| Titel: | Die internationale Automobil-Ausstellung Berlin 1907. | 
| Autor: | Jul. Küster | 
| Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 148 | 
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                        Die internationale Automobil-Ausstellung Berlin
                           								1907.
                        Von Jul. Küster, Zivilingenieur in
                           									Berlin.
                        (Fortsetzung von S. 141 d. Bd.)
                        Die internationale Automobil-Ausstellung Berlin 1907.
                        
                     
                        
                           Die Kleinigkeit von 16 Ventilen an derselben Motorseite, also von derselben
                              									Steuernockenwelle aus betätigt, sehen wir an dem Achtzylindermotor der Motorfahrzeug-Fabrik Laurin & Klement, dessen Ventilseite in Fig. 11 abgebildet ist. Die Abbildung läßt zugleich
                              									die Vergaser Anordnung und oberhalb der Gemischeinlaßrohre das Auspuffrohr erkennen.
                              									Je vier Zylinder sind zu einem Block zusammengegossen. Von links nach rechts gezählt
                              									beginnt zunächst ein Auspuffventil, wie die Rohrbiegung des Auspuffrohres erkennen
                              									läßt; dann folgen zwei von demselben Einlaßstutzen gespeiste Einlaßventile mit je
                              									einer in die Ventilkappen über den Einlaßventilen eingeschraubten Zündkerze des
                              									ersten und zweiten Zylinders, dann zwei nebeneinander vorgesehene Auspuffventile des
                              									zweiten und dritten Zylinders usw. In der Mitte über jedem Zylinder ist der
                              									Kompressionshahn zu sehen. Die Firma, welche in der Hauptsache bis jetzt nur als
                              									Fabrikantin von Motorfahrrädern in größeren Kreisen bekannt war und neuerdings durch
                              									einen kleinen Wagen, war auch bei Motorfahrrädern gleichzeitig mit einer belgischen
                              									Firma an die Vergrößerung der Zylinderzahl geschritten, so daß sie Motorzweiräder
                              									mit Vierzylindermotoren auf den Markt brachte.D. p.
                                    											J. 1905, 320, S. 280, Fig. 21. Der Sprung auf den hier
                              									abgebildeten Achtzylinder-Fahrzeugmotor machte daher auf der Ausstellung viel
                              									Aufsehen, wenn auch schließlich der Unterschied zwischen Sechs- und Achtzylinder
                              									nicht mehr allzuviel Einfluß auf die Baulänge haben mag, zumal wenn, wie hier, je
                              									vier Zylinder zu einem Block zusammengegossen werden, statt wie sonst üblich je
                              									zwei. Die Motorhaube wird, wie uns die Firma mitteilt, nur 16 cm länger als bei dem
                              									28/32 pferdigen Vierzylinder derselben Fabrik; der letztere wiegt 235 kg, der
                              									Achtzylinder 265 kg. An der Bremse hat der Motor 46 Pferdestärken ergeben, und zwar
                              									zeigte sich hierbei das Phänomen, daß der Achtzylindermotor mit 84 mm Bohrung und
                              									110 mm Hub weit mehr als die doppelte Leistung des Vierzylindermotors gleicher
                              									Zylinderabmessungen ergab, da letzterer an der Bremse nur 19 PS leistet. Jede Gruppe
                              									der je vier Zylinder hat einen besonderen Magnetapparat, der die vier Zylinder mit
                              									Strom versieht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 148
                              Fig. 11.Achtzylindermotor von Laurin & Klement.
                              
                           Es bedarf wohl kaum einer Erwähnung, daß ein Achtzylindermotor in bezug auf
                              									Gleichförmigkeit des Ganges durch absoluten Fortfall des Totpunktes noch weit
                              									höheren Anforderungen entspricht als ein Vierzylindermotor, bei dem immerhin noch
                              									ein Totpunkt nach jeder halben Umdrehung vorhanden ist. Auch die Möglichkeit, die
                              									Umdrehungsgeschwindigkeit bei tunlichster Gleichhaltung des Drehmomentes zu ändern,
                              									ist naturgemäß weit mehr bei der größeren Zylinderzahl gewährleistet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 148
                              Fig. 12.Sechszylinder-Horch-Motor.
                              
                           Der geringe Gewichtsunterschied gegenüber dem 28/32 pferdigen Vierzylindermotor
                              									gleichen Fabrikats zeigt schon, daß das Gewicht durchaus nicht etwa im Verhältnis
                              									der Zylinderzahl und der Pferdestärken zu wachsen braucht, im Gegenteil ist die
                              									gleiche Leistung mit beispielsweise sechs Zylindern bei geringerem Motorgewicht
                              									erreichbar als mittels eines gleichstarken Vierzylinders, weil auch beim
                              									Sechszylinder schon das Schwungradgewicht ganz bedeutend reduziert werden kann. Nun
                              									ist auch beim Sechszylinder schon bei jeder Kurbelstellung ein Zylinder im
                              									Arbeitshube, so daß gar keine Totpunktsstellung mehr vorhanden ist, und der
                              									Uebergang vom Vierzylinder auf den Sechszylinder macht sich bei größeren
                              									Motorstärken immer mehr bemerkbar, wenn auch die weitaus größte Zahl ausgestellter
                              									Motorwagen noch einen Vierzylindermotor aufwies.
                           
                           Fig. 12 zeigt einen Längsschnitt und Fig. 13 einen Querschnitt durch den Sechszylinder Horch-Motor, welcher nach unserer Gruppierung zunächst
                              									zu der Gruppe mit Ventilen auf derselben Zylinderseite zählt, aber das Einlaßventil
                              									über dem Auspuffventil trägt und beide von derselben Steuernockenwelle aus betätigt.
                              									Zwischen beiden Ventilkegeln ist die Zündkerze vorgesehen, und zwar ein und dieselbe
                              									Kerze sowohl für Magnetzündung als für Batteriezündung unter Anwendung des Horch-Umschalters. Die Fabrik sieht von der Anwendung
                              									zweier getrennter Zündkerzen zur abwechselnden Benutzung mit der einen oder anderen
                              									Zündung aus dem Grunde ab, weil die Horch-Kerzen so
                              									stark und dauerhaft gearbeitet sind, daß sowohl ein Schadhaftwerden, als auch
                              									hinsichtlich der Konstruktion ein Verrussen oder dergl. ausgeschlossen erscheint, so
                              									daß die Verwendung zweier Zündstromquellen lediglich dem Zwecke leichterer
                              									Ankurbelung dienen kann. Daß übrigens das Ankurbeln beim Sechszylindermotor noch
                              									seltener zu erfolgen hat als beim Vierzylindermotor, eigentlich nur nach längerem
                              									Stillstande, weil ja stets ein Zylinder mit zündfähigem Gemisch im Arbeitshube bezw.
                              									in der Kompression steht, möge hier nur nebenher erwähnt werden. Bemerkenswert ist
                              									an der Querschnittszeichnung des Horch-Motors der
                              									vollständige Abschluß zwischen dem Kurbelgehäuse und den Längsträgern, gebildet
                              									durch das Gußstück des oberen Kurbelgehäuses selbst, ohne jedwede sonstige Blech-
                              									oder Lederverkleidung, die eine ganze Reihe Nachahmer gefunden hat. Zur leichteren
                              									Anpassung der Kurbellager ist die untere Gehäusehälfte nach unten abnehmbar. Die
                              									Kurbeln des 1. und 6., des 2. und 5. und des 3. und 4. Zylinders sind
                              									gleichgerichtet, so daß also die Zündungen in den Zylindern in der üblichen
                              									Aufeinanderfolge 1, 2, 3, 6, 5, 4 geschehen. Die Nockenwelle wird aus einem Stück
                              									hergestellt und ist, um beim Andrehen des Motors die Kompression zu verringern, was
                              									durch Hebung der Auspuffventile durch einen Entlüftungsnocken geschieht, achsial
                              									verschiebbar. Am Ende der Steuerwelle wird durch Schnecke und Schneckenrad eine
                              									sechsstellige Oelpumpe angetrieben. Letztere ist eine Art Kolbenpumpe mit
                              									Schiebersteuerung. Das Kühlwasser wird durch eine Zentrifugalpumpe fortbewegt, die
                              									durch Stirnräder angetrieben wird. Das Auspuffrohr besteht aus drei Teilen, die
                              									teleskopartig ineinandergesteckt sind, damit sie sich beim Erwärmen beliebig
                              									ausdehnen können, ohne einen Druck auf die Zylinder auszuüben. Der Blick auf die
                              									Schnittzeichnungen läßt auch in anderer Hinsicht eine ganze Reihe vorzüglicher
                              									Konstruktionseinzelheiten erkennen, auch in bezug auf solche Einzelheiten, die
                              									zunächst als nebensächlich erscheinen, wie die sichere Lagerung und Ausschaltung der
                              									Andrehkurbel, kombinierte Kugel- und Gleitlagerung (erstere in der Riemscheibe) des
                              									zum Zwecke der Riemenspannung nach oben nachstellbaren Ventilators usw.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 149
                              Fig. 13.Sechszylinder-Horch-Motor.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 149
                              Fig. 14. Büssing-Motor; Fig. 14a.
                              
                           Eine Anordnung der Ventile zu beiden Seiten des Zylinders, beide hängend und von oben
                              									gesteuert, zeigt der in Fig. 14 abgebildete
                              									23/30 PS-Büssing-Motor und Fig. 14a (zweite
                              									Ventilseite). Und zwar erfolgt die Ventilsteuerung mittels einer parallel zur
                              									Kurbelwelle über den Zylindern vorgesehenen, durch Kegelräder unter Vermittlung
                              									einer senkrechten Zwischenwelle angetriebenen Nockenwelle. Das Kurbelgehäuse und die untere
                              									Zylinderhälfte wird dadurch sehr einfach und die Ventile können gut zugänglich
                              									hergestellt werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 150
                              Fig. 15.Bugatti-Motor der Gasmotorenfabrik Deutz.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 150
                              Fig. 16.Bugatti-Motor der Gasmotorenfabrik Deutz.
                              
                           Das gleiche gilt von dem in Fig. 15 von der
                              									Magnetseite, in Fig. 16 von der Vergaserseite aus
                              									abgebildeten Fahrzeugmotor System Bugatti der Gasmotorenfabrik Deutz, bei dem gleichfalls die
                              									Steuernockenwelle über den Zylindern liegt – wenn auch manche Kritiker auf der
                              									Ausstellung gerade diesem die erforderliche Zugänglichkeit der Ventile absprachen.
                              									Kritik erregte ferner die scharfe Kniebiegung im Auspuffrohre oben links in Fig. 15, also an der vorderen Kühlerseite des Motors,
                              									da man ja doch allgemein die Auspuffgase von der Schwungradseite aus möglichst
                              									schnell zum Schalldämpfer zu leiten sucht. Bemerkenswert ist die Abzweigung einer
                              									Antriebswelle für die Kühlwasserpumpe, links vom Vergaser in Fig.
                                 										16, und einer ebensolchen Welle für den Magnetapparat (s. Fig. 15), beide von der senkrechten Zwischenwelle aus
                              									durch Schraubenräder angetrieben. Die Lüftansaugung zum Vergaser erfolgt durch den
                              									Kühlwassermantel hindurch zwischen dem zweiten und dritten Zylinder, und zwar ist
                              									der Einsaugtrichter oben links vom Magnetapparat in Fig.
                                 										15 zu sehen. Die Steuernockenwelle bezw. deren Lagerung ist in Fig. 17 besonders abgebildet. Ferner in Fig. 18
                              									die Kurbelwelle mit deutlicher Darstellung der Flanschschmierung für die hohen
                              									Kurbelzapfen. Links ist das Kegelrad zum Antrieb der senkrechten Zwischenwelle zu
                              									sehen und der Schwungradflansch. Die rückstoßsichere Andrehkurbel der Gasmotorenfabrik Deutz wurde bereits in Heft 4, S. 62
                              									ds. Jahrganges besonders beschrieben und erregte auf der November-Ausstellung 1906
                              									das Interesse der Fachwelt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 151
                              Fig. 17.Steuernockenwelle zum Bugatti-Motor.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 323, S. 151
                              Fig. 18.Kurbelwelle zum Bugatti-Motor.
                              
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)