yc) in (xc + ∆ xc, yc + ∆ yc)
                           (xd
                              									yd) in (xd + ∆ xd, yd + ∆ yd)
                           (x'd
                              									y'd) in (x'd + ∆ x'd, y'd + ∆ y'd)
                           und der ∡ φc wird zu φc
                              									+ ∆ φc
                                       ∡ φ'd  „    „ φ'd + ∆ φ'd,
                           dann ist:
                           
                              
                                 
                                    x
                                    d
                                    
                                    
                                    
                                    y
                                    d
                                    
                                 + ∆ xd = xc + ∆ xc+ y'd + ∆ y'd) sin (φc + ∆ φc)+ (x'd + ∆ x'd) cos (φc + ∆ φc)+ ∆ yd = yc + ∆ yc+ y'd + ∆ y'd) cos (φc + ∆ φc)– (x'd + ∆ x'd) sin (φc + ∆ φc)
                                 18)
                                 
                              
                           Weil tatsächlich nur sehr kleine Formänderungen in Betracht
                              									kommen, so ist ∆ φc
                              									klein und man kann setzen
                           sin ∆ φc = ∾ φc und
                              									cos ∆ φc = ∾ 1;
                           damit wird
                           (sin φc + ∆ φc) =
                              									sin φc cos ∆ φc + cos φc sin ∆ φc
                                                 = sin φc + ∆ φc . cos φc
                           cos (φc + ∆ φc) =
                              									cos φc cos ∆ φc
                              									– sin φc sin ∆ φc
                                                 = cos φc
                              									– ∆ φc . sin φc.
                           Hiermit und mit Vernachlässigung der Produkte zweier sehr
                              									kleiner Größen gegenüber von solchen von höherer Größenordnung erhält man aus
                              									Gleichung 18:
                           
                           
                              
                                 
                                    
                                    x
                                    d
                                    
                                    
                                    
                                    y
                                    d
                                    
                                 + ∆ xd = xc + ∆ xc + y'd sin φc+ y'd . ∆ φc . cos φc + ∆ y'd . sin φc + x'd . cos φc– x'd . ∆ φc . sin φc + ∆ x'd . cos φc+ ∆ yd = yc + ∆ yc + y'd cos φc– y'd . ∆ φc . sin φc + ∆ y'd . cos φc – x'd . sin φc– x'd . ∆ φc . cos φc – ∆ x'd . sin φc
                                 18a)
                                 
                              
                           Subtrahiert man Gleichung 17 von 18a, so erhält man für die Gesamtverschiebung des
                              									Punktes D mit ursprünglich (xd
                              									yd):
                           
                              
                                 ∆ xd∆ yd
                                 = ∆ xc + y'd . ∆ φc cos φc + ∆ y'd . sin φc– x'd . ∆ φc sin φc + ∆ x'd . cos φc= ∆ yc + y'd . ∆ φc . sin φc + ∆ y'd . cos φc– x'd . ∆ φc . cos φc – ∆ x'd . sin φc∆ φd = ∆ φc + ∆ φ'd=\int_{\varphi=0}^{\varphi=\varphi_c}\,\omega\,\cdot\,d\,\varphi+\int_{\varphi'=0}^{\varphi'={\varphi'}_d=\frac{\pi}{2}-\varphi_c}\,\omega'\,d\,\varphi'
                                 19)
                                 
                              
                           Ist in einem besonderen Fall das Stück OC in Fig. 5
                              									gerade, so ist φc = 0, womit sin φc = 0 und cos φc = 1 wird; ∆ xc bedeutet dann die Durchbiegung und ∆ yc die Verlängerung des geraden Stabstücks in C und ∆ φc die Neigung der elastischen Linie ebenda.
                              									Gleichung 19 wird:
                           
                              
                                 ∆ xd = ∆
                                    												xc + y'd . ∆ φc + ∆ x'd∆ yd = ∆ yc + y'd . ∆ φc + ∆ y'd∆ φd = ∆ φc + ∆ φ'd = ∆ φc + ∫ω' d φ'
                                 19a)
                                 
                              
                           
                        
                           
                              Zusammenfassung.
                              
                           Die Temperatur ändere sich in Richtung der Stabdicke nach einem linearen Gesetz, dann gilt folgendes:
                           1. Ein gerader Stab, an dem keine äußeren Kräfte angreifen, „wirft sich“, ohne
                              									daß in ihm Temperaturspannungen entstehen. Bei konstantem Stabquerschnitt krümmt
                              									sich der Stab nach einem Kreisbogen.
                           2. Eine ebene Kreisplatte, deren Halbmesser gleich der Stablänge und die keine äußere
                              									Last trägt, deformiert sich genau ebenso wie der gerade Stab. Bei gehinderter
                              									Deformation entstehen unter sonst gleichen Umständen in der Kreisplatte größere
                              									Spannungen als im geraden Stab.
                           3. Ein von Anfang an krummer Stab, der von äußeren Kräften nicht belastet ist, ändert
                              									seine Krümmung, es entstehen in ihm Wärmespannungen, die den mittleren Teil des
                              									Querschnittes auf Zug, die äußeren Teile auf Druck beanspruchen.
                           (Ueber die Wirkung und Wahrscheinlichkeit anderer Temperaturverteilung folgt später
                              									Mitteilung.)
                           Wird ein gekrümmter Stab durchweg gleichmäßig erwärmt,
                              									so verlängert er sich in Richtung seiner Mittellinie; die ursprüngliche Krümmung
                              									wird nicht geändert, Temperaturspannungen treten nicht auf, sofern die
                              									Wärmeausdehnung durch äußere Kräfte nicht gehindert ist.